Die gesetzliche Pflegeversicherung hat im vergangenen Jahr ein Defizit in Höhe von rund 2,2 Milliarden Euro verbucht. So lag die Liquiditätsreserve der Pflegekassen zum Jahresende bei rund 5,7 Milliarden Euro und damit 1,2 Milliarden unter der gesetzlich vorgesehenen Höhe, wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf Anfrage der Augsburger Allgemeinen mitteilte. Damit stieg das Defizit im Vergleich zum Vorjahr um knapp 900 Millionen Euro.

Grund hierfür ist demnach die kontinuierlich steigende Zahl von Pflegebedürftigen: Die Zahl der zu pflegenden Bürgerinnen und Bürger stieg seit 1999 von damals zwei auf mittlerweile 4,6 Millionen.

Im vergangenen Jahr hat das Bundesverfassungsgericht eine Entlastung für kinderreiche Familien bei der Pflegeversicherung beschlossen. Die Krankenkassen warnen nur vor zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Pflegeversicherung. Die Bundesregierung müsse so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf vorlegen, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Gernot Kiefer.

Neuregelung der Pflegeversicherungsbeiträge bis Ende Juli

"Da es sich um eine familienpolitische Leistung handelt, müssten hierfür Steuermittel fließen." Dazu habe die Bundesregierung bisher aber "keine Bereitschaft signalisiert". "Das Urteil muss spätestens bis Ende Juli umgesetzt werden, und bisher liegen hierzu noch nicht einmal Eckpunkte vor", sagte Kiefer.

Sowohl die Pflegekassen als auch die Arbeitgebenden brauchten mindestens sechs Monate, um einen nach der Kinderzahl gestaffelten Beitragssatz umzusetzen. Ohne zusätzliche Steuermittel drohten der Pflegeversicherung Einnahmeausfälle in Milliardenhöhe oder deutliche Beitragserhöhungen, sagte Kiefer. Dem Urteil zufolge sollen Eltern mit mehreren Kindern zukünftig weniger Pflegebeiträge zahlen als Eltern mit nur einem Kind. Demnach muss die Bundesregierung die Pflegeversicherungsbeiträge bis Ende Juli 2023 neu regeln.

Grünenfraktionsvize Maria Klein-Schmeink kündigte eine rechtzeitige Umsetzung der Vorgaben des Verfassungsgerichts im Zuge der geplanten Pflegereform an. "Wir werden diesen Auftrag an das Parlament im Rahmen unserer Ampel-Koalition im ersten Halbjahr als Bestandteil einer umfassenderen Reform für die Pflege umsetzen", sagte sie der Augsburger Allgemeinen. Die pflegepolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Westig, verwies darauf, dass die Details innerhalb der Koalition noch diskutiert würden.