Bad Saulgau: Krankenhaus wird ohne Nachfolgeregelung dicht gemacht

Bürgermeisterin Doris Schröter und Larissa Lott-Kessler bestehen auf eine gute Nachfolgeversorgung zur Gesundheitsversorgung der Menschen in der Stadt und Region
Bürgermeisterin Doris Schröter und Larissa Lott-Kessler bestehen auf eine gute Nachfolgeversorgung zur Gesundheitsversorgung der Menschen in der Stadt und Region (Bild: I. RACK/Stadt Saulgau/Albert Drescher)

Bereits Ende November wird das Bad Saulgauer Krankenhaus geschlossen, ein halbes Jahr früher, als es der bisherige Fahrplan vorsah. Die Menschen der Stadt und des Einzugsgebietes müssen also bei der Gesundheitsversorgung den nächsten Tiefschlag einstecken. Mit dieser Entscheidung des Krankenhausträgers (SRH Kliniken Kreis Sigmaringen GmbH) werden klare Fakten geschaffen. Begründet wird dieser Schritt u. a. mit Personalengpässen.

Das Wochenblatt bat Bürgermeisterin Doris Schröter und Larissa Lott-Kessler (Vorsitzende Förderverein Krankenhaus Bad Saulgau) um Stellungnahmen.

Bad Saulgaus Bürgermeisterin Doris Schröter ahnte, dass das Krankenhaus früher geschlossen wird, als es im Konzept dargestellt wurde: „Das hat vermutlich niemanden überrascht. Besonders schwierig ist dies jedoch für das Personal in Bad Saulgau, das seit der Entscheidung des Kreistages im Ungewissen und ohne Perspektiven gelassen wurde. Dass sich in einer solchen Situation die Menschen dann anders orientieren und sich einen anderen Arbeitsplatz suchen, ist absolut nachvollziehbar. Ich bedaure, dass wir durch diese Personalpolitik dringend benötigte Fachkräfte verloren haben und noch verlieren werden.“

„Jammern hilft nichts, wir müssen handeln“

Schröter beklagt die teils dramatischen Folgen der Versäumnisse und Fehlentwicklungen in der Gesundheitspolitik: „Der entstandene Tsunami verschlingt ein Krankenhaus nach dem anderen. Beschleunigt zunächst durch Corona und aktuell die Energiekrise, hat das Tempo noch zugenommen und wir wissen nicht, welche Häuser am Ende ‚überleben‘ werden.“

Zurückbleiben, so Schröter, verunsicherte Menschen, die von der Politik Antworten erwarten, wie es weitergeht. Wenig Verständnis bringt sie dafür auf, dass bei der Gestaltung der zukünftigen Gesundheitsversorgung „wieder einmal die Städte und Gemeinden in die Verantwortung genommen werden, obwohl dies keine kommunale Aufgabe sei. „Aber Jammern hilft nichts, wir müssen handeln. Die Stadt will deshalb Ärzte bei Neuniederlassungen und Praxiserweiterungen unterstützen und wir werden dem Gemeinderat vorschlagen, dass wir prüfen, ob wir ein kommunales Angebot für Praxisstrukturen schaffen können. Unabhängig davon leisten die SRH-Kliniken im Krankenhaus nach wie vor mit dem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) und den dort angestellten Ärzten einen Beitrag zur ambulanten Versorgung“, gibt Schröter ihre Marschrichtung vor.

Zur Zukunft der Gesundheitsversorgung in der Stadt, macht Schröter eine deutliche Ansage: „Ein Primärversorgungszentrum (PVZ) soll und kann kein Krankenhaus ersetzen. Es geht nicht um ein ‚Raumkonzept‘ für das Krankenhaus, sondern um die Bündelung von medizinischen Angeboten und die Schaffung von Netzwerken. Federführung ist das Landratsamt mit Unterstützung der Stadt. Die Dienstleistungen eines PVZ müssen und werden voraussichtlich nicht ausschließlich im Krankenhaus verortet werden. Die ambulante Versorgung ist also nicht ausschließlich von der Nachfolgenutzung des Krankenhauses abhängig. Wichtig ist, dass wir die Versorgung gewährleisten können und da stehen alle Beteiligten im Wort: der Landkreis, die SRH Kliniken und auch wir werden unseren Beitrag leisten.“

Förderverein: Von den politischen Entscheidungsträgern enttäuscht

Lott-Kessler bezeichnet die vorzeitige Schließung des Krankenhauses Bad Saulgau als einen großen Schlag für die Bürger der Raumschaft Bad Saulgau und bedauert das endgültige Aus. Für Lott-Kessler kam dieser Beschluss trotzdem nicht überraschend: „Zu deutlich waren die Anzeichen in den vergangenen Wochen, dass das Krankenhaus in Bad Saulgau wohl nicht mehr lange zu halten ist. Enttäuscht haben die Menschen zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Beschlüsse der politischen Vertreter im Landkreis zum Thema Krankenhaus nicht verlässlich sind. Der im März beschlossene Umsetzungsfahrplan bezüglich der Klinikschließungen in Pfullendorf und Bad Saulgau konnte oder wollte man nicht einhalten. Folglich haben sich viele Mitarbeiter aufgrund der enormen Arbeitsbelastung und der unklaren Zukunft neue Arbeitsplätze gesucht und gefunden. Sie stehen nun für das Krankenhaus in Sigmaringen nicht mehr zu Verfügung. Bitter für die Mitarbeiter und bitter für die Patienten. Die SRH-Geschäftsführung hat das Heft des Handelns aus der Hand gegeben und ist nun gezwungen zu reagieren, da weitere Rahmenbedingungen wie Pflegenotstand und Energiekrise bereits beim Kreistagbeschluss im März bekannt waren.“

Die Vorsitzende des Fördervereins ist sich sicher, dass die Patienten der Raumschaft sehr genau beobachten werden, wie sich die SRH im Zuge der Krankenhausschließung in Bad Saulgau verhält und wie die Zukunft des MVZ in Bad Saulgau gestaltet wird. Den Kommunalpolitikern schreibt sie ins Stammbuch: „Anschließend stimmen die Menschen mit den Füßen ab.“

Große Dankbarkeit gegenüber dem Personal

Lott-Kessler würdigt aber auch die vom Personal des Krankenhauses geleistete Arbeit: „Unser größter Dank gilt allen Ärzten, dem Pflegepersonal und allen Mitarbeitern im nichtmedizinischen Bereich des Krankenhauses Bad Saulgau, ob in der Vergangenheit oder heute. Sie haben sich Tag und Nacht unermüdlich für die Versorgung unserer Patienten eingesetzt, sie gepflegt, getröstet und Hoffnung gemacht.“

Ihre persönliche Betroffenheit bringt sie deutlich zum Ausdruck: „Wir werden ALLE schmerzlich vermissen.“ Dies wird sicher auch der überwiegende Teil der Bevölkerung in Bad Saulgau samt Einzugsgebiet so empfinden.

Das PVZ steht noch ganz am Anfang

Auch zur Frage, ob die ambulanten Strukturen geeignet sind, die entstehende Lücke der medizinischen Versorgung auszugleichen, gibt Lott-Kessler bereitwillig Antwort: „Ein MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) kann niemals ein stationäres Krankenhaus ersetzen. Ein MVZ bietet den Patienten eine haus- und fachärztliche Versorgung, aber keine stationäre Versorgung mit Operationsmöglichkeiten. Das PVZ (Primärversorgungszentrum) in Bad Saulgau, steht noch völlig am Anfang. Bisher ist weder die personelle Besetzung noch die inhaltliche Aufgabenteilung geklärt. Ansprechpartner ist hier der Landkreis.“

Die Vorsitzende des Fördervereins betont abschließend nochmals: „Der Verlust des Krankenhauses ist ein großer Schlag für die medizinische Versorgung der Menschen in unserer ländlichen Raumschaft.“