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Auf dem Stand der Technik: Ein Herzkatheterlabor im Deutschen Herzzentrum Berlin.

© MARCUS HOEHN/LAIF / MARCUS HOEHN/LAIF

Gesundheitswirtschaft: Berlin ist auf dem Weg an die Weltspitze

In internationalen Fachkreisen gelten Metropolen wie Boston, London, Singapur oder Kopenhagen als die Orte der Spitzenmedizin. Berlin hat das Zeug, hier aufzuschließen. 

Ein Gastbeitrag von Dr. Daniel Dettling

Wenn es um Städte geht, die weltweit einen Ruf als Medizinmetropole haben, fallen Namen wie Boston, London, Singapur oder Kopenhagen. Berlin versorgt über vier Millionen Einwohner und steht mit der Gesundheitswirtschaft für mehr als 390.000 Beschäftigte sowie rund 22.000 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von rund 30 Milliarden Euro.

Damit ist die Gesundheitswirtschaft der größte Sektor der Berliner Wirtschaft. Vor allem die Konzentration und Vernetzung von Wissenschaft, Kliniken und Wirtschaft macht die Hauptstadt stark. Berlin kann bis 2030 zur führenden globalen Gesundheitsstadt werden, wenn es auf seine Stärken und sich hohe Ziele setzt.  

Berlin ist heute der attraktivste europäische Standort für Life Science und auf dem Weg in die Weltspitze bei Medizin und Gesundheit. Im Bereich der medizinischen Versorgung verfügt die Hauptstadtregion mit dem Innovationszentrum Universitätsmedizin Cottbus (IUC), der Charité als größte Uniklinik Europas, Vivantes als größtem kommunalen Klinikkonzern, dem größten Herzzentrum Europas, dem größten europäischen Unfallkrankenhaus, dem Robert-Koch-Institut und namhaften Fraunhofer-, Helmholtz-, Leibniz- und Max-Planck-Instituten über einen einzigartigen Verbund an Kliniken.

Biotech und Pharma haben für die industrielle Gesundheitswirtschaft eine herausragende Funktion. Unternehmen wie Bayer, Berlin Chemie, Pfizer, Sanofi, Siemens und Takeda gehören in den Bereichen Medizinprodukte, Arzneimittel, Biomedizin und -technologie und Informations- und Kommunikationstechnologien zu den führenden in der Welt.

Berlin profitiert von Megatrends

Die Gesundheitswirtschaft wird für Berlin zur Zukunftschance und Bedingung einer modernen Daseinsvorsorge. Wie keine andere profitiert die Hauptstadtregion von drei Megatrends, den drei „D“ Demografie, Digitalisierung (Daten) und Diversity.

Die Alterung der Gesellschaft führt zu einer wachsenden Nachfrage nach individualisierter Medizin und moderner Technik auch in den eigenen vier Wänden (home and self care) und zu Innovationen wie beispielsweise auf dem Gebiet der Zell- und Gentherapie. Die Zukunft gehört der Verbindung von Digitalunternehmen und Pharma- und Medtech-Unternehmen sowie digitalen und interoperablen Datenplattformen wie der zwischen Charité und Vivantes.

Spitze in der Therapie: Eine “Long Covid“-Patientin bei der Digitalen Therapie mit einem Ergotherapeutin im Unfallkrankenhaus Berlin (ukb).
Spitze in der Therapie: Eine “Long Covid“-Patientin bei der Digitalen Therapie mit einem Ergotherapeutin im Unfallkrankenhaus Berlin (ukb).

© picture alliance/dpa / Jörg Carstensen

Die Verzahnung der Datenbestände der führenden Berliner Kliniken bietet enormes Potenzial im Bereich klinischer Studien für den deutschen Forschungsstandort. Zum zentralen Standortfaktor wird dabei der Zugang zu Gesundheitsdaten. Standorte und Unternehmen, die vom demografischen und digitalen Wandel profitieren, setzen drittens auf Diversity – gemischte Teams, Agilität und Führung. Auch das Gesundheitssystem braucht flache Hierarchien, mehr Kooperationen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft und weniger Vorschriften.

Kapital und Willkommenskultur

Die Metropolregion Berlin-Brandenburg ist attraktiv für Fachkräfte wie Wagniskapital-Geber. Davon profitiert vor allem der stark wachsende Digital Health-Markt. Mehr als 100 Start-ups entwickeln in Berlin mobile Apps, die das Selbstmanagement von Patient:innen bei chronischen Erkrankungen unterstützen und arbeiten in den Bereichen Diagnostik, Therapie und Infrastruktur an Innovationen. 

Berlins Start-ups und Unternehmen der industriellen Gesundheitswirtschaft sind einer internationalen Benchmark-Studie von Berlin Partner aus dem Jahr 2021 im Vergleich mit den führenden Regionen Boston, London, Kopenhagen und Singapur global führend. Der Spitzenplatz in allen Kategorien wäre der Clusterregion Berlin-Brandenburg sicher, wenn große, kapitalstarke Unternehmen ihren Standort in der Region hätten, mehr Wagniskapital für Start-ups beispielsweise im Bereich klinische Studien bereitstünde und es eine Willkommenskultur in den Behörden für Großprojekte gäbe.

Zur Metropole gehört auch das Umland. Die neuen Ansiedelungen von Tesla (Brandenburg), Intel (Sachsen-Anhalt) und Infineon (Sachsen) öffnen Tore, die Berlin stärker nutzen sollte. 

Netzwerke und Nähe

Innovative Ökosysteme sind auf funktionierende Netzwerke aus Wissenschaft, Industrie, Kapitalgeber, Mentoren und Politik sowie räumliche Nähe angewiesen. Verfügbare und finanziell leistbare Immobilien im Zentrum sind hier ebenso wichtig wie schnelle Verbindungen zwischen Berlin und seinem Umland, insbesondere zum Flughafen BER.

Berlin steht für die Verbindung von Lebensstil und Lebensqualität, Lifestyle und Lifescience. Berlin kann im 21. Jahrhundert positiv Gesundheitsgeschichte schreiben. Die Antwort auf die Jahrhundertaufgabe Klimawandel sind gesunde Städte. Die Wahlwiederholung im Februar sollte als Chance für einen neuen Aufbruch genutzt werden. Klimaschutz, Gesundheitswirtschaft und Wissenschaft sind die Top-Themen für die Zukunft.

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