Cloppenburg - Der Kreißsaal im Cloppenburger St.-Josefs-Hospital kehrt zwar – wie bereits am Mittwoch berichtet – in den Normalbetrieb zurück, bedeutet: Auch an den Wochenenden können Frauen dort wieder ihre Kinder gebären. Unabhängig von dieser positiven Nachricht versammelten sich am Mittwochabend rund 200 Menschen vor der LzO in der Cloppenburger Innenstadt, um auf die Situation der Geburtshilfe in Kliniken hinzuweisen und Besserungen anzumahnen. Dazu aufgerufen hatte die „Initiative für gute Geburt in Cloppenburg“.
Die Kritik
Hilke Schauland, stellvertretende Vorsitzende des Hebammenverbandes Niedersachsen, sprach von großen Unsicherheiten für Gebärende in den vergangenen zwei Monaten in Cloppenburg. Doris Wieghaus, Kreisvorsitzende des Landfrauenverbandes, forderte eine bessere Bezahlung für Arbeit am und mit Menschen. Sie appellierte, nicht leichtfertig die Gesundheit und das Leben von Müttern und Kindern in Gefahr zu bringen.
Für Regina Peters-Trippner, Kreisvorsitzende des Hebammenverbandes Niedersachsen, steckt die Krux im System: Mit der Geburtshilfe könne schlicht kein Geld verdient werden, und sie sei daher nicht lukrativ. Sie erinnerte, dass es 1997 noch vier Kreißsäle im Kreis Cloppenburg gegeben habe. Jeden Tag seien durch die Schließungen in Friesoythe und die Einschränkungen in Cloppenburg rechnerisch fünf Frauen auf der Suche nach einem Kreißsaal gewesen. Sie forderte eine 1:1-Betreuung im Kreißsaal, schließlich habe die Hebamme „nur zwei Augen und zwei Arme“. Wenn die Geburtshilfe in Cloppenburg auf dem neuesten Stand sei, werde sie für Gebärende die erste Wahl. Damit steige die Chance auf genügend Hebammen und auf Auszubildende.
Vom Hebammenmangel konnte auch Birte Sprock, Hebamme im Cloppenburger St.-Josefs-Hospital, berichten: „Drei bis vier Frauen gleichzeitig“ habe sie zu betreuen gehabt. „Jede Frau verdient es, nach Leitlinien behandelt zu werden.“
Entweder eine Änderung der Fallpauschale oder eine zusätzliche Subvention der Kreißsäle forderte Veronika Bujny, Vorsitzende des Hebammenverbandes Niedersachsen. Sie bemängelte, dass es am Friesoyther Krankenhaus keinen Plan für die Frauen gegeben habe. Der Cloppenburger Kreißsaal hätte um 350 Geburten aufgestockt werden müssen.
Silvia van Geel von „Mother Hood“ aus Osnabrück kritisierte, strukturelle Probleme würden auf den Rücken von Eltern und Kindern ausgetragen. Sie schilderte, wie eine Cloppenburgerin während der Geburt den Kreißsaal in Cloppenburg verlassen musste, um in Vechta ihr Kind zur Welt zu bringen. Sie überlege deshalb, bei ihrem nächsten Kind einen geplanten Kaiserschnitt durchführen zu lassen. „Das kann nicht sein“, schimpfte van Geel. Es brauche ein „umfassendes Konzept“ und „richtig Geld“.
Das sagt Wimberg
Landrat Johann Wimberg beurteilte eine Öffnung des Kreißsaals 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche als „zwingend erforderlich“. Der Kreis wolle „darüber nachdenken“, wie durch Förderungen die Ausbildung von Hebammen attraktiver gestaltet werden könne.
Das sagt Krone
Andreas Krone, Geschäftsführer des St.-Josefs-Hospitals, versicherte, es sei Ziel und Anspruch, den Kreißsaal offen zu halten und ihn nicht wieder schließen zu müssen. Neue Hebammen konnten eingestellt werden, eine weitere Kraft komme noch hinzu. Zudem seien derzeit vier junge Frauen in der Ausbildung. Ob sie allerdings auch in der Geburtshilfe des Krankenhauses arbeiten werden, sei offen.
Die geforderte 1:1-Betreuung hält Krone „für nachvollziehbar“, allerdings nur umsetzbar, wenn die Vergütung deutlich angepasst werden, sagte Krone in Richtung Landes- und Bundespolitik.