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Reserve in der Pandemie: 500 Betten und medizinische Behandlungsgeräte standen im Intensivbereich des temporären Corona-Behandlungszentrum auf dem Berliner Messegelände bereit.

© picture alliance/dpa/dpa Pool

Milliardenstau bei Investitionen: „Wir brauchen einen Zukunftsfonds für Berlins Krankenhäuser“

In Berlins Kliniken muss investiert werden. Ein Topf, in den auch private Sparer einzahlen können, würde helfen. Ein Gastbeitrag.

Die Hauptstadt der größten Volkswirtschaft in Europa hat 60 Krankenhäuser mit knapp 22.000 Betten. Da Deutschland auch mit Abstand die meisten Krankenhausbetten je Einwohner hat, können wir mit recht behaupten, dass Berlin Spitze ist in Europa bei der medizinischen Versorgung.

Das stimmt und stimmt auch nicht. Denn quantitativ sind wir gut ausgestattet. Bei der Qualität der Krankenhausausstattung hat sich derweil ein Milliardenstau an Investitionen aufgebaut (Lesen Sie hier einen Überblick zum Thema, T+). Wer allein mal durch so manche Abteilung unserer international anerkannten und wirkenden Charité gewandelt ist, wird feststellen, dass nicht nur ein neuer Farbanstrich nötig wäre. Bei dem Top-Thema „Digitalisierung“ auch und gerade in der Medizin fehlt Geld in allen Häusern.

Zudem brauchen wir Änderungen beim Datenschutz in Berlin. Man kann es sich kaum vorstellen, aber die Berliner Krankenhäuser laufen Gefahr, keine Mittel aus dem Innovationsfonds des Bundes beantragen zu können, weil die Berliner Datenschutzbestimmungen nicht zeitgemäß sind und sich keiner zuständig fühlt. Das geht natürlich nicht!

Dabei ist eine hochmoderne Krankenhausausstattung ein ganz wesentlicher Faktor, um heute Patienten optimal zu versorgen, gerade in Zeiten, wo Mitarbeiter in allen Berufen fehlen und um gutes medizinisches Personal für die Krankenhäuser gewinnen zu können. Das landeseigene Unternehmen Vivantes hat mit einem sehr konkreten Investitionsplan für jedes einzelne Haus vorgelegt, wie viele Mittel für die Sanierung der Krankenhäuser notwendig sind.

Die Charité wird durch die Fusion mit dem Deutschen Herzzentrum Berlin ein weltweit einzigartiges Neubauvorhaben bekommen, welches durch den Berliner Senat und den Bund finanziert werden muss. Aber ganz sicher gibt es auch in unserem „Leuchtturm deutscher Spitzenmedizin“ auch noch großen Investitionsbedarf bei den Gebäuden und der Technik.

Gastautor Christian Gräff.
Gastautor Christian Gräff.

© Die Hoffotografen

[Christian Gräff, 43, (CDU) ist Vorsitzender des Ausschusses für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Abgeordnetenhauses. Zudem ist er Landesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsunion in Berlin.]

Es bleiben noch fast 60 Krankenhäuser „übrig“, die dringend Investitionen benötigen. Und dafür, das wissen möglicherweise die meisten Bürgerinnen und Bürger gar nicht, sind die Länder und damit der Senat zuständig. Der Senat hat 150 Millionen Euro für das Jahr 2022 und 155 Millionen Euro für das Jahr 2023 als Investitionen für die Häuser außerhalb von Vivantes beschlossen. Das ist ein Bruchteil dessen was benötigt wird.

Für die Zukunftsfähigkeit der Gesundheitswirtschaft in Berlin muss es finanzielle Mittel in die Breite der Krankenhäuser geben. Vom KEH Krankenhaus in Lichtenberg bis zum Waldkrankenhaus in Spandau brauchen wir Investitionen in die Gebäude und die Technik, zum Beispiel für moderne Diagnostik, MRTs, Medizintechnik und OP-Säle.

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Zur Lösung: Wenn das Land Berlin nicht investieren kann oder möchte, muss es anders gelöst werden. Gründen wir einen Zukunftsfonds „Berlin-Health-Capital-Fonds“, für den die öffentliche Hand Darlehen aufnimmt, in denen aber auch private Sparer einzahlen können und dafür eine festgelegte, kleine Rendite bekommen. Immer noch besser als zur Zeit sein Geld auf ein Sparkonto bei der Hausbank zu verwahren.

Langfristig müsste das Land Berlin die Investitionssumme zurückführen. Aber eben langfristig in kleinen Schritten und jeder Berliner, der mitmacht, hätte über seinen Anteil und seine kleine Verzinsung ein Stück an der Investition in die Zukunft der Stadt mitgetan. Da jede Investition in Berlin aber Steuern generiert und zugleich Arbeitsplätze im Bau, Handwerk und Dienstleistungssektor sichert (Stadtrendite), wäre die langfristige Rückführung der Mittel eine lohnenswerte Anlage.

Wir benötigen für einen festen Zeitraum von fünf Jahren pro Jahr eine Milliarde Euro, um in allen konfessionellen und privaten Krankenhäusern, Charité und Vivantes zu investieren! Aufgelegt werden könnte der Fonds von der landeseigenen Investitionsbank Berlin.

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Ein solcher Zukunftsfonds wäre ein Zeichen für die ganze Republik und sogar für Europa, dass Berlin in die Breite seiner Krankenhauslandschaft investiert und natürlich auch den Berlinerinnen und Berlinern die bestmögliche medizinische Versorgung bietet.

Von einem solchen "Berlin-Health-Capital-Fonds" würde auch ein Signal ausgehen, wie wichtig Berlin die Gesundheitswirtschaft als Ganzes nimmt. Die in Berlin-Brandenburg angekommene internationale Wissenschafts- und Forschungslandschaft, die wachsenden Start-up-Unternehmen in der Region und nicht zuletzt die vielen Unternehmen der Medizin- und Pflegewirtschaft hätten die Gewissheit: Gesundheitswirtschaft hat Zukunft in Berlin! Vielleicht kommt das nächste BioNTech dann aus Berlin.

Christian Gräff

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