Augsburg:Schwäbische Kliniken sollen sich die Arbeit teilen

Augsburg: Das Klinikum Augsburg, hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2016, muss grundlegend saniert werden - mit großem Aufwand, sowohl zeitlich als auch finanziell.

Das Klinikum Augsburg, hier eine Aufnahme aus dem Jahr 2016, muss grundlegend saniert werden - mit großem Aufwand, sowohl zeitlich als auch finanziell.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Das Uniklinikum Augsburg steht vor einer Mammutsanierung: Dauer 20 Jahre, Kosten 1,5 Milliarden Euro. Der Ärztliche Direktor will nun ein Gesamtkonzept für die medizinische Versorgung in der Region erstellen.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Redet man mit Michael Beyer über die Generalsanierung des Uniklinikums Augsburg, spricht der Ärztliche Direktor schnell von "einer Mammutaufgabe". Das liegt daran, dass die Sanierung des Haupthauses mit den vier Bettentürmen seiner Rechnung nach bis zu 20 Jahre dauern und 1,5 Milliarden Euro kosten könnte. Es liegt aber auch daran, dass die Corona-Pandemie laut Beyer "ein Trümmerfeld" hinterlassen hat. Unter anderem wegen des Pflegekräftemangels wird die Uniklinik bis zu 250 Betten und zahlreiche OP-Säle überhaupt nicht mehr betreiben können. Anderen Krankenhäusern in der Region geht es ähnlich. "Wir müssen die gesamte Situation auf dem Gesundheitssektor restrukturieren", sagt deshalb Beyer.

Während in Augsburg Stimmen laut werden, die einen Neubau statt der Generalsanierung prüfen wollen, um Kosten und Nerven von Patienten und Angestellten zu schonen, hat Beyer einen Prozess mit allen umliegenden Krankenhäusern angestoßen. Am Ende des Jahres soll daraus ein Gesamtkonzept für die medizinische Versorgung in Schwaben entstehen. So stellt sich Beyer eine Aufgabenteilung der Krankenhäuser in der Region vor. "Die Uniklinik muss nicht jeden Blinddarm operieren, wir müssen die schweren Fälle betreuen. Aber dazu müssen wir eine sinnvolle Arbeitsteilung organisieren." Nicht nur Krankenhäuser von Nördlingen bis ins Allgäu sollen sich im Idealfall in dem Gesamtkonzept wiederfinden, auch medizinische Versorgungszentren sowie Hausarztpraxen sollen mitgedacht werden, um dem Ärztemangel auf dem Land Rechnung zu tragen. "Der Zeitpunkt ist gekommen, um in den Dialog zu gehen. Wir können es nicht mehr so weiter laufen lassen wie bisher", sagt Beyer.

Mit etwa 250 000 Patienten pro Jahr und mehr als 1700 Betten ist das Augsburger Krankenhaus eines der größten in Deutschland. Die Notaufnahme ist sogar die zweitgrößte der Bundesrepublik. 2019 zum Universitätsklinikum aufgestiegen, umfasst der Maximalversorger 23 Kliniken und drei Institute, in dem 6500 Angestellte arbeiten. Bereits in den vergangenen Jahren gab es umfangreiche Sanierungen an dem 40 Jahre alten Gebäude und auch Neubauten, etwa eine Kinderklinik. Eine Anfrage der Augsburger SPD-Landtagsabgeordneten Simone Strohmayr hat ergeben, dass in zwei Jahren zunächst Stromversorgungen sowie das Trink- und Abwassernetz erneuert werden müssen. Die eigentliche Generalsanierung ist demnach laut Wissenschaftsministerium frühestens von 2027 an geplant.

"In Anbetracht der langen Baustrecke und der Kosten sollte man noch einmal prüfen, ob nicht ein Neubau geeigneter wäre", sagt Strohmayr. "Das muss nicht nur auf Verwaltungsebene, sondern auch im Landtag diskutiert werden." So könnten eventuell Sanierungskosten gespart, auf jeden Fall aber Patienten und Belegschaft geschont werden. Der Ärztliche Direktor Beyer bezeichnet dies als "politische Entscheidung und Kostenfrage". Bisherige Überlegungen sehen vor, nacheinander jeweils einen der vier Bettentürme komplett aus dem Betrieb zu nehmen, zu entkernen und neu aufzubauen. Dazu seien Interimsgebäude für Klinikbetrieb und Verwaltung notwendig, die eventuell gleich eine Ausbaustufe für einen Neubau sein könnten. "Man müsste diskutieren, ob das sinnvoll ist", sagt auch Beyer.

"Es kann nicht mehr jedes Haus den kompletten Blumenstrauß anbieten."

Davor brauche es aber ein Gesamtkonzept mit den Krankenhäusern in der Region. Denn solch ein Abstimmungsprozess mit den anderen Kliniken in der Region könnte auch Folgen für die Renovierungspläne haben. "Es kann sein, dass wir die Generalsanierung und die bestehende Struktur mit unseren Bettentürmen und den Funktionseinheiten dann neu denken müssen", sagt Beyer. Die Geburtshilfe etwa sei "ein ganz schwieriges Thema", bei dem es Abstimmungsbedarf gebe. Auch bei Notaufnahme und Intensivmedizin müsse man sehen, wie die medizinische Versorgung in den verschiedenen Häusern künftig neu strukturiert werde. "Die Lösungsbereitschaft ist da", sagt Beyer.

Das sieht auch Martin Gösele so. "Es kann nicht mehr jedes Haus den kompletten Blumenstrauß anbieten", sagt der Vorstand der Wertachkliniken Bobingen und Schwabmünchen im Augsburger Süden. Insofern begrüßt er Beyers Initiative. "Die Uniklinik ist der größte Player in Schwaben, dass dort die Abstimmung gesucht wird, ist eine Qualität." Auch er spüre den Pflegekräftemangel, auch er muss mit Engpässen und deutlich gestiegenen Krankheitsausfällen kämpfen. "Insofern macht es Sinn, noch enger zu kooperieren."

Gösele erinnert allerdings daran, dass seine Häuser schon bisher eng mit der Uniklinik kooperieren, etwa in der Schlaganfallversorgung, in der Onkologie, auch in der Traumaversorgung. "Wir müssen sehen, was wir leisten können, und was Fälle für einen Maximalversorger sind." Die Wertachkliniken gingen schon länger "den Weg der Spezialisierung". So bedienen die Häuser in Bobingen und Schwabmünchen Krankheitsbilder aus der Urologie gar nicht, bei anderen Eingriffen wie etwa bei Gallen-Operationen sieht Gösele sein Haus so gut aufgestellt wie eine Fachklinik. Die Spezialisierung sichere die medizinische Qualität für Patienten und bringe den Häusern finanzielle Vorteile.

Eigentlich, fordert Landtagsabgeordnete Strohmayr, müsste der Freistaat mit der Krankenhausplanung einsteigen. Stattdessen will Michael Beyer als nächstes eine Regionalkonferenz mit medizinischen Versorgern aus dem Norden Schwabens abhalten, Donauwörth, Wertingen, Dillingen und Nördlingen. "Die Gespräche stehen erst am Beginn", sagt der Ärztliche Direktor der Uniklinik Augsburg. Bayernweit sehe er kein vergleichbar umfassendes Projekt zur Neustrukturierung der regionalen medizinischen Versorgung.

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