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Sonderveröffentlichung

Die Notwendigkeit der Digitalisierung gerade im Gesundheitswesen

Unsere Gesellschaft wird immer älter, während die Kosten für das Gesundheitssystem weiter steigen. Gerade die Coronapandemie hat gezeigt, unter welchem enormen Druck das deutsche Gesundheitssystem steht. Personalmangel, Bürokratie und eine schlechte Ausstattung der Krankenhäuser sind weit verbreitet und hemmen die Leistungsfähigkeit des ganzen Systems. Das trifft aber nicht nur unsere Krankenhäuser. Auch die Altenpflege, Physiotherapeuten, Logopäden und weitere Beteiligten im Gesundheitssystem sind von den Problemen und einem Modernisierungsstau betroffen. Während in der Wirtschaft und in der Gesellschaft die Digitalisierung angekommen ist, werden im Gesundheitswesen noch Faxe versendet und Ärzte müssen auf die Auslieferung von Röntgenbildern und Arztberichten per Post warten.

Foto: Colourbox.de

Die Situation im Vergleich

Vor allem unsere Nachbarn sind uns schon einen guten Schritt voraus. Der Einsatz von elektronischen Gesundheitsakten, elektronische Rezepte und Krankschreibungen sind in Ländern wie Österreich, Schweden, Dänemark und Estland schon weit verbreitet. Auch Deutschland hat schon einen richtigen Schritt in die richtige Richtung getan, allerdings verläuft die Digitalisierung in einem sehr langsamen Tempo. Die jährlichen Kosten im deutschen Gesundheitswesen steigen nach einer Studie von McKinsey mit jedem Jahr um ca. 4,5 %. Allein die Ausgaben im vergangenen Jahr lagen bei rund 466 Milliarden Euro, die Corona Krise hat diese Ausgaben natürlich in die Höhe schießen lassen. Aber auch im Jahr 2019 vor der Pandemie, lagen sie mit 410,8 Milliarden Euro in einem sehr hohen Bereich.

Einsparpotential durch Digitalisierung

Das Einsparpotential wird durch die Digitalisierung als besonders hoch angesehen. Bei dem jährlichen Wachstum von 4,5 % auf der Kostenseite ist dies auch besonders wichtig. Durch den Einsatz in weiten Teilen der Gesundheitsbranche, aber auch der weiteren Digitalisierung des Life-Sciences-Bereichs sieht die entsprechende Studie ein Einsparpotential schon im Jahr 2018 von 34 Milliarden Euro. Setzt man eine voll digitalisierte Gesundheitsbranche voraus, lassen sich durch dessen Einsatz heute ca. 12 Prozent der tatsächlichen Kosten einsparen. Weiterhin sieht man den Nutzen der Digitalisierung primär bei den Leistungserbringern, also Ärzten und Krankenhäusern. Bisher war ein Argument gegen die Digitalisierung in diesem Bereich das eher geringere Einsparpotential, was durch diese Studie widerlegt wurde. Auch bei den Patienten ist das Einsparpotenzial im Vergleich eher gering.

Einsatzgebiete bei Ärzten und Krankenhäusern

Der konsequente Einsatz einer einheitlichen elektronischen Patientenakte hat das größte Einsparpotential. Durch sie werden Daten effizient festgehalten, ohne Aktenschränke voll mit patientenbezogenen Informationen anzulegen. Die Kommunikation zwischen den Ärzten werden einfacher und schneller, gleichzeitig können auch die beteiligten Pflegekräfte und Therapeuten die Informationen und Behandlungsanweisungen schneller abrufen und umsetzen. Gerade bei Erkrankungen wie Morbus Parkinson, bei der verschiedenste Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte zusammenarbeiten müssen, macht es die Arbeit effizienter und damit kostengünstiger.

E-Rezepte und Telemedizin

Allein das elektronische Rezept ermöglicht es, 0,9 Milliarden Euro Kosten einzusparen. Durch den Einsatz der digitalisierten Rezepte wird der Aufwand verringert, es kann nicht verloren oder kaputtgehen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten können einfach überprüft werden. Die Telemedizin ist besonders im ländlichen Raum notwendig, oder bei Einschränkungen der Mobilität. Sie ermöglicht es, den vorhandenen Ärztemangel im ländlichen Raum abzuschwächen. Besprechungen mit dem behandelnden Arzt sind bei bekannten Krankheitsbildern nicht unbedingt persönlich notwendig. Moderne Videokommunikation hat sich besonders in Zeiten der Coronapandemie etabliert und einfache Möglichkeiten wurden geschaffen. Werden nur die Daten aus dem letzten Bluttest besprochen und was das für Auswirkungen auf die zukünftige Therapie hat, kann dies bequem vom Schreibtisch ausgemacht werden.

Weniger Barrieren

Einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen ist besonders aufwändig, nicht selten hat man mit langen Wartezeiten zu kämpfen. Bei Psychotherapeuten, Orthopäden und Co. kann man auch gerne 6 Monate oder mehr warten, bis Kapazitäten frei sind. Die Telemedizin kann auch hier helfen, mehr Kapazitäten zu schaffen und Kosten senken zu lassen. Insbesondere im ländlichen Raum sind gerade die Fachärzte rar gesät.

Digitale Werkzeuge

Der Einsatz von digitalen Helfern im Alltag wird allgemein akzeptiert. Auch im medizinischen Bereich werden immer mehr Anwendungen entwickelt, die die Gesundheit fördern, oder auf Gefahren aufmerksam machen sollen. Fitnessarmbänder überwachen den Puls und machen sogar auf Unregelmäßigkeiten aufmerksam, in Zukunft sollen Smartphones auch die Zuckerwerte für Diabetes-Patienten überwachen können und die sportlichen Aktivitäten werden rund um die Uhr aufgezeichnet. Der Datenschutz steht hier noch vielen Anwendungen im Weg und mit angepassten Regeln, liegt hier noch ein großes Potenzial. Schon jetzt ist es möglich, bei Krankenkassen über Apps Krankmeldungen einzureichen und an Bonusprogrammen für einen gesunden Lebensstil teilzunehmen.

Innovative Gesundheitsapps

Junge Start-ups entwickeln inzwischen innovative Apps, um die eigene Gesundheit zu monitoren und auf Gefahren hinzuweisen. Patienten mit einer chronischen Erkrankung können davon profitieren, ihre Gesundheitsdaten festzuhalten, Schmerztagebücher zu führen und einen Überblick über ihre Termine zu erhalten. Das Start-up hinter der Endo-App bietet insbesondere genau solch eine Anwendung an. Mit ihr ist es möglich, die Krankheit kennenzulernen und ihre Symptome zu verstehen. Ist sie diagnostiziert, lassen sich hier alle Daten zur eigenen Krankheit sammeln, gerade bei der Abstimmung mit der eigenen Ernährung ist dies besonders hilfreich. Gleichzeitig verweist sie auf gängige Therapien und hilft, die eigene Krankheit besser zu verstehen.

Personalmangel

Im Gesundheitswesen ist der Personalmangel besonders hoch, eine Studie von PwC prognostiziert bis zum Jahr 2035 einen Mangel von 1,8 Millionen Fachkräften allein in diesem Bereich. Gründe sind neben dem demografischen Wandel auch das schlechte Image des Gesundheitssektors. Die niedrige Bezahlung steht dabei dem hohen Arbeitsvolumen bei gleichzeitig hoher Verantwortung gegenüber. Die fortschreitende Digitalisierung kann einen Beruf im Gesundheitswesen wieder attraktiver machen. Eine moderne Arbeitsumgebung und eine geringere Belastung der Fachkräfte, durch die digitale Optimierung des gesamten Sektors, kann die Öffentlichkeits-Wahrnehmung wieder in eine positive Richtung verlagern.

Fazit

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens hat nicht nur das Potenzial, die Kosten stark zu senken. Ärzte, Pflegekräfte und Therapeuten bekommen damit vor allem neue Werkzeuge, um ihre Patienten bestmöglich und effizient zu versorgen. Gleichzeitig werden Hindernisse abgebaut, die Fachkräfte entlastet und auch der Patient hat die Möglichkeit, die eigene Gesundheit zuverlässig im Blick zu haben. Die Coronapandemie hat gezeigt, wie notwendig eine Optimierung des deutschen Gesundheitswesens ist, da sie schnell am Rande ihrer Leistungsfähigkeit ist. Die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung ist eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Bemühungen im Hinblick auf Digitalisierung müssen deswegen intensiviert und beschleunigt werden, auch um die immer weiter steigenden Kosten im Blick zu haben.

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