L 10 KR 474/21 KH

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 60 KR 175/21 KH
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 10 KR 474/21 KH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14.05.2021 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1295,30 € festgesetzt.

 

Tatbestand:

 

Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage streitig, ob die Rechnung über eine stationäre Krankenhausbehandlung des bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten E (Versicherter) fällig geworden ist.

 

Die Klägerin ist Trägerin eines zugelassenen Krankenhauses, in dem der Versicherte vom 11.01.2020 bis 14.11.2020 vollstationär behandelt wurde. Hierfür stellte die Klägerin mit Rechnung vom 19.11.2020 unter Zugrundelegung der DRG J11C (Andere Eingriffe an Haut, Unterhaut und Mamma ohne komplizierende Diagnose, ohne mäßig komplizierende Prozedur oder Diagnose, Alter >17 Jahre oder ohne äußerst schwere oder schwere CC, mit bestimmtem Eingriff oder niedriger Hidradenitis  suppurativa oder bei BNB/Pemphigoid oder mit kleinen Eingriffen an der Haut) einen Betrag iHv 2590,59 € in Rechnung.

 

Per Datenaustausch übermittelte die Beklagte der Klägerin daraufhin am 24.11.2020 die folgende Erklärung:

 

„Vollstationäre Abrechnung einer ambulant erbringbaren Leistung. Eine MBEG für die stationäre Durchführung liegt uns nicht vor. Daher ist der Fall ambulant abzurechnen. MfG H“

 

Eine Zahlung auf die Rechnung erfolgte nicht.

 

Am 04.02.2021 hat die Klägerin beim Sozialgericht Duisburg (SG) Klage mit dem Antrag erhoben, die Beklagte zur Zahlung von 2590,59 € nebst Zinsen iHv 2 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.11.2020 zu zahlen, und zur Begründung vorgetragen, sie habe den Rechnungsdatensatz am 19.11.2020 vollständig und ordnungsgemäß an die Beklagte übermittelt und damit ihre Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt. Der Rechnungsbetrag sei durch die Beklagte nicht ausgeglichen worden. Diese sei gemäß § 417 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Zahlung binnen fünf Tagen nach Rechnungseingang verpflichtet gewesen.

 

Der Gesetzgeber habe mit dieser Regelung deutlich gemacht, dass es vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie von besonderer Bedeutung sei, die Liquidität der Leistungserbringer zu sichern. Nach ordnungsgemäßer Rechnung sei der Kostenträger verpflichtet, die Krankenhausrechnung zu begleichen. Allein die Behauptung einer fehlerhaften Abrechnung lasse die auch im Landesvertrag vorgesehene Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entfallen (Urteil vom 25.10.2016 – B 1 KR 6/16 R). Die Beklagte sei nicht berechtigt, den Ausgleich der Rechnung zu verweigern. Ein Zurückbehaltungsrecht der Beklagten könne nur bei einem einvernehmlich als bestehend festgestellten Erstattungsanspruch oder nach einer entsprechenden Feststellung durch den Medizinischen Dienst (MD) bestehen. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Die Beklagte habe den MD nicht beauftragt.

 

Mit Klageeingangsverfügung vom 09.02.2021 hat das SG darauf hingewiesen, dass die Beklagte nach vorläufiger Würdigung des Sach- und Streitstandes zur umgehenden Begleichung der Krankenhausrechnung aufgrund des kompensatorischen Beschleunigungsgebots des Landesvertrags sowie § 417 S 1 SGB V verpflichtet sein dürfte. Es werde einem sofortigen Anerkenntnis entgegengesehen. Sofern ein Anerkenntnis nicht bis 25.02.2021 vorliegen sollte, werde bereits jetzt die Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angekündigt. Der Gerichtsbescheid werde nicht vor dem 25.02.2021 ergehen.

Die Verfügung ist der Beklagten am 15.02.2021 mittels Empfangsbekenntnis zugestellt worden.

 

Mit Schriftsatz vom 16.02.2021 hat die Beklagte mitgeteilt, dass der Betrag von 2590,59 € zuzüglich Zinsen nunmehr angewiesen worden sei. Die Klägerin sei damit klaglos gestellt und der Rechtsstreit erledigt. Die Beklagte gebe ausdrücklich keine Prozesserklärung über ein Anerkenntnis ab. Nach Erledigungserklärung durch die Klägerin werde sie die notwendigen Kosten dem Grunde nach tragen.

 

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, unter Berücksichtigung der geleisteten Zahlung könne kein Zweifel daran bestehen, dass die Beklagte zugestanden habe, dass der Klageanspruch bestehe. Die Zahlung der Beklagten sei als Anerkenntnis auszulegen. Soweit die Beklagte erklärt habe, kein Anerkenntnis abgeben zu wollen, sei diese Erklärung nicht klar und eindeutig, sondern offenkundig widersprüchlich. Diese Erklärung könne deshalb als Prozesserklärung nicht berücksichtigt werden, weil sie formal betrachtet unwirksam sei. Sofern das Gericht ein Anerkenntnis der Beklagten nicht annehme, sei das Verfahren fortzusetzen, da eine Erledigung dann nicht eingetreten sei. Wörtlich hat die Klägerin ausgeführt:

 

„…Für diesen Fall würde die Klägerin folgenden Antrag stellen:

 

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, die Behandlungskosten in Höhe von € 2590,59 für die stationäre Behandlung des Versicherten E im Zeitraum 11.11.2020 - 14.11.2020 zu zahlen.

 

Unter Berücksichtigung der Ausführungen der Beklagten begehrt die Beklagte nunmehr die Feststellung, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig war. Die Leistungsklage würde also in eine Feststellungsklage umgestellt. …“

 

Die Klägerin habe ein berechtigtes Feststellungsinteresse, da die Beklagte das im vorliegenden Verfahren gerügte rechtswidrige Zahlungsverhalten auch in anderen Behandlungsfällen zeige und ein Interesse daran bestehe, dass sich das Verhalten der Beklagten nicht wiederhole. Streitig sei zwischen den Beteiligten die Frage, ob die Beklagte berechtigt gewesen sei, den Ausgleich der Behandlungskosten zu verweigern, ohne eine entsprechende Überprüfung durch den MD zu veranlassen. Die Klägerin gehe davon aus, dass die Beklagte dieses Verhalten nicht wiederhole, wenn das Gericht die Zahlungspflicht feststelle und damit deutlich mache, dass die Beklagte sich rechtswidrig verhalten habe. Weiter hat die Klägerin wörtlich ausgeführt:

 

„… Vor diesem Hintergrund ist das Verfahren unter Berücksichtigung des Feststellungsinteresses der Klägerin fortzusetzen für den Fall, dass die Beklagte gegenüber dem Gericht kein Anerkenntnis erklärt. …“

 

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, es fehle an einem Feststellungsinteresse. Die Hauptforderung nebst Zinsforderung sei durch Zahlung befriedigt worden. Die Klägerin sei diesbezüglich klaglos gestellt. Ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 55 SGG erfordere, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung eines Rechtsverhältnisses gegenüber dem anderen Beteiligten bestehe. Dies sei ua der Fall bei Unsicherheit über die Rechtslage, weil die Beklagte zB einen Anspruch bestreite oder leugne. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor, da Haupt- und Nebenforderung durch Zahlung befriedigt worden seien. Insofern bedürfe es keiner Feststellung, dass die Klage ursprünglich begründet war. Es bestehe auch kein besonderes Feststellungsinteresse, da es sich um einen medizinischen Einzelfall handele, der keine Rückschlüsse auf andere Fallkonstellationen zulasse. Es sei nicht zu erwarten, dass genau diese Konstellation erneut auftrete. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, ein prozessuales Anerkenntnis abzugeben. Die Auslegung einer Erledigungserklärung als Anerkenntnis sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht zulässig.

 

Mit Verfügung vom 27.04.2021 hat das SG den Beteiligten per Fax mitgeteilt, dass es nunmehr den bereits angekündigten Gerichtsbescheid erlassen werde. Eine Entscheidung werde nicht vor dem 11.05.2021 ergehen. Mit Fax vom 12.05.2021 hat das SG der Beklagten einen Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 10.05.2021 zur Stellungnahme übersandt.

 

Mit Gerichtsbescheid vom 14.05.2021 hat das SG festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, die Rechnung der Klägerin vom 19.11.2020 bezüglich der stationären Behandlung des Versicherten E vom 11.11.2020 bis 14.11.2020 im Hause der Klägerin iHv 2590,59 € innerhalb fünf Tagen nach Rechnungseingang zu begleichen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klage und insbesondere die Klageänderung von einem ursprünglichen Leistungsantrag in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 131 Abs 1 S 3 SGG analog sei zulässig. Bei der ursprünglich erhobenen Klage habe es sich um eine echte Leistungsklage gemäß § 54 Abs 5 SGG im Sinne eines Parteienstreits im Gleichordnungsverhältnis gehandelt. Diese Leistungsklage habe sich nicht durch Annahme eines Anerkenntnisses erledigt. Die ausdrücklich nicht als Anerkenntnis abgegebene Prozesserklärung vom 16.02.2021 lasse sich nicht entgegen ihrem expliziten Wortlaut als Anerkenntnis auslegen. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, ein Anerkenntnis abzugeben, da es in ihrer Dispositionsfreiheit als Prozessbeteiligte gestanden habe zu wählen, ob sie ein eine Termingebühr auslösendes Anerkenntnis oder eine bloße Erledigungserklärung abgibt. Die Klägerin sei durch die Möglichkeit der Umstellung der ursprünglichen Leistungsklage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag hinreichend geschützt.

Die Klageänderung nach § 99 Abs 1 SGG sei zulässig. Zwar habe die Beklagte der Klageänderung widersprochen, sodass weder eine Zustimmung zur Klageänderung noch eine rügelose Einlassung vorliege. In Ausübung ihres Ermessens halte die Kammer die Klageänderung aber gemäß § 99 Abs 1 2. Var SGG für sachdienlich. Denn die Beteiligten würden vorliegend – anders als die Beklagte meine – nicht um Einzelheiten des zugrundeliegenden Behandlungsfalls streiten, sondern im Wesentlichen um die Auslegung des § 417 SGB V und mithin um eine abstraktionsfähige Rechtsfrage, die sich derzeit in einer Vielzahl weiterer Verfahren zwischen den Beteiligten in dieser und Kammern des SG stelle. Es sei zudem zu erwarten, dass sich diese Rechtsfrage – ohne eine abstrakte gerichtliche Klärung – in einer Vielzahl weiterer Verfahren zwischen den Beteiligten stellen werde. Infolge der hiermit verbundenen Wiederholungsgefahr gehe die Kammer auch vom Vorliegen eines besonderen Feststellungsinteresses gemäß § 131 Abs 1 S 3 SGG analog aus. Im Hinblick auf die Vielzahl der zwischen den Beteiligten anhängigen Verfahren und ggf bei weiterer Missachtung der gesetzlichen Zahlungsverpflichtung gemäß § 417 SGB V in Zukunft anhängig zu machenden Klagen bestehe überdies ein wirtschaftliches Interesse der Klägerin an einer gerichtlichen Klärung der Zahlungsverpflichtung der Beklagten. Ohne eine gerichtliche Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten sei die Klägerin darauf angewiesen, kostenpflichtig in einer Vielzahl weiterer Behandlungsfälle gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen. Die Klage sei in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet. Die Klägerin habe Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung iHv 2590,59 € zzgl Zinsen gehabt. Die Beklagte habe rechtswidrig gehandelt insoweit sie nicht gemäß § 417 SGB V innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang die Forderung vergütetet habe. Die Beklagte habe gegen die gesetzlich normierte Zahlungsfrist nach § 417 S. 2 SGB V verstoßen. Die Vorschrift sehe vor, dass die von den Krankenhäusern bis zum 30.06.2021 erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu zahlen seien. Die Regelung sei durch das Gesetz zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen (Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz) in das SGB V eingefügt worden und bezwecke, die Liquidität der Krankenhäuser in der derzeitigen Pandemie zu sichern. Das Verschieben von planbaren und nicht zwingend durchzuführenden Operationen und das Freihalten von (Intensiv-) Betten für COVID-19-Patienten führe zu weniger Einnahmen für die Krankenhäuser. Um dennoch die Zahlungsfähigkeit der Krankenhäuser zu sichern, sei für einen begrenzten Zeitraum eine gesetzliche Zahlungsfrist von fünf Tagen eingeführt worden (BT-Drs 19/18.112, Seite 37). Soweit die Klägerin mit ihrem Fortsetzungsfeststellungsantrag die umfassende Zahlungsverpflichtung der Beklagten zeitlich uneingeschränkt festgestellt haben wollte, sei die Klage in diesem Umfang abzuweisen.

 

Gegen den am 25.05.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 11.06.2021 Berufung eingelegt. Sie meint, die Verfahrensführung des SG sei zu beanstanden, da eine erkennbare Vorverurteilung erfolgt sei. Das SG habe der Klägerin augenscheinlich bereits mit Klageerhebung Recht gegeben und sei von Beginn an zur Verurteilung der Beklagten entschlossen gewesen. Die Beklagte rüge daher die Verletzung rechtlichen Gehörs. Das SG habe bereits mit der Eingangsverfügung vom 09.02.2021 mitgeteilt, es sehe einem sofortigen Anerkenntnis entgegen, ohne der Beklagten eine Chance gegeben zu haben, ihre Rechtsauffassung darzulegen. Gleichzeitig habe das SG angekündigt, bei ausbleibendem Anerkenntnis binnen ca 16 Tagen durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die Prozessleitung habe der Beklagten keine realistische Chance gelassen, sich sachgerecht zu verteidigen. Auch auf den zur Stellungnahme am 12.05.2021 übersandten Schriftsatz der Klägerin vom 10.05.2021 habe die Beklagte nicht reagieren können, da das SG bereits am 14.05.2021 ohne weitere Ankündigung per Gerichtsbescheid entschieden habe. Es entstehe deshalb der Eindruck, dass sich das Gericht von Anfang an eine Meinung gebildet habe, die zur Verurteilung der Beklagten geführt habe, ohne für deren Argumente noch offen zu sein. Die Beklagte habe sich dann aus prozessökonomischen Gründen zur „Klaglosstellung“ entschieden, ohne ein Anerkenntnis abgeben zu wollen. Dass SG selber habe die vorgerichtlichen Ereignisse nicht aufgeklärt.

 

Die rechtliche Begründung des SG sei nicht tragfähig. § 417 SGB V regele nur die Zahlungsfrist, nicht aber die Fälligkeit der Vergütung. Die Beklagte habe entgegen der Auffassung des SG nicht gegen die Zahlungsfrist verstoßen. Denn die Vergütung für die stationäre Behandlung des Versicherten sei nicht fällig gewesen. Das BSG habe mehrfach entschieden, dass die Fälligkeit der Krankenhausabrechnung eine formal ordnungsgemäße Abrechnung voraussetze. Der Anlass für die stationäre Behandlung bei regelhaft ambulant erbringbaren Behandlungen sei mit den gemäß § 301 SGB V zu übermittelnden Daten anzugeben, damit die Krankenhäuser ihren Informationspflichten gerecht werden. Dies sei von dem bloßen „Aufnahmegrund 0101“ zu unterscheiden, da dieser keine Auskunft darüber gebe, weshalb eine regelhaft ambulant erbringbare Leistung ausnahmsweise stationär durchgeführt werde. Bei der Prüfung auf erster Stufe durch die medizinische Begründung (MBEG) handele es sich nicht um eine inhaltlich-medizinische Beurteilung, sondern um eine bloße Plausibilitätsprüfung, welche gegebenenfalls zur Einleitung eines Prüfverfahrens durch den MD führe. Insofern könne erst im Nachgang der MBEG entschieden werden, ob ein Prüfverfahren eingeleitet werde.

 

In Fällen, in denen grundsätzlich eine ambulante Behandlung in Betracht komme, gehörten hierzu auch die Angabe des Grundes der Aufnahme, dh eine Erläuterung des Krankenhauses, warum von der Regelhaftigkeit „ambulant vor stationär“ im Einzelfall abgewichen wurde. Nur so sei es dem Sachbearbeiter der Krankenkasse möglich, auf der ersten Stufe der dreistufigen Abrechnungsprüfung hinreichend fundiert zu entscheiden, ob eine weitere Einschaltung des MDK erforderlich sei. Es handele sich insofern um eine Mitteilungsobliegenheit des Krankenhauses gegenüber der Krankenkasse. Das Krankenhaus habe von sich aus zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der Krankenkasse die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen. Diese Mitwirkungsobliegenheit sei nicht auf Fälle nach dem „Katalog ambulant durchführbarer Operationen und sonstiger stationsersetzender Eingriffe gemäß § 115b SGB V im Krankenhaus“ ( AOP-Katalog) beschränkt. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung die Mitwirkungsobliegenheit auf Fälle erstreckt, die regelhaft ambulant erbracht werden können und bei denen daher für eine Entscheidung eine entsprechende Information notwendig ist. Prozeduren außerhalb des AOP-Kataloges würden den Schluss einer fehlenden ambulanten Erbringbarkeit nicht zulassen. Denn der AOP-Katalog sei kein Abgrenzungskatalog zwischen ambulanter und stationärer Leistung, sondern bezwecke die Erweiterung des Leistungsspektrums des Krankenhauses um die Möglichkeit des ambulanten Operierens und der Durchführung stationsersetzender Eingriffe. Zahlreiche Prozeduren seien nicht im AOP-Katalog enthalten, aber zweifellos ambulant erbringbar. Entsprechend habe das BSG auch in den nicht im AOP-Katalog erfassten Fällen einer Polysomnographie und einer Stoßwellentherapie gegen Nieren- und Harnleitersteine entschieden, dass eine weitergehende Begründung des Krankenhauses erforderlich sei. Die Klägerin habe es trotz Hinweises der Beklagten vom 23.11.2019 unterlassen, eine MBEG zu übermitteln. Die Gesamtumstände der Behandlung des Versicherten hätten auf eine ambulante Erbringbarkeit der Behandlung hingedeutet. Die erfolgten Exzisionen von erkranktem Gewebe müssten typischerweise nicht unter vollstationären Bedingungen durchgeführt werden. So seien diese teilweise im AOP-Katalog enthalten. Dem/der Sachbearbeiter:in der Beklagten sei es dadurch nicht möglich gewesen, über die Notwendigkeit der Einleitung eines MD-Prüfverfahrens sachgerecht zu entscheiden. Denn es habe die vom BSG zutreffend für notwendig erachtete Begründung, warum hier vom Standardvorgehen „ambulant vor stationär“ abgewichen worden sei, gefehlt. Der/die Rechnungsprüfer:in habe nicht zwingend sofort in die nächste Stufe der Rechnungsprüfung übergehen müssen, sondern auf einer Übersendung einer plausiblen MBEG bestehen dürfen. Es fehle auch an einer relevanten Wiederholungsgefahr und der rechtlichen oder tatsächlichen Präjudizialität für andere Abrechnungsfälle und mithin an einem Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Die Frage der Erforderlichkeit der stationären Behandlung sei nicht in jedem Fall in gleicher Weise zu beantworten, sodass eine Entscheidung über die Begründetheit der von der Klägerin erhobenen Klage nicht geeignet gewesen sei, die Rechtsbeziehungen zwischen den Beteiligten dieses Rechtsstreits zu klären und weitere Auseinandersetzung zwischen ihnen zu vermeiden. Es habe sich vorliegend um einen Einzelfall gehandelt. Sofern das SG auf § 417 SGB V verweise, stelle sich die Frage, was die Klägerin festgestellt haben wolle.

 

 § 417 SGB V sei in seiner Formulierung eindeutig und stelle ausdrücklich auf den Fälligkeitszeitpunkt ab. Dass die Krankenkasse sich an § 417 SGB V zu halten hat, ergebe sich aus dem Gesetz. Es fehle an einer klärungsbedürftigen Rechtsfrage. Das Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage sei mit Klaglosstellung der Klägerin entfallen. Denn die Klägerin habe kein rechtliches Interesse mehr daran, den erfüllten Anspruch durchzusetzen. Damit entfalle die Zulässigkeit der Klage. Ebenso entfalle die Begründetheit der Klage, da eine Erfüllung eingetreten sei, die zum Erlöschen des Anspruchs geführt habe.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Duisburg vom 14.05.2021 abzuweisen.

 

Die Klägerin beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Vorwurf einer fehlerhaften Verfahrensführung gehe fehl. Allein die Bestimmung knapper Fristen bedeute nicht, dass eine Partei vorverurteilt werde. Die Beklagte habe die Möglichkeit gehabt, Fristverlängerungsanträge zu stellen. Es sei richtig, dass die Beteiligten nicht nur im vorliegenden Rechtsstreit über die Frage streiten würden, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Vergütung einer stationären Behandlung fällig wird und dass die Beklagte nicht nur im vorliegenden Verfahren behaupte, sie sei nach dem Ausbleiben einer angeforderten MBEG berechtigt, die Bezahlung zu verweigern. Die Erklärung der Beklagten vom 24.11.2020 stelle keine Anforderung einer medizinischen Begründung da, sondern sei lediglich die Mitteilung des Ergebnisses ihrer eigenen Bewertung. Es handele sich vorliegend auch nicht um einen Einzelfall. Die Beklagte verweigere in einer Vielzahl von Fällen die Bezahlung von Rechnungen mit der Behauptung, es seien ambulante Leistungen stationär erbracht und Informationen nur unvollständig übermittelt worden. Aus der Erklärung vom 24.11.2020 werde deutlich, dass die Beklagte selbst eine medizinische Beurteilung vorgenommen habe, ohne den MD im Einzelfall zu beauftragen. Dieses Verhalten häufe sich. Hintergrund sei, dass die Beauftragung des MD aufgrund der Prüfquoten nicht mehr uneingeschränkt möglich sei. Es entstehe der Eindruck, dass diese fehlende Prüfungsmöglichkeit dadurch kompensiert werden solle, dass Behandlungsfälle durch die Mitarbeiter/innen der Beklagten inhaltlich überprüft werden. Die Frage, ob eine Behandlung auch ambulant hätte erbracht werden können, sei ohne Zweifel eine medizinische Bewertung. Eine solche dürfe die Beklagte nicht ohne Einschaltung des MD vornehmen. Aus Sicht der Klägerin verhalte sich die Beklagte fortlaufend rechtswidrig, weil sie die konkreten Vorgaben des Gesetzgebers und der Prüfverfahrensvereinbarung nicht einhalte. Die Beklagte sei nicht berechtigt, den Ausgleich von Krankenhausrechnungen zu verweigern, nur um die Beauftragung des MD zu umgehen. Die streitgegenständliche Forderung sei mit Übermittlung der Abrechnung fällig geworden. Die übermittelten Diagnosen und OPS ergäben sich aus der vorgelegten Schlussrechnung. Der Behauptung, die Gesamtumstände würden auf eine ambulante Erbringbarkeit hindeuten, werde ausdrücklich widersprochen. Schon das Alter des Versicherten deute auf die Erforderlichkeit einer stationären Behandlung hin. Unter Berücksichtigung der übermittelten Daten seien die Mitarbeiter der Beklagten in der Lage gewesen, über die Einleitung des MD-Prüfverfahrens sachgerecht zu entscheiden. Der Grund der stationären Aufnahme sei per DTA mitgeteilt worden. Der Grund der Aufnahme werde per Schlüssel übermittelt. Unterbleibe die Übermittlung, werde der Datensatz schon deshalb als fehlerhaft zurückgewiesen. Im vorliegenden Behandlungsfall sei ein entsprechender Schlüssel übermittelt worden. Es sei der Aufnahmegrund 0201 übermittelt worden („Krankenhausbehandlung, vollstationär mit vorausgegangener vorstationärer Behandlung; Normalfall“). Zwar seien nach der Rechtsprechung des BSG Krankenhäuser in genau bestimmten Fallgruppen verpflichtet, eine weitergehende Begründung an den Kostenträger zu übermitteln. Der vorliegende Behandlungsfall falle aber nicht unter die vom BSG festgestellten Fallgruppen. Es sei kein OPS übermittelt worden, der im AOP-Katalog geführt werde. Es sei auch keine geriatrische Komplexbehandlung oder Behandlung im Schlaflabor erfolgt. Die Klägerin sei mit der streitgegenständlichen Abrechnung nicht offenkundig von Abrechnungsvorschriften abgewichen. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, eine weitergehende Erläuterung zu übermitteln. Schon die Vielzahl der anhängigen Klageverfahren mache deutlich, dass sich für die Klägerin eine erhebliche Wiederholungsgefahr ergebe. Streitig sei insbesondere die Frage, welche Prüfung die Beklagte selbst vornehmen dürfe und ob sie im Einzelfall berechtigt sei, die Zahlung von Krankenhausrechnungen ohne Einschaltung des MD zu verweigern. Diese Frage stellte sich in einer Vielzahl von Abrechnungsfällen. Auch die Frage, in welchen Konstellationen eine Krankenbehandlung regelhaft auch ambulant erbracht werden kann, sei höchstrichterlich nicht geklärt. Es sei völlig unklar, wie eine solche Behandlung zu erkennen sei. Für die Beantwortung der Frage, ob die Behandlung regelhaft auch ambulant erfolgen könne, müsse auf den gesamten medizinischen Lebenssachverhalt abgestellt werden. Dieser ergebe sich nicht nur über einen erbrachten OPS. Zu berücksichtigen seien vielmehr Haupt- und auch sämtliche Nebendiagnosen sowie die Stammdaten. Nur über diese Informationen werde ein Behandlungsfall abgebildet und es könne entschieden werden, ob eine Behandlung regelhaft auch ambulant erbracht werden könne. Das SG habe deshalb zutreffend eine erhebliche Wiederholungsgefahr angenommen und das Feststellungsinteresse der Klägerin bejaht.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Berufung, über die der Berichterstatter nach Übertragung durch den Senat mit Beschluss vom 26.04.2022 gemäß § 153 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern und aufgrund entsprechender Zustimmung der Beteiligten (Schriftsatz der Beklagten vom 07.11.2022 und Schriftsatz der Klägerin vom 02.12.2022) gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, ist begründet.

 

Eine Zurückverweisung der Streitsache an das Sozialgericht gemäß § 159 Abs 1 Nr 2 SGG kommt nicht in Betracht, obwohl das sozialgerichtliche Verfahren an einem wesentlichen Mangel im Sinne dieser Vorschrift leidet.

 

Die Beklagte trägt rügt zu Recht die Verletzung rechtlichen Gehörs.

 

Die Anhörungsmitteilung gemäß § 105 Abs 1 S 2 SGG vom 09.02.2021 mit Fristsetzung zum 25.02.2021 ist der Beklagten erst am 15.02.2021 zugegangen, sodass bereits insoweit die Rüge eines Verstoßes gegen das Gebot rechtlichen Gehörs begründet gewesen wäre (vgl Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 105 Rn 12 mwN), da die Anhörungsfrist angemessen sein und 14 Tage nicht unterschreiten sollte (vgl Schmidt, aaO, mwN).

 

Diese Anhörungsmitteilung war jedoch durch den weiteren Verlauf des Verfahrens überholt und ist durch die Anhörungsmitteilung vom 26.04.2021, die der Beklagten per Fax am 27.04.2091 zugegangen ist, ersetzt worden. Hierin hat das SG eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid nicht vor dem 11.05.2021 angekündigt. Nach Versendung dieser Mitteilung hat das SG der Beklagten den Schriftsatz der Klägerin vom 10.05.2021 am 12.05.2021 zur Stellungnahme übersandt und bereits am 14.05.2021 durch Gerichtsbescheid entschieden. Der Beklagten blieben somit vor Erlass des Gerichtsbescheids lediglich zwei Tage zur Stellungnahme zum Schriftsatz vom 10.05.2021, sodass der Senat zumindest insofern von einer Verletzung rechtlichen Gehörs ausgeht.

 

Darüber hinaus ergibt sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs auch aus dem Inhalt der Anhörungsmitteilung vom 09.02.2021. Das Gericht muss den schriftlichen und mündlichen Vortrag der Beteiligten zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen. Ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalls, dass das Gericht den Vortrag nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, ist das Recht auf Gehör verletzt (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 62 Rn 7 mwN). Das SG hat die Beklagte bereits mit der Anhörungsmitteilung vom 09.02.2021 aufgefordert, ein Anerkenntnis abzugeben und für den Fall, dass dies nicht geschieht, die zeitnahe Entscheidung durch Gerichtsbescheid angekündigt. Es hat sich damit rechtlich festgelegt, bevor die Beklagte überhaupt Gelegenheit hatte, ihre Rechtsposition darzulegen. Offensichtlich hat das SG noch nicht einmal erwogen, einen etwaigen Vortrag der Beklagten bei seiner Entscheidungsfindung zu berücksichtigen. Auch hierin sieht der Senat eine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten.

 

Da der Rechtsstreit jedoch entscheidungsreif war, hat der Senat nicht an das SG zurückzuverweisen. Voraussetzung der Zurückverweisung ist gemäß § 159 Abs 1 Nr 2 SGG, dass das Verfahren an einem wesentlichen Mangel leidet und aufgrund dieses Mangels eine umfangreiche und aufwändige Beweisaufnahme notwendig ist. Dies ist nicht der Fall, da im Berufungsverfahren allein rechtliche Fragen zu klären sind.

 

Das SG hat zu Unrecht festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet war, die Rechnung der Klägerin vom 19.11.2020 bezüglich der stationären Behandlung des Versicherten innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu begleichen.

 

Zweifelhaft ist schon, ob die Klägerin einen Fortsetzungsfeststellungsantrag, über den das SG entscheiden konnte, konkret gestellt hat. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat mit Schriftsatz vom 19.03.2021 lediglich ausgeführt, dass sie einen Feststellungsantrag stellen würde, sofern das Gericht ein Anerkenntnis nicht annehmen sollte. Durch Verwendung des Konjunktivs hat die Klägerin zur Überzeugung des Senats zum Ausdruck gebracht, dass sie einen entsprechenden Antrag unter bestimmten Voraussetzungen stellen wird, diesen aber derzeit noch nicht stellt. Auch in ihrem weiteren Schriftsatz vom 10.05.2021 hat die Klägerin zwar ihre Rechtsauffassung zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargelegt, ohne jedoch einen konkreten Antrag zu stellen. Bei dieser Sachlage erscheint es bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten zumindest fraglich, ob von einem wirksam gestellten prozessualen Antrag ausgegangen werden kann.

 

Diese Frage kann jedoch dahinstehen, da ein entsprechender Antrag im vorliegenden Fall jedenfalls unzulässig war und die ursprüngliche Leistungsklage nach Zahlung durch die Beklagte unbegründet geworden ist.

 

Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist in entsprechender Anwendung des § 131 Abs 1 S 3 SGG grundsätzlich auch bei Klagen, deren primäres Rechtsschutzbegehren sich nicht auf einen Verwaltungsakt bezog und damit auch bei Erledigung einer allgemeinen Leistungsklage anwendbar (str; wie hier: BSG, Urteil vom 18.05.2011 – B 3 P 5/10 R – in juris Rn 33 mwN; aA Keller aaO, § 131 Rn 7c mwN).

 

Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist nur zulässig, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat. Das nach § 131 Abs 1 S 3 SGG erforderliche Interesse ist, ebenso wie das berechtigte Interesse bei § 55 SGG, eine Sonderform des Rechtsschutzbedürfnisses (vgl Keller, aaO, Rn 10). Die angestrebte Entscheidung muss geeignet sein, die Position des Klägers zu verbessern. Das Interesse kann sich aus einer Wiederholungsgefahr, der Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse sowie einem Rehabilitationsinteresse des Klägers ergeben (vgl Keller, aaO, Rn 10a mwN).

 

Die Klägerin kann sich im vorliegenden Verfahren nicht mit Erfolg auf die geltend gemachte Wiederholungsgefahr berufen. Eine solche ist gegeben, wenn die nicht entfernt liegende Möglichkeit wiederholten Auftretens der Rechtsfrage zwischen den Beteiligten besteht, etwa, wenn sich konkret abzeichnet, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen oder rechtlichen Umständen ein gleichartiges Leistungsbegehren wieder auftreten kann (vgl BSG, Urteil vom 25.12.2012 – B 9 SB 1/12 R – in juris Rn 22 mwN; Keller, aaO, Rn 10b mwN).

 

Es ist nicht ersichtlich, dass die vorliegend konkret zu beurteilende Fallkonstellation eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat.

 

Daran fehlt es zwar nicht bereits deshalb, weil der vom SG zur Anwendung gebrachte § 417 SGB V nicht mehr in Kraft ist (siehe zu diesem Kriterium etwa Udsching in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Meßling/Udsching, Beck OK Sozialrecht, 62. Edition, Stand: 01.09.2021, § 160, Rn 12). Denn der Regelungsgehalt dieser Norm findet sich im Wesentlichen unverändert nunmehr in § 415 SGB V.

 

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache aber nur dann, wenn die zu treffende Entscheidung sich über den Einzelfall hinaus auswirkt (Breitenwirkung) und von der Antwort eine klärungsbedürftige Rechtsfrage abhängt. Von einer derartigen Breitenwirkung einer Rechtsfrage ist auszugehen, wenn diese über den Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung in unbestimmt vielen Fällen oder wenigstens einer Mehrzahl weiterer Fälle hat, dh wenn sie im Interesse der Allgemeinheit das Recht fortentwickelt oder vereinheitlicht (Wehrhahn in Schlegel/Voelzke, juris PK-SGG, 1. Aufl, § 144 (Stand: 05.11.2021), Rn 31f, mwN). Eine geklärte Rechtsfrage hat hingegen keine grundsätzliche Bedeutung mehr. Als geklärt ist eine Rechtsfrage dann anzusehen, wenn sich für die Antwort aus anderen höchstrichterlichen Entscheidungen bereits ausreichende Anhaltspunkte ergeben, wenn die Antwort von vornherein praktisch außer Zweifel steht oder wenn sie so gut wie unbestritten ist. Eine Antwort steht beispielsweise dann außer Zweifel, wenn sie sich unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder höchstrichterlich entschieden wurde (Werhahn, aaO, mwN).

 

So verhält es sich hier. Es mag zwar sein, dass die hier streitgegenständlichen Fragen in einer Vielzahl von bei den Sozialgerichten anhängigen Klagefällen aufgeworfen werden. Es bedarf indes keiner Klärung der Rechtsfrage durch den Senat, um Rechtseinheit zu gewährleisten. Denn die im hiesigen Verfahren relevanten Rechtsfragen lassen sich anhand der bestehenden Normen und der bisherigen Rechtsprechung des BSG ohne weiteres beantworten.

 

§ 417 SGB V aF hat folgenden Wortlaut:

 

Die von den Krankenhäusern bis zum 30. Juni 2021 erbrachten und in Rechnung gestellten Leistungen sind von den Krankenkassen innerhalb von fünf Tagen nach Rechnungseingang zu bezahlen. Als Tag der Zahlung gilt der Tag der Übergabe des Überweisungsauftrags an ein Geldinstitut oder der Übersendung von Zahlungsmitteln an das Krankenhaus. Ist der Fälligkeitstag ein Samstag, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag, so verschiebt er sich auf den nächst folgenden Arbeitstag. Das Bundesministerium für Gesundheit kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die in Satz 1 genannte Frist verlängern.

 

Dem Wortlaut dieser Vorschrift – und im Übrigen auch dem Wortlaut des seit dem 09.06.2021 geltenden § 415 SGB V – lässt sich entnehmen, dass mit der Regelung allein die Zahlungsfrist für eine Krankenhausvergütung mittels eines Bundesgesetzes für einen bestimmten Zeitraum (bundes-) einheitlich festgelegt wurde. Zutreffend hat das SG auf die Intention des Gesetzgebers hingewiesen und referiert, dass die Verkürzung der Zahlungsfrist (lediglich) dazu dienen soll, aufgrund der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 (COVID-19) verursachten Pandemie in Krankenhäusern auftretende Liquiditätsengpässe zu vermeiden bzw zu reduzieren. Weder dem Wortlaut der Regelung noch der Gesetzesbegründung (BT-Drucks 19/18112, S 36 f) lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass mit der Regelung anderweitige Aspekte der Fälligkeit einer von einem Krankenhaus ausgestellten Vergütungsabrechnung verändert werden sollten. Vielmehr wird die Abrechnung einer erfolgten Krankenhausbehandlung auch im Anwendungsbereich der og Normen – unverändert – nach Maßgabe der insoweit einschlägigen Normen und Regelungen auf Bundes- und Landesebene sowie der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung vorzunehmen sein. Abgesehen von der verkürzten Zahlungsfrist ist nicht ersichtlich, auf welcher rechtlichen Grundlage im Anwendungsbereich der vorgenannten Norm abweichende Fälligkeitsvoraussetzungen gelten sollten. Insofern lässt sich die Frage der Fälligkeitsvoraussetzungen anhand der geltenden Rechtslage klären (vgl zusammenfassend: Beschluss des erkennenden Senats vom 22.12.2021 – L 10 KR 779/21 NZB KH).

 

Der Senat geht darüber hinaus davon aus, dass die durch die Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen, welche Prüfung die Beklagte selbst vornehmen durfte und ob sie berechtigt ist, die Zahlung von Krankenhausabrechnungen ohne Einschaltung des MD zu verweigern, auch unabhängig von den og, neu eingefügten Normen nicht klärungsbedürftig sind.

 

Zu der Frage, wann und unter welchen Umständen die Vergütungsabrechnung eines Krankenhauses fällig wird, hat das BSG vielmehr in der Vergangenheit bereits mehrfach Stellung genommen (vgl insoweit exemplarisch nur Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R – amtl Rn 13 ff; Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 R – amtl Rn 10 ff). Danach setzt die Fälligkeit der Krankenhausabrechnung eine formal ordnungsgemäße Abrechnung voraus. Eine formal ordnungsgemäße Abrechnung setzt eine ordnungsgemäße Information der Krankenkasse über die vom Krankenhaus abgerechnete Versorgung nach Maßgabe der Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten voraus, insbesondere aus § 301 SGB V sowie ggf ergänzenden landesvertraglichen Bestimmungen. Fehlt es an einer dieser Angaben, so tritt mangels formal ordnungsgemäßer Abrechnung bereits die Fälligkeit der abgerechneten Forderung nicht ein. Die Vergütungsforderung wird in diesem Fall erst später fällig, wenn das Krankenhaus seine Informationsobliegenheiten und ggf -pflichten gegenüber der Krankenkasse erfüllt hat (vgl BSG, Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 R – aaO Rn 10).

 

Das BSG hat weiter entschieden, dass zu den hiernach gebotenen Informationen gehört, dass das Krankenhaus in Fällen, in denen regelhaft ambulante Behandlung ausreichend ist, nicht nur eine Aufnahmediagnose benennt, die ärztliche Behandlung rechtfertigen kann, sondern Angaben zu Begleiterkrankungen oder zu sonstigen Gründen macht, die Anlass für die stationäre Versorgung hätten geben können. Ohne solche Angaben darüber, warum ausnahmsweise eine stationäre Behandlung erforderlich ist, fehlen Informationen über den „Grund der Aufnahme“ und damit eine der zentralen Angaben, die die Krankenkasse für die ordnungsgemäße Abrechnungsprüfung benötigt. Es ist nach der Rechtsprechung des BSG auch nicht ausreichend, dass als Grund der Aufnahme zur stationären Behandlung auf die Hauptdiagnose hingewiesen worden ist. Das BSG hat insofern ausgeführt, dass das Krankenhaus von sich aus schon zur Begründung der Fälligkeit der Forderung gegenüber der Krankenkasse die erforderlichen ergänzenden Angaben zu machen hat, wenn weder die Hauptdiagnose noch die OPS-Nummer den naheliegenden Schluss zulassen, dass die Behandlung stationär erfolgen musste (BSG, aaO Rn 11; vgl auch BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R – in juris Rn 34). Es handelt sich insofern um Angaben, die auf der 1. Stufe der Sachverhaltsermittlung zu machen sind (vgl BSG, Urteil vom 16.05.2012, aaO).

 

Weiterhin ergibt sich aufgrund der Rechtsprechung des BSG, dass diese Mitwirkungsobliegenheit nicht auf regelhaft ambulante Leistungen beschränkt ist, die entweder von Kategorie 1 oder von Kategorie 2 der Anl 1 des AOP-Vertrages erfasst sind. So hat das BSG wiederholt in Fällen, in denen abgerechnete Leistungen nicht im AOP-Katalog enthalten, aber grundsätzlich der ambulanten Versorgung zugewiesen waren, auf der ersten Stufe der Sachverhaltsermittlung zur Herbeiführung der Fälligkeit der abgerechneten Forderungen Angaben zu den Gründen für erforderlich gehalten, die Anlass für die stationäre Versorgung des Versicherten hätten geben können (vgl BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 3 KR 14/11 R – in juris Rn 19, 32,34 zur Polysomnographie, Urteil vom 14.10.2014 – B 1 KR 27/13 R – amtl Rn 21 zur Stoßwellentherapie gegen Nieren- und Harnleitersteine und Urteil vom 21.04.2015 – B 1 KR 10/15 R – aaO). In diesem Zusammenhang hat das BSG auch ausgeführt, dass die Krankenkassen bei Zweifeln oder Unklarheiten in Bezug auf die gemäß § 301 SGB V übermittelten Daten durch nicht-medizinische Nachfragen selbst beim Krankenhaus klären dürfen, ob die jeweiligen Voraussetzungen der Zahlungspflicht im Einzelfall gegeben sind, wenn etwa keine ausreichenden Angaben zum Grund der Krankenhausaufnahme ersichtlich sind (§ 101 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB V; vgl BSG, Urteil vom 16.05.2012, aaO Rn 19). Erschließt sich die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung oder weitere Abrechnungsvoraussetzungen den – medizinisch in der Regel nicht besonders ausgebildeten – Mitarbeitern der Krankenkasse aufgrund der Angaben nach § 301 SGB V oder eines Kurzberichts nicht selbst, kann auf der zweiten Stufe der Sachverhaltserhebung ein Prüfverfahren nach § 275 Abs 1 Nr 1 SGB V eingeleitet werden (vgl BSG, aaO Rn 20 und Urteil vom 21.03.2013 – B 3 KR 28/12 R – aaO Rn 12; vgl zur fehlenden Verpflichtung der Einleitung des Prüfverfahrens: BSG, Urteil vom 22.06.2022 – B 1 KR 19/21 R – amtl Rn 26).

 

Soweit die Klägerin aufgrund der im vorliegenden Fall durchgeführten Behandlungen ein weitergehendes Begründungserfordernis im Rahmen der Übermittlung der Daten gemäß § 301 SGB V nicht gesehen hat, handelt es sich allein um eine Frage der rechtlichen Würdigung des Einzelfalls, der grundsätzliche Bedeutung im og Sinne nicht zukommt. Es ist nicht ersichtlich, dass die vorliegend konkret zu beurteilende Fallkonstellation eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat. Vielmehr ist nicht erkennbar, dass in Zukunft im Wesentlichen unveränderte tatsächliche Umstände wieder auftreten. Die Klägerin hat (insofern) zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Beantwortung der Frage, ob die Behandlung regelhaft auch ambulant erfolgen kann, auf den gesamten medizinischen Lebenssachverhalt abgestellt werden muss. Bereits hierdurch wird deutlich, dass es sich bei der Beantwortung der Frage, ob die konkrete Behandlung auch ambulant hätte erbracht werden können, eben nicht um eine abstrakt zu beantwortende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern um eine solche des jeweiligen medizinischen Einzelfalls handelt.

 

Der Tenor der angefochtenen Entscheidung ist unter Berücksichtigung der og Gesichtspunkte ebenfalls nicht nachzuvollziehen. Dass SG hat letztlich die Pflicht zur Begleichung der Krankenhausrechnung innerhalb der Frist des § 417 SGB V in einem konkret bezeichneten Einzelfall festgestellt ohne darzulegen, inwiefern seine Entscheidung über den Einzelfall hinausgehend allgemeine Bedeutung hat. Die Klägerin hat zu Recht beanstandet, dass bereits nicht deutlich wird, welche über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage mit dem Tenor der angefochtenen Entscheidung entschieden werden sollte. Auch insofern ist eine Präjudizialität für andere Abrechnungsfälle nicht erkennbar.

 

Die (unstreitige) Erfüllung des ursprünglich geltend gemachten Anspruchs hat zum Erlöschen des Anspruchs und damit zur Unbegründetheit der Klage geführt, sodass eine Verurteilung auf die ursprünglich erhobene Leistungsklage nicht in Betracht kam.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm §§ 155 Abs 1 S 1 und 2 sowie 154 Abs 1 VwGO. Der Senat hat dabei berücksichtigt, dass die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren hinsichtlich des ursprünglich geltend gemachten Leistungsanspruchs obsiegt hat, hinsichtlich des Fortsetzungsfeststellungsbegehrens aber unterlegen ist.

 

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Insbesondere die Voraussetzungen nach § 160 Abs 2 Nr 2 SGG sind nicht erfüllt, da sich die Entscheidung an der Rechtsprechung des BSG orientiert.

 

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 63 Abs 2 S 1, 52 Abs 1 und 2, 47 Abs 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Senat nimmt auf die insofern zutreffenden Ausführungen des SG Bezug.

 

Rechtskraft
Aus
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