Noch deutlich stehen einem die kämpferischen Diskussionen um den Erhalt des Bad Säckinger Krankenhauses vor fünf Jahren vor Augen, die energischen, bisweilen aggressiven Auseinandersetzungen der Kreistagsmitglieder unter enormer, oft lautstarker Teilnahme der Öffentlichkeit.

Die aktuelle Debatte um das Stühlinger Krankenhaus in der Kreispolitik stellt ein direktes Kontrastprogramm dazu dar. Das Entscheidungsverfahren über die Zukunft der vom Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN) betriebenen Krankenhäuser steht gerade am Anfang, wie Landrat und Kreisräte in der jüngsten Sitzung mehrfach betonten. Und doch herrscht im Grunde Einvernehmen darüber, dass eine Krankenhausrettung gar nicht erwogen zu werden braucht.

Von Kampfgeist keine Spur

Die Überzeugung, dass sich die Schließung nicht abwenden lässt, wenngleich ein entsprechender Beschluss noch gar nicht gefasst ist, ist Konsens in der Kreispolitik.

Ira Schelling (FW) räumte zumindest ein, dass bei ihr aufgrund persönlicher Verbundenheit zu Stühlingen und dem Krankenhaus und der aktuellen Entwicklung auch eine emotionale Ebene getroffen werde. Es sei auch absehbar, dass sich „eine Lücke in der stationären Versorgung eine Lücke auftun wird.“

Diese werde noch größer, sollte auch das MVZ von der Krankenhausschließung betroffen sein. Dass die Schließung kommen werde, scheine dagegen „unausweichlich“.

Übernahme der Trägerschaft durch Kreis Waldshut wird nicht erwogen

Damit traf Schelling die generelle Stimmung ganz gut, die im Kreistag fraktionsübergreifend zum Ausdruck kam: Die Vertreter des Landkreises Waldshut ergeben sich geradezu gleichmütig in die Ergebnisse des Gutachens. Es sei eben die Folge der allgemeinen Entwicklungen im Gesundheitswesen. Konzentrationsprozesse seien eben im Klinikwesen der Trend der Zeit. Was sollte man dem vor Ort schon entgegensetzen können?

Der Landkreis sollte folglich versuchen, noch das bestmögliche herauszuholen für sich, die Stadt Stühlingen und die Menschen im bisherigen Einzugsbereich des Krankenhauses herauszuholen – aber mehr auch nicht. Viel mehr müsse schon jetzt daran gearbeitet werden, die Weichen für die Zeit danach zu stellen. So lautete im Grunde der Tenor.

Forderungen der Kreisräte gehen in Richtung „Aufrechterhaltung einer Notfallversorgung an sieben Tagen die Woche, rund um die Uhr“ (Carolin Welsch, FDP), die „Entwicklung von Versorgungsstrukturen, die sich auch andernorts anwenden lassen“ (Volker Jungmann, SPD) oder auch „die grundsätzliche Entwicklung von zukunftsfähigen Strategien zur Sicherung von medizinischer Versorgung und Pflege“ (Thomas Schäuble, CDU).

Alexander Guhl (SPD), der den „bitteren“ Prozess einer Krankenhausschließung als Bürgermeister von Bad Säckingen mit allen Folgen durchexerzieren musste, wies darauf hin, dass der Landkreis sich auch die Fördermittel sichern müsse, die für die Streichung von Planbetten vom Land gezahlt werden.

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„Wir dürfen den Blick auf die Realität nicht verlieren“, mahnte denn auch Landrat Martin Kistler. Die dargestellten strukturellen Probleme ließen sich auch durch einen Wechsel der Trägerschaft nicht lösen. Die Option eines Übergangs des Betriebs in die Regie des Landkreises Waldshut wird also kategorisch ausgeschlossen.

Kreis Waldshut hat im Entscheidungsprozess kein direktes Mitspracherecht

Natürlich ist die Konstellation im Fall von Stühlingen eine andere als in Bad Säckingen. Die Trägerschaft liegt in den Händen des (GLKN) und ist somit im Nachbarlandkreis angesiedelt. Auch die Gutachter betrachten bei ihrer Analyse die Lage des Krankenhauses Stühlingen und die Folgen einer Schließung rein durch die Konstanzer Brille.

Es klingt geradezu zynisch, wenn konstatiert wird, dass von einer Schließung „wenige, dünn besiedelte Postleitzahl-Gebieten außerhalb des Landkreises Konstanz“ betroffen seien. Gleichzeitig lassen die Gutachter in ihrer Analyse wenig Zweifel daran, dass ein Weiterbetrieb des Hauses unter den gegebenen Umständen „riskant“ sei, und nur mit einem finanziellen Aufwand von mindestens 25 Millionen Euro so bewerkstelligt werden könnte, dass auch eine Art Zukunftsperspektive zu erwarten sei.

Der Kreis Waldshut hat allenfalls die Möglichkeit, mit den Beteiligten Stellen im Kreis Konstanz Gespräche zu führen. Ein echtes Mitspracherecht bei der Entscheidung gibt es aber nicht.

Landrat: „Klinikum Hochrhein kann Schließung Stühlingens kompensieren“

Mit dem baulich erweiterten Krankenhaus in Waldshut und erst recht mit dem Zentralklinikum in Albbruck, das Ende des Jahrzehnts in Betrieb gehen soll, sei der Kreis im Grunde gut aufgestellt – auch die Bürger im Nordosten könnten mitversorgt werden.

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Aber: „Eine gute Zentralversorgung braucht auch Satelliten in der Fläche“, so Kistler. Insofern sei dem Kreis natürlich sehr an der Schaffung eines Primärversorgungszentrums als Alternative zum Loreto-Krankenhauses gelegen. Es könnte also eine Einrichtung entstehen wie in Bad Säckingen entstehen, wo nach der Krankenhaus-Schließung ein interdisziplinärer Gesundheitscampus auf den Weg gebracht wurde.

Ein Förderantrag für eine entsprechende Konzeptionierung sei seitens der Stadt Stühlingen in Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung des Klinikums Hochrhein bereits erarbeitet worden, so Kistler: „Es ist einfach wichtig, Maßnahmen zu ergreifen, bevor wir vor vollendeten Tatsachen stehen.“

Auch die Rettungswache mit Notarztstandort soll möglichst erhalten bleiben. Und vor allem gelte es, die Mitarbeiter in der Region zu halten. Denn der Fachkräftemangel stelle in der medizinischen Versorgung wohl noch mehr als in den meisten anderen Branchen ein Problem dar.

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