Zum einstweiligen Rechtsschutz bei der Strukturprüfung

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Im Rahmen der Strukturprüfung besteht nach wie vor Unsicherheit, ob nach einer negativen Entscheidung des Medizinischen Dienstes (MD) über das Vorliegen von Strukturmerkmalen nach § 275d SGB V aufgrund der Widersprüche des Krankenhauses, die Leistungen weiter abgerechnet werden dürfen, bis eine rechtskräftige Entscheidung über die Strukturprüfung vorliegt. Eine entsprechende Auffassung hatte der Ausschuss für Gesundheit im Gesetzgebungsverfahren zum MDK-Reformgesetz vertreten.

Diese Auffassung war aber mit Blick auf den eindeutigen Wortlaut des § 275d Abs. 2 SGB V bezweifelt worden, so dass Krankenhäuser zur Sicherheit bei negativen Strukturgutachten bereits einstweilige Anordnungen nach § 86b Abs. 2 SGG zur Sicherung der weiteren Abrechnung der beanstandeten OPS-Kodes bei den zuständigen Sozialgerichten beantragt haben. Die Zulässigkeit dieser Anträge im einstweiligen Rechtsschutz wurde von den Gerichten unterschiedlich beurteilt.

In einer aktuellen Entscheidung vom 02.09.2022 hat das SG Aachen aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Beantragung des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die negativen Strukturgutachten der richtige und zulässige Rechtsbehelf für die Krankenkasse ist, auch wenn in der Sache der Antrag des Krankenhauses keinen Erfolg hatte (SG Aachen, Beschluss vom 01.09.2022 – 6 KR 52/22 KH ER –).

Das Gericht weist zutreffend daraufhin, dass bereits der Wortlaut der Vorschrift des § 275d Abs. 4 Satz 2 SGB V mit dem „Abschluss einer Strukturprüfung“ eine Entscheidung nach § 275d Abs. 2 SGB V vorliegt, aus der sich dann die Rechtsfolge des § 275d Abs. 4 Satz 1 SGB V ergibt.

Dem lassen sich nach Ansicht des SG Aachen nicht die Gesetzesmaterialien entgegenhalten, weil die abweichende Auffassung des Gesundheitsausschusses im Wortlaut der Vorschrift keinen Niederschlag gefunden hat, wobei die Begründung des Ausschusses für Gesundheit nach Ansicht der zuständigen Richter auf einer rechtsfehlerhaften Einschätzung der prozessualen Situation der Krankenhäuser beruht. Denn nach dem SG Aachen trifft es nicht zu, dass allein aufgrund der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen ein negatives Prüfergebnis das Krankenhaus entsprechende Leistungen weiter vereinbaren und abrechnen darf. Wie sich aus § 275d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB V ergibt, besteht die mit der aufschiebenden Wirkung verbundene Vollzugshemmung erst mit Vorliegen einer positiven Bescheinigung über die Einhaltung der Strukturmerkmale.

Wenn der Ausschluss nach § 275d Abs. 4 Satz 1 SGB V erst ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der negativen Entscheidung nach § 275d Abs. 2 SGB V gelten sollte, hätte dies nach Meinung des zuständigen Gerichts auch ausdrücklich im Normtext geregelt werden müssen. Darüber hinaus zeige auch § 8 Abs. 4 Satz 3 KHEntgG, dass es nicht auf die Rechtskraft/Bestandskraft) der negativen Entscheidung ankomme, sondern lediglich auf den Abschluss der Prüfung durch den MD.

Schließlich bestätigte auch eine an Sinn und Zweck von § 275d SGB V orientierte Auslegung das Ergebnis des Gerichts. Denn die Vorschrift soll das Krankenhaus nur davor schützen, eine Leistung allein deshalb nicht mehr abrechnen zu können, weil die Strukturprüfung nicht fristgerecht abgeschlossen werden konnte, aber nicht davor, dass die Prüfung zu einem negativen Ergebnis führt. Dass nur eine vom Krankenhaus nicht zu vertretene Verzögerung zur weiterbestehenden Berechtigung einer Vereinbarung und Abrechnung von Leistungen führt, ergebe sich auch aus der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/14871, Seite 106).

Die Entscheidung stellt ein wesentliches prozessuales Problem für die Krankenhäuser klar. Dies hat zwar die negative faktische Folge, dass die Krankenhäuser nicht mehr die Rechtskraft/Bestandskraft der ablehnenden Entscheidungen des MD abwarten können, sondern selbst im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes tätig werden müssen, was die Hürden für ein erfolgreiches Vorgehen gegen die negativen Entscheidungen des MD deutlich erhöht. Rechtlich ist die Entscheidung mit Blick auf die gesetzliche Grundlage des § 275d SGB V aber richtig und konsequent.

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