L 11 KR 597/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 5 KR 2440/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 597/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Wurde im Jahr 2016 neben einer Nasenseptumkorrektur (OPS-Kode 5-214.6) und Operationen an der unteren Nasenmuschel (OPS-Kode 5-215.2 und 5-215.4) auch eine partielle Maxillektomie (Entfernung des in die Nasenhöhle ragenden Vorsprungs des Kieferknochens) durchgeführt, konnte die partielle Maxillektomie ohne Verstoß gegen das Gebot der monokausalen Kodierung mit dem OPS-Kode 5-771.10 verschlüsselt werden (siehe bereits Urteil des Senats vom 06.08.2019, L 11 KR 2643/17 für das Jahr 2015). (Der Senat hat die Revision zugelassen)

Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.01.2021 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag iHv 1.414,71 € nebst Zinsen hieraus iHv 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.04.2017 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 1.414,71 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS) 5-771.10 (partielle und totale Resektion eines Gesichtsschädelknochens: Maxilla, partiell: ohne Rekonstruktion) neben den OPS 5-214.6 (Operationen an der Nase: submuköse Resektion und plastische Rekonstruktion des Nasenseptums: plastische Korrektur mit Resektion), 5-215.2 (Operationen an der unteren Nasenmuschel: Konchektomie), 5-215.4 (Operationen an der unteren Nasenmuschel: Lateralisation) kodiert werden kann.

Die Klägerin ist Trägerin des S Klinikums K, das zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassen ist. Die Beklagte ist eine Betriebskrankenkasse.

Vom 05.02. bis 10.02.2016 wurde der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patient K1 (nachfolgend: Versicherter) im Klinikum der Klägerin vollstationär behandelt. In der Verordnung von Krankenhausbehandlung der P, V und H vom 20.01.2016 sind die Diagnosen J34.2 (Nasenseptumdeviation) und J34.3 (Hypertrophie der Nasenmuscheln) genannt. Nach dem Operationsbericht vom 05.02.2016 wurden durchgeführt eine Septumplastik, eine endoskopische posteriore partielle Maxillektomie mit Turbinoplastik der unteren Nasenmuschel beidseits und eine Nasenmuschellateralisation beidseits in Intubationsnarkose.

Für die Behandlung stellte die Klägerin der Beklagten am 13.02.2016 insgesamt nach Abzug des Zuzahlungsbetrages des Versicherten 4.048,05 € in Rechnung. Dabei ging sie von der Fallpauschale D25D (Mäßig komplexe Eingriffe an Kopf und Hals außer bei bösartiger Neubildung ohne äußerst schwere CC) aus. Als durchgeführte Prozeduren berücksichtigte die Klägerin ua die OPS 5-214.6, 5-215.2, 5-215.4 und 5-771.10.

Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig, veranlasste dann aber eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK; Prüfanzeige vom 16.02.2016) zu der von der Beklagten gestellten Frage: „Ist/sind die Prozedur(en) korrekt?“. In einem Gutachten vom 29.09.2016 gelangte S1 zu dem Ergebnis, die Klägerin habe zu Unrecht den OPS 5-771.10 verschlüsselt: Die Resektion von Teilen des Gesichtsschädelknochens sei integraler Bestandteil des OPS 5-214.6. Sie sei daher als Prozedurenkomponente zu werten und dürfe nicht zusätzlich kodiert werden. Mit Schreiben vom 05.10.2016 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass nach den Feststellungen des MDK die Fallpauschale D38Z (Mäßig komplexe Eingriffe an der Nase oder an den Nasennebenhöhlen) zum Tragen komme, und bat um Erstattung der zu viel gezahlten Vergütung in Höhe von 1.414,71 €.

Da die Klägerin hierauf nicht reagierte, rechnete die Beklagte am 24.04.2017 nach Ankündigung mit Schreiben vom 31.03.2017 in Höhe von 1.414,71 € gegen eine unstreitige Hauptforderung der Klägerin (aus dem Behandlungsfall K1) auf.

Mit der am 20.08.2020 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung in Höhe des Aufrechnungsbetrags geltend gemacht. Die Kodierung des OPS 5-771.10 sei rechtmäßig. Beim Versicherten habe eine partielle Resektion der Maxilla stattgefunden; dies ergebe sich aus dem Operationsbericht. Mithin sei auch der OPS 5-771.10 zu verschlüsseln, denn die Kodierung müsse so spezifisch wie möglich erfolgen. Anders als der MDK meine, stehe dem der Grundsatz der monokausalen Kodierung nicht entgegen. Dies habe das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem vergleichbaren Fall entschieden.

Mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Grundprinzip des OPS sei nach Nr P003d der Deutschen Kodierrichtlinie (DKR) 2016 die Abbildung eines durchgeführten Eingriffs möglichst mit einem Kode. Andere Prozeduren seien nur dann zu kodieren, wenn sie als alleinige Maßnahmen durchgeführt worden seien (P001f der DKR 2016). Maßgeblich sei, ob es sich bei der streitigen Maßnahme um eine selbständige Prozedur oder um den unselbständigen Teil einer anderen Prozedur handele, also um eine bloße Prozedurenkomponente. Letzteres sei anzunehmen, wenn die Maßnahme im konkreten Fall ohne die andere Prozedur nicht erfolgt wäre und von Anfang an als deren Bestandteil vorgesehen gewesen sei. Unerheblich sei hingegen, ob es ggf auch Behandlungen gebe, in denen die streitige Maßnahme und die Prozedur nicht zusammen stattfänden; dies stelle die Annahme einer Prozedurenkomponente für den konkreten Fall nicht infrage. Abweichend vom Prinzip der monokausalen Kodierung sei eine gesonderte Verschlüsselung zulässig, wenn der OPS selbst sie vorsehe. Die P, V und H hätten die Krankenhausbehandlung im S Klinikum am 20.01.2016 wegen zweier Diagnosen verordnet (J34.und J34.3), nicht hingegen allein wegen eines Vorspringens des Os maxillare in das Nasenlumen. Hiermit übereinstimmend hätten die Krankenhausärzte im Aufklärungsbogen vom 03.02.2016 dem Versicherten mitgeteilt, sie beabsichtigten zwei Eingriffe (Begradigung der Nasenscheidewand und Verkleinerung der unteren Nasenmuschel). Die Verkleinerung der unteren Nasenmuschel sollte laut Aufklärungsbogen erfolgen durch Elektro- bzw Laserkoagulation, Radiofrequenzablation, Muschelkappung, Lateroposition und submuköse Muschelresektion (Entfernung eines vergrößerten Knochens). Eine partielle Entfernung des Os maxillare sei also von Anfang an geplant gewesen, allerdings nicht als eigenständige Maßnahme, sondern im Rahmen der Operation zur Verkleinerung der unteren Nasenmuschel. Auch der OP-Bericht vom 05.02.2016 beschreibe im Wesentlichen zwei Eingriffe: einerseits die Septumplastik, andererseits die Operation an der unteren Nasenmuschel. Die Ausführungen zur partiellen Maxilla-Resektion fänden sich im Abschnitt über die Operation an der Nasenmuschel. Die Maxilla-Resektion wäre im hiesigen Fall nicht ohne die weiteren Operationsmaßnahmen an der unteren Nasenmuschel erfolgt; vielmehr sei sie Teil der Eingriffe, um der Hypertrophie der Nasenmuschel zu begegnen. Die partielle Maxilla-Resektion sei hier daher als bloße Prozedurenkomponente zu werten. Eine gesonderte Kodierung des OPS 5-771.10 komme auch nicht ausnahmsweise in Betracht, denn die OPS 5-215.2 und 5-215.4 enthielten ebenso wenig einen Hinweis auf die Möglichkeit einer solchen zusätzlichen Verschlüsselung der partiellen Maxilla-Resektion wie der übergeordnete OPS 5-21.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 19.01.2021 gegen Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 17.02.2021 beim LSG Baden-Württemberg eingelegte Berufung der Klägerin. Dass die Resektion der Maxilla eine individuelle Komponente darstelle, könne unter Berücksichtigung der einschlägigen OPS-Ziffern nicht überzeugen. So beträfen die OPS 5-215.2 und 5-215.4 beide Operationen an der Nasenmuschel. Die Nasenmuscheln seien mit Nasenschleimhaut überzogene Knochenlamellen, die von der seitlichen Nasenwand in die Nasenhaupthöhle ragten. Sie zählten zur inneren Nase. Dabei unterscheide man zwischen der oberen Nasenmuschel (Concha nasalis superior), der mittleren Nasenmuschel (Concha nasalis media) und der unteren Nasenmuschel (Concha nasalis inferior). Die Maxilla hingegen sei der zweitgrößte Knochen des Gesichtsschädels. Die rechte und linke Maxilla formten zusammen den Oberkiefer. Insoweit sei diese aufgrund des Wortlautes des oben angegebenen OPS nicht einschlägig. Auch unter Berücksichtigung der Beispielsliste für die von einem OPS erfassten Prozeduren in der DKR (Vorbereitung, Lagerung, Anästhesie, Zugang, Naht usw) ergebe sich, dass die Entfernung eines Teils einer knöchernen Struktur nicht umfasst sei. So handele es sich nicht um eine Vorbereitungs- oder Zugangshandlung.

 

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 04.01.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.414, 71 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24.04.2017 zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die vorgenommene Maxilla-Resektion stelle sich als ein Einzelaspekt im Rahmen der vorgenommenen Operation an der Nasenmuschel mit dem Ziel dar, einer Hypertrophie der Nasenmuschel zu begegnen. Die Beklagte gibt im Wesentlichen die im angefochtenen Gerichtsbescheid aufgeführte Argumentation wieder. Sie weist ergänzend noch auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) zum Az B 1 KR 16/19 R hin. Dort seien zwar Nebendiagnosen und kein OPS streitgegenständlich gewesen, gleichwohl sei dort noch einmal auf die Unzulässigkeit der Mehrfachkodierung hingewiesen worden.

Auf die Anfrage des Senats zur nach Ansicht der Beteiligten (fehlenden) Vergleichbarkeit mit dem mehrfach angesprochenen Verfahren L 11 KR 2643/17, in dem der Senat die zusätzliche Kodierung des OPS 5-771.10 für zulässig erachtete, hat die Klägerin eine Stellungnahme des Leiters der Sektion Nasennebenhöhlen- und Schädelbasischirurgie, Traumatologie der H1-Klinik, W vom 11.10.2021 vorgelegt. Dieser hat ausgeführt, eine Vergleichbarkeit sei gegeben, dies ergebe sich aus der klinischen Situation/Indikation zur Operation, der speziellen anatomischen Situation und der durchgeführten Operation. Beim Versicherten habe eine Nasenatmungsbehinderung als Indikation zur Operation vorgelegen, die ursächlich auf die anatomisch bedingte Einengung der Nasenluftpassage zurückgeführt worden sei. Beim Versicherten habe als anatomische Veränderung ein „Vorspringen des sogenannten Proc. Frontalis maxillae“ vorgelegen, die zur Einengung der Nasenluftpassage geführt habe. Dies sei im OP-Bericht ausgeführt. Im OP-Bericht sei in der Kopfzeile die Benennung des Vorspringens des OS maxillare vergessen worden. Daher könne man aus der Kopfzeile fälschlicherweise herauslesen, die partielle Maxillektomie sei Teil der Operation an der unteren Nasenmuschel. Dies sei jedoch nicht der Fall. Die partielle Maxillektomie sei ein eigenständiger OP-Teilschritt der Gesamt-OP. Der Processus Frontalis maxillae und die untere Nasenmuschel seien eigenständige anatomische Strukturen, die individuell ausgeprägt seien und jeweils eigenständig zu einer Nasenatmungsbehinderung beitragen könnten. Sie würden daher eigenständig operativ therapiert. 

Die Klägerin hat außerdem noch ein in einem anderen Verfahren (L 4 KR 686/21) eingeholtes HNO-ärztliches Gutachten des Z (Uklinikum A, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde) vom 14.06.2020 vorgelegt. Dieser hat insbesondere ausgeführt, die partielle Maxillektomie sei nicht integraler Bestandteil einer Operation der unteren Nasenmuschel. Sie könne bei vorspringenden Processus Vocalis zusätzlich zur Muschelplastik ausgeführt werden. Eine plastische Korrektur des Nasenseptums mit submuköser Resektion schließe eine partielle Resektion der Maxilla bzw des Processus frontalis maxillae nicht standardmäßig ein. Der operative Zugang unterscheide sich auch bei verschiedenen Techniken der Resektion der Nasenmuscheln. Bei der einfachen Resektion könne Knochen mit Schleimhaut ohne eine besondere Präparation entfernt werden. Bei der submukösen Resektion der Nasenmuschel werde die Schleimhaut vorher präpariert und dann nach der Resektion des darunterliegenden Knochens zurückverlagert und fixiert. Bei der Resektion des Proc. frontalis maxillae müsse über der Nasenmuschel ein noch größerer Bereich der Schleimhaut freipräpariert werden um den zu resezierenden Knochen darzustellen. Dies sei bei den anderen Techniken nicht erforderlich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig.

Streitgegenstand ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 1.414,71 € nebst Verzinsung. Die Klägerin hat mit der erhobenen (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG die richtige Klageart gewählt (dazu nur BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Es handelt sich um einen sog Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt, kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten ist (BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5).

 

Die Berufung der Klägerin ist auch begründet.

Da die Beklagte sich ausschließlich im Wege der Primäraufrechnung mit einer Gegenforderung verteidigt, steht die Hauptforderung selbst außer Streit (st Rspr; vgl BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 5; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2). Darauf, welchen Vergütungsanspruch die Klägerin auf Grund welcher konkreten Krankenhausbehandlung geltend macht, kommt es nicht an (vgl zB BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R, juris Rn 10), eine Prüfung durch den Senat ist daher nicht erforderlich (vgl zB BSG 14.10.2014, B 1 KR 34/13 R, juris Rn 8; BSG 25.10.2016, B 1 KR 9/16 R, juris Rn 8; BSG 25.10.2016, B 1 KR 7/16 R, juris Rn 9; BSG 30.07.2019, B 1 KR 31/18 R, juris Rn 8; BSG 17.12.2019, B 1 KR 19/19 R, juris Rn 9).

Es bestand jedoch keine zur Aufrechnung erforderliche Gegenforderung der Beklagten, mit der sie gegen die Hauptforderung der Klägerin wegen Überzahlung der Vergütung für die Krankenhausbehandlung des Versicherten analog § 387 BGB aufrechnen konnte (zur Aufrechnung analog § 387 BGB: BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 2). Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch iHv 1.414,71 € zu (zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch bei Überzahlung von Krankenhausentgelten BSG 28.11.2013, B 3 KR 33/12 R; BSG 01.07.2014, B 1 KR 24/13 R), denn die ursprüngliche Zahlung der Beklagten erfolgte mit Rechtsgrund. Die Klägerin hatte einen weiteren Vergütungsanspruch gegen die Beklagte für die Behandlung des Versicherten vom 05.02. bis 10.02.2016 iHv noch 1.414,71 €. Sie durfte den streitgegenständlichen OPS 5-771.10 neben den OPS 5-214.6, 5-215.2, 5-215.4 kodieren und damit die DRG D25D abrechnen.

Die Klägerin erfüllte die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie den Versicherten vom 05.02. bis 10.02.2016 vollstationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist (st Rspr BSG 16.12.2008, B 1 KN 1/07 R, BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13; BSG 08.11.2011, B 1 KR 8/11 R, BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2). Diese Voraussetzungen sind hier unstreitig erfüllt.

Dass der Klägerin unter der Voraussetzung, dass die DRG D38Z abzurechnen war, nur ein Vergütungsanspruch iHv 2.633,34 € zustand, hingegen der Vergütungsanspruch dafür sich auf 4.048,05 € beliefe, wenn die DRG D25D abzurechnen wäre, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Eine nähere Prüfung zur Höhe des streitigen Betrags erübrigt sich daher (st Rspr, vgl nur BSG 16.07.2020, B 1 KR 16/19 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 16, Rn 13). Die Klägerin durfte jedoch die DRG D25D in Rechnung stellen und nicht lediglich die geringer bewertete DRG D38Z.

Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V (idF vom 26.03.2007, BGBl I S 378) in Verbindung mit § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG (jeweils idF vom 15.07.2013, BGBl I S 2423) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; idF vom 15.07.2013, BGBl I S 2423) und die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2016 (Fallpauschalenvereinbarung 2016 - FPV-2016). In seiner Höhe wird der Vergütungsanspruch durch Normsetzungsverträge konkretisiert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien auf Bundesebene mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelation sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in der Fallpauschalenvereinbarung auf der Grundlage des § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 3 KHEntgG.

Der Fallpauschalenkatalog ist nach Fallgruppen (DRG) geordnet. Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich nicht aus einem schriftlich festgelegten abstrakten Tatbestand, sondern aus der Eingabe von im Einzelnen von einem Programm vorgegebenen, abzufragenden Daten in ein automatisches Datenverarbeitungssystem und dessen Anwendung (dazu und zum Folgenden BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R; BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, jeweils unter Hinweis auf BSGE 109, 236 ff). Nach § 1 Abs 6 Satz 1 FPV sind in diesem Sinne zur Einstufung des Behandlungsfalles in die jeweils abzurechnende Fallpauschale Programme (Grouper) einzusetzen. Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs 2 Satz 1 KHG und § 9 Abs 1 Satz 1 Nr 1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene - zertifiziert worden sind.

Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind, zB die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum, oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation (DIMDI) bzw seit dem 20.10.2020 vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung sowie die Klassifikationen des vom DIMDI bzw BfArM im Auftrag des BMG herausgegebenen OPS. Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt allein aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R).

Die Anwendung der DKR, vorliegend Stand 2016, und der FPV-Abrechnungsbestimmungen einschließlich des ICD-10-GM und des OPS ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft (dazu und zum Folgenden: BSG 14.10.2014, B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3). Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen. Da das DRG-basierte Vergütungssystem vom Gesetzgeber als jährlich weiterzuentwickelndes und damit „lernendes“ System angelegt ist, sind bei zutage tretenden Unrichtigkeiten oder Fehlsteuerungen in erster Linie die Vertragsparteien berufen, dies mit Wirkung für die Zukunft zu beseitigen (BSG 14.10.2014, B 1 KR 25/13 R und B 1 KR 26/13 R, SozR 4-2500 § 301 Nr 3; BSG 21.04.2015, B 1 KR 8/15 R).

Ergeben sich bei der Abrechnung Wertungswidersprüche und sonstige Ungereimtheiten, haben es grundsätzlich die zuständigen Stellen durch Änderung des Fallpauschalenkatalogs, der OPS-Kodes und der Kodierrichtlinien in der Hand, für die Zukunft Abhilfe zu schaffen. Jedoch kann eine erforderliche systematische Interpretation der Vorschriften lediglich iS einer Gesamtschau der im inneren Zusammenhang stehenden Bestimmungen des Regelungswerks erfolgen, um mit ihrer Hilfe den Wortlaut der Leistungslegende klarzustellen (BSG SozR 3-5565 § 14 Nr 2; BSG SozR 4-2500 § 109 Nr 11 Rn 18; stRspr). Diese Auslegungs- und Anwendungsprinzipien für die vereinbarten Vergütungsregelungen gelten in vergleichbarer Weise auch für die vom DIMDI bzw seit dem 20.10.2020 BfArM erteilten "Hinweise" zur Auslegung und Anwendung einzelner OPS-Kodes. Denn das DIMDI bzw BfArM hat nach § 301 Abs 2 SGB V die Pflicht, für eine sachgerechte Handhabung der Verschlüsselungshinweise zu sorgen. Dazu muss es die tägliche Praxis beobachten und durch regelmäßige Anpassung seiner Hinweise zu den diversen OPS-Kodes beobachtete Lücken und Unklarheiten beseitigen (BSG 18.07.2013, B 3 KR 25/12 R). In welcher Weise die Eingaben in das Datensystem zu erfolgen haben, gibt nicht allein der Grouper durch die vorprogrammierten Abfragen mit genormten Antworten vor. Vielmehr regeln die FPV und die DKR konkrete Vorgaben für die Eingaben. Die DKR (hier anwendbar in der Version 2016) regeln Kodieranweisungen.

DKR P001f enthält allgemeine Kodierrichtlinien für Prozeduren. Die Regelung lautet auszugsweise wie folgt:

„Alle signifikanten Prozeduren, die vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Zeitpunkt der Entlassung vorgenommen wurden und im OPS abbildbar sind, sind zu kodieren. […]

Normalerweise ist eine Prozedur vollständig mit all ihren Komponenten, wie z.B. Vorbereitung, Lagerung, Anästhesie, Zugang, Naht, usw., in einem Kode abgebildet (siehe Beispiel 1 und 2). Abweichungen davon sind in den Hinweisen beschrieben.“

DKR P003d enthält darüber hinaus folgende Regelung zur Mehrfachkodierung:

„In einigen Bereichen ist eine Kodierung von Operationen mit mehreren Kodes vorgesehen. Dies ist insbesondere für die Abbildung komplexer Eingriffe erforderlich. In diesen Fällen wurden im OPS Hinweise formuliert, die auf eine gesonderte Kodierung der einzeln durchgeführten Eingriffe verweisen.“

Die Klägerin war berechtigt, die DRG D25D abzurechnen. Die zugrundeliegenden Diagnosen (Haupt- und Nebendiagnosen) sind zwischen den Beteiligten nicht streitig und werden daher vom Senat ebenfalls zugrunde gelegt. Abrechnungsrelevant ist allein die Hauptdiagnose J34.2. Unter Berücksichtigung der oben dargelegten Regelungen steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin auch die Prozedur 5-771.10 bei der Abrechnung in Ansatz bringen durfte. Nur diese führt zur DRG D25D, während die übrigen abzurechnenden Prozeduren 5-214.6, 5-215.2 und 5-215.4 die geringer bewertete DRG D38Z ansteuern. Diese übrigen OPS sind zwischen den Beteiligten nicht streitig und werden daher vom Senat ebenfalls zugrunde gelegt.

 

Die Prozedur 5-771.10 ist im OPS 2016 wie folgt beschrieben:

„5-771 Partielle und totale Resektion eines Gesichtsschädelknochens

Exkl.: Kombinierte Rekonstruktion von Hirnschädel und Gesichtsschädel (5-020.6 ff.)

Hinw.: Eine Knochentransplantation ist gesondert zu kodieren (5-77b ff.)

Der Einsatz der pESS-Technik ist, sofern nicht als eigener Kode angegeben, zusätzlich zu kodieren (5-98f).

Die Rekonstruktion ist in der 6. Stelle nach folgender Liste zu kodieren:

0 Ohne Rekonstruktion

[…]

5-771.1**        Maxilla, partiell“

 

Die Prozedur 5-215 ist im OPS 2016 wie folgt beschrieben:

„5-215 Operationen an der unteren Nasenmuschel [Concha nasalis]

Hinw.: Die gleichzeitige Operation an der mittleren Nasenmuschel ist im Kode enthalten

[…]

5-215.2           Konchektomie

5-215.4           Lateralisation“

 

Laut Operationsbericht vom 05.02.2016 wurde wie folgt vorgegangen:

„[…]

Operation an der unteren Nasenmuschel

Posteriore partielle Maxillektomie und Turbinoplastik der unteren Nasenmuschel

Inzision an der lateralen Nasenwand in Höhe des unteren Drittels des Proc frontalis des Os maxillare vom Ansatz des Proc uncinatus bis zum Kopf der unteren Muschel, leicht nach kaudal gezogen. Freilegen des Processus frontalis ossis maxillaris und der angrenzenden Apertura piriformis sowie des Übergangs zum Os turbinale. Jetzt lineare Osteotomie und schrittweises Entfernen des gesamten vorspringenden Knochens, was die partielle Resektion des Os maxillare beinhaltet (partielle Maxillektomie, Proc frontalis, angrenzende Apertur). Aufwändiges Vorgehen bei starker diffuser Blutung aus dem eröffneten Knochen. Der Ductus nasolacrimalis stellt sich dar, er ist unverletzt.

Verlängerung der Inzision am Oberrand der unteren Muschel nach dorsal. Schrittweise Präparation des gesamten Os turbinale von kranial zur kaudalen Nasenboden nahen Begrenzung von anterior nach posterior. Dies erfolgt sehr sorgfältig zur Vermeidung einer Schleimhautperforation. Nun submuköse Entfernung der vorderen zwei Drittel des Os turbinale über diesen Zugang. Readaptation des Muschelgewebes mithilfe eines Schleimhautverschiebelappens links, rechtsseitig ist bei guter Adaption der Schleimhaut keine Naht erforderlich. Dieser wird über eine Schleimhautnaht mit Vicryl fixiert. Danach ist ein Lateralfrakturieren der verbliebenen dorsalen Muschelanteile über die gesamte Länge möglich. Das Nasenhöhlenvolumen ist nun deutlich weiter. Die Schleimhautoberfläche ist unverletzt.

[…]“

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der OPS 5-215.2 und 5-215.4 wie auch 5-771.10 sind damit nach dem Wortlaut erfüllt. Die Entfernung des in die Nasenhöhle ragenden Vorsprungs des Kieferknochens ist eine partielle Maxillektomie. Eine bestimmte Größe des Resektats oder sonstige weitere Voraussetzungen werden in den DKR nicht gefordert. Entscheidend ist daher, ob die partielle Maxillektomie hier als Bestandteil der Operation an der unteren Nasenmuschel zu sehen oder zusätzlich zu kodieren ist. Zu Recht nicht streitig ist dabei zwischen den Beteiligten, dass die partielle Maxillektomie jedenfalls nicht integraler Bestandteil der Nasenseptum-Korrektur ist. Wie sich dem Operationsbericht klar entnehmen lässt, wurde im Rahmen der Septumplastik keine Maßnahme am Os maxillare durchgeführt.

Nach DRK P001f und P003 ist vom Grundsatz auszugehen, dass ein Eingriff mit einem Kode abgebildet ist (Gebot der monokausalen Kodierung). Ziel der durchgeführten Operation ist grundsätzlich die Verbesserung der Nasenatmung. Dies wurde hier über die Septumplastik und Turbinoplastik mit Lateralisation der unteren Nasenmuschel und partieller Maxillektomie erreicht. Für die Frage der Kodierung ist nach Auffassung des Senats dabei nicht entscheidend, ob der Oberkieferknochen, von dem hier der in die Nasenhöhle reichende Knochensporn abgetragen wurde, als Teil der seitlichen Wand bzw des Bodens der Nase topografisch-anatomisch dem Organ Nase zuzuordnen ist. Eine einheitliche Operation – untechnisch gesprochen - an der Nase, die mit nur einem Kode abgebildet ist, liegt hier nicht vor. Dies zeigt sich bereits daran, dass völlig unstreitig die durchgeführte Nasenseptumkorrektur (OPS 5-214.6) und die Operationen an der unteren Nasenmuschel (OPS 5-215.2 und 5-215.4) separat zu kodieren sind. Die hier streitige Abtragung des Knochensporns (am Os maxillare) ist auch nicht zwingender Bestandteil der Operation an der unteren Nasenmuschel. Wie W in seiner Stellungnahme vom 11.10.2021 ausgeführt hat, handelt es sich bei der partiellen Maxillektomie nicht um einen Eingriff an der unteren Nasenmuschel und auch nicht um einen notwendigen Bestandteil der unteren Nasenmuschel. Die Schnittführung für beide Eingriffe ist unterschiedlich. Für die partielle Maxillektomie reicht ein kleiner Schleimhautschnitt über dem unteren Teil des Processus frontalis maxillae aus, für die Turbinoplastik ist eine deutliche größere Schnittführung erforderlich. Bei Kombination muss deshalb die Schnittführung von der partiellen Maxillektomie hin zur Turbinoplastik deutlich erweitert und an eine andere Stelle geführt werden, um den anderen Zielort zu erreichen. Der Processus frontalis maxillae und die untere Nasenmuschel sind individuell ausgeprägt und können jeweils eigenständig zu einer Nasenatmungsbehinderung beitragen. Sie werden daher eigenständig operativ therapiert. Die Processus frontalis maxillae und untere Nasenmuschel werden je nach klinischer Situation isoliert und je eigen oder auch kombiniert operativ therapiert. Diesen schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen folgt der Senat. Der MDK hat in seinem Gutachten vom 29.09.2016 lediglich ausgeführt, die Resektion von Teilen des Gesichtsschädelknochens sei integraler Bestandteil des OPS 5-214.6 und als Prozedurenkomponente zu werten. Eine medizinische Begründung für diese Ansicht ist nicht mitgeteilt worden.

Die Ausführungen des W vom 11.10.2021 decken sich auch mit den Erläuterungen des Z in seinem von der Klägerin vorgelegten, im Verfahren L 4 KR 686/21 erstatteten Gutachten vom 14.06.2020. Der Gutachter hat dort ausführlich beschrieben, dass die Maxillektomie nicht mit einem Eingriff an der unteren Nasenmuschel gleichzusetzen ist. Es handelt sich um einen eigenen Eingriff am Oberkiefer, der allein oder auch in Kombination mit einem Eingriff an der unteren Nasenmuschel durchgeführt werden kann und auch nicht routinemäßig zur Erweiterung der Nase durchgeführt wird. Der operative Zugang zur Nasenmuschel unterscheidet sich bei den verschiedenen Techniken der Resektion der Nasenmuscheln. Bei der einfachen Resektion kann Knochen mit Schleimhaut ohne eine besondere Präparation entfernt werden. Bei der submukösen Resektion der Nasenmuschel wird die Schleimhaut vorher präpariert und dann nach der Resektion des darunterliegenden Knochens zurückverlagert und fixiert. Bei der Resektion des Proc. frontalis maxillae muss über der Nasenmuschel ein noch größerer Bereich der Schleimhaut freipräpariert werden um den zu resezierenden Knochen darzustellen. Dies ist bei den anderen Techniken nicht erforderlich. Der Senat macht sich diese Beurteilung zu eigen. Daraus folgt, dass die hier (auch) durchgeführte partielle Maxillektomie nicht bloß ein unselbständiger Teil (Prozedurenkomponente) einer Operation an der unteren Nasenmuschel (OPS 5-215) ist, sondern eine selbständige Prozedur, die keineswegs immer mit der Operation des Nasenseptums oder der unteren Nasenmuschel verbunden ist. Das von der Beklagten angeführte Urteil des BSG vom 16.07.2020, (B 1 KR 16/19 R, SozR 4-5562 § 9 Nr 16) ist hier nicht einschlägig. Dieses Urteil betrifft die Frage der Mehrfachkodierung in Bezug auf die (zusätzliche) Verschlüsselung einer Nebendiagnose bei der Behandlung ein und derselben Erkrankung und nicht die Unterscheidung zwischen (selbständigen) Prozeduren und (unselbständigen) Prozedurenkomponenten.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 19 Abs 3 des in Baden-Württemberg geltenden Vertrages nach § 112 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB V über die „Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung“. Danach kann das Krankenhaus bei Überschreiten des Zahlungsziels ab dem Fälligkeitstag Verzugszinsen berechnen, ohne dass es einer Mahnung bedarf. Da die Beklagte die Vergütung ursprünglich in vollem Umfange gezahlt hat, fallen Verzugszinsen erst ab dem Tag der jeweiligen Verrechnung an. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Hs 1 SGG iVm § 63, § 52 Abs 1, 3, § 47 GKG.

Die Revision wurde zugelassen, weil die Unterscheidung von (selbständigen) Prozeduren und (unselbständigen) Prozedurenkomponenten grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

Rechtskraft
Aus
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