Die globale Ausbreitung des „severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“ (SARS-CoV-2), Risiken einer schweren pulmonalen Coronavirus disease(COVID-19)-Erkrankung und assoziierter Endorganschäden sind gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen seit dem Jahr 2019 [1]. Gesundheitssysteme und -dienstleister sind aufgrund fluktuierender Inzidenzverläufe und Varianten mit veränderter Virulenz trotz gesteigerter Impfquoten belastet [2, 3]. Vorrangig werden drei horizontale Infektionswege diskutiert, die den Zugang zu medizinischer Infrastruktur und multimodalen Therapieabläufen vulnerabler onkologischer Patienten beeinflussen [4, 5]: Tröpfchen- und Kontaktinfektion sowie Lufttransmission [6,7,8]. Von den Patienten mit nachgewiesener SARS-CoV-2-Infektion erlitten in Deutschland 10 % erkennbar schwere Krankheitssymptome, die zu einer Hospitalisierung führten und mit einer Letalität von 3,1 % assoziiert waren [9]. Zu Beginn der Pandemie waren zielgerichtete Therapieoptionen, wie spezifische antivirale Medikation oder Impfstoffe, nicht verfügbar. Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung fokussierten auf Primärprävention durch Isolation, Abstandsregeln, Hygiene, Quarantäne, Reduktion der Sozialinteraktionen und Reisen [10].

Aufgrund eines verzögerten Symptombeginns sowie asymptomatischer Erkrankungen ist systematisches Screening in vulnerablen Einrichtungen von besonderer Bedeutung. Sich häufende Berichte von Erkrankungsdurchbrüchen trotz Impfungen oder Immunität [2] erfordern es, Virustransmissionen in Gesundheitseinrichtungen zu vermeiden. Gesundheitsdienstleister stehen vor der Herausforderung, die Betriebsfähigkeit und Finanzstabilität des ambulanten und stationären Medizinsektors aufrechtzuerhalten [11].

Onkologische Patienten gelten als Risikopopulation [12]. Behandler müssen die Risiken einer SARS-CoV-2-Infektion und Expositionsrisiken für Patienten und Personal innerhalb der Infrastruktur gegen Diagnostik- oder Therapieverzögerungen abwägen. Gleichzeitig sind die Kapazitäten und Ressourcen reduziert, wodurch Screening, prä-, peri- und posttherapeutische Behandlungen sowie supportive Verfahren beeinflusst werden. Für onkologische Patienten erfordert der Großteil an Therapieoptionen regelmäßige und sequenzielle Termine. Nationale und internationale Fachgesellschaften empfehlen, sowohl Patientenströme zu adaptieren als auch Behandlungsabläufe zu reorganisieren, um essenzielle und nichtaufschiebbare Diagnostik einzuleiten und Therapien fortzuführen. Die Pandemie beeinflusst globale Lieferketten und zeigt Auswirkungen auf die Versorgung mit Ausstattung, Medizinprodukten, Hygiene- und Schutzartikeln sowie Medikamenten. Gestiegene Kosten innerhalb der Versorgungsketten, Personalstrukturen und Digitalisierungsmaßnahmen sind vermehrt zu bemerken [13]. Patienten leiden unter Diagnostik- und Therapieverzögerungen, vermehrter sozialer Isolierung, Quarantänemaßnahmen und sich daraus ergebenen Ängsten und Vereinsamung [14].

In der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie des Universitätsklinikums Köln, Deutschland, wurden frühzeitig Maßnahmen ergriffen um stationäre und ambulante Behandlungsprozesse zu remodellieren.

Übergeordnetes Ziel war es, onkologische Therapien uneingeschränkt fortführen zu können. Aktives und agiles Patientenmanagement konnte zu Beginn der Pandemie und während der rekurrierenden Pandemiewellen implementiert werden, um auf potenziellen Personalmangel, Lieferkettenbelastungen und Veränderungen interner Klinikprozesse sowie deren finanzielle Auswirkungen zu reagieren [15, 16]. Mittels Ressourcenallokation, intensiven und agilen Patientenmanagements konnte die Durchführung indizierter und essenzieller Therapien sicher aufrechterhalten werden, sodass kurative sowie palliative onkologische Therapien nicht verzögert wurden [17]. Das Universitätsklinikum Köln ist ein überregionaler Maximalversorger und regionales COVID-19-Therapiezentrum in Deutschland.

Im Jahr 2019 wurden 2174 Patienten radioonkologisch behandelt, 2020 konnten 2278 Patienten und 2021 insgesamt 2360 Patienten sicher therapiert werden.

Wir berichten über unsere Erfahrungen und Maßnahmen im Management der COVID-19-Pandemie.

Maßnahmen

Radioonkologische Therapievorbereitung, -planung und -durchführung erfordern multidisziplinäre Interaktionen zwischen Zuweisern, Behandlungsteams und assoziierten Versorgungssystemen. In Phasen verringerter medizinischer Infrastrukturkapazität und Behandlungsressourcen ist es relevant, die Zeit pro Patienten zu kontrollieren, Abteilungsauslastung und Abläufe für Mitarbeiter zu optimieren, damit die Behandlungssequenz und das Qualitätsmanagement verbessert werden.

Digitalisierung

Der Ausbau vorhandener Informationstechnologie (IT) wurde in Investitionsentscheidungen priorisiert. Regelmäßige Besprechungen wurden durch telefonische und datenschutzkonforme digitale Kommunikation kompensiert. Besprechungen mit Patienten und deren Angehörigen, externen Mitbehandlern sowie Sozialmedizinarbeitern, Teams der psychoonkologischen Grundversorgung, Rehabilitations‑, Pflegedienst- und Transportdienstleistern wurden während und nach Abschluss der Therapie vermehrt durch telemedizinische Anwendungen ausgeglichen.

Tumorboard-Meetings wurden durch Videokonferenzen ersetzt und Besprechungen in Abhängigkeit von den räumlichen Gegebenheiten personell reduziert durchgeführt, sofern digitale Maßnahmen nicht gleichwertig möglich waren. Hierbei wurde auf eine gute Belüftung, einen Mindestabstand von 1,5 m zwischen den Teilnehmenden sowie auf eine Limitation von einer Person je 10 m2 Raumfläche geachtet. Für Behandlungsplanungen, Contouring, Planberechnung und -evaluation wurden Homeoffice-Kapazitäten generiert. Darüber hinaus wurden Investitionen in unterstützende Automatisierungssoftware (MVision AI [18]) getätigt, um Behandlungsplanungszeiten signifikant zu verkürzen. Dadurch wurden zeitliche, qualitative und personelle Valenzen zur unmittelbaren Patientenversorgung generiert.

Kontaktvermeidung

Bei Besuchern und Angehörigen wurde darauf geachtet, die Frequentierung der Therapieambulanz und Bettenstation zu reduzieren. Ausnahmen wurden individuell vereinbart. Anwendung fanden diese vorrangig bei gesetzlich vorsorgebevollmächtigten Angehörigen.

Der Erstvorstellung vorangestellt wurde ein Anamnesescreening mit vollständiger Patientenhistorie, externer Bildgebungsevaluation und histopathologischer Beurteilung, um die Anzahl wiederholter Vorstellungstermine zu reduzieren. Dies ermöglichte es, Patienten in Schweregruppen zu unterteilen und die Zeit, die innerhalb der Abteilung benötigt würde, abzuschätzen und zu planen.

Unter Beachtung tagesaktueller Infrastrukturauslastung wurden Termine aktiv vereinbart, um Ansammlungen in Wartebereichen zu vermeiden. Patientenströme wurden in therapiebezogene Behandlungsgruppen unterteilt (Anamnesegespräch, Aufklärung, Diagnostik, Therapiedurchführung, Kontrolluntersuchungen und Nachsorgen), klar getrennt und innerhalb dieser Gruppen in Dringlichkeitsstufen klassifiziert. Schichtwechsel, Fluktuationen der Behandlerteams und Patientenreihenfolge wurden sofern möglich vermieden.

Kurative, definitive und palliative Radiotherapieverfahren wurden priorisiert. Postoperative adjuvante Therapien wurden unter Beachtung der postoperativen Zeitfenster ggf. neu terminiert, sofern dies unter Beachtung der onkologischen Behandlungssicherheit möglich war. In Phasen verstärkter Kontaktvermeidung, ansteigenden lokalen Infektionszahlen und behördlich intensivierter Schutzvorkehrungen wurden Therapien gutartiger Erkrankungen verschoben.

Empfehlungen der Fachgesellschaft folgend wurden zur Behandlung etablierte Protokolle und vermehrt hypofraktionierte akzelerierte Schemata angewendet, um die Aufenthaltshäufigkeit der Patienten und die Therapiedauer in der Klinik deutlich zu reduzieren. Personelle und maschinelle Ressourcen wurden optimiert und infrastrukturelle Valenzen für die unmittelbare Tumortherapie und Patientenbehandlung geschaffen. Behandlungen, die aufwendige Transporte und lange Fahrstrecken benötigten, wurden nach ausführlicher Diskussion möglicher Therapieoptionen heimatnah durchgeführt.

Terminmehrfachbelegungen wurden vermieden, um potenzielle „no-shows“ von Patienten auszugleichen. Alternativ wurden Erinnerungsstrategien implementiert, die anfänglich durch aktive Telefonate und im Verlauf durch automatisierte digitale Prozesse und ein digitales Patientenleitsystem mit kontaktloser Patientenvalidierungen (OPASCA [19]) ersetzt wurden. Patienten wurden in der Woche sowie am Tag vor ihrem Termin kontaktiert, um dessen Wahrnehmung zu verifizieren. Potenziellen „no-shows“ wurde so aktiv entgegengewirkt und freiwerdende Termine konnten kurzfristig neu vergeben werden.

Um die simultane Anwesenheit von Patienten in den Wartebereichen zu reduzieren, wurden die Patienten gebeten, sich außerhalb der Einrichtung aufzuhalten und erst pünktlich zu ihrem Termin zu erscheinen. Gruppierungen in unterschiedliche Zeitslots halfen, um kurze, mittlere, lange und extralange Zeiten für die Besprechungen, Planungen und Behandlungen zu planen. So konnte die Zeit pro Patient kontrolliert und entsprechende Hygiene‑, Abstands- und Desinfektionsregeln angewendet werden. Patienten, die als COVID-19-Kontaktpersonen oder -Erkrankte galten, wurden räumlich sowie zeitlich separiert und auf Grundlage intern angepasster Hygienekonzepte basierend auf behördlich empfohlenen Abläufen [20] am Schichtende behandelt, damit diese ihre Therapie sicher fortführten.

Zudem wurde auf psychosoziale und spirituelle Unterstützungsangebote verwiesen, um die Isolation von Patienten sowie die des medizinischen Personals zu überbrücken und mit Angeboten zur körperlichen und seelischen Gesundheit zu stärken [14].

Geschäfts- und internationale Reisen wurden für Mitarbeiter sofern möglich vermieden, Fortbildungen und Kongressteilnahmen durch digitale Medien kompensiert.

Impfungen

Die Überprüfung des Vakzinierungsstatus von Patienten, Angehörigen und Personal sowie die Durchführung von Impfungen in der Klinik ermöglichten es, die Therapiesicherheit zu steigern. Radioonkologische Patienten mit aktiver oder zurückliegender Erkrankung sollten vollständig gegen SARS-CoV‑2 geimpft werden und entsprechend den gültigen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission indizierte Auffrischungsimpfungen erhalten [21]. Auch im Falle einer begleitenden Immunkompromittierung sollte eine Impfung erfolgen, jedoch könnte hier die anschließende Immunkompetenz vermindert sein.

Vulnerable Patienten ohne ausreichende Immunkompetenz oder unzureichenden Impfschutz konnten durch Planung der Zeitpunkte ihrer Behandlungen und Patientenreihenfolge gezielt geschützt werden. Dies erforderte einen intensivierten Personalaufwand zur Patientenplanung und Behandlungskoordinierung. Maßgeblich wurde dies ermöglicht durch den multiprofessionellen personellen Ausbau des Patienten-Case-Managements, die Planung der Therapieform und -sequenz, aber auch durch die Zimmerbelegung und Patientenallokation an die Linearbeschleuniger und Therapiegeräte unter Beachtung der individuellen zeitlichen und personellen Abfolgen der täglichen Behandlungen.

Teststrategien im stationären Setting

Jeder Patient, der planmäßig stationär aufgenommen oder verlegt wurde, erhielt maximal 48 h vor Stationsaufnahme einen COVID-19-PCR-Abstrich, wobei dieser i. d. R. weniger als 24 h zurücklag. Am Tag der Aufnahme und am 5. Tag erfolgten erneute PCR-Testungen. Am 3. Tag wurde ein Antigenschnelltest durchgeführt. Weitere systematische Testungen erfolgten nach stattgehabten Kontakten zu Erkrankten mit nachgewiesener COVID-19-Infektion oder bei Entwicklung einer SARS-CoV-2-typischen Symptomatik.

Patienten, die unplanmäßig oder ungetestet stationär aufgenommen wurden, erhielten am Aufnahmetag zusätzlich zum PCR-Test einen Antigenschnelltest. Bis zum Ergebnis des PCR-Testes wurden sie bevorzugt in Einzelzimmern aufgenommen. Bei Notwendigkeit der Aufnahme in ein Doppelzimmer trugen Patient sowie Mitpatient bis zum Ergebnis des Schnelltests FFP2-Masken.

Zum Zeitpunkt invasiver Prozeduren, wie z. B. einer Magensondenanlage oder Portimplantation, musste ein negativer PCR-Test vorliegen, der nicht älter als 48 h sein durfte. Dies galt auch für Verlegungen auf Fremdstationen und wurde als Krankenhausstandard normiert.

Von diesen Maßnahmen wurde Abstand genommen, sofern Interventionen oder Operationen dringlich durchgeführt werden mussten und ein Abwarten bis zum Nachweis eines negativen PCR-Test-Ergebnisses nicht toleriert werden konnte. In diesen Fällen erfolgte ein Antigenschnelltest und interne, durch die Krankenhaushygiene validierte Hygieneprotokolle wurden verwendet.

Schutz- und Quarantäneregelungen

Um die intensivierten offiziellen Desinfektions- [22], Hygiene- [23], Kontakt- und Abstandsregeln auf dem Klinikgelände einzuhalten, wurde eine generelle medizinische Maskenpflicht implementiert und im direkten Patientenkontakt eine FFP2-Maske von Personal und Patienten getragen.

Für stationäre Vorstellungen wurde ein aktueller Testnachweis für Patienten und deren Angehörige benötigt und bei Entwicklung COVID-19-typischer Beschwerden spezifizierte Test- und alternative individuelle Therapieablaufstrategien implementiert.

Bei ambulanten Behandlungen wurde für Angehörige und Besucher ein gültiger negativer Testnachweis gefordert. Dieser wurde auch für Patienten empfohlen, allerdings wurde Patienten die ambulante Vorstellung und Behandlung auch im Falle fehlender Test- oder Immunisierungsnachweise nicht verwehrt.

Die Behandlung von COVID-19-positiven Patienten und Kontaktpatienten erfordert multiprofessionelle Strategien, um die behördliche Quarantäne zur Durchführung medizinischer Transporte und Therapien kurzzeitig unterbrechen zu können. Durch spezielle Behandlungsabläufe unter maximaler Isolation konnten in Rücksprache mit den Gesundheitsbehörden unter gesteigerten Hygiene- und Schutzmaßnahmen Therapien durch intensiv geschultes Personal aufrechterhalten werden, sofern der infektiologische Gesundheitszustand des Patienten eine Fortsetzung der Therapie ermöglichte.

Mitarbeitende mit Symptomen einer viralen oberen Atemwegserkrankung durften den Campus nicht betreten und erst mit Nachweis eines negativen PCR-Test-Ergebnisses die Tätigkeit aufnehmen. Ausnahmen bedurften individueller Teststrategien und Schutzmaßnahmen. Im Falle personeller Ressourcenknappheit wurden unter Monitoring alternative Abläufe besprochen. Diese passten sich regelhaft den Klinik- und Länderbeschlüssen sowie lokalen Infektionsgeschehnissen an. In Phasen erhöhter Inzidenzen wurden strukturierte wiederkehrende Testungen des Personals trotz komplettiertem Impfstatus, 2‑mal pro Woche als Screening per Antigenschnelltest durchgeführt, um frühzeitig und praktikabel asymptomatische Impfdurchbrüche oder Erkrankungen zu detektieren. Mitarbeiter, bei denen kein Immunisierungsstatus vorlag, mussten zum Arbeitsantritt einen zertifizierten negativen Testnachweis vorlegen.

Finanzielle Herausforderungen

Auswirkungen der Pandemie auf den Gesundheitssektor verstärken den finanziellen Druck der Dienstleister. Strategien zur Kostenreduktion sowie Erhaltung von Liquidität, Solvenz und Wachstum sind Grundlagen ökonomischer Widerstandsfähigkeit.

Potenziell sinkende Fallzahlen durch Diagnoseverzögerungen machen es für Radioonkologen ggf. notwendig, Umsätze pro Behandlungsfall zu steigern, um Mindererlöse schwerer Therapieverfahren auszugleichen. Die Vermeidung assoziierter Mehrkosten und -untersuchungen kann unter Kontrolle und Dokumentation der Fraktionierungs‑, Zielvolumen- und Behandlungskonzepte gelingen. Die Reduktion vermeidbarer Fixkosten sollte ohne Reduktion der Therapiequalität erfolgen. Cash-Flow-Betrachtungen und Umsatzstabilisierungen trotz eines zu erwartenden Anstiegs der Fixkostenstruktur und variabler Kosten waren Kernelemente, um die Operabilität und Investitionsfähigkeit der Klinik zu bewahren. Fallbegleitende Dokumentationen der ambulant und stationär erbrachten Leistungen ermöglichten eine zeitnahe und korrekte Abrechnung mit den Gesundheitsakteuren. Beachtung der Neuerungen des G‑DRG und EBM-2021 sowie der resultierenden Erlöse in der Strahlentherapie waren notwendig, um Mindererlöse und Rückforderungen des MDK zu vermeiden. Interne Schulungen und berufsgruppenüberschreitende Dokumentations-Guidelines wurden implementiert und IT-Leistungserfassungstrukturen angepasst, damit standardisierte Abläufe mit der Abteilung der Leistungsabrechnung und des Controllings besprochen und in die Behandlung integriert werden konnten.

Qualitative Standards konnten ambulante und stationäre Erlöse stabilisieren, während gleichzeitig der personelle Aufwand und die Notwendigkeit fachübergreifender Rücksprachen reduziert wurden. Hierbei konnten die konsistente Therapiedokumentation erbrachter Leistungen, Steigerungen der Behandlungsberichtsqualität, Dokumentations-Guidelines für Kernabläufe und strategische Patientenplanungen neben einer Optimierung der Liegezeiten durch Aufnahme‑, Entlass- und Verlegungsmanagement eingesetzt werden.

Diskussion

Während der SARS-CoV-2-Pandemie und rekurrierenden Inzidenzwellen sind onkologische Patienten eine Risikogruppe für Therapieverzögerungen, schwere Verläufe und Komplikationen [12, 24]. Onkologen müssen potenzielle Risiken einer COVID-19-Morbidität und Sterblichkeit gegen Vorteile indizierter Screenings, Diagnostik und Therapien abwägen [25], da Verzögerungen kurativer Behandlungen das onkologische Ergebnis negativ beeinflussen.

Zeitkritische multimodale Behandlungen sollten unabhängig von der COVID-19-Pandemie analog den etablierten Standardprotokollen erfolgen [26]. Negative Effekte der Reduktion von Behandlerkapazitäten und deren Einfluss auf Diagnostik, Therapiequalität und onkologische Ergebnisse während der Pandemie werden zunehmend detektiert, sind allerdings in Deutschland bislang unzureichend systematisch untersucht [27]. Modellrechnungen aus den USA zeigen, dass Verzögerungen im Tumorscreening zu höheren Raten an Diagnosestellungen fortgeschrittener Stadien mit erhöhter Tumorlast oder Notfallsituationen durch Progression führen und Einfluss auf die zukünftige Krebsmortalität haben [28]. So wird vermutet, dass der Einfluss der COVID-19-Pandemie in den ersten 6 Monaten die brustkrebsspezifische Mortalität in den USA für das Jahr 2030 um 0,5 % erhöhen wird [29].

Gesundheitsdienstleister müssen zunehmend Supply-Chain-Management in Arbeitsabläufe integrieren. Durch Unterauslastung medizinischer Ressourcen werden negative Effekte ausgelöst, indem Gesundheitskosten steigen, der Zugang zu Behandlungen reduziert wird und die Effizienz und Produktivität der Behandler abnimmt [30]. Qualitätsmanagement und prädiktive Planung können die Effizienz von Krankenhäusern und Gesundheitsdienstleistern sowie die Patientensicherheit und -zufriedenheit steigern [31]. Anstatt indizierte Therapien zu verzögern, ist es möglich, neue Arbeitsabläufe zu implementieren, um onkologische Behandlungen zu beginnen und sicher fortzuführen. Proaktives Patientenmanagement und Telefonanrufe sind effektive Strategien [1, 32,33,34] um den häufigsten Ursachen versäumter Termine durch Vergessen und Fehlkommunikation entgegenzuwirken [35]. Während prädiktive Modelle Terminmehrfachbelegungen als Möglichkeit identifizieren, um die Patientenwartezeit, Überstunden sowie Gesamtkosten im Vergleich zu regulären Terminvergaben signifikant zu reduzieren [30], wurden in unserer Klinik Strategien integriert, um die Termin-Compliance aktiv zu kontrollieren, ohne Überbuchungskonzepte zu verwenden. Diese Prozesse sind zeitintensiv, konnten aber im Verlauf der Pandemie zunehmend automatisiert und digitalisiert werden. Insbesondere zum Beginn der Pandemie war es notwendig, Maßnahmen zu ergreifen, die mit verfügbaren technischen und personellen Ressourcen umsetzbar waren, um direkt zu reagieren und Kernprozesse zu restrukturieren.

Es wurden vermehrt akzelerierte und hypofraktionierte Behandlungsverfahren verwendet und der tägliche Anteil von stereotaktischen Therapieneustarts von 45,7 % auf 67,7 % erhöht [17]. Dadurch konnte die Zeit pro Patient bis zur Beendigung der Gesamttherapie deutlich reduziert werden und wurde als Strategie im Pandemieverlauf durch die Fachgesellschaften empfohlen [4, 15, 36,37,38,39]. Diese Maßnahmen ermöglichten die sichere Durchführung essenzieller und indizierter Therapien. Trotz pandemischer Lage konnte die Anzahl an Therapien über die Jahre 2019, 2020 und 2021 um 4,8 % bzw. 3,6 % gesteigert [40], dem Versorgungsauftrag als radioonkologisches Zentrum eines Maximalversorgungskrankenhauses nachgekommen und die Grundversorgung innerhalb eines Hochrisikogebietes aufrechterhalten werden. Zusätzlich wurden Valenzen geschaffen, um während des Hochwassers im benachbarten Ahrtal die Versorgung zu übernehmen.

Schlussfolgerungen

Während fluktuierender Erkrankungswellen, variabler Inzidenzen und globaler Verbreitungen von Mutationsvarianten bleiben die kommenden Phasen der Erholung von der COVID-19-Pandemie oder andere, bisher nicht vorhersagbare Verlaufsmuster, eine stete Herausforderung für onkologische Patienten, Therapien, Behandler und deren Infrastruktur. Radioonkologen können wechselhaften Infektionsgeschehen mit agilen Prozessen begegnen. Die Implementierung adaptierter Behandlungsabläufe neben etablierten Therapiesequenzen bleibt, um den Bedarf z. T. verzögerter Therapien zu bedienen, der während der Lockdowns akkumuliert ist. Präzise Terminvereinbarung und -kommunikation hilft in Fällen reduzierter Infrastrukturkapazität und Personalressourcen, die Compliance zu erhöhen. Gleichzeitig können Therapieabläufe und verordnete Radio(chemo)therapiekonzepte auch bei steigenden Patientenzahlen sicher komplettiert werden. Aktives Terminmanagement unterstützt dabei, den kumulativen Aufenthalt von Patienten in einer Abteilung zu reduzieren. Intensivierte Test‑, Impf- und Quarantänestrategien helfen Behandlungen sicher zu gestalten und Infektionsketten zu vermeiden.

Kostenintensive Maßnahmen durch Automatisierung von Kernabläufen, digitalen Strategien, IT- und Softwareanschaffungen bei gleichzeitig steigenden Behandlungskosten und Personalausfällen beeinflussen die Liquidität radioonkologischer Einrichtungen. Die Bevorzugung hypofraktionierter akzelerierter Therapien kann bei onkologischer Gleichwertigkeit die Patiententherapie verkürzen, damit mehr Patienten in weniger Zeit onkologisch isoeffektiv behandelt werden können. Für Radioonkologen besteht mit diesen Therapiekonzepten ein Risiko von Mindererlösen. Die Beachtung von Neuerungen ambulanter und stationärer Abrechnungsprozeduren sowie die Etablierung standardisierter Protokolle und fallbegleitender Behandlungsdokumentationen können genutzt werden, um die Solvenz zu sichern, Mindererlöse zu vermeiden und Kosten für Personalausfälle, Hygienemaßnahmen und Neuanschaffungen zu kompensieren und konsekutiven Personalabbau zu vermeiden.

Durch strategische Behandlungs- und Patientenplanung können multimodale radioonkologische Therapien sicher begonnen und fortgeführt, Behandlungskapazitäten generiert und Therapieverzögerungen vermieden werden.