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Krankenhaus-Übernahme durch Caritas Regensburg: Betriebsrat setzt sich mit seinen Forderungen durch  

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Caritas-Direktor Michael Weißmann und Landrat Martin Neumeyer (CSU) besiegeln die „strategische Partnerschaft“ zum Krankenhaus Kelheim.
Vertragsunterzeichnung am 24. März: Caritas-Direktor Michael Weißmann (l.) und Landrat Martin Neumeyer (CSU) besiegeln die „strategische Partnerschaft“. Dass dieser Deal zukunftsfähig ist, wird von Experten bezweifelt. © Foto: Caritas Regensburg

Betriebsrat und Gewerkschaften setzen sich durch. Nach scharfer Kritik und der Androhung juristischer Schritte gaben Caritas und Landkreis in allen Punkten nach.

Regensburg - „Unsere Argumente sind objektiv und argumentativ auf der richtigen Seite. […] Ich denke, dass am Schluss dann doch die Vernunft siegen wird.“ So hatte der Kelheimer Landrat Martin Neumeyer (CSU) kürzlich gegenüber dem Fernsehsender TVA die Kritik von Betriebsrat und Gewerkschaften am Übernahme-Deal für das Kelheimer Krankenhaus zurückgewiesen. Wie berichtet, übernimmt die Caritas Regensburg die Mehrheit an der Goldbergklinik für einen symbolischen Euro. Doch sämtliche Lasten und Risiken – ein dreistelliger Millionenbetrag allein bis 2032 – verbleiben beim Landkreis, der kaum noch Mitspracherechte hat.

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Caritas Regensburg übernimmt Goldbergklinik

Nun hat sich herausgestellt: Der Betriebsrat und verdi haben mit ihren Einwänden offenbar voll ins Schwarze getroffen. Caritas und Landkreis gaben nach mehreren Einigungsgesprächen in sämtlichen Punkten nach. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor, die der Landkreis Kelheim am Freitagnachmittag auf seiner Internetseite veröffentlicht hat.

Konkret geht es um mehrere Punkte. Zum einen gibt es die anfangs öffentlich verkündete, aber nach Überprüfung durch den Betriebsrat eher windelweich gestaltete Beschäftigungsgarantie jetzt auch tatsächlich: Sie soll für alle Beschäftigten nun bis Ende 2027 gelten. Vom Tisch ist auch eine Regelung, die das Personal indirekt gezwungen hätte, vom Tarif des öffentlichen Dienstes in den kirchlichen AVR zu wechseln. Demnach wären die Gehälter von mindestens einem Drittel der über 600 Beschäftigten auf dem aktuellen Stand eingefroren worden, sollten sie nicht in den AVR wechseln. Angesichts der anstehenden Tarifverhandlungen hätte dies bereits im kommenden Jahr bedeutet, dass die Betroffenen von der Gehaltssteigerung abgekoppelt worden wären. Auch dieses Thema wurde bei den Einigungsgesprächen abgeräumt.

Und schließlich wird der Betriebsrat, der langfristig durch eine kirchliche Mitarbeitervertretung mit weniger Rechten ersetzt wird, beim Übergang von der Goldbergklinik zur Caritas-Krankenhaus St. Lukas GmbH noch ein Wörtchen mitreden dürfen. Auch dies war zunächst verweigert worden.

Kirchliche Übernahme der Kelheimer Goldbergklinik: Fragwürdiges Konzept als Grundlage

Basis der De-Facto-Übernahme, die von Caritas und Landkreis als „strategische Partnerschaft“ bezeichnet wird, ist ein medizinisches Konzept der Oberender AG. Das umstrittene und als besonders marktradikal geltende Beratungsunternehmen ist derzeit im Auftrag der Caritas tätig und wird nach Einschätzung von Insidern auch eine tragende Rolle beim künftigen Management der Klinik spielen.

Experten, denen unsere Redaktion das Oberender-Konzept vorgelegt hat, beurteilen es als wenig zukunftsfähig. Es basiert im Kern auf einer Leistungssteigerung bei nahezu gleichbleibendem Pflegepersonal und wird dem Landkreis nach bisherigen Prognosen bis 2032 ein Defizit von fast 90 Millionen Euro einbringen. Wenn man nichts tue, werde aber dieses Defizit auf über 125 Millionen Euro steigen, behauptet Oberender.

Übernahme der Goldbergklinik durch Caritas: Keine Schwangerschaftsabbrüche mehr

Tragende Säule – über 70 Prozent der Ertragssteigerung – soll ein externer chirurgischer Dienstleister sein, der OP-Kapazitäten im künftigen Caritas-Krankenhaus St. Lukas erhält, um so die dortigen Belegzahlen zu steigern. Wer dieser Dienstleister sein wird und die, unter infrage kommende Praxen heiß begehrten OP-Kapazitäten erhält, ist bislang nicht bekannt. Das lukrative Angebot wird freihändig vergeben und ist bislang noch Gegenstand nicht öffentlicher Vertragsverhandlungen. Allerdings soll es sich dabei um einen Anbieter mit besten, auch verwandtschaftlichen Beziehungen zur Caritas handeln.

Folgen hat die kirchliche Übernahme der Kelheimer Klinik für ungewollt schwangere Frauen. Die Goldbergklinik war das letzte Krankenhaus in der Region, wo bislang noch Schwangerschaftsabbrüche bei medizinischer Indikation durchgeführt wurden. Das schließt die Caritas als neuer Träger aus.

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