L 16 KR 251/21

Land
Niedersachsen-Bremen
Sozialgericht
LSG Niedersachsen-Bremen
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Braunschweig (NSB)
Aktenzeichen
S 59 KR 504/19
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 16 KR 251/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Zum Zahlungsanspruch des Krankenhauses nach § 13 des Niedersächsischen Sicherstellungsvertrages. Der Senat teilt nicht die Ansicht der beklagten Krankenkasse, es reiche bereits grundsätzlich schon aus, dass sie ihre (Vorleistungs-)pflicht (auch unsubstantiiiert) bestreite, sofern dies nicht rechtmissbräuchlich geschehe, insbesondere im Falle begründeter Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung dürfe sie die Zahlung verweigern, wobei es ausreiche, dass sie die Begründung erst im gerichtlichen Verfahren substantiiere. Die Regelungen des Sicherstellungsvertrages sollen die Krankenhäuser vor Liquiditätsengpässen schützen und damit die Krankenhausversorgung der Versicherten sicherstellen. Diesem Schutzgedanken würde es widersprechen, den Krankenkassen (oder dem einzelnen mit Kodier- und Abrechnungsfragen betrauten DRG-Manager) die alleinige Deutungshoheit über die Richtigkeit einer Krankenhausrechnung und damit die Berechtigung zur Zahlungsverweigerung von Anfang an zuzuschreiben. Der Zahlungsverpflichtung kann sich die Krankenkasse auch nicht durch eine Zahlung unter Vorbehalt entziehen. Die im kompensatorischen Beschleunigungsgebot zum Ausdruck kommende Verpflichtung ist auf die zügige Zahlung der Vergütung und auf die Erfüllung der Forderung gerichtet und nicht auf die Zurverfügungstellung eines Darlehens an die Krankenhäuser (vgl Filges, NZS 2021, 584, 588). Durch die Zahlung hat sich die ursprüngliche Klage erledigt. Wenn die Krankenkasse im Anschluss ihren (vermeintlichen) Erstattungsanspruch durch Aufrechnung mit einer unstrittigen Vergütungsansprüchen des Krankenhauses befriedigt, ist die Bezahlung der Rechnung des neuen (anderen) Behandlungsfalls im Streit. Das ist ein anderer Streitgegenstand, auch wenn dort notwendigerweise inzident der ursprünglich streitige Behandlungsfall inhaltlich geprüft werden muss.

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Braunschweig vom 20. Mai 2021 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird auf 816,44 festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob sich der Rechtsstreit nach Zahlung der Klageforderung erledigt hat. Ursprünglich ging es um die Vergütung einer stationären Krankenbehandlung.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus. Dieses behandelte in der Zeit vom 15. Oktober 2016 bis 20. Oktober 2016 die bei der beklagten Krankenkasse versicherte, am J. 1932 geborene K. (Versicherte) wegen eines Schlaganfalls stationär.

Die Klägerin liquidierte gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 26. Oktober 2016 die Fall-pauschale DRG B70D (Apoplexie ohne komplexen zerebrovask Vasospasmus, ohne komplizierende Diagnose oder systemische Thrombolyse, mit neurol Komplexbeh des akuten Schlaganfalls bis 72 Std oder mit anderer neurol Komplexbeh des akuten Schlaganfalls bis 72 Std) in Höhe von 3.620,51 Euro. Unter anderem war auch die Prozedur OPS 8-98b.00 (andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls) kodiert worden.

Am 4. November 2016 teilte die Beklagte der Klägerin per Datenträgeraustausch mit, dass die Abrechnung des OPS 8-98b.00 nicht zulässig sei, da die Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung der Behandlung nicht nachgewiesen worden seien. Sie bat um Übermittlung neuer Entlassungs- und Rechnungsdaten ohne den OPS. Den unstrittigen Betrag in Höhe von 2.804,07 Euro glich die Beklagte aus. Die Klägerin wandte ein, dass es sich –wie sich aus den übermittelten Daten ergebe- um eine Notfallbehandlung gehandelt habe, eine Verlegung der Patientin wäre medizinisch nicht möglich gewesen und hätte das Leben der Patientin gefährdet.

Nachdem die Beteiligten keine Einigung erzielen konnten, hat die Klägerin am 3. Dezember 2019 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Braunschweig erhoben und die Auffassung vertreten, ihr stehe der geltend gemachte Rechnungsbetrag ungekürzt zu, weshalb die Beklagte ihr den Differenzbetrag von 816,44 Euro nebst Zinsen zu zahlen habe. Das ergebe sich unmittelbar aus § 13 Abs 6 Satz 1 des Niedersächsischen Krankenhaus-Sicherstellungsvertrages (Nds SV). Es sei für die Abrechnung nicht erforderlich, dass die Klägerin zunächst gegenüber der Beklagten einen Nachweis über die Erfüllung der Mindestmerkmale erbringe. Im Übrigen seien die im strittigen OPS geforderten Mindestmerkmale in ihrem Krankenhaus erfüllt. Auf “Strukturvoraussetzungen“ komme es nicht an, für die Durchführung von Strukturprüfungen existierte zudem keine Rechtsgrundlage. Die Beklagte führe nicht aus, woraus sich solche Nachweispflichten ergeben sollten, es werde weder eine gesetzliche noch vertragliche Grundlage benannt. Auch eine Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 c SGB V sei nicht veranlasst worden. Die Frist sei zwischenzeitlich abgelaufen. Sowohl der neurochirurgische Notfalleingriff als auch die gefäßchirurgischen Behandlungsmaßnahmen seien im Haus der Klägerin selbst durchgeführt worden.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass allein die Vorlage der Rechnung nicht geeignet sei, einen klägerischen Anspruch zu begründen. § 13 Abs 6 des Niedersächsischen Sicherstellungsvertrages begründe keine Ansprüche, sondern enthalte lediglich eine Fälligkeitsregelung. In der Sache hätten die Voraussetzungen für die Abrechnung des streitigen OPS-Kodes nicht vorgelegen.

In mehreren gleich gelagerten anderen „Nichtzahlungsfällen“ hat das SG Braunschweig jeweils den entsprechenden Leistungsklagen stattgegeben und die beklagten Krankenkassen zur Zahlung der geltend gemachten Krankenhausvergütung verurteilt. Gegen fast alle dieser Urteile und Gerichtsbescheide wurde Berufung eingelegt. Die Beklagte hat die von ihr eingelegten Berufungen nach Durchführung eines mündlichen Verhandlungstermins vor dem 4. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Niedersachsen-Bremen jeweils zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 8.  und 17. Dezember 2020 hat die Beklagte daraufhin mitgeteilt, dass sie mittlerweile die Klageforderung in diesem Verfahren nebst Zinsen ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt gezahlt habe. Sie hat darauf hingewiesen, dass ein prozessuales Anerkenntnis hiermit ausdrücklich nicht verbunden sei. Die Hauptforderung der Klage stehe weiterhin offen. Die Beklagte sei mit ihrem Vorgehen den gerichtlichen Hinweisen nachgekommen, wonach § 13 Abs 6 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag die Beklagte zur Zahlung des Rechnungsbetrages verpflichte und sie daher verpflichtet gewesen wäre, zunächst zu zahlen und anschließend zu verrechnen. Die Klage sei (jetzt) nicht mehr allein aufgrund des § 13 Abs 6 des Niedersächsischen Sicherstellungsvertrages begründet.

Die Beklagte hat anschließend gegenüber der Klägerin eine Aufrechnung in Höhe der Klageforderung erklärt und ihren Erstattungsanspruch mit einer unstreitigen Vergütungsforderung der Klägerin verrechnet (Schriftsatz vom 16. Februar 2021).

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 20. Januar 2021 mitgeteilt, dass sie von einem Anerkenntnis der Beklagten ausgehe, das sie annehme. Das angenommene Anerkenntnis erledige den Rechtstreit.  Die Prozesserklärung sei eindeutig, für eine Auslegung kein Raum.

Das SG hat die Klägerin mit Verfügung vom 22. Januar 2021 darauf hingewiesen, dass ein Anerkenntnis der Beklagten nicht vorliege. Daraufhin hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 1. April 2021 den Rechtstreit für erledigt erklärt und beantragt, festzustellen, dass sich der Rechtsstreit bezüglich der Behandlung der Versicherten K. dadurch erledigt habe, dass die Beklagte die Behandlungskosten und auch die geltend gemachten Verzugszinsen gezahlt habe.

Der Erledigungserklärung hat sich die Beklagte explizit nicht angeschlossen, eine Erledigung sei nicht eingetreten.

Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2021 festgestellt, dass sich der Rechtsstreit betreffend den Zahlungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten K. im Krankenhaus der Klägerin vom 15. Oktober 2016 bis 20. Oktober 2016 dadurch erledigt hat, dass die Beklagte die Klagehauptforderung gezahlt hat. Die Klägerin habe die ursprüngliche Leistungsklage zulässig auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt. Die Klage sei ursprünglich als echte Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig gewesen. Sie sei auch begründet gewesen.  Die Klägerin habe gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 816,14 € für die bei der Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung gehabt. Mit der Rechnung vom 26. Oktober 2016 habe die Klägerin die Fallpauschale DRG B70D ausgewiesen und 3.620,51 € gefordert. § 13 Abs 6 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag regele in Satz 1 eindeutig, dass die Krankenkasse die Rechnung unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu bezahlen habe. Dieser vertraglichen Verpflichtung sei die Beklagte nicht (vollständig) nachgekommen. Auf die Frage der rechnerischen oder sachlichen Richtigkeit der Rechnung komme es deshalb hier nicht an. Der Niedersächsische Sicherstellungsvertrag sei auch für die Beteiligten unmittelbar gültig gewesen. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, sie müsse nicht zahlen, wenn die Rechnung fehlerhaft sei. Für solche Fälle stehe ihr gemäß § 13 Abs 6 Satz 5 des Niedersächsischen Sicherstellungsvertrages die Möglichkeit der Verrechnung (korrekt: Aufrechnung) zur Verfügung. Auch der darauffolgende Einwand, nach jahrtausendealten Rechtsgrundsätzen müsse nichts gezahlt werden, was unmittelbar danach wieder zurückgezahlt werden müsse, verfange hier nicht. Dieses Verbot der unzulässigen bzw. arglistigen Rechtsausübung (dolo agit…) sei hier nicht einschlägig. Die Regelung in § 13 Abs 6 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag wäre sonst überflüssig. Insofern unterscheide sich das System der Krankenhausabrechnung erheblich vom Zivilrecht zwischen Privatparteien. Die vertraglichen Abweichungen vom Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) seien unzweifelhaft zulässig. Im Übrigen sei schon fraglich, ob der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung erhoben werden könnte. Zur Rückzahlung wäre die Klägerin nämlich nicht unmittelbar verpflichtet, sondern erst nach Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Rechnung. Das sei regelmäßig ein Zeitpunkt nach Prüfung durch den MDK.  Das anfangs vorgebrachte Argument der Beklagten, die Fehlerhaftigkeit einer Rechnung führe per se dazu, dass sie nicht fällig sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. § 13 Abs 6 Satz 1 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag definiere die Fälligkeit nur nach dem Datum. Dafür, dass die Fälligkeit der Rechnung nicht eingetreten sei, weil der Datensatz nach § 301 SGB V nicht vollständig gewesen sei, gebe es keine Anhaltspunkte.  Möglicherweise könnten die Einwände verfangen, wenn die Fehlerhaftigkeit der Rechnung auf der Hand liegen würde, also offenkundig sei. Hier sei das jedenfalls nicht der Fall, denn im (materiell-rechtlichen) Streit stehe die Frage, ob die Voraussetzungen für die Kodierung des OPS 8-98b.00 vorlägen. Das Ergebnis dieses Streits sei in Anbetracht der Komplexität keinesfalls offenkundig. Zahlreiche Rechtsstreite vor dem SG Braunschweig seien zwischen den hiesigen Beteiligten dazu anhängig. Auch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 22. Juli 2004 (B 3 KR 20/03 R), auf die sich manche Krankenkassen in Fällen wie hier beriefen, spreche gerade nicht für ein Recht auf Zahlungsverweigerung von Anfang an. Das BSG habe nämlich der Revision einer Krankenkasse nicht stattgegeben, sondern die für die Klägerin positive Entscheidung des LSG bestätigt.

Die Zahlungsanspruchsgrundlage des § 13 Abs 6 Satz 1 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag würde völlig leerlaufen, wenn der Einwand der fehlerhaften Rechnung den Zahlungsanspruch ausschließen würde. Der zwischen den Beteiligten geschlossene „Vertrag zu den Bereichen des § 112 Abs 2 Ziffer 1,2,4 und 5 SGB V“ werde nicht umsonst von allen Beteiligten „Sicherstellungsvertrag“ genannt. Seine Regelungen sollten nämlich die Krankenhäuser vor Liquiditätsengpässen schützen und damit die Krankenhausversorgung der Versicherten sicherstellen. Diesem Schutzgedanken widerspreche es, den Krankenkassen die Deutungshoheit über die Richtigkeit einer Krankenhausrechnung und damit die Berechtigung zur Zahlungsverweigerung von Anfang an zuzuschreiben. Die Zahlungsregelung sei auch Ausgleich für die unbedingte Verpflichtung der Krankenhäuser zur medizinischen Versorgung der Versicherten. Die Krankenhäuser gingen als Leistungserbringer in Vorleistung und müssten dafür die Sicherheit haben, ihre Rechnungen zunächst ausgeglichen zu bekommen. Wenn die am Krankenhaus-Vergütungssystem Beteiligten eine andere Zahlungsregelung wollten, könnten sie dies vertraglich vereinbaren. Seit nunmehr fast 30 Jahren scheine es dafür aber keine Veranlassung gegeben zu haben.  Auch der Bundesgesetzgeber habe mittlerweile dem Grundsatz der Krankenhausliquiditätsgewährleistung Rechnung getragen. Die unbedingte Zahlungsverpflichtung sei nunmehr gesetzlich geregelt. In dem vom 27. März 2020 bis 19. Oktober 2020 geltenden § 330 SGB V und im ab 20. Oktober 2020 geltenden § 417 SGB V heiße es jeweils in den Sätzen 1, dass die von den Krankenhäusern erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen seien. Die Klägerin habe die Leistungsklage zulässig auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt. Hierin liege keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG. Für die Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Erledigung einer allgemeinen Leistungsklage nach dem SGG würden erleichterte Voraussetzungen gelten. Es genüge ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Erledigung. Ausreichend sei die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage, auch wenn aus dem (abgeschlossenen) Rechtsverhältnis keine Rechtsfolgen mehr hergeleitet werden könnten. In Streitigkeiten über Krankenhausvergütung bestehe regelmäßig ein solches berechtigtes Interesse. Die Möglichkeit, dass Rechtsfragen zur Abrechnung wiederholt auftreten würden, liege für Krankenhäuser und Krankenkassen in aller Regel nicht entfernt. Es bedürfe hierfür keines weiteren Belegs.  Die Klage auf Feststellung der streitigen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache sei bei allgemeinen Leistungsklagen ohne kostenprivilegierte Beteiligte begründet, wenn sich die ursprünglich zulässige und begründete Klage erledigt habe. So verhalte es sich hier. Die Klage sei als allgemeine Leistungsklage erhoben worden. Beide Beteiligte seien nicht kostenprivilegiert. Die ursprüngliche Leistungsklage sei zulässig und begründet gewesen, sie habe sich auch erledigt.  Die Erledigung sei nicht durch angenommenes Anerkenntnis eingetreten. Zwar habe die Beklagte mittlerweile auch den Betrag der Klagehauptforderung an die Klägerin gezahlt. Das könnte den Rechtsschein erwecken, sie habe ein umfängliches Anerkenntnis abgegeben. Die Beklagte habe aber mehrfach schriftsätzlich und mündlich deutlich gemacht, dass sie ein prozessrechtliches Anerkenntnis nicht abgebe. Diese Erklärung sei so eindeutig, dass für eine andere Auslegung kein Raum bleibe. Etwas Anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Weigerung zur Abgabe eines Anerkenntnisses gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde. Es sei allgemein anerkannt, dass die Vertragsbeziehungen zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen diese in partnerschaftlicher Weise zu gegenseitiger Rücksichtnahme nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichteten. Ein Verstoß gegen diese Grundsätze könnte vorliegen, wenn die Weigerung der Beklagten einzig damit zu erklären wäre, dass sie das Entstehen einer „fiktiven“ Termingebühr verhindern wolle. Das liege hier aber fern, denn das Verhalten der Beklagten (ua auch Weigerung zur Erledigungserklärung) führe dazu, dass durch Urteil oder Gerichtsbescheid entschieden werden müsse. Dabei falle eine „echte“ Termingebühr an und bei angenommenem Anerkenntnis wären nicht drei, sondern nur eine Gerichtsgebühr angefallen. Die Beklagte dürfe sich, insbesondere auch gegenüber sich selbst, unwirtschaftlich verhalten. Der Rechtsstreit habe sich nicht insgesamt nach § 101 Abs 2 SGG erledigen können.  Der Rechtsstreit habe sich auch nicht durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigt. Die Beklagte habe sich der Erledigungserklärung der Klägerin nicht angeschlossen. Eine einseitige Erledigungserklärung beende den Rechtsstreit nicht. Die Hauptsache habe sich aber durch die nach der Klageerhebung erfolgte Zahlung der Beklagten erledigt. Durch die Zahlung sei eine Lage eingetreten, die eine Entscheidung über den Klageanspruch erübrige bzw ausschließe. Mit der Zahlung von 816,14 Euro (Hauptforderung) sei die Beklagte ihrer Verpflichtung aus dem Niedersächsischen Sicherstellungsvertrag gefolgt. Die Rechnung über die Krankenhausbehandlung der Versicherten K. sei damit ausgeglichen. Es bestehe keinerlei Zweifel daran, dass die Zahlung von 816,14 Euro genau diesen Behandlungsfall betroffen habe. Über diese Rechnung bestehe kein Streit mehr. Der Einwand der Beklagten, die Zahlung sei nur unter Vorbehalt erfolgt, verfange nicht. Die Verpflichtung zur Zahlung sei aus Rechtsgründen objektiv gegeben gewesen. Dieser rechtlichen Verpflichtung habe sich die Beklagte auch nicht durch einen Vorbehalt entziehen können. Sie habe zunächst zahlen müssen (die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirken) mit der Folge, dass das Schuldverhältnis erloschen sei (§ 362 BGB). Wenn sich bei einer nach der zwischen den Spitzenverbänden der Beteiligten geschlossenen Prüfverfahrensvereinbarung ordnungsgemäß durchgeführten Prüfung die Fehlerhaftigkeit der Rechnung herausstelle, entstehe ein neues Rechtsverhältnis, nämlich eines aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB, Wegfall des rechtlichen Grundes analog). Dadurch entstehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dabei seien Gläubiger und Schuldner ausgetauscht.  Der von der Beklagten erklärte „Vorbehalt“ sei der gleiche, der einer Zahlung nach § 13 Abs 6 Satz 1 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag ohnehin immer immanent sei. Die Zahlungsmodalitäten im Krankenhausabrechnungswesen unterschieden sich teilweise erheblich von denen im „normalen“ Zivilrecht. Eine vertragliche Verpflichtung, eine Rechnung zunächst begleichen zu müssen und sie dann erst überprüfen zu können sei eher ungewöhnlich. Diese Abweichung erkläre sich aber ganz zwanglos mit den besonderen Gegebenheiten der Krankenhausversorgung. Soweit die Beklagte angekündigt oder dies bereits getan habe, den Zahlbetrag wegen ungerechtfertigter Bereicherung mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin aufzurechnen, werde der hiesige Rechtsstreit nicht fortgeführt. Im Falle einer Aufrechnung sei die Bezahlung der Rechnung des neuen (anderen) Behandlungsfalls, mit dem aufgerechnet werde, im Streit. Das sei ein völlig anderer Streitgegenstand, auch wenn dort notwendigerweise inzident der hier streitige Behandlungsfall inhaltlich geprüft werden müsse.

 

Gegen den am 21. Mai 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 7. Juni 2021 Berufung zum LSG Niedersachsen-Bremen erhoben und vorgetragen, das SG Braunschweig sei zu der rechtsirrigen Auffassung gelangt, dass sich der Rechtstreit betreffend den Zahlungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten dadurch erledigt habe, dass die Beklagte die Hauptforderung gezahlt habe. Die erstinstanzliche Entscheidung gehe infolge der Nichtbeachtung der Rechtslage und entgegenstehender höchstrichterlicher Rechtsprechung völlig in die Irre und komme zu einem falschen Ergebnis. Ihre Zahlung resultiere lediglich aus der vertraglichen Verpflichtung nach dem Krankenhaus-Sicherstellungsvertrag. Die Beklagte habe ausdrücklich unter Vorbehalt gezahlt. Der Vorbehalt beziehe sich auf die Rechnungsprüfung und eine eventuelle spätere Aufrechnung. Eine derartige vorbehaltliche Zahlung habe keine Erfüllungswirkung nach § 69 Abs 1 SGB V iVm § 362 BGB. Wenn der Schuldner mit seinem Vorbehalt zum Ausdruck bringe, dass er nur unter der Bedingung des Bestehens der Forderung leiste und dem Gläubiger weiterhin die Beweislast für das Bestehen der Forderung auferlege, dann stelle die Bezahlung unter Vorbehalt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sämtlicher Gerichtszweige und nach der herrschenden Meinung keine Erfüllung dar. Das sei dann der Fall, wenn der Schuldner während eines Rechtstreits zahle, diesen dann aber trotzdem fortsetze, wenn er nur zur Abwendung eines empfindlichen Übels zahle, oder wenn er lediglich unter der Voraussetzung leiste, dass die Forderung zu Recht bestehe. Eine solche Leistung stelle jedoch keine Erfüllung dar. Selbst wenn die Ansicht des SG zuträfe, dass ein „Vorbehalt“ der vertraglichen Regelung immanent sei, der Leistungsträger also immer erst zahlen müsse und dann nach Prüfung ggf aufrechnen könne, würde durch das Nichterfüllen der Zahlungsverpflichtungen aber gerade ein empfindliches Übel hervorgerufen werden, das es dann abzuwenden gelte. Insbesondere könne das Krankenhaus nach § 13 Abs 7 des Vertrages Zinsen in Höhe von 2% über dem Diskontsatz verlangen, wenn die Krankenversicherung ihrer Zahlungspflicht nicht innerhalb von 21 Tagen nachkomme. Es habe daher im Interesse der Krankenkasse gelegen, Folgen einer Vertragsverletzung bis zur Überprüfung der Rechtslage abzuwenden, indem sie zahlte. Der vom SG angenommene immanente „Vorbehalt“ greife nicht. Trotz der Abweichung vom Zivilrecht erkläre § 69 Abs 1 Satz 3 SGB V die Vorschriften des BGB explizit für anwendbar. Die Beklagte habe hier im laufenden Prozess gezahlt, deutlich gemacht, dass sie ihre bisherige Rechtsposition nicht aufgeben werde und kein prozessuales Anerkenntnis erreichen möchte. Sie habe zu keiner Zeit ihre Verteidigung gegen den ungerechtfertigten Vergütungsanspruch aufgegeben. Gerade bei gesetzlichen Zahlungsverpflichtungen der Krankenkasse seien die Anforderungen an eine Vorbehaltserklärung eher niedrig. Für einen Vorbehalt, der die Schuldtilgung und den damit einhergehenden Beweislastwechsel verhindern solle, genüge es, dass die Krankenversicherung „unter Vorbehalt der medizinischen Prüfung“ zahle. Diese Voraussetzung sei vorliegend erfüllt, es sei explizit kein Anerkenntnis gewollt, mit der Zahlung sollte gerade kein prozesserledigendes Ereignis herbeigeführt werden.

Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2022 hat sie vorgetragen, dass bei der Klägerin nach dem Feststellungsbescheid des MS weder ein Versorgungsauftrag für die abgerechnete Leistung vorgelegen habe, noch dass die sonstigen Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung des OPS 2016 8-98b.00 vorgelegen hätten. Wenn überhaupt wäre erst mit Wirkung ab 1. Februar 2019 aufgrund des Kooperationsvertrages mit dem Universitätsklinikum Magdeburg vom 6. März 2019 eine Befriedigung in Betracht gekommen, das habe aber nicht den hier streitigen Zeitraum betroffen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von 816,14 Euro, die Beklagte dürfe sich darauf berufen, dass die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs nicht erfüllt seien und die Zahlung insoweit verweigern. Es könnten keine eigenständigen Zahlungs(vor)verpflichtungen für den Fall begründet werden, wenn die Krankenkasse nach Überprüfung feststelle, dass kein Vergütungsanspruch bestehe. Es reiche also grundsätzlich schon aus, dass die AOK ihre (Vorleistungs-)pflicht (auch unsubstantiiiert) bestreite, sofern dies nicht rechtmissbräuchlich geschehe. Insbesondere im Falle begründeter Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung dürfe die Beklagte die Zahlung verweigern, wobei es ausreiche, dass sie die Begründung erst im gerichtlichen Verfahren substantiiere. Es sei hier für jeden in Kodier- und Abrechnungsfragen spezialisierten DRG-Manager anhand der von der Klägerin vorgelegten Daten gut zu erkennen gewesen, dass die Voraussetzungen des streitigen OPS nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin verfüge nicht über einen Versorgungsauftrag für Neurologie oder Neurochirurgie. Sie sei mit ihrer Klage, für diese Fachbereiche in den Krankenhausbedarfsplan in Niedersachsen aufgenommen zu werden, gescheitert (VG Braunschweig, Urteil vom 30. Juni 2021 – 5 A 442/18).  In Hinblick auf das Qualitätsgebot des § 2 SGB V sei sie nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG aufgrund der fehlenden apparativen und personellen Ausstattung nicht zur Versorgung der Versicherten geeignet und hätte deshalb die Vergütung gar nicht abrechnen können. Sie habe also die Abrechnungsvoraussetzungen leicht erkennbar offensichtlich nicht erfüllt. Auch die im letzten Unterpunkt der Merkmale des OPS 8-98b beschriebenen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Kooperationspartnerschaft iS des OPS 8-98b als Strukturmerkmal erfordere nicht nur, dass Leistungen tatsächlich erbracht würden. Vielmehr müsse eine rechtlich verfestigte Kooperationsvereinbarung bestehen. Hier habe es zum Zeitpunkt der Abrechnung keine schriftliche Vereinbarung gegeben bzw eine solche sei nie vorgelegt worden. Um dies zu bewerten, benötige man keine Expertise des MDK bzw medizinische Expertise. Auch die Schlussfolgerung des 4. Senates des LSG, dass die Auslegung des OPS nicht ohne ärztlichen Sachverstand geleistet werden könne, werde unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht geteilt. Die Prüfung der strukturellen Abrechnungsvoraussetzungen stelle keinen Begutachtungsanlass für den MD dar. Es seien allein rechtliche Bewertungen vorzunehmen, so dass der Einwand des Ausschlusses nach § 275c Abs 1 SGB V nicht greifen könne. Es handele sich um eine Prüfung auf der ersten Stufe. Die Tatbestandsvoraussetzungen des OPS 8-98b.00 hätten sich von 2010 bis 2016 kontinuierlich weiterentwickelt. Im Krankenhaus seien nach der Rechtsprechung des BSG für die im Versorgungsauftrag ausgewiesenen Bereiche die räumliche, apparative und personelle Ausstattung zur Erbringung der wesentlichen Leistungen selbst vorzuhalten. Die Beklagte habe die Zahlung auch nach Ablauf der Frist des § 13 Abs 6 verweigern dürfen, weil es für die DRG-Manager schon allein aufgrund der vorliegenden Daten leicht erkennbar gewesen sei, dass die Voraussetzungen des OPS nicht vorgelegen hätten. Eine absolute Vorleistungspflicht iS des § 320 BGB wäre nicht mit dem Leistungserbringungsrecht des vierten Kapitels des SGB V vereinbar. Die Bestimmungen im SGB V könnten ihre Steuerungsfunktion nicht erfüllen, wenn Leistungserbringer für rechtswidrig erbrachte Leistungen dennoch wirtschaftliche Vorteile erhielten.  Die Vorgaben des OPS dienten der Qualitätssicherung und dem Schutz des Lebens und der Gesundheit. Das Wirtschaftlichkeitsgebot rechtfertige im Abrechnungsverhältnis einen äußerst strengen Maßstab in Form peinlich genauer Prüfung und strenger Konsequenzen, die über das gewöhnliche Maß im Zivilrecht weit hinausgingen. Die uneingeschränkte Vorleistungspflicht wäre dazu geeignet, Krankenhäuser zur Abrechnung nicht DRG-konformer   Krankenhausleistungen regelrecht anzustiften. Da die Klägerin die DRG-Voraussetzungen offensichtlich nicht erfülle, sei die AOK erkennbar unzweifelhaft nicht leistungsfähig. Es handele sich hier offensichtlich um einen atypischen Fall, bei dem es nach der Rechtsprechung des BSG in den Verantwortungsbereich der Klägerin gefallen wäre, die Beklagte ergänzend darüber zu informieren, warum entgegen der übermittelten Abrechnungsdaten dennoch die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs hätten bejaht werden können. Aufgrund der bereits auf der ersten Stufe der Prüfung offensichtlich nicht vorliegenden Abrechnungsvoraussetzungen hätte die Rechnung nicht innerhalb der Frist des § 13 Abs 6 Sicherstellungsvertrag bezahlt werden müssen. Die Hauptsache sei nicht durch die unter Vorbehalt erfolgte Zahlung erledigt worden. Es sei völlig rechtsirrig, wenn das SG meine, dass dem § 13 Abs 6 Satz 1 und dem Beschleunigungsgrundsatz Verbote sowohl zur Verweigerung von Zahlungen nach Ablauf der Fälligkeit als auch zur Zahlung unter Vorbehalt immanent seien. Genau das Gegenteil sei der Fall. Denn derartige Verbote müssten nach dem Rechtstaatsgebot hinreichend bestimmt und klar formuliert sein. Genau daran fehle es hier.

Die Beklagte hat den Feststellungsbescheid des Niedersächsischen Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration vom 17. Dezember 2013 nebst Anlage und die Kooperationsvereinbarung zur Behandlung des akuten Schlaganfalls mit dem Universitätsklinikum L. vom 16. Januar 2019 vorgelegt.

 

Die Beklagte beantragt, 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Braunschweig vom 20. Mai 2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.  Die Beklagte unterscheide nicht hinreichend zwischen Prozessrecht und materiellem Recht. Die Klage sei begründet gewesen, da die Beklagte gemäß § 13 Abs 6 Nds Sicherstellungsvertrag die Rechnung spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu bezahlen gehabt hätte. Dieser vertraglichen Verpflichtung sei sie nicht vollständig nachgekommen. Was die Beklagte dabei materiell-rechtlich von dem Zahlungsanspruch der Klägerin gehalten hätte, sei völlig unerheblich. Mit der erst sehr späten Zahlung der Klageforderung habe sich die Beklagte prozessrechtlich in die Position der Unterlegenen begeben. Durch die Zahlung sei die Klageforderung der Klägerin in diesem Prozess erloschen, der Rechtsstreit sei erledigt.  Da sich die Beklagte der Erledigungserklärung nicht angeschlossen habe, sei jetzt nur noch festzustellen, dass die Klage bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses zulässig und begründet gewesen sei. Die Überlegungen der Beklagten zur Zahlung unter Vorbehalt seien für die Beendigung des Prozesses in der ersten Instanz völlig unerheblich. Wenn die Beklagte meine, es stehe ihr ein materiell-rechtlicher öffentlich- rechtlicher Erstattungsanspruch gegen die Klägerin zu, so sei dies Gegenstand einer neuen, zukünftigen gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien. Die Beklagte habe die Fristen der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nicht eingehalten und könne diese auch nicht mehr einhalten. Ohne innerhalb der Fristen der PrüfvV durchgeführte MDK-Prüfung stehe der Beklagten ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, mit dem sie hätte aufrechnen können, nicht zu. Mit der Schlussrechnung sei der OPS 8-98b.00 übermittelt worden, der die andere neurologische Komplexbehandlung des akuten Schlaganfalls abbilde, vor diesem Hintergrund sei unerheblich, dass die Klägerin 2019 einen Kooperationsvertrag mit dem Universitätsklinikum Magdeburg geschlossen habe. Bezüglich des fehlenden Versorgungsauftrage werde auf das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23. Februar 2016 – L 4 KR 183/13 verwiesen. Danach sei eine Zulassung mit einer internistischen Abteilung ausreichend.  Die Mindestmerkmale des OPS seien auch im Behandlungszeitraum erfüllt worden, dazu werde Beweis angeboten durch den Chefarzt der Fachabteilung Innere Medizin/Stroke-Unit Frührehabilitation, Fachbereich Neurologie  Dr M..

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen ergänzend auf Gerichtsakte und die Verwaltungsakte Bezug genommen. Diese haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung geworden.

 

Entscheidungsgründe

 

Die gemäß §§ 143f SGG form- und fristgerecht erhobene Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist aber nicht begründet.

Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin die ursprünglich erhobene Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig auf die Klage auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt hat (dazu unter 3a). Die Hauptsache hat sich durch die nach der Klageerhebung erfolgte Zahlung der Beklagten erledigt (dazu unter 3d).

1. Die Erledigung ist allerdings nicht durch angenommenes Anerkenntnis (zu den Anforderungen BSGE 119, 293 = SozR 4-1500 § 101 Nr 2 Rn 9 ff; BSG SozR 4-1300 § 48 Nr 19 Rn 19) eingetreten. Zwar hat die Beklagte mit Schreiben vom 8. und 17. Dezember 2020 mitgeteilt, dass sie die Klagforderung gezahlt habe, sie hat aber mehrfach schriftsätzlich unmissverständlich erklärt, dass sie ein prozessrechtliches Anerkenntnis nicht abgibt. Diese Erklärung ist so eindeutig, dass für eine andere Auslegung entgegen der im Klageverfahren vertretenen Ansicht der Klägerin kein Raum bleibt (vgl BSG, Urteil vom 17. September 2020B 4 AS 13/29 R Rn 23 und 24).

Anhaltspunkte dafür, dass die Weigerung der Beklagten zur Abgabe eines Anerkenntnisses hier gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde, liegen nicht vor. Ein Anerkenntnis konnte somit, weil es eindeutig nicht abgegeben wurde, durch die Klägerin nicht angenommen werden. Der Rechtsstreit war damit nicht nach § 101 Abs 2 SGG erledigt.

2. Der Rechtsstreit hat sich auch nicht durch übereinstimmende Erledigungserklärungen erledigt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung der Klägerin explizit nicht angeschlossen. Eine einseitige Erledigungserklärung beendet den Rechtsstreit nicht (vgl BSG, Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R Rn 14 ff). Das BSG hat dazu ausgeführt, dass das SGG in Verfahren ohne Beteiligung Kostenprivilegierter nach § 197a Abs 1 Satz 1 SGG nicht ausdrücklich eine einseitig gebliebene Erledigungserklärung, sondern lediglich eine übereinstimmende Erledigungserklärung regelt. Lediglich die übereinstimmende Erledigungserklärung unterfällt danach den Regelungen des § 161 Abs 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dies vermeide bei einer einseitigen Erledigungserklärung die ggf unbillige Belastung mit Kosten, wie sie eine Rücknahme der Klage oder des Rechtsmittels zwingend auslösen würde (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 155 Abs 2 VwGO) (BSG, aaO, Rn 14). Die Beklagte hat in Hinblick auf die kraft Gesetzes eintretende Kostenfolge dementsprechend eine Rücknahme der Klage bzw des Rechtsmittels ersichtlich nicht gewollt.

3. Nachdem die Beklagte im Laufe des Klageverfahrens jedoch gezahlt hatte, hat die Klägerin die Leistungsklage zulässig auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt.  

a. In Verfahren nach dem SGG ist bei Erledigung allgemeiner Leistungsklagen die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (BSG, aaO, Rn 16 mwN).

Die Statthaftigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage bei Erledigung einer allgemeinen Leistungsklage nach dem SGG ermöglicht es dem Kläger unter gegenüber der allgemeinen Feststellungsklage erleichterten Voraussetzungen, die Feststellung der Rechtmäßigkeit seines erledigten Begehrens zu erlangen (BSG, aaO, Rn 17).  Es genügt hierfür ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Erledigung. Ausreichend ist die nicht entfernt liegende Möglichkeit eines wiederholten Auftretens der Rechtsfrage, auch wenn aus dem (abgeschlossenen) Rechtsverhältnis keine Rechtsfolgen mehr hergeleitet werden können.  Der Antrag auf Klageabweisung gegenüber der Erklärung der Klägerin, die Hauptsache sei erledigt, eröffnet den Weg zur Feststellung, dass das ursprüngliche Klagebegehren unzulässig und unbegründet war. In Streitigkeiten über Krankenhausvergütung besteht regelmäßig ein solches „berechtigtes Interesse“. Die Möglichkeit, dass Rechtsfragen zur Abrechnung wiederholt auftreten, liegt für Krankenhäuser und Krankenkassen in aller Regel nicht entfernt. Es bedarf hierfür keines weiteren Belegs (so explizit BSG, aaO, Rn 17). Die Fragen, ob dem Anspruch auf Krankenhausvergütung aus dem Niedersächsischen Sicherstellungsvertrag entgegengehalten werden kann, dass die Voraussetzungen des OPS 8-98. von vornherein nicht vorlagen und wie eine Zahlung unter Vorbehalt wirkt, kann sich im Zuge der professionellen Zusammenarbeit der Beteiligten jederzeit neu stellen und stellt sich auch in vielen anhängigen Verfahren. Dementsprechend ist eine Entscheidung über die Begründetheit der ursprünglich von der Klägerin erhobenen Klage geeignet, die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten dieses Rechtsstreits zu klären und dadurch weitere Auseinandersetzungen zwischen ihnen zu vermeiden (vgl BSG, aaO, Rn 18).

Die Klägerin hat nach dieser Maßgabe zulässig ihren Klageantrag auf die Feststellung umgestellt, dass sich die Hauptsache erledigt hat. Hierin liegt keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG (vergleiche dazu BSG, Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R Rn 19). Es kommt auch nicht darauf an, wann das maßgeblich erledigende Ereignis eingetreten ist, denn für den Übergang vom ursprünglichen Klageantrag zur Erledigungserklärung gibt es grundsätzlich keine zeitlichen Grenzen (BSG, aaO, Rn 19).

Die Klage auf Feststellung der streitigen Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ist bei allgemeinen Leistungsklagen ohne kostenprivilegierte Beteiligte begründet, wenn sich die ursprünglich zulässige (b) und begründete (c) Klage erledigt hat (d) (siehe BSG, aaO, Leitsatz und Rn 8, 21).

So verhält es sich hier.

Die Klägerin hat ihre ursprünglich auf Zahlung von Krankenhausvergütung in Höhe von 816,44 Euro nebst Zinsen gerichtete echte Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) auf Feststellung der Erledigung des Rechtsstreits umgestellt. Beide Beteiligte sind nicht kostenprivilegiert (§§ 197a Abs 1 Satz 1, 183 Satz 1 SGG). Mit ihrer einseitig gebliebenen Erledigungserklärung vom   1. April 2021 nimmt die Klägerin von ihrem bisherigen Klagebegehren Abstand (vgl. BSG aaO, Rn 13).

b.  Die Klage ist ursprünglich als echte Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG zulässig gewesen. Bei einer auf Zahlung von Behandlungskosten von Versicherten gerichteten Klage des Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse geht es um einen Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt.  Ein Vorverfahren ist nicht durchzuführen, eine Klagefrist nicht einzuhalten (st.  Rechtsprechung, vgl zB BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13 Rn 9; BSGE 104, 15 = BSG SozR 4- 2500 § 109 Nr 17 Rn 12).

c. Sie war auch begründet. Die Klägerin hatte gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 816,14 Euro für die bei der Versicherten erbrachte Krankenhausbehandlung.  

(1) Der Vergütungsanspruch der Klägerin war entstanden und nach § 13 Abs 6 des Niedersächsischen Landesvertrages innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu zahlen. Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht- unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (st Rechtsprechung des BSG- vgl BSG, aaO, Rn 24 mwN). Die Versicherte der Beklagten K. wurde vom 15. Oktober bis 20. Oktober 2016 bei Klägerin wegen eines Schlaganfalls stationär behandelt.

Nach den landesvertraglichen Regelungen traf die beklagte Krankenkasse eine Zahlungspflicht innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum (vgl dazu BSG, aaO, Rn 25,31; BSG, Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 1 KR 21/20 R Rn 35). Landesverträge nach § 112 Abs 1 SGB V sollen sicherstellen, dass Art und Umfang der Krankenhausbehandlung den Anforderungen des SGB V entsprechen (BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R Rn 24). Mit der Rechnung vom 26. Oktober 2016 hatte die Klägerin die Fallpauschale DRG B70D ausgewiesen und 3.620,51 Euro gefordert. § 13 Abs 6 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag regelt in Satz 1 eindeutig, dass die Krankenkasse die Rechnung unverzüglich, spätestens innerhalb von 14 Tagen nach Rechnungsdatum zu bezahlen hat. Der Niedersächsische Sicherstellungsvertrag ist auch für die Beteiligten unmittelbar gültig. Dort heißt es in der Einleitung: „Die niedersächsische Krankenhausgesellschaft und……, der AOK-Landesverband Niedersachsen,….. schließen folgenden Vertrag…“. Die Klägerin ist Mitglied der niedersächsischen Krankenhausgesellschaft und die Beklagte ist gleichzeitig ihr Landesverband. Dieser vertraglichen Verpflichtung ist die Beklagte nicht (vollständig) nachgekommen.  Auf die Frage der rechnerischen und sachlichen Richtigkeit der Rechnung kommt es dabei an diesem Punkt nicht an.

(2) Dafür, dass die ursprünglich erhobene Forderung nicht fällig gewesen ist, ergeben sich keine Anhaltspunkte. Von der Entstehung des Vergütungsspruchs ist dessen Fälligkeit zu unterscheiden (BSG, Urteil vom 19. April 2019 – B 1 KR 3/18 R Rn 24).  Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist eine ordnungsgemäße Information der Krankenkassen über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Mitwirkungsobliegenheiten insbesondere nach § 301 SGB V unverzichtbare Grundlage und Bestandteil einer ordnungsgemäßen Abrechnung. Fehlt es an einer dieser Angaben, so tritt bereits mangels formal ordnungsgemäßer Abrechnung die Fälligkeit der abgerechneten Forderung nicht ein. Ob der Rechnungsbetrag an sich korrekt ist, ist bei unzutreffender Information der Krankenkasse über die erfolgte Fälligkeit der Vergütung ohne Belang (BSG, aaO, Rn 25 mwN). 

(a) Zum einen definiert § 13 Abs 6 Satz 1 Nds SV die Fälligkeit hier nur nach dem Datum (vgl dazu auch BSG, aaO, Rn 25 „vorbehaltlich etwaiger Zahlungsfristen“).

(b) Zum anderen gibt es im vorliegenden Fall dafür, dass die Fälligkeit der Rechnung deshalb nicht eingetreten ist, weil der Datensatz nach § 301 SGB V nicht vollständig gewesen war, keine Anhaltspunkte.  Das Krankenhaus ist verpflichtet, der Krankenkasse bei Krankenhausbehandlung die in § 301 SGB V aus datenschutzrechtlichen Gründen abschließend und enumerativ aufgelisteten wesentlichen Aufnahme- und Behandlungsdaten zu übermitteln. Nach der zu Grunde liegenden Vorstellung des Gesetzgebers sind damit die Mindestangaben bezeichnet, die die Krankenkasse insbesondere zur ordnungsgemäßen Abrechnung und zur Überprüfung der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung benötigt (vgl BT-Drucks 12/3608 Seite 124). Nach § 301 Abs 1 Satz 1 SGB V in der 2016 geltenden Fassung sind die nach § 108 zugelassenen Krankenhäuser verpflichtet, den Krankenkassen bei Krankenhausbehandlung die in Satz 1 Nrn 1- 9 aufgeführten Angaben im Wege der elektronischen Datenübertragung oder maschinell verwertbar auf Datenträgern zu übermitteln. Dazu gehören nach Nr 3 ua Tag und Uhrzeit, der Grund der Aufnahme sowie die Einweisungsdiagnose, die Aufnahmediagnose, die voraussichtlichen Dauer der Krankenhausbehandlung sowie, falls diese überschritten wird, auf Verlangen die medizinische Begründung, und nach Nr 6 Datum und Art der im jeweiligen Krankenhaus durchgeführten Operationen und sonstigen Prozeduren.  Nach den DKR 2016 sind alle signifikanten Prozeduren, die vom Zeitpunkt der Aufnahme bis zum Zeitpunkt der Entlassung vorgenommen wurden und im OPS abbildbar sind, zu kodieren. Zudem hat das BSG gefordert, dass in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, auch Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen der Aufnahme zu machen sind, die Anlass für eine stationäre Versorgung des Versicherten geben könnten (BSG, Beschluss vom 15. Dezember 2021 – B 1 KR 63/21 B Rn 8 mwN; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 27/13 R Rn 21). Dies hat das BSG insbesondere in Fällen angenommen, in denen Leistungen nach dem AOP-Vertrag gemäß § 115b SGB V in der Regel ambulant erbracht werden können (BSG, Urteile vom 23. Juni 2013 – B 1 KR 26/14 R Rn 39 mwN; 21. März 2013 - B 3 KR 28/12 R Rn 17; September 2013 – B 1 KR 51/12 R).

Dass die Klägerin hier nicht alle auf der ersten Stufe erforderlichen Daten vollständig übermittelt hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin ist ihren Mitteilungspflichten nach § 301 SGB V nachgekommen und hat in der Endabrechnung die Stammdaten der Versicherten und die Prozeduren aufgeführt und zudem ausdrücklich angegeben, dass es sich bei der Behandlung der Versicherten N. um eine Notfallbehandlung gehandelt hat.   Anhaltspunkte dafür, dass eine regelhaft ambulant durchzuführende Behandlungen vorgelegen haben könnte, bei der weitere Angaben zum „Grund der Aufnahme“ nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG zu machen gewesen wären, liegen nicht vor. Die Beklagte hat im Schriftsatz vom 23. März 2021 auch bestätigt, dass sie dem Datensatz nach § 301 SGB V entnehmen konnte, dass es sich um eine Behandlung auf einer stroke unit gehandelt hat und der Fall als Notfall gemeldet wurde. Dass es sich bei der Behandlung der notfallmäßig mit einem Schlaganfall eingelieferte 84-jährigen Versicherten N. offensichtlich um einen atypischen Fall gehandelt hat, bei dem es nach der Rechtsprechung des BSG in den Verantwortungsbereich der Klägerin gefallen wäre, die Beklagte ergänzend darüber zu informieren, warum entgegen der übermittelten Abrechnungsdaten dennoch die Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs hätten bejaht werden können, sind ebenfalls nicht ersichtlich.

(c) Auch sonstige Gründe standen der Fälligkeit nicht entgegen. Dass eine Fehlerhaftigkeit der Rechnung so offenkundig gewesen wäre, dass eine Abrechnung durch die Klägerin rechtsmissbräuchlich gewesen wäre, ist nicht erkennbar. Materiell-rechtlich im Streit war die Frage ob die Klägerin die Leistung im Rahmen ihres Versorgungsauftrages abrechnen durfte und ob die Voraussetzungen für die Kodierung des OPS 8-98b.00 vorlagen. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, dass die Strukturvoraussetzungen für die Abrechnung des OPS Kode 8-98b.00 bei der Klägerin nicht nachgewiesen seien und beruft sich auf ein Urteil des BSG vom 18. Juli 2013 – B 3 KR 25/12 R, wonach strukturelle Abrechnungsvoraussetzungen des Kodes 8-980 unabhängig vom einzelnen Behandlungsfall aufgrund der allgemeinen Organisation und Dienststrukturen des Krankenhauses zu beurteilen seien. Zwischen der Klägerin und der Beklagten habe insbesondere zum Zeitpunkt der Abrechnung des hiesigen Behandlungsfalles „Streit“ über die strukturellen Voraussetzungen bestanden, die Klägerin sei bereits 2014 darauf aufmerksam gemacht worden, dass sie – außer in Notfällen- keine neurologischen Leistungen erbringen dürfe.   Mit Schriftsatz vom 6. Mai 2022 hat die Beklagte geltend gemacht, es sei hier für jeden in Kodier- und Abrechnungsfragen spezialisierten DRG-Manager anhand der von der Klägerin vorgelegten Daten gut zu erkennen gewesen, dass die Voraussetzungen des streitigen OPS nicht vorgelegen hätten. Die Klägerin verfüge nicht über einen Versorgungsauftrag für Neurologie oder Neurochirurgie.  In Hinblick auf das Qualitätsgebot des § 2 SGB V sei sie nach Maßgabe der Rechtsprechung des BSG aufgrund der fehlenden apparativen und personellen Ausstattung nicht zur Versorgung der Versicherten geeignet und konnte deshalb die Vergütung gar nicht abrechnen. Sie habe also die Abrechnungsvoraussetzungen leicht erkennbar offensichtlich nicht erfüllt. Auch die im letzten Unterpunkt der Merkmale des OPS 8-98b beschriebenen Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Kooperationspartnerschaft iS des OPS 8-98b als Strukturmerkmal erfordere nicht nur, dass Leistungen tatsächlich erbracht würden. Vielmehr müsse eine rechtlich verfestigte Kooperationsvereinbarung bestehen. Hier habe es zum Zeitpunkt der Abrechnung keine schriftliche Vereinbarung gegeben bzw eine solche sei nie vorgelegt worden. Um dies zu bewerten, benötige man keine Expertise des MDK bzw medizinische Expertise.

Demgegenüber hat die Klägerin zur Abrechenbarkeit des OPS 8-98b vorgetragen, dass sie neurochirurgische Notfalleingriffe und gefäßchirurgische Behandlungsmaßnahmen durchführe und ein unmittelbarer Zugang zu interventionell-neuroradiologischen Behandlungsmaßnahmen bestehe.  Sie hat zum Vorliegen der Merkmale des streitigen OPS Beweis durch Vernehmung des Chefarztes der Fachabteilungen Dr M. angeboten. Es habe sich bei der Behandlung der Versicherten um einen Notfall gehandelt. Zudem sei nach dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 23. Februar 2016 - L 4 KR 183/13 zur Abrechnung des OPS 8-98b.0 die Zulassung mit einer internistischen Abteilung ausreichend. Die Beklagte hätte eine Strukturprüfung durch den MDK veranlassen können, die zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass die Mindestmerkmale des OPS ohne Zweifel erfüllt gewesen wären. Die Beklagte hätte auch eine Einzelfallprüfung nach § 275 Abs 1 SGB V veranlassen können, die allerdings nicht eingeleitet worden sei. 

Zwar scheinen die Argumente der Beklagten bezüglich der Abrechnung des OPS nachvollziehbar, das Ergebnis dieses Streits ist in Anbetracht des gegensätzlichen Vortrages und der Komplexität der zu entscheidenden Fragen aber weder offenkundig noch ist die Abrechenbarkeit des zwischen den Beteiligten höchst umstrittenen OPS durch die Klägerin bisher abschließend (gerichtlich) geklärt.  Die einzelnen Voraussetzungen des OPS 8-98b.00 2016 sind umfangreich und differenziert. Bereits nicht einmal abschließend geklärt ist, ob es sich bei der Prüfung der streitigen Voraussetzungen um Rechtsfragen handelt oder ob die Auslegung des OPS nicht ohne ärztlichen Sachverstand geleistet werden kann. Zu der Frage der Abrechenbarkeit sind zahlreiche (über 300) Rechtsstreite vor dem SG Braunschweig zwischen den hiesigen Beteiligten anhängig. Das SG Braunschweig hat in zahlreichen im Februar 2022 entschiedenen Rechtstreitigkeiten zwischen den hier Beteiligten zudem den materiellen Vergütungsanspruch der Klägerin bejaht und ua ausgeführt, dass es zur Frage der Prüfung der Voraussetzungen des OPS 8-98b während der Behandlungszeit medizinischen Sachverstandes bedarf (vgl SG Braunschweig, Urteile vom 16. Februar 2022, zB S 54 KR 44/21 ua; L 16 KR 141/22 ua). Darüber hinaus hat es sich hier bei der Behandlung der konkreten Versicherten nach den von der Klägerin übermittelten Daten um einen Notfall gehandelt.  Von einer auf den ersten Blick auf der Hand liegenden, der Fälligkeit entgegenstehenden offenkundigen Fehlerhaftigkeit der Rechnung, die zu einer rechtsmissbräuchlichen Abrechnung führte, kann daher nicht ausgegangen werden kann.  

 (d) Auch die Entscheidung des BSG im Urteil vom 22. Juli 2004 (B 3 KR 20/03 R), auf die sich Krankenkassen in Fällen wie hier berufen, spricht gerade nicht für ein Recht auf Zahlungsverweigerung von Anfang an. Das BSG hat nämlich der Revision einer Krankenkasse in dem dortigen Fall nicht stattgegeben, sondern die für die dortige Klägerin positive Entscheidung des LSG bestätigt. Vielmehr hat das BSG in diesem Urteil ausgeführt, dass es den Krankenkassen nicht erlaubt ist, die Bezahlung von Krankenhausrechnungen mit der Begründung zu verzögern, dass zunächst die Richtigkeit der Abrechnung oder die wirtschaftliche Leistungserbringung geprüft werden müsse. Im Urteil vom 23.  Juli 2002 – B 3 KR 64/01 R = BSGE 90,1 S 3 hat es ausgeführt, dass Zweifel, ob die zugrundeliegende Leistung auch tatsächlich erbracht wurde, der Krankenkasse kein Recht gebe, die Zahlung des Differenzbetrages zu verweigern, bis diese Zweifel ausgeräumt sind. Die Krankenkasse ist auch dann zur Bezahlung einer formal ordnungsgemäß erstellten Krankenhausrechnung verpflichtet, wenn sie Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung hinsichtlich der angewendeten Fallpauschalen und Sonderentgelte hat (siehe auch Scholz, Schlegel/Engelmann/Voelzke, juris-PK, 4. Aufl 2020, Stand: 15. Juni 2020, § 275 c Rn 8: kein Recht zur Zurückbehaltung des bestrittenen Anteils bis zur abschließenden Klärung).

(e) Das SG hat somit zutreffend ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht darauf berufen konnte, sie müsse von vornherein nicht zahlen, wenn die Rechnung fehlerhaft ist. Die Zahlungsanspruchsgrundlage des § 13 Abs 6 Satz 1 Niedersächsischer Sicherstellungsvertrag würde völlig leerlaufen, wenn der Einwand der fehlerhaften Rechnung den Zahlungsanspruch ausschließen würde.  Die Krankenkasse kann die Zahlung (nach dem Sicherstellungsvertrag) nicht mit dem Argument verweigern, dass eine noch nicht abgeschlossene Prüfung ergeben könnte, dass die erbrachte Leistung nicht erforderlich oder unwirtschaftlich gewesen sei. Dies folgt aus dem kompensatorischen Beschleunigungsgebot (BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 - B 1 KR 6/16; BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R Rn 24; grundlegend BSGE 112,141 = SozR -2500 § 275 R 8 Rn 27; Bockholt, Hauck/Noftz, SGB V, Stand: Mai 2020, § 109 Rn 189 ff; Filges, NZS 2021, 584). Die Krankenkasse ist verpflichtet zur zügigen Zahlung, damit es in den Krankenhäusern nicht zu Liquiditätsengpässen kommt, aber nicht verpflichtet, einen Wechsel in der Beweislast hinzunehmen. Die Regelungen des Sicherstellungsvertrages sollen die Krankenhäuser vor Liquiditätsengpässen schützen und damit die Krankenhausversorgung der Versicherten sicherstellen. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es diesem Schutzgedanken widersprechen würde, den Krankenkassen (oder dem einzelnen mit Kodier- und Abrechnungsfragen betrauten DRG-Manager) die alleinige Deutungshoheit über die Richtigkeit einer Krankenhausrechnung und damit die Berechtigung zur Zahlungsverweigerung von Anfang an zuzuschreiben. Die Zahlungsregelung ist nämlich auch Ausgleich für die unbedingte Verpflichtung der Krankenhäuser zur medizinischen Versorgung der Versicherten, die durch medizinisch notwendige Behandlungen der Versicherten der GKV – wie hier der betagten Schlaganfallpatientin -  ohne vorherige Kostenzusage regelmäßig in Vorleistung treten. Da die Krankenhäuser als Leistungserbringer in Vorleistung treten, müssen sie dafür die Sicherheit haben, ihre Rechnungen zunächst ausgeglichen zu bekommen.  Die Zahlungsregelungen dürfen nicht dadurch unterlaufen werden, dass die Krankenkassen Zahlungen mit dem bloßen Argument verweigern, es sei nicht ausgeschlossen, dass eine künftige Prüfung ergeben könnte, dass zB die erbrachte Leistung nicht erforderlich gewesen sei (BSGE 112, 114 Rn 27; BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B 1 KR 6/16 R R 17).  Die Krankenkasse trifft mithin eine sofortige Zahlungspflicht (vgl BSG, Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 1 KR 21/20 R Rn 35 zu einem Hamburger Sicherstellungsvertrag).

Die im Schriftsatz vom 6. Mai 2022 vertretene Ansicht der Beklagten, es reiche bereits grundsätzlich schon aus, dass die AOK ihre (Vorleistungs-)pflicht (auch unsubstantiiiert) bestreite, sofern dies nicht rechtmissbräuchlich geschehe, insbesondere im Falle begründeter Einwände gegen die Rechtmäßigkeit der Forderung dürfe die Beklagte die Zahlung verweigern, wobei es ausreiche, dass sie die Begründung erst im gerichtlichen Verfahren substantiiere, teilt der Senat nicht.

Auch der Bundesgesetzgeber hat mittlerweile dem Grundsatz der Krankenhausliquiditätsgewährleistung Rechnung getragen. Die unbedingte Zahlungsverpflichtung wurde gesetzlich geregelt. In dem vom 27. März 2020 bis 19. Oktober 2020 geltenden § 330 SGB V und im ab 20. Oktober 2020 geltenden § 417 SGB V bzw ab 9. Juni 2021 § 415 SGB V (Gesetz vom 3. Juni 2021, BGBl I 2021, 1309) heißt es jeweils in den Sätzen 1, dass die von den Krankenhäusern erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen sind. Schon angesichts der kurzen Frist besteht kein Prüfungsrecht hinsichtlich der Frage, ob die in Rechnung gestellten Leistungen tatsächlich ordnungsgemäß erbracht wurden. Nur offensichtlich und unzweifelhaft fehlerhafte Rechnungen müssen nicht gezahlt werden (Koch, Schlegel/Voelzke, juris PK SGB V, 4. Aufl, Stand: 25. Januar 2021, § 330 Rn 10; Stand: 17. August 2021: § 417 Rn 10). Danach sollte seitens der Krankenkassen weder ein Zurückbehaltungsrecht noch eine Aufrechnung in Frage kommen, sondern Rückforderungen nur nach den allgemeinen Grundsätzen weiterhin möglich sein (Koch, aaO, § 417 Rn 12). Eine solche offensichtlich falsche oder unzweifelhaft fehlerhafte Rechnung liegt hier – wie bereits ausgeführt- nicht vor.

Zwischenzeitlich ist durch § 109 Abs 6 SGB V idF durch das MDK-Reformgesetz für Behandlungen nach dem 1. Januar 2020 sogar die Aufrechnung von Ansprüchen der Krankenkassen auf Rückforderung geleisteter Vergütung gegen Forderungen der Krankenhäuser auf Vergütung ihrer Leistungen ausgeschlossen, sofern in Prüfungsvereinbarungen nach dem 17c Abs 2 KHG nichts Abweichendes geregelt ist – wie zurzeit aufgrund der Coronapandemie.  Auch dadurch sollen Liquiditätsengpässe auf Seiten der Krankenhäuser vermieden werden, die sich aus dem Erlöschen ihrer Vergütungsforderung ergeben können (BT-Drucks 19/13397 zu Art 1 Nr 6). Durch den grundsätzlichen Aufrechnungsausschluss wird das Prozessrisiko nunmehr grundsätzlich auf die Krankenkassen verlagert (vgl. Hess, Kasseler Kommentar, 118. EL Stand:  März 2022, § 109 Rn 16).

(3) Auch das von der Beklagten angeführte Verbot der unzulässigen bzw arglistigen Rechtsausübung (dolo agit…) bzw der Einwand, dass nichts gezahlt werden muss, was unmittelbar danach wieder zurückgezahlt werden müsste, ist hier nicht einschlägig. Zu einer Rückzahlung wäre die Klägerin nämlich nicht unmittelbar verpflichtet, sondern erst nach Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Rechnung. Nach der Rechtsprechung des BSG bestehen im Verhältnis der Krankenhäuser, Krankenkassen und dem MDK Auskunfts- und Prüfpflichten auf drei Ebenen. Auf der ersten Stufe hat das Krankenhaus alle Daten nach § 301 SGB V zutreffend und vollständig zu übermitteln.

Den Krankenkassen steht gemäß § 13 Abs 6 Satz 5 Niedersächsischem Sicherstellungsvertrag die Möglichkeit der Verrechnung (korrekt: Aufrechnung) zur Verfügung.  Nach der Rechtsprechung des BSG haben die Krankenkassen dabei innerhalb der Verjährungsfrist grundsätzlich auch einen Anspruch auf Erstattung vorbehaltlos, aber zu Unrecht gezahlter Vergütung (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 1 KR 21/20 R; siehe auch § 13 Abs 6 Satz 5 Sicherstellungsvertrag, wonach Beanstandungen sachlicher und rechnerischer Art auch nach Bezahlung der Rechnung geltend gemacht und Differenzbeträge verrechnet werden können).

d. Die Hauptsache hat sich hier objektiv erledigt. Dies ist der Fall, wenn ein nach Klageerhebung eingetretenes außerprozessuales Ereignis dem Klagebegehren rechtlich oder tatsächlich die Grundlage entzogen hat. Es muss eine Lage eingetreten sein, die die Entscheidung über den Klageanspruch erübrigt oder ausschließt (BSG, Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R Rn 21).  Mit der Zahlung des streitigen Betrages hat die Beklagte den entstandenen und fälligen Zahlungsanspruch der Klägerin auch erfüllt, damit war der Rechtsstreit S 59 KR 504/19 erledigt. Mit der Zahlung von 816,14 Euro (Hauptforderung) ist die Beklagte ihrer Verpflichtung aus dem Niedersächsischen Sicherstellungsvertrag gefolgt. Die Rechnung über die Krankenhausbehandlung der Versicherten K. ist damit ausgeglichen. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass die Zahlung von 816,14 Euro genau diesen Behandlungsfall betraf, damit besteht über diese Rechnung kein Streit mehr. Durch die Zahlung ist eine Lage eingetreten, die eine Entscheidung über den Klageanspruch erübrigt bzw ausschließt. Nach § 362 Satz 1 BGB erlischt das Schuldverhältnis, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) tritt Erfüllung regelmäßig allein als objektive Folge der Leistungsbewirkung ein (Theorie der realen Leistungsbewirkung), ein tatsächliches Handeln genügt für die Erfüllung (BGH, NJW 2014, 547, 549 Rn 21).

Dem steht hier nicht entgegen, dass die Beklagte ausdrücklich ihre Zahlung nur „unter Vorbehalt“ erklärt hat.

(1) Bei einer Leistung unter Vorbehalt ist zu unterscheiden: Will der Schuldner nur dem Verständnis seiner Leistung als Anerkenntnis (§ 212 Abs 1 Nr 1 BGB) entgegentreten und die Wirkung des § 814 BGB ausschließen, sich also die Möglichkeit offenhalten, das Geleistete nach § 812 BGB zurückzufordern, so stellt dies die Ordnungsmäßigkeit der Erfüllung der Verbindlichkeit iS des § 326 BGB nicht in Frage. Ein Anerkenntnis würde eine Rückforderung ausschließen (§ 814 BGB), der Gläubiger kann nur die Leistung, nicht aber ein Anerkenntnis verlangen. Ein „einfacher“ Vorbehalt stellt die Erfüllung nicht in Frage (BGH NJW 2007, 1269, 1270 Rn 19).

Ein Vorbehalt kann aber auch so erklärt werden, dass von der Zahlung keinerlei Rechtswirkungen ausgehen soll. Leistet der Schuldner in der Weise unter Vorbehalt, dass den Leistungsempfänger in einem späteren Rückforderungsstreit die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs treffen soll, lässt dieser Vorbehalt die Schuldtilgung in der Schwebe und schließt die Erfüllung nach § 362 BGB aus (BGH, Urteil vom 14. Oktober 2021 –VII ZR 242/ 20 Rn 19). Ein solcher Fall ist dann anzunehmen, wenn ein Beklagter während eines Rechtsstreits zahlt, jedoch den Rechtsstreit unvermindert fortsetzt (BGHZ 139, 357), etwa, weil es sich lediglich um eine Zahlung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung handelt (Pfeiffer, Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 16. Aufl, 2021, § 362 Rn 14) oder er sich zur Vermeidung eines „empfindlichen Übels“ zur Zahlung gezwungen sieht (BGH, NJW 2003, 2014, 2017).

(2) Grundsätzlich ist im Krankenhausvergütungsrecht eine ausdrückliche Erklärung eines Vorbehalts  der Krankenkasse nicht erforderlich, da die Zahlung innerhalb der vorgegebenen Zahlungsfristen letztlich immer konkludent unter Vorbehalt steht, ein Vorbehalt ihr immanent ist und  ein Erstattungsanspruch der Krankenkasse  selbst auf eine vorbehaltlos, aber zu Unrecht  gezahlte Vergütung besteht (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2020 – B 1 KR 21/20R Rn 34; BSG, Urteil vom 20. Januar 2021 – B 1 KR 31/20 R Rn 34), es sei denn dass die Krankenkasse positiv gewusst hat, dass sie zur Leistung nicht verpflichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R  Rn 31 mwN). Infolge des kompensatorischen Beschleunigungsgebotes (vgl BSG, Urteil vom 25. Oktober 2016 – B1 KR 6/16) muss die Krankenkasse nämlich zahlen, auch wenn die Schuld noch nicht nachgewiesen ist. Das Regel-Ausnahmeverhältnis ist gerade umgekehrt wie im Zivilrecht (Filges, aaO, S 587). Es besteht aber auch kein Hinweis, dass das Bestehen des Vergütungsanspruchs des Krankenhauses vermutet werden soll und die Krankenkasse die Beweislast treffen soll (Filges, aaO).

Zwar wollte die Beklagte hier nach ihrer eindeutigen Erklärung eine Erfüllung nicht bewirken, sie war aber aufgrund des Sicherstellungsvertrages zur Zahlung verpflichtet. Die rein zivilrechtliche Betrachtungsweise würde den SGB V Regelungen widersprechen. Denn die im kompensatorischen Beschleunigungsgebot zum Ausdruck kommende Verpflichtung ist gerade auf die zügige Zahlung der Vergütung und damit auf die Erfüllung der Forderung gerichtet und nicht auf die Zurverfügungstellung eines Darlehens an die Krankenhäuser (Filges, aaO, S 588).

So hat das BSG etwa auch im vertragszahnärztlichen Bereich Abschlagszahlungen als vorzeitige Erfüllung gewertet, obwohl ein endgültiger Honoraranspruch zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bestand (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2014 – B 6 KA 45/13 Rn 34).

Zwar hat das BSG zB im Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R Rn 48 und im Urteil vom 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R Rn 31 explizit ausgeführt: „Ein Vorbehalt lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und steht einer Erfüllung iS von § 362 BGB entgegen“ und darauf hingewiesen, dass zu unterscheiden sei, ob die Krankenkassen vertraglich zur Zahlung innerhalb einer kurzen Frist nach Rechnungseingang verpflichtet ist.  Danach muss die Krankenkasse verdeutlichen, dass sie trotz Zahlung noch nicht erfüllen und einen Beweislastwechsel vermeiden will (BSG, aaO, Rn 48). Dies korrespondiert jedoch nicht damit, dass das BSG in anderen Fällen trotz Vorbehalts als Streitgegenstand für den Vergütungsprozess die unstrittige Gegenforderung der Aufrechnung als Streitgegenstand zugrunde gelegt hat (vgl BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 - B 1 KR 13/14 R; 8. Oktober 2014 – B 3 KR 7/14 R; BSG, Urteil vom 10. November 2021 - B 1 KR 9/21 Rn 9 f;  zum Ganzen, Filges, aaO, S 585, 588, wonach das BSG diesen (vermeintlichen) Widerspruch bisher nicht aufgelöst oder thematisiert hat).

Nach dem Gesamtzusammenhang der Regelungen ist der Vorbehalt vielmehr als Zahlung unter einer aufschiebenden Bedingung zu qualifizieren. Nimmt das Krankenhaus die unter Vorbehalt erbrachte Zahlung entgegen (und erklärt damit die konkludente Annahme der Leistung) unterwirft es sich dem Vorbehalt. Der Vorbehalt verhindert nicht die Erfüllung des Vergütungsanspruchs, der durch Erfüllung erlischt (Filges, aaO, S 588). Mangels einer Anerkennung des Anspruchs ist eine Rückforderung durch die Krankenkasse aber nicht ausgeschlossen. Durch den ausdrücklich erklärten Vorbehalt bleibt die Beweislast für das Bestehen des Vergütungsanspruchs beim Krankenhaus. Ist die Krankenkasse landesvertraglich zur Zahlung verpflichtet, genügt es damit zur Vermeidung eines Beweislastwechsels im Erstattungsstreit, dass die Zahlung lediglich unter Vorbehalt erfolgt (BSG, aaO, Rn 31; BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17 b Nr 2 Rn 48 mwN).

Die Krankenkasse kann mit einem vermeintlichen Erstattungsanspruch nach vorheriger Zahlung die Aufrechnung erklären und das Krankenhaus in einem späteren Prozess die (unstrittige) Gegenforderung der Aufrechnung einklagen. Wenn sich bei einer nach der zwischen den Spitzenverbänden der Beteiligten geschlossenen Prüfverfahrensvereinbarung ordnungsgemäß durchgeführten Prüfung die Fehlerhaftigkeit der Rechnung herausstellt, entsteht ein neues Rechtsverhältnis, nämlich eines aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB, Wegfall des rechtlichen Grundes analog). Dadurch entsteht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Dabei sind Gläubiger und Schuldner ausgetauscht. Die Zahlung lediglich unter Vorbehalt bewirkt, dass kein Beweislastwechsel im Erstattungsstreit erfolgt (BSG, 9. April 2019 – B 1 KR 3/18 R Rn 31 mwN).

Es kann dabei dahinstehen, ob § 814 BSG überhaupt anwendbar ist (jeweils ausdrücklich offengelassen in BSG, Urteile vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 15/19 R Rn 31; 17. Dezember 2020 – B 1 KR 21/20 R Rn 30), jedenfalls würde ein Vorbehalt der Krankenkasse dessen Wirkungen (Kenntnis einer Nichtschuld) ausschließen und die Beweislast für das Bestehen des Vergütungsanspruchs verbleibt beim Krankenhaus (Filges, aaO, S 588).

Die Verpflichtung zur Zahlung der Rechnung war mithin aus Rechtsgründen objektiv gegeben. Dieser rechtlichen Verpflichtung konnte sich die Beklagte auch nicht durch einen Vorbehalt entziehen. Sie musste zunächst zahlen mit der Folge, dass das Schuldverhältnis erlischt (§ 362 BGB). Die Klagforderung der Klägerin in diesem Verfahren hat sich durch die Zahlung erledigt. Soweit die Beklagte angekündigt hat oder -wie hier-  den Zahlbetrag wegen ungerechtfertigter Bereicherung mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin bereits aufgerechnet hat, wird der ursprüngliche Rechtsstreit (hier: S 59 KR 504/19) nicht fortgeführt.  Im Falle der Aufrechnung ist nämlich die Bezahlung der Rechnung des neuen (anderen) Behandlungsfalls, mit dem aufgerechnet wird, im Streit. Das ist ein völlig anderer Streitgegenstand (BSG Urteil vom 10. November 2021 - B 1 KR 9/21 Rn 9), auch wenn dort notwendigerweise inzident der hier streitige Behandlungsfall inhaltlich geprüft werden muss.   

                                                                                             

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Das Gericht hat davon abgesehen, den Streitwert der ursprünglichen Leistungsklage durch die zusätzlich erforderliche Feststellungsentscheidung zu erhöhen.

Die Revision wird gemäß § 160 Abs 2 SGG zugelassen.

Rechtskraft
Aus
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