L 1 KR 267/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 1283/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 267/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

 

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

 

Streitig sind die Kosten einer Krankenhausbehandlung.

 

Die Klägerin ist Trägerin der H Klinik B, ein zur Behandlung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenes Krankenhaus. Dort wurde der 1964 geborene Versicherte der Beklagten J J vom 24. Oktober 2011 bis 27. Oktober 2011 zur Entfernung eines Harnleitersteins stationär aufgenommen. Schon im August 2011 war der mit einem Bauchdeckenkatheter versorgte Versicherte notfallmäßig in dem Krankenhaus der Klägerin behandelt worden, ihm wurde damals ein Nierenkatheter eingesetzt.

 

Am 28. Oktober 2011 stellte die Klägerin der Beklagten 3.602,22 € für die Behandlung des Versicherten im Oktober 2011 in Rechnung. Sie berechnete die Fallpauschale (DRG 2011) L20A (transurethrale Eingriffe außer Prostataresektion und komplexe Ureterorenoskopien, außer bei Para-/Tetraplagie oder andere Eingriffe an der Urethra bei Para-/Tetraplegie, mit äußerst schweren CC). Als Hauptdiagnose gab die Klägerin N20.1 (Ureterstein) an, als Nebendiagnosen kodierte sie N20.1 (Ureterstein), N40 (Prostatahyperplasie), T83.5 (Infektion und entzündliche Reaktion durch Prothese, Implantat oder Transplantat im Harntrakt), U80.3! (Enterococcus faecium mit Resistenz gegen Glykopeptid-Antibiotika, Oxazolidinone, Streptogramine, oder mir High-Level-Aminoglykosid-Resistenz), B95.7! (sonstige Staphylokokken als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind, (B95.2! (Streptokokken, Gruppe D, als Ursache von Krankheiten, die in anderen Kapiteln klassifiziert sind, l10.00 (benigne essentielle Hypertonie, ohne Angabe einer hypertensiven Krise), K56.4 (sonstige Obturation des Darmes) und N41.0 (akute Prostatitis). Die Klägerin kodierte folgende Operationen bzw. Prozeduren: 5-562.8:L (Ureterotomie, perkutan-transrenale und transurethrale Steinbehandlung: Extraktion mit Dormia-Körbchen), 8-133.0 (Wechsel eines suprapubischen Katheters) und 8-137.03:L (intraoperatives Einlegen einer Ureterschiene [Ureterkatheter]).

 

Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst, beauftragte aber den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Thüringen (MDK) mit ihrer Überprüfung, insbesondere hinsichtlich der Kodierung und der Plausibilität der Nebendiagnosen. Am 1. März 2012 befand der Gutachter des MDK, dass die vom Krankenhaus kodierten Nebendiagnosen K56.4, N41.0 und T83.5 nicht bestätigt werden könnten. Abweichend vom Krankenhaus seien als Nebendiagnosen zu kodieren N39.0 (Harnwegsinfektion, Lokalisation nicht näher bezeichnet), Z93.5 (Vorhandensein eines Zystostomas), Z43.5 (Versorgung eines Zystostomas), Z93.6 (Vorhandensein eines Nephrostomas) und Z43.6 (Versorgung eines Nephrostomas).

 

Die Beklagte wies mit Schreiben vom 7. März 2012 darauf hin, dass als DRG richtig L20C (transurethrale Eingriffe außer Prostataresektion und komplexe Ureterorenoskopien ohne ESWL, ohne komplexen Eingriff, ohne fluoreszenzgestützte TUR der Harnblase oder andere Eingriffe an der Urethra außer bei Para-/Tetraplagie, ohne äußerst schwere CC) abzurechnen gewesen sei. Nach dem MDK-Gutachten seien die Nebendiagnosen K56.4, N41.0 und T83.5 nicht zu kodieren gewesen. Der Rechnungsbetrag sei auf 2.046,60 € zu kürzen, die Überzahlung von 1.555,62 € werde verrechnet.

 

Das Krankenhaus legte gegen das Gutachten des MDK Widerspruch ein, mit dem es sich gegen die Nichtanerkennung der abrechnungsrelevanten Nebendiagnose T83.5 wandte. Die Beklagte verrechnete am 4. April 2012 die nach ihrer Auffassung bestehende Überzahlung mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin und. befragte erneut den MDK. Dieser blieb in seinem weiteren Gutachten vom 31. Mai 2012 dabei, dass die DRG L20C abzurechnen sei. T83.5 könne nicht als Nebendiagnose kodiert werden, weil ein Nierenkatheter kein Implantat, Prothese oder Transplantat im Sinne der Definition der Diagnose sei. Überdies sei als Hauptdiagnose richtig N13.6 (Pyonephrose; Obstruktive Uropathie mit Infektion; Zustände unter N13.0-N13.5 mit Infektion der Niere; soll der Infektionsträger angegeben werden, ist eine zusätzliche Schlüsselnummer <B95-B98> zu benutzen) anzugeben gewesen.

 

Mit der vom damaligen in B ansässigen Träger des Krankenhauses erhobenen und am 17. Juli 2013 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage wird die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.555,62 € nebst Zinsen begehrt. Das Sozialgericht hat die Beklagte am 16. Mai 2017 antragsgemäß verurteilt. Die von der Klägerin als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Krankenhausträgers weiter verfolgte Klage sei zulässig und begründet. Mit Recht habe das Krankenhaus als Nebendiagnose T83.5 kodiert, was zur Ansteuerung der DRG L20A führe. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass bei dem behandelten Versicherten der Beklagten ein Harnwegsinfekt mit Einfluss auf das Patientenmanagement vorgelegen habe. Nach der Definition des Begriffs „Implantate“ im Pschyrembel sei durchaus möglich, unter diesen Begriff einen Nephrostomiekatheter zu subsumieren. Ein Nierenkatheter erfülle eine Ersatzfunktion im menschlichen Körper. Auch die Systematik des ICD-10-GM bestätige, dass ein Harnwegskatheter zu den vom Kapitel T83 erfassten Prothesen, Implantaten oder Transplantaten im Harntrakt zu zählen sei. Ebenso führe das alphabetische Verzeichnis zur ICD-10-GM über die Suche nach „Entzündung - durch – Harnwegskatheter“ oder „Harnwegskatheter – Entzündung“ oder „Harnwegskatheter – Infektion“ in die T83.5. Dafür spreche auch die im Klageverfahren noch vorgelegte E-Mail aus dem DIMDI. Dem Einwand der Beklagten, dass ein Fremdkörper im Harntrakt nie selbst eine Infektion auslösen könne, eine Infektion vielmehr stets durch Bakterien verursacht werde, sei entgegen zu halten, dass der ICD-10-GM keinen Kode enthalten werde, der nie zur Anwendung kommen könne. Es reiche aus, wenn ein Fremdkörper im Harntrakt die Entstehung von Harnwegsinfektionen gravierend begünstige oder ihre Sanierung erschwere. Die Kammer sei – entgegen ihrer noch im Urteil vom 14. April 2015 – S 76 KR 1338/13 vertretenen Einschätzung – nunmehr mit der Klägerin der Auffassung, dass der Kode T83.5 spezifischer als der Kode N39.0 sei, weil jener nicht nur die Lokalisation (Harntrakt) und die Erkrankung (Infektion) sondern auch den Umstand eines Fremdkörpers im Harntrakt (Implantat) enthalte. Hinsichtlich des vom MDK als Kombinations-Schlüsselnummer eingestuften Kodes N13.6 sei zu berücksichtigen, dass nach den DKR in der anzuwendenden Fassung des Jahres 2011 eine Kombinations-Schlüsselnummer nur zu verwenden sei, wenn sie die betreffende diagnostische Information vollständig wiedergebe und das alphabetische Verzeichnis eine entsprechende Anweisung gebe. Das alphabetische Verzeichnis sei jedoch uneindeutig, weil es je nach den verwendeten Stichworten nicht nur zu dem Kode N13.6, sondern auch zu dem Kode N20.1 führe. Das Problem einer Doppelkodierung stelle sich nicht. Zwar sei bereits im August 2011 der Nephrostomiekatheter gelegt worden und dann erst im Oktober 2011 die Zertrümmerung eines Steins in dem Harnleiter erfolgt. Es sei aber ein Fall der mehrmaligen Krankenhausbehandlung gegeben, zunächst sei der Harnstau und dann der Harnleiterstein beseitigt worden. Der zeitliche Abstand spreche gegen die Kodierung einer obstruktiven Uropathie nach N13. Der Kode N13 enthalte das Exklusivum „Nieren- oder Ureterstein ohne Hydronephrose“. Für einen Vorrang von T83.5 gegenüber N13.6 spreche erneut, dass das Vorhandensein eines Katheters nur in dem ersteren Kode Berücksichtigung finde.

 

Gegen das ihr am 24. Mai 2017 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Juni 2017 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Zur Begründung bezieht sich die Beklagten auf ein Gutachten des MDK Thüringen vom 14. Januar 2021. Danach ist aus medizinischer Sicht zu unterscheiden zwischen einer Bakteriurie und einer Harnwegsinfektion. Für den vorliegenden Sachverhalt sei aufgrund der dokumentierten subfebrilen Temperaturen von einer Harnwegsinfektion auszugehen. Eine Harnwegsinfektion könne entgegen der Formulierung in T83.5 aus naturwissenschaftlich-medizinischer Sicht eigentlich nicht durch einen Katheter verursacht werden. Entgegen den einschlägigen medizinischen Leitlinien habe das Krankenhaus die dem Versicherten eingesetzten Katheter nicht vor Beginn der antimikrobiellen Therapie entfernt. Als Hauptdiagnose wäre statt N20.1 – Ureterstein richtig N13.6 – Pyonephrose zu verschlüsseln gewesen. Denn nach den DKR D 005d sei bei einer erneuten Aufnahme, die zum Zeitpunkt des Ersteingriffs bereits geplant gewesen sei, die ursprüngliche Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren. Der Patient sei vorliegend bereits vom 22. August 2011 bis zum 27. August 2011 wegen einer infizierten harnleitersteinbedingten Harnstauungsniere links behandelt worden. Zutreffend sei damals die Hauptdiagnose N13.6 sowie eine Nephrostomiekatheteranlage links (OPS 5-550.1) kodiert worden. Das Behandlungskonzept habe bereits im August 2011 die Harnstauung, die Infektion sowie den Harnleiterstein links umfasst. Es komme dann nicht darauf an, dass die hier streitige Behandlung primär die Steinentfernung beinhaltet habe. Die Infektion als zweite Komponente der Diagnose N13.6 habe bei der streitgegenständlichen Behandlung noch oder wieder vorgelegen und sei somit schon über diese Diagnose in dem zugehörigen Datensatz nach § 301 SGB V abgebildet. Eine mehrfache Kodierung dieser Infektion über die Nebendiagnose T83.5 sei nach den Vorgaben der DKR unzulässig. Der Harnleiterstein sei ebenfalls in der Kombinations-Schlüsselnummer N13.6 enthalten. Das ergebe sich aus dem alphabetischen Verzeichnis der ICD-10-GM, wonach die Kombination von Hydronephrose, Stein und Infektion zum Kode N13.6 führe. Auch das systematische Verzeichnis führe diese Diagnosen über Exklusiva zur N13.6. Das Sozialgericht habe die DKR außer Acht gelassen, denen jedoch der Vorrang gegenüber einer Verschlüsselung nach ICD-10-GM zukomme. Allein die nach dem Stichwortverzeichnis der ICD-10-GM bestehende Möglichkeit, mit den Begriffen Harnwegskatheter und Entzündung bzw. Infektion zur T83.5 zu kommen, belege nicht die Richtigkeit der vom Krankenhaus vorgenommenen Kodierung. Nicht gefolgt werden könne dem Sozialgericht hinsichtlich des Ausschlusses der Diagnose N13.6, weil es bereits bei der Suche im Stichwortverzeichnis das einschlägige Stichwort einer Infektion unberücksichtigt gelassen habe. Nicht nachvollziehbar seien die Ausführungen des Sozialgerichts hinsichtlich der Bedeutung des zeitlichen Abstands zwischen den beiden Behandlungen. Das vom Sozialgericht erörterte in N13.- enthaltene Exklusivum „Nieren- oder Ureterstein ohne Hydronephrose“ sei aufgrund des Vorrangs der DKR zu vernachlässigen. Soweit das Sozialgericht darauf abstelle, dass sich aus N83.5 anders als aus N13.6 das Vorhandensein eines Katheters entnehmen lasse, zeige sich seine Einseitigkeit daran, dass es in Bezug auf N13.6 das Vorliegen einer Infektion bei der Suche im Stichwortverzeichnis nicht berücksichtigt habe. Wenn das Sozialgericht die Spezialität von T83.5 gegenüber N39.0 als Nebendiagnose herausstelle, lasse es unberücksichtigt, dass von der Seite der Beklagten mittlerweile N13.6 als richtige Hauptdiagnose genannt werde. Auch bei einem Vergleich der Nebendiagnosen wäre N39.0 spezieller als T83.5. Denn nach der Vorgabe des Bundessozialgerichts (BSG -Hinweis auf Urt. v. 26. Mai 2020 – B 1 KR 28/18 R) sei das Vorliegen eines spezifischeren Kodes nur in Bezug auf die Erkrankung und Störung zu prüfen, nicht im Hinblick auf die Ursache. N39.0 enthalte ebenso wie T83.5 eine Harnwegsinfektion, die beiden Kodes seien insoweit identisch. Die DKR würden eine generelle Subsidiarität der Kodes T80 bis T88 vorsehen, was im Behandlungsjahr allerdings nur für Hauptdiagnosen gegolten habe. Auch nach der (ICD-)Klassifikation seien die Kodes T80 bis T88 indessen nur anzugeben, wenn die behandelte Erkrankung anderenorts nicht klassifiziert sei. Das sei aber in N39.0 der Fall. Entsprechendes ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 26. Mai 2020 – B 1 KR 28/18 R), auf die zu verweisen sei. Hinzuweisen sei auch auf das zu einem vergleichbaren Sachverhalt ergangene Urteil des Thüringer Landessozialgerichts (LSG) v. 8. Juli 2021 - L 6 KR 476/20.

 

Die Beklagte beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Mai 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Diagnose T83.5 sei zutreffend kodiert worden. Die Infektion sei mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf einen der eingesetzten Katheter zurückzuführen.

 

Der Senat hat darauf hingewiesen, dass nach dem Urteil des BSG v. 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R ein Katheter als Implantat im Sinne von ICD-10-GM T83.5 anzusehen ist. Er hat weiter bei dem Chefarzt der Urologischen Abteilung des S.-H-Krankenhaus B Prof. Dr. K ein Sachverständigengutachten eingeholt. Nach dem am 2. Oktober 2020 erstatteten Gutachten lag bei dem Patienten in dem fraglichen Zeitraum eine signifikante Bakteriurie vor, die wie bei einem Harnwegsinfekt eine umfangreiche antibiotische Therapie notwendig gemacht habe. Die Keimbesiedlung des Harntrakts sei mit hoher Sicherheit durch die eingesetzten Harnkatheter verursacht worden.

 

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakten der Klägerin Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

 

Entscheidungsgründe

 

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Recht zur Zahlung verurteilt. Die Klägerin hat Anspruch auf eine weitere Vergütung für die von ihr erbrachten stationären Behandlungsleistungen.

 

Die Klägerin verfolgt ihren Zahlungsanspruch zulässigerweise im Wege einer allgemeinen Leistungsklage. Er kann sich nur aus einer anderen hier unstreitigen und damit nicht weiter zu überprüfenden Forderung ergeben, welche die Klägerin wegen der Behandlung anderer Versicherter der Beklagten hatte. Dieser Zahlungsanspruch ist nicht durch die von der Beklagten am 4. April 2012 erklärte Aufrechnung erloschen. Die Forderung, mit der aufgerechnet wurde, bestand nicht, der Beklagten stand in der Höhe des hier streitigen Betrags kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zu. Die Klägerin hat ihren Vergütungsanspruch für die hier streitige stationäre Behandlung des Versicherten der Beklagten zutreffend berechnet, die Beklagte war zum Ausgleich der Rechnung in voller Höhe verpflichtet.

 

Rechtsgrundlage für die Vergütung der Behandlung des Versicherten der Beklagten in der Zeit vom 24. Oktober 2011 bis zum 27. Oktober 2011 sind § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 17 b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in Verbindung mit dem am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Thüringer Vertrag über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung (§ 112 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Nach diesen Regelungen entsteht die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse für eine Behandlung im Krankenhaus unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V objektiv erforderlich gewesen ist.

 

Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder eine ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit setzt einen Krankheitszustand voraus, der den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Ob einem Versicherten vollstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich ausschließlich nach medizinischen Erfordernissen (Urteil des BSG vom 25. September 2007 – GS 1/06 – und Urteil des BSG vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 26/14 R – zitiert jeweils nach juris). Die vollstationäre Behandlung als intensivste und institutionell konstitutive Form der Krankenhausbehandlung wird in § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V als Ultima Ratio normiert. Demgemäß muss die notwendige medizinische Behandlung in jeder Hinsicht und ausschließlich nur mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses durchgeführt werden können (Noftz in Hauck/Noftz SGB V § 39 RdNr. 72 m.w.Nachw.). Zwischen den Beteiligten steht zu Recht nicht in Streit, dass vom 24. Oktober 2011 bis zum 27. Oktober 2011 eine Behandlung des Versicherten der Beklagten mit den besonderen Mitteln eines Krankenhauses notwendig war, so dass der Anspruch der Klägerin auf Vergütung dem Grunde nach entstanden ist.

 

Der Höhe nach bestimmt sich der Anspruch der Klägerin nach § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Gemäß § 7 Satz 1 KHEntgG werden die Leistungen der Krankenhäuser (u.a.) durch die Abrechnung von Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog vergütet. Diese Entgelte decken nach § 7 Satz 2 KHEntgG alle allgemeinen Krankenhausleistungen ab. Die Spitzenverbände der Krankenkassen bzw. seit dem 1. Januar 2008 der Spitzenverband Bund der Krankenkassen haben dazu nach §§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG, 17b Abs. 2 KHG Fallpauschalen und ein Vergütungssystem zu vereinbaren, das sich an einem international bereits eingesetzten Vergütungssystem auf der Grundlage der Diagnosis Related Groups (DRG) orientiert und jährlich weiterzuentwickeln und anzupassen ist. Das Vergütungssystem der allgemeinen Krankenhausleistungen soll nach § 17 b Abs. 1 Satz 1 KHG durchgängig, leistungsorientiert und pauschalierend sein. Dieses auf Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beruhende Vergütungssystem wurde nach § 17b Abs. 6 Satz 1 KHG verbindlich für alle (somatischen) Krankenhäuser zum 1. Januar 2004 eingeführt.

 

Der in Ausführung dieser gesetzlichen Verpflichtung vereinbarte Fallpauschalenkatalog sieht für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG zunächst vor, die durchgeführte Behandlung entsprechend ihrem Gegenstand und ihren prägenden Merkmalen nach einem vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI, seit Mai 2020 aufgegangen im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) herausgegebenen Kode zu verschlüsseln. Dazu haben die Vertragspartner Kodierrichtlinien (DKR) beschlossen, die ebenfalls jährlich überprüft und angepasst werden. Die Kodierungen führen nach bestimmten vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Kriterien zu einer Zuordnung der Behandlungsleistungen zu einer bestimmten DRG. Aus dieser wird dann nach Maßgabe des Fallpauschalenkatalogs und der Pflegesatzvereinbarung die von der Krankenkasse zu zahlende Vergütung berechnet (vgl. BSG Urt. v. 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – juris Rn 17-21, Urt. v. 18. September 2008 – B 3 KR 15/07 R – juris Rn 16). Die abzurechnende Fallpauschale (DRG) ergibt sich nicht aus einem abstrakten Tatbestand, sondern steht am Ende des Verarbeitungsprozesses der einzugebenden Daten. Nach § 1 Abs. 6 Satz 1 FPV sind für die Zuordnung eines Behandlungsfalles zu einer Fallpauschale Programme (sog. Grouper) einzusetzen, die von dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus zertifiziert sein müssen. Die in das Programm einzugebenden Daten bestimmen sich entsprechend den Kodierrichtlinien nach dem ICD-10 in der deutschen Fassung (ICD-10-GM) sowie dem vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegebene Operationen- und Prozedurenschlüssel (OPS). Maßgebend ist jeweils die im Behandlungsjahr geltende Fassung. Die Klägerin hat ihre Rechnung grundsätzlich nach diesen Vorgaben erstellt. Nach der Rechtsprechung des BSG ist der zur Ansteuerung einer bestimmten DRG führende Algorithmus nicht überprüfbar (BSG Urt. v. 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R). Wohl aber unterliegt die Richtigkeit der eingegebenen Diagnosen und Prozeduren einer gerichtlichen Kontrolle, wobei die für die Abrechnung maßgebenden Bestimmungen eng am Wortlaut orientiert und nur unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen sind (BSG v. 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R - juris Rn 14). Danach ist die vom Krankenhaus vorgelegte Rechnung auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die für den Behandlungsfall angesetzten Kodes und Prozeduren stehen mit den für das Jahr 2011 maßgebenden Abrechnungsregeln im Einklang. Sie führen zu der von der Klägerin abgerechneten DRG L20A.

 

Die Beteiligten sind sich zu Recht darüber einig, dass die Ansteuerung der von der Klägerin abgerechneten DRG L20A die Zulässigkeit der Kodierung von T83.5 als Nebendiagnose voraussetzt. Zwar streiten die Beteiligten auch über die zu kodierende Hauptdiagnose. Daraus ergibt sich indessen kein Ausschluss der DRG L20A. Die Beklagte hält zwar die Kodierung von T83.5 als Nebendiagnose zusätzlich zu der von ihr als zutreffend angesehen Hauptdiagnose N13.6 aus Rechtsgründen für unzulässig. Sie stellt aber nicht in Frage, dass die Kodierung von T83.5 neben N13.6 – deren Zulässigkeit vorausgesetzt – zur Ansteuerung der DRG L20A führen würde. Das BSG hat für einen vergleichbaren Sachverhalt ebenso darauf hingewiesen, dass die Ansteuerung der DRG L20A von der Zulässigkeit der Kodierung von T83.5 als Nebendiagnose abhängt, nicht von der auch hier zwischen den Beteiligten streitigen Frage, ob N20.1 oder N13.6 als Hauptdiagnose zu kodieren ist (BSG v. 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R - juris Rn 18). Die Klägerin mit der Kodierung von N20.1 stellt in den Vordergrund, dass die Operation die Entfernung eines Steins in dem Harnleiter bezweckte, während die Beklagte darauf verweist, dass dieser Eingriff der weiteren Behandlung der bereits im August 2011 vorhandenen Nierenerkrankung diente. Der Senat lässt für den vorliegenden Sachverhalt die Frage nach der zutreffenden Hauptdiagnose ausdrücklich offen. Er weist dazu aber darauf hin, dass nach D005 DKR 2011 eine ursprüngliche Krankheit für auf einen Ersteingriff folgende weitere Operationen nur dann erneut als Hauptdiagnose kodiert wird, wenn die Folgeeingriffe bereits zum Zeitpunkt des ersten Eingriffs im Rahmen einer Gesamtbehandlung geplant gewesen sind. Die erneute Kodierung von N13.6 als Hauptdiagnose für den weiteren Krankenhausaufenthalt im Oktober 2011 setzt demnach jedenfalls eine bereits im August 2011 bei der notfallmäßigen Versorgung des Versicherten erfolgte Planung durch das Krankenhaus der Steinentfernung als weiteren Eingriff voraus. In den vorliegenden Behandlungsunterlagen finden sich keine Hinweise für solche Überlegungen. Der MDK Thüringen bezieht sich in seinem Gutachten für die Einstufung als Folgeeingriff nur auf bestehende medizinische Behandlungsnotwendigkeiten, nicht auf einen konkret feststellbaren Behandlungsplan des Krankenhauses. Auf die Richtigkeit der Hauptdiagnose kommt es aber nicht an, weil die Höhe des Behandlungsentgelts nicht von ihr abhängig ist.

 

Mit Recht hat die Klägerin für den Behandlungsfall vom Oktober 2011 den Kode T83.5 nach dem ICD-10-GM als Nebendiagnose angesetzt. Gemäß D003 DKR 2011 ist Nebendiagnose eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthalts entwickelt. Solche Krankheiten sind als Nebendiagnosen zu kodieren, wenn sie das Patientenmanagement in irgendeiner Weise beeinflussen. Auch für Nebendiagnosen gilt der allgemeine (den einleitenden Hinweisen zu den DKR zu entnehmende) Grundsatz, dass immer der Kode für die spezifische Erkrankung zu verschlüsseln ist.

 

Der Kode T83.5 nach ICD-10-GM ist definiert als Infektion oder entzündliche Reaktion durch Prothese, Implantat oder Transplantat im Harntrakt. Der Versicherte der Beklagten war zum Zeitpunkt seiner Aufnahme in das Krankenhaus der Klägerin mit Implantaten im Harntrakt versorgt. Denn es waren ihm ein Bauchdeckenkatheter sowie ein Nierenkatheter gelegt worden. Der Senat folgt – wie er den Beteiligten bereits angekündigt hat - der Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R – juris Rn 15-17), wonach Harnwegskatheter zu den Implantaten im Sinne des Kodes T83.5 zu zählen sind. Dafür spricht, dass das Stichwortverzeichnis zum ICD-10-GM zu den Stichworten Harnwegskatheter und Entzündung auf die Diagnose T83.5 verweist. Zudem wird ein Harnwegskatheter in T83.0 ausdrücklich erwähnt. Das lässt ihn als Unterfall der insgesamt in T83.- geregelten Gesamtheit Prothesen, Implantate oder Transplantate erscheinen, was dann auch für seine Berücksichtigung im Rahmen der in die Gruppe T83.- nach dem ICD-10-GM gehörenden Diagnose T83.5 gelten muss.

 

Bei dem Versicherten lag weiter eine Infektion vor. Das wird schon durch die Beklagte bestätigt, die sich auf das Gutachten des MDK Thüringen vom 14. Januar 2021 bezieht. Danach setzt das Vorliegen einer Infektion begrifflich Abwehrreaktionen des Körpers gegen die Besiedlung mit Bakterien voraus, die im vorliegenden Behandlungsfall durch die für den Versicherten dokumentierten subfebrilen Temperaturen belegt seien. Die Ausführungen des vom Senat gehörten Gutachters Prof. Dr. K, der den bei dem Versicherten vorliegenden Zustand lediglich als signifikante Bakteriurie bezeichnet, weil typische Symptome eines Harnwegsinfekts gefehlt hätten, widerlegen nicht die Annahme einer Infektion. Nach dem sozialversicherungsrechtlichen Krankheitsbegriff kommt es nämlich wesentlich auf das Vorliegen von Behandlungsbedürftigkeit an. Auch der Gutachter Prof. Dr. K betont, dass der bei dem Versicherten zum Zeitpunkt der Krankenhausaufnahme bestehende Zustand eine umfängliche antibiotische Therapie erforderlich gemacht habe. Insoweit habe kein Unterschied zu einem Harnwegsinfekt bestanden. Weil Nebendiagnosen nach den DKR den für die Behandlung erforderlichen Ressourcenverbrauch abbilden sollen, erscheint es angemessen, im Rahmen der nach dem ICD-10-GM zu stellenden Diagnose T83.5 einen Infekt hier schon wegen der fraglos bestehenden Behandlungsbedürftigkeit anzunehmen.

 

Der Infekt ist auch durch die bei dem Versicherten gelegten Katheter verursacht worden. Der Einwand der Beklagten, dass ein Katheter grundsätzlich nicht für einen Infekt ursächlich sein könne, weil ein Harnwegsinfekt nur durch Bakterien hervorgerufen werden könne, ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich. Für eine juristisch anzuerkennende Kausalität ist nicht erforderlich, dass die in Bezug genommene Ursache gerade das letzte Glied in der Kausalkette gewesen ist. Vielmehr ist grundsätzlich von der Gleichwertigkeit aller Bedingungen auszugehen. Für die Annahme von Kausalität im Rahmen des Kodes T83.5 nach ICD-10-GM ist damit schon ausreichend, dass der Befall des Harntrakts mit Bakterien durch die Verwendung eines Katheters hervorgerufen worden ist. Würde man dagegen der Auffassung der Beklagten folgen, bliebe der Kode T83.5 ohne Anwendungsbereich und somit funktionslos. Das BSG hat aber bereits deutlich gemacht, dass die Ursächlichkeit eines Katheters für einen Harnwegsinfekt durch tatsächliche Ermittlungen aufgeklärt werden kann (BSG v. 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R – juris Rn 19). Das spricht gegen die Annahme, dass ein Katheter grundsätzlich nie ursächlich für einen Harnwegsinfekt sein könne.

 

Ausreichend für die Annahme einer sozialrechtlich erheblichen Kausalität ist, dass eine Bedingung mit hoher Wahrscheinlichkeit wesentliche Ursache für eine eingetretene Folge gewesen ist. Diese Anforderungen an den hier zu erhebenden Kausalitätsnachweis bestätigt der vom Senat gehörte Gutachter Prof. Dr. K, der ausführt, dass die bei dem Versicherten eingetretene Besiedelung des Harntrakts mit Keimen mit hoher Sicherheit auf die einliegenden Harnkatheter zurückzuführen sei. Unstreitig hat der Keimbefall eine intravenöse Antibiotikatherapie während des gesamten Krankenhausaufenthaltes erforderlich gemacht, so dass auch der für die Kodierung der T83.5 als Nebendiagnose erforderliche hervorgerufene besondere Behandlungsaufwand eingetreten ist. Demnach waren die Voraussetzungen einer Nebendiagnose gem. dem Kode T83.5 nach ICD-10-GM erfüllt.

 

Die Kodierung des Kode T83.5 als Nebendiagnose war auch nicht aus besonderen Gründen ausgeschlossen. Soweit die Beklagte über das Gutachten des MDK-Thüringen vom 14. Januar 2021 darauf verweist, dass nach D002 DKR 2011 Kodes nach den Kategorien T80-T88 nur dann als Hauptdiagnose zu verschlüsseln seien, wenn kein spezifischerer Kode in Bezug auf die Erkrankung oder Störung existiert oder die Verschlüsselung dieses spezifischeren Kodes durch ein Exklusivum der ICD-10-GM ausgeschlossen ist, kann diese Kodierregel hier schon deswegen keine Anwendung finden, weil T83.5 von der Klägerin nicht als Haupt- sondern als Nebendiagnose verschlüsselt worden ist. Insoweit liegen auch die Hinweise der Beklagten auf das Urteil des BSG v. 26. Mai 2020 – B 1 KR 26/18 R neben der Sache, soweit sie sich auf die dortigen Ausführungen unter den Rn 19-25 beziehen. Das gilt ebenso für den Hinweis der Beklagten auf das Urteil des LSG Thüringen v. 8. Juli 2021 – L 6 KR 476/20, das sich im Wesentlichen zu der Frage verhält, unter welchen Voraussetzungen der Kode T83.5 als Hauptdiagnose anzugeben ist.

 

In Bezug auf die Kodierung vom T83.5 als Nebendiagnose weist der Senat darauf hin, dass das BSG in seinem Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R juris Rn 18/19 grundsätzlich davon ausgeht, dass T83.5 als Nebendiagnose kodiert werden kann, wenn – wie in dem vorliegenden Sachverhalt – als Hauptdiagnose N20.1 oder auch N13.6 zu kodieren ist. Allein entscheidend ist nach dem BSG insoweit, ob die tatsächlichen Voraussetzungen des Kodes T83.5 erfüllt sind. Die Rechtsausführungen der Beklagten geben keinen Anlass, von dieser Einschätzung abzuweichen.

 

Aus dem Urteil des BSG v. 20. Mai 2020 (B 1 KR 26/18 R – juris Rn 26) ergibt sich zwar, dass der Kode T83.5 nicht als Nebendiagnose verschlüsselt werden darf, wenn er ein- und dieselbe Erkrankung betrifft, die schon Gegenstand eines anderen Kodes ist. Eine solche Mehrfachkodierung finde nur in den Fallgruppen statt, die ausdrücklich von den DKG dafür benannt worden seien. Dem hat sich das LSG Thüringen in seinem von der Beklagten zitierten Urteil v. 8. Juli 2021 – L 6 KR 476/20 ausdrücklich angeschlossen. Indessen vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die bei dem Versicherten im Oktober 2011 vorhandene Harnwegsinfektion schon vollständig Gegenstand einer anderen Kodierung gewesen sein könnte. Auch wenn für den Krankenhausaufenthalt im Oktober 2011 der Kode N13.6 als Hauptdiagnose zu verschlüsseln gewesen wäre, weil die spätere Steinentfernung als eigentlicher Anlass für die erneute Aufnahme des Versicherten in das Krankenhaus der Klägerin bereits im August 2011 geplant worden war, würde dieser Kode nicht die bei dem Kläger im Oktober 2011 behandelten Krankheiten vollständig abbilden. Der Kode N13.6 bezieht sich auf eine Nierenerkrankung. Eine solche lag bei dem Kläger im August 2011 vor, sollte aber ausweislich des von Prof. Dr. K dem Senat erstatten Gutachten vollständig ausgeheilt sein, ehe der Versicherte im Oktober 2011 wieder zur Behandlung aufgenommen wurde. Die ursprüngliche Entzündung der Nieren war bei dem erneuten Krankenhausaufenthalt nicht mehr vorhanden. Sie kann auch nicht als dieselbe Krankheit wie die spätere Harnwegsinfektion angesehen werden. Denn möglicherweise war die Entfernung des vorhandenen Harnleitersteins aus medizinischer Sicht notwendiger Bestandteil der Behandlung der eingetretenen Nierenentzündung. Nicht aber die spätere Therapie der Harnwegsentzündung, die durch einen (oder beide) der eingesetzten Katheter hervorgerufen worden war. Bei der Versorgung des Versicherten mit dem Nierenkatheter war nämlich keineswegs absehbar, dass dieser einen Infekt hervorrufen und eine entsprechende Behandlung erforderlich machen würde. Das gilt insbesondere deswegen, weil nach dem Gutachten von Prof. Dr. K eher wahrscheinlich ist, dass die Keimbesiedlung durch den suprapubischen Katheter hervorgerufen wurde. Soweit die Beklagte D005 DKR 2011 dahingehend interpretieren will, dass bei einem erneuten Krankenhausaufenthalt auch eine andere Infektion der Harnwege, die von der ursprünglichen Infektion der Nieren zu unterscheiden und unabhängig ist, vom Kode N13.6 miterfasst wird, vermag der Senat ihr nicht zu folgen. Die betreffende Regelung in den DKR will nach ihrem Sinn und Zweck nur solche Folgebehandlungen erfassen, die bei der erstmaligen Aufnahme in das Krankenhaus schon absehbar und damit planbar waren.

 

Zu Unrecht meint die Beklagte schließlich, dass der Kode N39.1 spezieller als oder zumindest gleichwertig mit dem Kode T83.5 und deswegen vorrangig als Nebendiagnose zu berücksichtigen sei. Beide Kodes betreffen eine Entzündung der Harnwege. Indessen ist der Kode T83.5 genauer, weil er noch eine besondere Ursache der Harnwegsentzündung voraussetzt. Dass der Kode T83.5 spezieller als der Kode N39.1 ist, ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des BSG. Dieses hat nämlich darauf hingewiesen, dass die Kodierung N13.6 die zusätzliche Kodierung einer Nebendiagnose nach N39.0 ausschließe, nicht aber nach T83.5 (Urt. v. 9. April 2019 – B 1 KR 27/18 R - juris Rn 18). Entsprechend muss der Kode T83.5 mehr Voraussetzungen beinhalten als N39.0. Nichts herleiten kann die Beklagte in diesem Zusammenhang aus der Regelung D002 DKR 2011, wonach es nur auf die Erkrankung und Störung als solche ankomme, nicht auf deren Ursache. Denn diese Regelung bezieht sich – wie schon erwähnt – nur auf die Frage, ob Kodes der Gruppe T83.- als Hauptdiagnose kodiert werden können.

 

Nach alledem war die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin zurückzuweisen.

 

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

 

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BSG.

 

Rechtskraft
Aus
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