Kasse fordert Datenbank

So will die AOK Neumarkt gegen Abrechnungsbetrüger vorgehen

nn

Hauke Höpcke

Neumarkt

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19.8.2022, 11:38 Uhr
Eine Pflegefachkraft hilft in der ambulanten Pflege einer Frau beim Umsetzen. Die AOK fordert, dass die Abrechnung nur noch digital erfolgt.

© Sebastian Gollnow/dpa/Symbolbild Eine Pflegefachkraft hilft in der ambulanten Pflege einer Frau beim Umsetzen. Die AOK fordert, dass die Abrechnung nur noch digital erfolgt.

Insgesamt 4.171 Verdachtsfälle von Fehlverhalten im Gesundheitswesen hat die AOK Bayern in den Jahren 2020 und 2021 bearbeitet – darunter 2.494 Neufälle und 1.677 Bestandsfälle. Das zeigt ihr aktuell vorliegender Bericht zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen.

Der Landkreis Neumarkt macht etwas mehr als ein Prozent der AOK Bayern aus. Die aufgeschlüsselten Zahlen für den Landkreis Neumarkt liegen jedoch nicht vor. Die AOK Bayern bearbeitet die Fälle zentral und nicht dezentral, heißt es auf NN-Nachfrage. "Eine Auswertung von regionalen Zahlen würde für bestimmte Regionen dazu führen, dass die Anforderungen des Sozialdatenschutzes nicht mehr erfüllt werden können."

Nach Angaben der AOK gingen an jedem Arbeitstag bayernweit im Schnitt mehr als sechs neue Fälle mit Verdacht auf Abrechnungsbetrug, Korruption, Bestechung oder Bestechlichkeit ein. Im Vergleich zum vorherigen Berichtszeitraum 2018/2019 haben die Neufälle um rund ein Drittel abgenommen. Ein Grund waren eingeschränkte Kontrollen etwa bei Pflegediensten während der Corona-Pandemie.

Der Beiratsvorsitzende bei der AOK in Neumarkt, Johann Lang, sieht dennoch keinen Grund zur Entwarnung, denn mit einem festgestellten Gesamtschaden von 27,9 Millionen Euro erreichte die AOK Bayern im Berichtszeitraum einen neuen Höchstwert. „Abrechnungsbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Es geht um Beitragsgelder, die für die Gesundheitsversorgung der Versicherten fehlen“, sagt er laut Pressemitteilung.

Weniger neue Fälle, aber höhere Schadenssumme

„Die Schadenssumme hat sich im Vergleich zu 2018/2019 mehr als verdoppelt“, so Gerhard Lindner, Direktor der AOK in Neumarkt. Insgesamt hat die AOK Bayerns für die Jahre 2020/2021 rund 12,3 Millionen Euro erfolgreich zurückfordern. Seit Einrichtung der Fehlverhaltensstelle 2004 waren es rund 107 Millionen Euro.

Positiv bewertet Beiratsvorsitzender Johann Lang die Zusammenarbeit mit der neu eingerichteten Zentralstelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen in Nürnberg. Die in Bayern geschaffenen Strukturen seien bislang einmalig in Deutschland und ermöglichen eine gezieltere und effektivere Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen.

Handlungsbedarf bestehe allerdings auf Bundesebene. Notwendig sei eine bundesweite Datenbank, die Betrugsfälle personenbezogen speichert. Dort müsse zentral erfasst werden, wenn Mitarbeitende aus der Pflege wegen Abrechnungsbetrug verurteilt wurden.

„Immer noch können Betrüger einfach ein Bundesland weiterziehen und dort eine Zulassung für einen neuen Pflegedienst beantragen oder in einer verantwortlichen Tätigkeit eingesetzt werden, ohne dass die Kranken- und Pflegekassen über die kriminellen Vorgänge informiert sind“, so Lang.

"Auch die Pflege muss digital abrechnen"

Dabei gingen Betrüger immer professioneller vor. Johann Lang fordert daher den Gesetzgeber auf, die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, dass mit intelligenter Software künftig die Abrechnungsdaten mehrerer Kassen gemeinsam geprüft werden könnten.

Besonders aufwändig sei die Abrechnungsprüfung in der Pflege: Dort ist immer noch Papier Standard.

Um Betrügern auf die Spur zu kommen, müssen Rechnungen, Dienstpläne und Leistungsverzeichnisse oft einzeln per Hand kontrolliert werden. Die Lösung liegt nach Ansicht des Beirats und des Direktors in der Verpflichtung, auch in der Pflege digital abzurechnen.

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