5G-Ausbau

Vodafone: Mit 5G medizinische Daten in Echtzeit übertragen

Wenn ein Notarzt zum Pati­enten eilt, kann er über 5G-SA-Mobil­funk in Echt­zeit Bilder und wich­tige Daten an ein Kran­ken­haus über­tragen. Das kann wert­volle Zeit sparen.
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Im Hörsaal der Uniklinik Frank­furt unter­schrieben am Mitt­woch Voda­fone und die hessi­sche Digi­tal­minis­terin Sinemus einen Vertrag zum Ausbau des 5G-SA-Netzes in Hessen. Daneben gab es auch eine prak­tische Demons­tra­tion, welche Vorteile 5G im medi­zini­schen Alltag haben könnte.

Es kommt häufiger vor, als man denkt, ein Rettungs­ein­satz in den eigenen vier Wänden: Der zu Fuß herbei­geeilte Notarzt beru­higt die hoch­schwan­gere Frau, die über Übel­keit klagt. Auf seinem Smart­phone betrachtet er dabei die Bilder, die ein kleines kompaktes Ultra­schall­gerät in seiner rechten Hand zum Handy über­trägt. Über eine 5G-SA-Mobil­funk­ver­bin­dung ist der Notarzt mit einem Gynä­kologen etwa im Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt verbunden. Beide Ärzte sehen die Bilder in Echt­zeit auf ihren Bild­schirmen. Die hoch­auf­lösende Mobil­funk-Über­tra­gung erlaubt nun eine erste, schnelle, aber präzise Diagnose: In diesem Fall ist alles in Ordnung.

Möglich machen soll dieses Szenario eine Zusam­men­arbeit zwischen Ärzten und künf­tiger 5G-Mobil­funk-Technik, idea­ler­weise 5G-SA (Stan­dalone), was das Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt gemeinsam mit dem Netz­betreiber Voda­fone und der hessi­schen Digi­tal­minis­terin am Mitt­woch mit Unter­stüt­zung einer (nicht schwan­geren) Medizin-Studentin prak­tisch vorführte.

Verstärkt 5G-SA

Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus (r.) lässt sich den Einsatz von 5G-SA-Mobilfunk bei der mobilen Ultraschall-Aufnahme erklären Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus (r.) lässt sich den Einsatz von 5G-SA-Mobilfunk bei der mobilen Ultraschall-Aufnahme erklären
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
5G-Stan­dalone, das Daten in Echt­zeit über­tragen kann, soll (nun verstärkt) nach Hessen kommen. 5G gibt es schon länger, meist in der NSA- (Non-Stan­dalone) Vari­ante, die auf Unter­stüt­zung eines bereits vorhan­denen 4G/LTE-Netzes zurück­greift. Bei 5G-Stan­dalone läuft das 5G-Netz mit seinem Vermitt­lungs­system ("5G-Core") alleine (Stan­dalone). Voda­fone hat diese Technik "5G+" getauft, um sich damit vom Wett­bewerb abzu­heben.

In den Netzen von Telekom und Telefónica wäre 5G-SA wohl auch schon verfügbar, wird aber Endkunden derzeit noch nicht ange­boten, außer in nach außen abge­schirmten "5G-Campus-Netzen".

Gerin­gerer Ping, weniger Strom­ver­brauch

Weil 5G-SA "alleine" läuft, muss das Endgerät nicht zwei Verbin­dungen(zu 4G und 5G) managen, dadurch kann wert­volle Akku-Energie im Mobil­gerät gespart werden und die Latenzen (Ping-Zeiten) sinken im Ideal­fall weiter. Man spricht also von Echt­zeit, was wichtig ist, wenn aus der Ferne bestimmte Aktionen durch­geführt oder gesteuert werden sollen.

Neben hohen Band­breiten von bis 1000 Megabit pro Sekunde werden bei 5G-SA auch sehr nied­rige Latenz­zeiten (Ping-Zeiten) von rund 10 Milli­sekunden möglich. Immer dann, wenn Daten in Echt­zeit über­tragen werden müssen, ist diese voll­stän­dige Form von 5G drin­gend notwendig.

Weitere Vorteile von 5G-SA

Mit der 5G-Stan­dalone-Tech­nologie können Anwender mehr Vorteile von 5G-Mobil­funk nutzen. Sie können dann noch schneller mit ihren Smart­phones im Netz surfen und zusätz­lich Daten verzö­gerungs­frei über­tragen. So werden neue Anwen­dungen in der Augmented- und in der Virtual Reality in höchster Qualität möglich. Künftig können sich Autos mit der neusten Mobil­funk-Tech­nologie in Echt­zeit gegen­seitig vor Gefahren warnen. Auch die in Hessen ansäs­sige Indus­trie profi­tiert, weil sich Roboter und Maschinen so künftig aus der Ferne steuern lassen.

Der Netz­betreiber Voda­fone ist nach eigenen Angaben der einzige Anbieter in Europa, der derzeit 5G-Stan­dalone-Tech­nologie "groß­flä­chig" ausbaue, räumt aber ein, dass auch die Mitbe­werber wie Telekom oder Telefónica (o2) sicher bald nach­ziehen werden.

Rettungs­wagen mit 5G

In Zukunft könnten Rettungs­wagen mit 5G-Mobil­funk ausge­stattet sein. Noch vor Ort kann der Notarzt eine Anamnese machen und die Pati­enten­daten wie Blut­druck, Körper­tem­peratur, das bereits erwähnte Ultra­schall­bild und weitere Daten über 5G-Mobil­funk an den behan­delnden Arzt schi­cken. Noch vor der Abfahrt des Rettungs­wagens wäre abzu­klären, ob der Patient in eine Spezi­alklinik gebracht werden müsse. Dort wären die Ärzte schon vorbe­reitet und könnten eine lebens­wich­tige Opera­tion einleiten und nach Ankunft auch durch­führen. Insge­samt könnte wert­volle Zeit gespart werden, die dem Pati­enten nutzt.

Vermut­lich werden die Fahr­zeuge zu Beginn mit mindes­tens zwei verschie­denen Netzen ausge­stattet sein müssen, um die Chance einer sicheren Daten­über­tra­gung zum Kran­ken­haus oder dem behan­delnden Arzt zu ermög­lichen.

Mobiles Ultra­schall-Gerät mit Echt­zeit-Über­tra­gung

Mobiler Ultraschall auf dem Tablet-PC über 5G Mobiler Ultraschall auf dem Tablet-PC über 5G
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
In Hessen soll 5G-SA künftig Ärzten und Pati­enten helfen, wenn jede Sekunde zählt. Exem­pla­risch stellten in Frank­furt Experten des Klini­kums ein neues mobiles Ultra­schall-Gerät vor, das Live­bilder vom Unter­suchungsort zu anderen Medi­zinern über­trägt. Das von Philips entwi­ckelte smarte Gerät namens „Lumify“ soll zukünftig in zahl­rei­chen Anwen­dungs­berei­chen im klini­schen Umfeld zum Einsatz kommen und auch mobile Unter­suchungen ermög­lichen.

Beson­ders für die medi­zini­sche Versor­gung im länd­lichen Raum ist das entschei­dend. Ultra­schall­bilder können beispiels­weise an entfernte oder im Rufdienst zu Hause tätige Ärzte zur Konsul­tation über­tragen werden. Ein zusätz­licher Live-Ultra­schall-Stream für mehrere Nutzer fördert die Zusam­men­arbeit zwischen Ländern und Ärzten, wenn sie am schnellsten benö­tigt wird. Auch die Über­mitt­lung von Unter­suchungen in andere Kran­ken­häuser, Praxen oder im Rettungs­wagen werde ohne aufwän­dige Instal­lation von Netz­werken möglich.

5G-Anwen­dungen in der Medizin und in Hessen

Prof. Jürgen Graf, Ärzt­licher Direktor und Vorstands­vor­sit­zender des Univer­sitäts­kli­nikums Frank­furt sagt: "Das Univer­sitäts­kli­nikum Frank­furt ist Vorreiter bei der Digi­tali­sie­rung, davon profi­tieren Pati­entinnen und Pati­enten ebenso wie die Beschäf­tigten. Das Land Hessen hat daran großen Anteil durch seine umfang­reiche Förde­rung der digi­talen Infra­struktur in unserem Haus. Der Ausbau des 5G-Netzes in Hessen ermög­licht uns künftig, die Netz­werk­medizin auf einem höheren Leis­tungs­niveau abzu­bilden und noch stärker mit anderen Gesund­heits­ein­rich­tungen im Inter­esse unserer Pati­enten zu inter­agieren."

Markus Jones, Kauf­män­nischer Direktor, will die digi­tale Infra­struktur weiter ausbauen: "Neben der Versor­gung in der Fläche bietet das 5G-Netz für uns zwei weitere Chancen: Zum einen können wir die Qualität der medi­zini­schen Ange­bote in unserem Haus – zum Beispiel in der Diagnostik – durch ein höheres Daten­volumen weiter verbes­sern. Zum anderen entstehen neue Möglich­keiten zum Daten­aus­tausch, durch die wir die Forschung an unserem Standort und darüber hinaus voran­bringen können."

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Leider waren die glühenden 5G-Gegner, die Angst um ihre Gesund­heit haben, beim Termin in Frank­furt nicht vor Ort. Sonst hätten sie lernen können, dass schneller Mobil­funk mit 5G verstärkt Leben retten kann. Behan­delnde Ärzte können gut vorbe­reitet ihre Pati­enten empfangen und ihnen sofort die best­mög­liche Behand­lung ange­deihen lassen. Sie können sich unter­ein­ander über schnellen Mobil­funk fach­lich austau­schen und die beste Therapie fest­legen. Mobil­funk­gegner, die einen Sende­mast verhin­dern, müssen sich immer wieder fragen lassen, ob sie damit nicht mutwillig eine poten­zielle Gefähr­dung von Menschen­leben in Kauf nehmen.

Da die Qualität der Mobil­funk­netz­ver­sor­gung in Deutsch­land nach wie vor noch ein großer Flicken­tep­pich ist, sollten sich alle Netz­betreiber zusam­men­setzen und den Rettungs­kräften ein Angebot machen, wie sie je nach Lage vor Ort schnell zwischen den Netzen umschalten könnten. Das kann beispiels­weise durch vermehrten Einsatz von MOCN (ein Sender strahlt die Kennung mehrerer Netz­anbieter aus) oder modernen Formen von regio­nalem oder natio­nalem Roaming (wie das geplante o2-Roaming von 1&1 oder das längst abge­schal­tete D1-Roaming bei o2) geschehen.

In einer Über­sicht geht es um das Thema National Roaming: Flexi­bler Netz­wechsel im Inland.

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