Finanzielle Beteiligung nachgeordneter Ärzte an der Liquidation von Privatpatienten in einem Krankenhaus

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Sind nachgeordnete Ärzt:innen in einem Krankenhaus arbeits- oder tarifvertraglich dazu verpflichtet, auch an der Behandlung von Privatpatient:innen eines Chefarztes der Klinik mitzuwirken, kann ihnen auch ohne eigene vertragliche Vereinbarung ein Anspruch auf finanzielle Beteiligung des Privatliquidationserlöses zustehen. Dies hat das Bundesarbeitsgericht in einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung (Urteil v. 30.3.2022 - 10 AZR 419/19) klargestellt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Vertragliche Verpflichtung zur Behandlung von Privatpatienten des Krankenhauses

Der Kläger, ein leitender Oberarzt in einer "Klinik für Hals-Nasen-Heilkunde und plastische Gesichtschirurgie", verlangte eine finanzielle Beteiligung an den Liquidationserlösen von Privatpatient:innen des Chefarztes der Fachabteilung. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (kurz: TV-Ärzte/VKA) Anwendung. Die bereits tariflich bestehende Pflicht des Arztes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte/VKA auch Nebentätigkeiten auszuüben, wurde dann individualvertraglich erweitert. So wurde der Kläger arbeitsvertraglich verpflichtet, den Chefarzt bei der Behandlung von Privatpatient:innen zu unterstützen. 

Hierfür erhielt der Kläger zunächst eine monatlich gleichbleibende (Chefarzt-) Zahlung vom Chefarzt in Höhe von 2.000€, die später auf 1.000€ monatlich und schließlich in wechselnder Höhe geleistet wurden. Für diese Zahlungen wurden von der Klinik in ihren Entgeltabrechnungen dann Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgeführt.

BAG: Anspruchsgrundlage kann sich auch aus Vertrag zwischen Chefarzt und Klinik ergeben

Grundsätzlich ist eine Nebentätigkeit des Klägers gem. § 4 Abs. 4 Satz 2 TV-Ärzte/VKA entsprechend zu vergüten. Denn aufgrund dieser Tarifvorschrift steht den beteiligten Ärzt:innen ein anteiliger Anspruch auf Vergütung zu, selbst wenn diese Vergütung vertraglich einem Dritten zusteht.

Die beklagte Klinik hatte mit dem Kläger aber keine Vereinbarung zu dieser Vergütung abgeschlossen. Damit wäre die ausgeübte Nebentätigkeit mit der regelmäßigen Vergütung eigentlich abgegolten. Das BAG sah dies in diesem Fall aber anders. Zwar gäbe es keine vertragliche Abrede zwischen dem Kläger und der Klinik oder dem Chefarzt, jedoch könne sich aus der Vereinbarung zwischen Chefarzt und Klinik ein Anspruch ergeben. 

In der Vereinbarung zwischen dem Chefarzt und der Klinik war nämlich eine konkrete Verpflichtung des Chefarztes enthalten, die nachgeordneten Ärzt:innen finanziell an den Liquidationserlösen zu beteiligen. Diese Vereinbarung sei ein sog. Vertrag zugunsten Dritter, aus dem der Kläger durchaus einen eigenen Anspruch herleiten könne, so das BAG.

Ausblick

Da das BAG aber noch nicht abschliessend entscheiden konnte, wurde das Verfahren wieder ans LAG Köln zurückverwiesen. Damit ist das Verfahren noch nicht rechtskräftig. Der Anspruch des Klägers unterliegt auch nicht der tariflichen Ausschlussfrist, weil diese bei Ansprüchen zwischen Arbeitnehmer:innen nicht greife, so das BAG.

Es bleibt also abzuwarten, ob das LAG Köln den Sachverhalt neu bewertet und dem Kläger seinen wohlverdienten Anteil an den Liquidationserlösen des Chefarztes zuspricht. Ansonsten würde sich nämlich die Frage stellen, mit welcher Berechtigung die Klinik den Arzt zu einer (dann unbezahlten) Nebentätigkeit verpflichtet hat. 


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