1. Einleitung

Die Herzmedizin ist historisch eng mit dem allgemeinen technologischen Fortschritt, insbesondere in der Computer- und Informationstechnologie (IT), verbunden. So erfolgt heute eine tiefgreifende Diagnostik (Deep Phenotyping) auf Basis von hochdimensionalen Datensätzen aus Computertomographie oder Magnetresonanztomographie (MRT). Koronarinterventionen werden durch digitale Bildverarbeitung innerhalb von Bildarchivierungs- und Kommunikationssystemen (PACS) unterstützt, Near Field Communication ermöglicht die Implantation von hochintegrierten Medizinprodukten wie modernem Herzschrittmacher, Ereignisrekordern und pulmonalarteriellen Drucksensoren. Molekulare Phänotypisierung und genomische Untersuchungen gehören zum Standard bei der Diagnostik verschiedener kardiovaskulärer Erkrankungen (beispielsweise von Kardiomyopathien oder angeborenen Kanalerkrankungen). Diese Entwicklungen führen evident zu einer verbesserten Gesundheitsversorgung und damit Prognose von kardiovaskulären Erkrankungen.

In den letzten Jahren haben neben den traditionellen randomisierten Studiendesigns auch neue Konzepte Akzeptanz in der kardiovaskulären Medizin gefunden. So folgen z. B. die ursprünglich aus dem onkologischen Fachbereich stammenden „Umbrella“- und „Basketstudien“ einem präzisionsmedizinischen Ansatz, welcher den individuellen (genetischen) Hintergrund und die individuelle Umweltexpositionen berücksichtigt. Derartige Ansätze ermöglichen eine multimodale Strategie zur Entwicklung von zielgerichteten Therapien auch für kleinere Patientenkollektive („one treatment for many“) oder sogar für einzelne Patienten („one treatment for some“). Die Bemühungen zur präziseren Phänotypisierung können an der nahezu exponentiell ansteigenden Zahl von Phase-I- bis -III-Studien abgelesen werden, die darauf basieren [1]. Dabei ist es auch wichtig zu erwähnen, dass die Idee personalisierter Behandlungskonzepte nicht unbedingt die Entwicklung neuer Arzneimittel erfordert. Bereits erhältliche Medikamente können individuell neu eingesetzt oder die Auswahl der besten Therapie kann in der richtigen Dosierung und zum richtigen Zeitpunkt für eine Person ermittelt werden, um deren Wirksamkeit und damit Prognose für den einzelnen Patienten zu verbessern. Diese Konzepte können in Zukunft auch präventive, sozioökonomische und umweltbezogene Maßnahmen berücksichtigen, da die allgemeine Gesundheit einer Bevölkerung nicht allein von der medizinischen Versorgung abhängt (Abb. 1a).

Abb. 1
figure 1

a Beitrag verschiedener Faktoren zur Gesundheit der Bevölkerung. Die Gesundheitsversorgung ist für etwa 10 % der Gesundheit der Bevölkerung verantwortlich. Insbesondere durch digitale Technologien können auch alle anderen Bereiche abgedeckt werden (mod. nach [2]). b Die Fähigkeit, Fakten in der klinischen Echtzeitentscheidungsfindung zu verarbeiten im Vergleich zum Umfang der Daten, die heute in einem Routineumfeld verfügbar sind (mod. nach [3]). c Die Entwicklung der Medizin wird in hohem Maß von der Information und der Informationsverarbeitung durch Algorithmen abhängen, die das klinische Ermessen des Arztes und die Erkenntnisse der evidenzbasierten Medizin berücksichtigen

Die selektive Wahrnehmung des menschlichen Gehirns kann nur 5 bis 8 Informationen aus der Fülle aller tatsächlich wahrgenommenen Informationen in einer Echtzeitsituation, z. B. in einer überfüllten Chest Pain Unit, verarbeiten und integrieren (Abb. 1b). Die Datenflut aus Laborergebnissen, Bildgebung und Vitalparameterüberwachung – um nur einige zu nennen – kann vom einzelnen behandelnden Kardiologen kaum noch gemeistert werden. Daher werden bereits heute komplexere Datensätze aus Genomik, Transkriptomik oder von Wearables für die klinische Entscheidungsfindung übersichtlich durch EDV-Systeme aufbereitet. Am Beispiel von aktuellen Forschungsergebnissen lässt sich das Potenzial solcher Ansätze in Kombination mit Machine Learning (ML) und künstlicher Intelligenz (KI) abschätzen [4]. So konnte ein Team von Google Bilder des Augenhintergrundes mittels KI bewerten und auf das Vorhandensein von kardiovaskulären Risikofaktoren und Erkrankungen schließen. Hierfür nutzten sie über 1,7 Mio. Bilder aus der Routinediagnostik (EyePACS und UK Biobank) [5]. Erstaunlicherweise gelang es der KI sogar, Alter und Geschlecht der jeweiligen Personen präzise aus dem Augenhintergrund abzulesen, was Ärzten im Rahmen der herkömmlichen Befundung nicht möglich ist. Es scheint also möglich, dass KI-Systeme auch subtile Informationen erkennen und bewerten können. Weitere beeindruckende Ergebnisse umfassen z. B. die Anwendung von KI in der Bewertung von Röntgenbildern, das Vorhersagen der fraktionellen Flussreserve (FFR) anhand von rekonstruierten, koronaren Computertomographie-Angiographien oder die Vorhersage des baldigen Auftretens von Vorhofflimmern in EKGs mit Sinusrhythmus [6,7,8,9].

Gesundheitsdaten sind heute ein begehrtes Gut, sodass es nicht verwundert, dass führende Unternehmen und innovative Startups aus dem Technologiesektor im Gesundheitswesen einen neuen Absatzmarkt suchen. Dabei werden die Innovationen primär auf die Verbraucher (bzw. den „e-Patienten“) ausgerichtet und folgen damit nicht der Strategie etablierter Medizinprodukteunternehmen, welche den Arzt als Zielgruppe haben. Veranschaulichen lässt sich dies insbesondere durch die Entwicklungen im Bereich der kardiovaskulären Diagnostik. So wurden Smartphones ursprünglich zum Zweck der Kommunikation entwickelt. Die Einführung von installierbaren Apps führte zu einer beliebigen Funktionserweiterung, welche durch Wearables weiter ergänzt wird. Firmen wie Apple (Cupertino, USA) oder Fitbit (San Francisco, USA) können nicht nur zertifizierte Medizinprodukte im Verbraucherbereich vermarkten, sondern durch eigene Megastudien das Potenzial der Digital Health eindrucksvoll belegen [10, 11]. Die DGK hat im Juli 2021 ihre Position zum Einsatz von Wearables in der Detektion von Arrhythmien veröffentlicht und bietet dadurch Ärzten einen ausgewogenen Überblick samt Empfehlungen zum Umgang mit dieser Sensortechnologie [12]. Die COVID-19-Pandemie hat die Digitalisierung zudem deutlich beschleunigt. Smartphones und Wearables konnten sich als zuverlässige und skalierbare Tools in der Gesundheitsversorgung beweisen [13]. Technologien wie telemedizinische Betreuung, Chatbots oder KI-unterstützte diagnostische Tools sind plötzlich weit verbreitet.

Das Potenzial der Digitalisierung des Gesundheitswesens kann mit der Erfindung der Antibiotika oder anderen revolutionären Therapien verglichen werden. Die Digitalisierung kann dabei positive Auswirkungen sowohl für die Patienten, die Leistungserbringer als auch für die Gesellschaft bzw. die Kostenträgerebene aufweisen (Abb. 2a, aus [14]). Bisher erwies sich die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens jedoch in vielerlei Hinsicht als problematisch. Schwächen des föderalen Sektorensystems führen zu einer fehlenden sektorübergreifenden Informationsstruktur, analoge ärztliche Verschreibungen sind weiterhin Alltag, und die mangelhafte Erfassung von Risikofaktoren und klinischen Verläufen in digitalen Registern verhindert eine effektive Versorgungsforschung. Die späte Einführung einer Erstattungsfähigkeit für digitale Gesundheitsdienste im Rahmen des Digitalen-Versorgungsgesetzes (DVG) sowie zurückhaltende Investitionen in die Krankenhaus-IT stellen zusätzliche Hindernisse für die Weiterentwicklung innovativer Ideen dar. Mit der Einführung des DVG können nun einige der genannten Probleme adressiert werden, doch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern wie Estland oder Österreich hinkt Deutschland bei der infrastrukturellen und telematischen Entwicklung Jahre hinterher [15]. So wurde beispielsweise im Jahr 2005 von Bundeskanzlerin Merkel die deutsche „Gesundheitskarte“ als weltweit führende Bemühung Richtung Digitalisierung vorgestellt, allerdings enthielt sie lediglich demografische Daten. Die Gesundheitskarte wurde zudem nie um die geplanten Möglichkeiten des sektorübergreifenden, digitalen Datenaustauschs erweitert und gewährte Patienten keinen praktikablen Zugang zu persönlichen Gesundheitsdaten. Nachdem das gesamte Konzept überarbeitet wurde, konnte 2021 die „Telematikinfrastruktur 2.0“ für ein föderalistisch vernetztes Gesundheitssystem vorgestellt werden. Das neue System wird Cloud- und Open Source-basiert aufgesetzt und erste Anwendungsfälle wie das E‑Rezept sind vor der breiteren Anwendung (Abb. 2b, mod. nach [16]).

Abb. 2
figure 2

a Potenziale der Digitalisierung im sektorübergreifenden Gesundheitswesen. Die Digitalisierung kann Aspekte des Einzelnen ansprechen und verbessern, wird aber auch Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft haben. b Beispiel aus der Telematikinfrastruktur. Das elektronische Rezept ist ein Bestandteil der sektorübergreifenden Kommunikation. Aus Gründen der Backward Compatibility (Eigenschaft, welche die Interoperabilität mit einem älteren System gewährleistet) werden 2‑D-Barcodes verwendet, um den klassischen Rezeptdruck für Personen ohne Smartphone-Zugang zu ermöglichen. (Mit freundl. Genehmigung von © Pixabay GmbH [2022]. All Rights Reserved)

2. Leitbild

Die Herzmedizin ist ein prädestiniertes Fach für die digitale Transformation. Mit der Verwendung von Apps und Devices beteiligen sich „e-Patienten“ aktiv am Diagnose- und Behandlungsprozess. Die Digitalisierung kann von dieser nutzerorientierten Einbindung profitieren. Auf dem Weg zur erfolgreichen Digitalisierung liegen allerdings auch Hindernisse, die berücksichtigt werden müssen.

Die DGK will sich proaktiv für nutzer- und patientenzentrierte Entwicklungen im Bereich der digitalen Gesundheit einsetzen, indem sie sektorübergreifende Strategien, mobile Lösungen und die digitale Präzisionsmedizin fördert. Das Vernetzen von verschiedenen Interessengruppen aus Kardiologie, Industrie, Gesellschaft und Politik stellt ein deklariertes Ziel der DGK dar. Gemeinsam mit der DGK Akademie und eAcademy können die Themen sowie Kernentwicklungen der eCardiology schnell und transparent vermittelt und in ein strukturiertes Ausbildungsprogramm eingebunden werden. Die Beteiligung der Young DGK ist der Schlüssel zur nachhaltigen Umsetzung des Know-hows der Digital Natives und soll einen anhaltenden Austausch unter den verschiedenen Generationen an Kardiologen ermöglichen. Auf der Website http://www.dgk.org/ecardiology werden Inhalte der DGK eCardiology präsentiert. Diese Plattform bietet zukünftig auch eine attraktive Möglichkeit zum interaktiven Austausch.

3. Ziele und Struktur

Durch die Evaluation digitaler Gesundheitslösungen und die Etablierung von Standards und Qualitätsmaßnahmen, z. B. für auf KI-basierende Tools, unterstützt das eCardiology-Programm proaktiv eine sichere, benutzer- und patientenzentrierte digitale Transformation. Dementsprechend wurde die Struktur der eCardiology so gestaltet, dass Bedürfnisse sowohl unserer kardiologischen Gesellschaft als auch der Patienten bestmöglich abgebildet werden können. Die verschiedenen Gremien und Experten sind eng mit den bestehenden Strukturen (Arbeitsgruppen, Cluster, Projektgruppen, ständige Ausschüsse und Sektionen) innerhalb der DGK verknüpft. Der Austausch zwischen den Ausschüssen und den bestehenden Arbeitsgruppen der DGK wird daher von entscheidender Bedeutung sein, um das breite Fachwissen und die innovative Arbeit aller Experten zu nutzen und zu verstärken.

Die Abb. 3 zeigt die derzeitige Struktur der DGK eCardiology als ständigen Ausschuss. Eine enge Zusammenarbeit mit anderen nationalen (DGIM), europäischen (ESC Digital Health) und internationalen Programmen zur Förderung von Digital Health wird von entscheidender Bedeutung sein, um eine ausreichende Wirkung auf Gesellschaft, Politik und Industrie zu erzielen. Das eCardiology-Programm will zudem die Rahmenbedingungen der Digitalisierung in Deutschland kritisch bewerten, wie die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die einerseits das Recht auf Datenschutz für jeden Einzelnen in der Europäischen Union eingeführt hat, andererseits jedoch die Lösungsfindung für den Austausch, die Aggregation und die Nutzung von Daten für das Gesundheitswesen und die Forschung behindert.

Abb. 3
figure 3

Struktur der DGK eCardiology und der einzelnen eCardiology-Ausschüsse. Die verschiedenen Ausschüsse sind eng mit den ständigen Ausschüssen zur kardiovaskulären Versorgung und zur Qualitäts- und Leistungsbewertung sowie mit den bestehenden Arbeitsgruppen und Clustern der DGK verbunden. Der Informationsaustausch wird erleichtert, um die vielfältigen Facetten der Digitalisierung bestmöglich zu berücksichtigen

3.1 Ausschuss Sektorübergreifende Strategien

Die Finanzierung des deutschen Gesundheitssystems gliedert sich in ambulante und stationäre Versorgung. So werden diagnostische oder therapeutische Maßnahmen nur innerhalb des jeweiligen Sektors vergütet. Dies bringt den Vorteil, dass teure Spitzenmedizin auf Krankenhausaufenthalte beschränkt ist und anschließend durch Diagnostic Related Groups (DRG, Diagnosebezogene Fallgruppen) abgedeckt wird. Ein erheblicher Nachteil ist die Barrierefunktion zwischen beiden Sektoren – bezüglich bestimmter diagnostischer Tests (z. B. Genotypisierung) oder beim Datenaustausch. Bisher gibt es keinen funktionierenden standardisierten digitalen Datenaustausch zwischen Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten und Krankenhäusern.

3.1.1 Ziele

Unzureichende Koordination und Kooperation an den sektoralen Schnittstellen beeinflussen das Gesundheitswesen in Deutschland nachteilig. Es besteht eine unsichtbare Mauer zwischen Prävention, ambulanter und stationärer Behandlung sowie Rehabilitation und Pflege [17]. Der unzulängliche Austausch und eine mangelhafte Flexibilität an der Schnittstelle zwischen ambulantem und stationärem Bereich erschweren insbesondere die Ausschöpfung der aktuellen, aber auch zukünftigen Potenziale der ambulanten Versorgung [18]. Was in anderen Branchen selbstverständlich ist, wird im deutschen Gesundheitswesen noch nicht umgesetzt: der routinemäßige, datenschutzkonforme und patientenorientierte Austausch von Information zwischen den einzelnen IT-Systemen [17]. Die Einführung einer einrichtungsübergreifenden elektronischen Patientenakte (ePA) ist daher eine sinnvolle Maßnahme zur Stärkung der sektor- und berufsübergreifenden Zusammenarbeit [19], die sich unmittelbar auf die Personalisierung von Behandlungspfaden auswirkt.

3.1.2 Struktur und Definitionen

Der Ausschuss für „Cross-sectoral Strategies“ hat folgende Schwerpunkte definiert:

Portale und Schnittstellen.

Die digitale Transformation in der Medizin umfasst nicht nur die Einführung neuer digitaler Diagnose- und Therapietools, sondern auch einen forcierten Datenaustausch. Medizinische Informationen werden jedoch in unterschiedlichen IT-Systemen der jeweiligen Einrichtungen (Krankenhaus, Rehabilitationszentrum, niedergelassene Fachärzte, Hausarzt) gespeichert. Bisher existiert keine übergreifende Infrastruktur, die eine zentrale Speicherung und Weitergabe medizinischer Informationen zwischen diesen einzelnen Akteuren ermöglicht. Die Folge sind Informationsverluste, verlangsamte Prozesse und sich wiederholende Abläufe. Daraus resultieren Ineffizienz, steigende Kosten und eine unzureichende Qualität des Gesundheitssystems. Um diese sektorübergreifenden Barrieren zu überwinden, wurde das ePA-Projekt vorgeschlagen und entwickelt. Es ist jedoch ungeklärt, welche Funktionen in diesem System implementiert und wie bzw. von wem die Daten in Zukunft bearbeitet werden. Neben dieser nationalen Plattform drängen weitere Systeme und mobile Anwendungen unabhängiger (Versicherungs‑)Unternehmen auf den offenen Markt. Schätzungen zufolge übersteigt das weltweite Digital-Health-Marktvolumen bis zum Jahr 2025 die Summe von 900 Mrd. € (http://bitly.ws/ogUE). Sektorübergreifende Datenplattformen müssen viele verschiedene Anforderungen erfüllen, um effektiv zu funktionieren und von Patienten oder Ärzten akzeptiert und genutzt zu werden. Zu den wichtigsten Anforderungen gehören:

  • Gesundheitsdaten verschieben sich von Datensilos zum Patienten

    Bei der Entwicklung von digitalen Technologien steht der Patient im Mittelpunkt. Medizinische Daten werden auch vermehrt außerhalb der traditionellen Gesundheitssektoren aufgezeichnet, bewertet und aufbewahrt. Die technische oder rechtliche Realisierung solcher Systeme muss an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst werden – nicht umgekehrt. Nur so kann eine patienten- und arztfreundliche, einfach zu bedienende Plattform geschaffen werden, welche die notwendigen Mechanismen zum Datenaustausch liefert.

  • e‑Patienten generieren ihre eigenen Daten

    Die Plattform muss von Patienten und nicht ausschließlich von Ärzten aktiv verwaltet werden. Sie sind zunehmend medizinisch informiert und fordern eine aktive Verantwortung über ihre Gesundheitsdaten. Ohne die Möglichkeit des direkten Zugangs und ihrer Beteiligung (Patient Empowerment), bleibt die notwendige Akzeptanz dieser Systeme aus [20].

  • Verbesserte Behandlung durch KI und Big-Data-Analyse

    Daten müssen nicht nur digital gespeichert werden. Semantische Strukturen erlauben die Verarbeitung der Informationen über die Interpretation der behandelnden Ärzte hinaus. Eine solche zentrale Verarbeitung durch automatisierte Clinical Decision Support(CDS)-Tools, KI und Big-Data-Analysen kann die Behandlungsqualität weiter verbessern [21].

Die digitale Plattform CardioCoach (Bundesverband Niedergelassener Kardiologen) erfüllt z. B. die genannten Kriterien. Es handelt sich um eine Anwendung, die auf Computern und mobilen Geräten ausgeführt werden kann. Sowohl Ärzte (aus dem ambulanten, stationären und Rehabilitationsbereich) als auch Patienten können medizinische Daten (z. B. Anamnese, Befunde, Vitalparameter, Trainingspläne, Therapieerfolge und Outcomes) speichern und aktiv verwalten. Derartige Tools ermöglichen eine patientenzentrierte Datenerhebung unter vollständiger Einhaltung der gegebenen Datenschutzbestimmungen [22].

eRezept.

Das eRezept (Abb. 2b) wird im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in die Telematikinfrastruktur (TI) des Gesundheitswesens eingegliedert. Für die Verwendung des eRezepts wird ein zertifizierter Connector benötigt, der den Aufbau eines verschlüsselten VPN-Tunnels zwischen Arztpraxen und Apotheken ermöglicht. Ab Januar 2022 wird das eRezept auch in allen Krankenhäusern verpflichtend eingeführt. Nachdem ein Arzt das E‑Rezept ausgestellt und mit einer elektronischen Signatur unterzeichnet hat, wird es an einen Rezeptserver innerhalb der TI übertragen. Gleichzeitig erhält der Patient ein Rezept-Token via Smartphone-App oder alternativ einen ausgedruckten QR-Code. Der Patient kann anschließend sein Rezept sowohl in einer lokalen als auch in einer Online-Apotheke einlösen, genau wie bei einem Papierrezept. Die Apotheke scannt den QR-Code und ruft so das Rezept vom Server ab. Smartphone-Besitzer können den QR-Code zum Scannen direkt präsentieren. Außerdem ist es auch möglich, vorab eine Apotheke in der App auszuwählen und das Rezept-Token einzureichen [23].

Elektronische Gesundheitsakte (EHR).

Durch Digitalisierung erhalten Patienten die Möglichkeit einer besseren Beteiligung bzw. Steuerung ihrer Gesundheitsdaten und damit eine aktivere Teilhabe am Gesundheitssystem. Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet ihnen einen Überblick über die eigenen Gesundheitsdaten und überlässt Patienten die Entscheidung, mit wem diese geteilt werden sollen. Sie steht allen Bürgern kostenlos zur Verfügung und trägt wesentlich zur schrittweisen Vernetzung der unterschiedlichen Gesundheitsbereiche bei [24]. Da die ePA für Ärzte einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand darstellt, ist eine finanzielle Entschädigung notwendig.

Telekardiologie.

Digitale Anwendungen im Telemonitoring setzen an der Schnittstelle zwischen Patienten und Ärzten sowie Angehörigen weiterer Gesundheitsberufe an. Diese Anwendungen können den Informationsaustausch von internen oder externen Sensoren/Geräten durch die direkte Übertragung von Daten verbessern und das Patientenselbstmanagement erleichtern. So müssen Patienten seltener zur Nachsorge in die Arztpraxis, sondern können telemedizinisch betreut und nach medizinischer Notwendigkeit einbestellt werden. Die Telekardiologie benötigt jedoch fest definierte Behandlungsabläufe, um die in der wissenschaftlichen Literatur berichteten Behandlungserfolge zu erreichen. Um dies gewährleisten zu können, müssen telekardiologische Zentren nach den Vorgaben der Fachgesellschaften zertifiziert werden [25]. Die DGK verfügt durch ihre Arbeitsgruppe Telemonitoring über eine langjährige Erfahrung in diesem Bereich und nimmt eine Vorreiterrolle ein. Dieses Vorwissen ist ein integraler Bestandteil für die Entwicklung zukünftiger Strategien.

3.1.3 Geplante Maßnahmen

Die Überwindung organisatorischer Grenzen führt zu einer Verbesserung der Behandlungsabläufe. In Zukunft wird die Gesundheitsversorgung auch auf Smartphones stattfinden und nicht nur in der Arztpraxis [26]. Digitale Informationen auf Smartphone-Plattformen sollten daher nicht durch die Grenzen der sektoralen Versorgung und Kostenerstattung eingeschränkt werden. Damit ändert sich ein zentraler Ansatz in der Patientenversorgung: Daten sind dort, wo der Patient ist. Bei Vorhandensein einer ausgebauten digitalen Infrastruktur und Vernetzung ist die physische Anwesenheit des Patienten nicht mehr zwingend erforderlich. Fortgeschrittene Sensortechnologie und Smart Devices ermöglichen eine umfassende Diagnostik unabhängig vom jeweiligen Anbieter und sind idealerweise mit den entsprechenden Systemen kompatibel. Bisher nicht umsetzbare Behandlungsabläufe sowie neue Leistungsmodelle werden durch telemedizinische Dienstleistungen und erweiterte Behandlungspfade ermöglicht.

Damit stehen deutlich mehr Möglichkeiten zur Verfügung, Gesundheitsleistungen über alle 3 Sektoren (ambulant, stationär, zu Hause) in einem ganzheitlichen Behandlungspfad zu erbringen und Patienten individuell zu behandeln.

Die Entwicklung der E‑Health-Landschaft wird derzeit insbesondere von der Nachfrage bestimmt. Entscheidend für den Erfolg digitaler Angebote ist die Akzeptanz der Verbraucher. Daraus lassen sich wichtige Schlussfolgerungen für die medizinische Grundversorgung ziehen. Für die fortschreitende Digitalisierung von Gesundheitsangeboten müssen die spezifischen Bedürfnisse der Patienten adressiert werden und in die Gestaltung neuer Dienste miteinfließen. Viele Patienten akzeptieren digitale Lösungen mittlerweile nicht nur, sondern fordern diese sogar aktiv ein. Datenschutz- und Sicherheitsbedenken spielen zwar immer noch eine wichtige Rolle, treten aber offensichtlich in den Hintergrund, wenn die Nutzer einen klaren Mehrwert in den vernetzten Diensten sehen. Die Umsetzung von E‑Health-Angeboten reflektiert daher auch die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft, die daher auch einen hohen Stellenwert auf politischer Ebene einnimmt. Gesundheitspolitisch wird die Digitalisierung nicht nur durch Großprojekte wie die Telematik-Infrastruktur vorgegeben, sondern oft auch durch kleinere Initiativen und Start-ups vorangetrieben. „KardioNet Digital – Managed Care von Herzinsuffizienz Patienten“ ist ein gemeinsam initiiertes Projekt vom DGK Zentrum für Kardiologische Versorgungsforschung „Cardiovascular outcome Research“ und der eCardiology-Gruppe der DGK. Managed Care setzt auf ein digitales Tool für das Informationsmanagement und die Koordination von Patienten im klinischen und ambulanten Bereich zwischen Kardiologen und Allgemeinmedizinern. Die persönliche Betreuung durch eine erfahrene Herzinsuffizienz-MFA, die als zentrale Ansprechperson zwischen den 3 Sektoren agiert, steht im Mittelpunkt dieses Konzeptes. Digitaler Informationsfluss umfasst in diesem Projekt intelligente Datenerfassung durch Smartphone-Kameras, einfachen Zugriff auf Web-Frontends für alle Gesundheitsbereiche und Sicherheitsstandards vergleichbar mit der einer Banking-Software.

Das Potenzial digitaler Technologien für den Einsatz im Gesundheitswesen und der mögliche Nutzen eines beidseitigen Mehrwerts für Patienten und Leistungserbringer sind noch lange nicht ausgeschöpft. Mit Health Services 4.0 (abgeleitet von Industry 4.0) – der Verknüpfung und Kombination von Standardgesundheitsleistungen und digitalen Technologien – ist es möglich, sowohl Leistungen selbst zu verbessern als auch den regulatorischen Veränderungen und Anforderungen gezielter gerecht zu werden. Dies erfordert eine sektorübergreifende Ausweitung der gesamten Behandlungsabläufe. Die eCardiology-Gruppe verfolgt die sich abzeichnenden Entwicklungen und wird Empfehlungen zu bewährten Lösungen abgeben, sich an praxisnahen Projekten beteiligen und die DGK mit Interessen- und Patientengruppen verbinden, die in sektorübergreifenden Strategien aktiv sind.

3.2 Gesellschafts- und Politikausschuss

Die Akteure, die an der digitalen Transformation des Gesundheitswesens aktiv beteiligt sind, müssen umfassend informiert und proaktiv in alle maßgeblichen Strategien des Themenbereichs eCardiology der DGK eingebunden werden. Daher gehören dem eCardiology-Ausschuss Experten der Politik, aus Patientenverbänden, Stiftungen, Krankenkassen und der Industrie an.

3.2.1 Ziele

Der Ausschuss „Society and Politics“ unterstützt die Umsetzung digitaler kardiovaskulärer Diagnostik- und Monitoringtechnologien sowie digitaler Therapiemöglichkeiten durch direkte Interaktion mit politischen Entscheidungsträgern auf nationaler und europäischer Ebene. Dies wird durch die Vernetzung der interdisziplinären kardiovaskulären Medizin mit wissenschaftlichen Institutionen, Patientenvertretern und der Digital-Health-Industrie gewährleistet. Das übergeordnete Ziel ist die Schaffung eines geeigneten politischen Rahmens und die Anpassung untergeordneter Regelungen, um die Umsetzung digitaler und telekardiologischer Anwendungen und deren Erstattung zu beschleunigen. Dies erfordert auch eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Organen der Selbstverwaltung und der öffentlichen Verwaltung in Deutschland.

Entscheidungsprozesse in Politik und Selbstverwaltung sollen durch die frühzeitige Einbindung der DGK beschleunigt werden. Aufgrund der hohen medizinischen und gesundheitsökonomischen Herausforderung, die Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Europa darstellen, sind sich Entscheidungsträger der daraus resultierenden Dringlichkeit und sozioökonomischen Bedeutung bewusst. Das große Potenzial der Digitalisierung zur Verbesserung, Personalisierung und Standardisierung von Diagnostik und Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen bleibt jedoch oft unerkannt. Die benötigten Impulse zur effizienteren Ausschöpfung möchte dieser Gesellschafts- und Politikausschuss vermitteln. Schließlich fördert der Ausschuss mit öffentlichen Mitteln digitale kardiovaskuläre Forschungs- und Entwicklungsprogramme sowie die Kooperation digitaler Unternehmen mit Kliniken, um frühe klinische Studien im europäischen eCardiology-Bereich zu unterstützen. Integraler Bestandteil ist, wie im Strukturdiagramm dargestellt, die Zusammenarbeit mit den ständigen Gremien der DGK. Hervorzuheben ist unser patientenzentrierter Ansatz, der die digitale Integrität und Rechte der Patienten stärkt.

3.2.2 Struktur und Definitionen

Innerhalb des Gesellschafts- und Politikausschusses arbeiten folgende Arbeitsgruppen an Unterthemen und kooperieren miteinander:

Politik.

Die Arbeitsgruppe Politik besteht aus Vertretern der Krankenkassen, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Gesundheitspolitik auf deutscher und europäischer Ebene. Durch dieses Expertengremium hat die DGK erfolgreich an Anhörungen und schriftlichen Stellungnahmen mitgewirkt und damit Einfluss auf politische Entscheidungen genommen. So wird beispielsweise der Prozess zur strukturierten Evaluation der kardiovaskulären Telemedizinnutzung initiiert und zur Gesetzgebung vorangetrieben. Aktuell ist die Einbringung kardiologischer Expertise in die Gestaltung des Digitalen Versorgungsgesetzes von besonderer Bedeutung.

Industrie.

Vertreter der pharmazeutischen Industrie, der kardiovaskulären Medizinprodukteindustrie sowie Unternehmen, die digitale kardiovaskuläre Lösungen schaffen, haben die Möglichkeit, eng mit Kardiologen zusammenzuarbeiten. Dies ermöglicht eine erfolgreiche Integration von digitalen Lösungen in die kardiovaskuläre Medizin.

Ethik.

Innovation und Wertschöpfung durch digitale Technologien sind ohne Vertrauensbildung („digital integrity“) nicht möglich. Dies beinhaltet die Einhaltung von Privatsphäre und Persönlichkeitsrechten im Cyberspace und ist eng mit ethischen Aspekten und dem Datenschutz bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen verknüpft. Die Arbeitsgruppe, die sich aus Patientenvertretern, Ärzten, Politikern, Juristen, Soziologen und Theologen zusammensetzt, soll das Thema „Digitale Integrität“ in die kardiovaskuläre Digitalisierung einbringen.

Patientenvertretung.

Mitglieder von Patienteninitiativen und -organisationen arbeiten eng mit Vertretern der Industrie sowie Ärzten und Wissenschaftlern zusammen. Angetrieben durch die COVID-19-Pandemie wurde das Bewusstsein der Patienten für digitale Lösungen durch Telemonitoring, Online-Konsultation und Screening-Tools auf Basis von Routinedaten gestärkt und die digitale Medizin durch die vermehrte Beteiligung der Patienten deutlich gefördert.

Rechtliche Rahmenbedingungen.

Geeignete rechtliche Rahmenbedingungen sind die Grundlage für eine umfassende Nutzung und Verwendung von Daten und digitalisierten Gesundheitslösungen. Auf nationaler Ebene sind die datenschutzrechtlichen Anforderungen und die Sektorentrennung im Gesundheitswesen oft noch nicht mit dem rasanten Fortschritt der Digitalisierung zu vereinbaren. Die Arbeitsgruppe „Rechtliche Rahmenbedingungen“ ist bestrebt, durch Stellungnahmen zu einfach umsetzbaren, aber auch gesetzeskonformen Rahmenbedingungen geeignete Voraussetzungen zur zukunftsfähigen Digitalisierung zu schaffen. Dies geschieht mit besonderem Blick auf die Globalisierung und Harmonisierung des deutschen Gesundheitssystems auf europäischer Ebene.

3.2.3 Geplante Maßnahmen

Nachdem es gelungen ist, Experten für die Arbeitsgruppen im Ausschuss „Gesellschaft und Politik“ zu benennen, werden Themen der transsektoral-digitalen Vernetzung, der Telemedizin, der ePA sowie die Frage nach ethischen und strukturellen Voraussetzungen für KI-basierte Decision-Support-Systeme bearbeitet und vermittelt. Die Standardisierung von Datensätzen im Rahmen der ePA ist ein weiteres Beispiel, das derzeit vorangetrieben wird und Big-Data-Analysen aus Routinedaten ermöglichen soll.

Begleitet und ergänzt werden diese Initiativen durch das Aufzeigen bestehender Beispiele und die Entwicklung von Leitlinien zur optimalen Integration von eHealth-Lösungen in Deutschland. So benennt der Ausschuss Lösungsansätze, wie z. B. das EU-geförderte EU-Interreg-Projekt „Passion HF“ (PatientSelf-care uSIng eHealth in ChrONic Heart Failure), um die DGK-Mitglieder zu informieren und einzuladen, auch ihre Projekte und Pilotstudien einzubringen. Ein Whitepaper zur digitalen eHealth-Entwicklung und ‑Strategie in den kommenden Jahren wird derzeit vorbereitet und richtet sich an die politischen Parteien im Deutschen Bundestag. Dieses soll als Basis für den Dialog zur optimierten patienten- und arztzentrierten digitalen Transformation dienen.

3.3 Mobile Health-Ausschuss

Der überwiegende Anteil der Gesundheitsversorgung findet in Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Arztpraxen statt. Die begrenzte Verfügbarkeit von Ärzten insbesondere in ländlichen Regionen, eine zunehmende Auslastung der Krankenhäuser sowie die enormen Ausgaben schränken den Zugang der Patienten zu einer qualitativ hochwertigen Behandlung zunehmend ein. Die Verlagerung hin zu mobilen, patientenzentrierten Diagnose‑, Monitoring- und Behandlungstools wie Smartphone-Apps wird eine bedeutende Gelegenheit sein, Versorgungsengpässe zu überwinden, Kosten zu reduzieren und ein homogenes Qualitätsniveau zu gewährleisten. Auch Ärzte verlassen sich zunehmend auf Decision-Support-Systeme, die in das Krankenhausinformationssystem eingebettet oder als mobile App verfügbar sind und die Entscheidungsfindung sowie interdisziplinäre Zusammenarbeit, z. B. in der Notfallmedizin, erleichtern.

3.3.1 Ziele

Ein Hauptziel des Ausschusses für Mobile Health ist die Verbesserung der Leitlinienadhärenz durch den Einsatz mobiler Technologien im Gesundheitssystem. Die digitale Transformation von Leitlinien kann durch verschiedene Apps erreicht werden. Diese stellen die Leitlinien im Volltext (z. B. pdf-Format), spezifische Berechnungstools (z. B. Risiko-Score-Berechnungen) und Anwendungen für den Clinical Decision Support (CDS) bereit. Die Integration von CDS-Tools in die elektronische Patientenakte ermöglicht es Ärzten in Zukunft auch in komplexen klinischen Szenarien, leitlinienbasierte Entscheidungshilfen in Echtzeit und angepasst auf den individuellen Patienten zu finden. Eine weitere Option zur verbesserten Leitlinienadhärenz entsteht durch die Integration der neuesten Leitlinien in bereits bestehende Expertensysteme (ES). Als Teilbereich der KI helfen ES Ärzten bei der Lösung komplexer Probleme, indem Handlungsempfehlungen aus der aktuellen Wissensbasis abgeleitet werden. Darüber hinaus entwickelt der Mobile Health-Ausschuss Bewertungsverfahren für kardiologische Digital-Health-Apps (einschließlich Kommunikationstechnologien).

3.3.2 Struktur und Definitionen

Der Ausschuss für Mobile Health befasst sich derzeit mit 4 integralen Themen. Um die unter 3.3.1 genannten Ziele zu erreichen, ist eine enge Zusammenarbeit der einzelnen eCardiology-Ausschüsse, weiterer bestehender DGK-Arbeitsgruppen und Vertretern der Sektion Young DGK unabdingbar.

Der Prozess der digitalen Leitlinientransformation ist klar definiert. Nach der Veröffentlichung neuer oder überarbeiteter ESC-Leitlinien benennt das Komitee für Klinische Kardiologie (KKK) Fachexperten auf dem jeweiligen Gebiet. Diese Experten erarbeiten kompakte Pocket Guidelines. Vertreter des Mobile Health-Ausschusses begleiten die digitale Leitlinientransformation. Nach Erstellung und Programmierung einer konkreten Anwendung/App, die z. B. Risikokalkulatoren und/oder CDS-Tools beinhalten kann, erfolgt deren standardisierte Prüfung durch die Autoren. Die App wird dann zur endgültigen Freigabe an das KKK zurückgesendet. Bestehende CDS-Apps der DGK haben die TÜV Süd-Zulassung einschließlich Qualitätsmanagementsystemen (DIN 13485) erfolgreich durchlaufen. Zusätzlich werden klinische Studien, die CDS-Tools hinsichtlich (Langzeit‑)Verlaufsparametern untersuchen, initiiert und unterstützt.

Für die Integration bestehender Leitlinien in medizinische Expertenplattformen werden gezielt Kooperationen gesucht. Der Integrationsprozess wird durch den Ausschuss eng begleitet und schließlich vom KKK freigegeben.

Darüber hinaus werden verschiedene Bewertungsverfahren mit dem Ziel evaluiert, Ärzten und/oder Patienten eine Orientierungshilfe bei der Nutzung medizinischer Apps in der Kardiologie zu geben.

3.3.3 Geplante Maßnahmen

  • Verbesserung der Leitlinienadhärenz durch digitale Transformation

    • Entwicklung von Leitlinien-Apps, die u. a. Risikokalkulatoren oder CDS-Tool beinhalten

    • Integration von CDS-Tools in die elektronische Patientenakte

    • Durchführung und Unterstützung klinischer Studien mit CDS-Tools

  • Aufbau von Kooperationen mit der Industrie

    • Integration aktueller Leitlinien in diese Systeme

    • Durchführen klinischer Studien in Kooperation mit Industriepartnern

  • Evaluation von Bewertungsverfahren für kardiologische Apps, die von Ärzten und/oder Patienten verwendet werden sollen

3.4 Ausschuss Precision Digital Health

Das Paradigma der evidenzbasierten Medizin und die Durchführung groß angelegter randomisierter klinischer Studien führten zu einer Prognoseverbesserung weit verbreiteter kardiovaskulärer Erkrankungen, wie z. B. der koronaren Herzkrankheit oder der Herzinsuffizienz. Bei anderen, ebenfalls häufigen, aber heterogeneren Krankheitsentitäten ist die Durchführung groß angelegter randomisierter kontrollierter Studien weniger Erfolg versprechend.

In vielen Bereichen der kardiovaskulären Medizin haben beachtliche technologische Entwicklungen zur Individualisierung des einzelnen Patienten stattgefunden, die durch Genomik, hochauflösende Bildgebung, longitudinales Follow-up und longitudinale Phänotypisierung mit digitalen Biomarkern ermöglicht wurden. Die Verarbeitung und Integration dieser multimodalen Informationen in handlungsorientierte und patientensichere Messungen/Darstellungen erfordert Techniken, die über die klassische heuristische Statistik hinausgehen und die Speicherung bzw. Verarbeitung großer Datenmengen, Bioinformatik und fortschrittliches maschinelles Lernen erlauben.

3.4.1 Ziele

Der Ausschuss Precision Digital Health entwickelt wichtige Schlüsselelemente für Strategien, die den Weg zur Präzisionsmedizin bahnen sollen. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf der Digitalisierung von Behandlungsabläufen und der Aufbereitung digitaler Informationen für die klinische Entscheidungsfindung. Dabei ist zu beachten, dass sich der präzisionsmedizinische Ansatz in der kardiovaskulären Medizin von den Strategien in anderen Fachgebieten wie der Onkologie unterscheidet. So besteht beispielsweise eine größere Verfügbarkeit kardiovaskulärer digitaler Biomarker, die von Wearables generiert und longitudinal nachverfolgt werden können. Kardiovaskuläre „Tumorboards“ optimieren die klinische Entscheidungsfindung, indem multimodale und multidisziplinäre Informationen besser ausgetauscht werden. Weitere Unterschiede liegen in den abweichenden Anforderungen an die Genomik (Keimbahn statt somatischer Informationen, eingeschränkte Verfügbarkeit von Herzgewebe) und der besonders kurze Zeitrahmen für viele Entscheidungssituationen (Notfallversorgung). Daher widmet sich der Precision Digital Health-Ausschuss der Entwicklung und Förderung von Anwendungsszenarien und Pilotimplementierungen, die als Beispiele für eine allgemeine Umsetzung dienen sollen. Darüber hinaus ist eine enge Kollaboration mit innovativen, wissenschaftlich aktiven Unternehmen beabsichtigt.

3.4.2 Struktur und Definitionen

Der Ausschuss umfasst 6 Task Forces, welche die wesentlichen Grundlagen für die Entwicklung im Bereich Precision Medicine festlegen. Wichtig ist, dass eine lebhafte Interaktion zwischen bestehenden Arbeitsgruppen der DGK- und den eCardiology-Ausschüssen stattfindet.

Wir sehen ein hohes Potenzial für verschiedene kardiovaskuläre Erkrankungen in der Erfassung genetischer Daten. Proof-of-Concept-Studien haben z. B. bereits präklinische Evidenz für eine erfolgreiche kardiovaskuläre Genreparatur geliefert [15]. Die klinische Genetik in Deutschland wird leider nur unzureichend berücksichtigt, was zum Teil an der mangelhaften Kostenerstattung für genetische Untersuchungen liegt. Die Genomics Task Force führt die Expertise der kardiovaskulären Genomik-Community zusammen. Das Themenspektrum umfasst verschiedene Genotyping-Technologien und ihre Anwendung sowohl in der Forschung als auch in der Diagnosestellung, Familienmedizin in prädiktiven Modellen oder in der Pharmakogenetik. Gentherapien und Genreparatur stellen einen weiteren Schwerpunkt dar, den wir entsprechend begleiten und vermitteln wollen. Wir sehen ein wichtiges Handlungsfeld in der Entwicklung von aktuellen Standards für die Interpretation genetischer Ergebnisse. Außerdem ist für einen sicheren Austausch von genomischen Daten sowohl in der Klinik als auch in präzisionsmedizinischen Studien eine umfassende Auseinandersetzung mit der hierfür notwendigen elektronischen Speicherung unerlässlich.

Die Big-Data-Arbeitsgruppe befasst sich mit Methoden zur übersichtlichen Integration von Daten aus elektronischen Patientenakten sowie der molekularen Phänotypisierung. Es gibt bereits zahlreiche Forschungsnetzwerke mit dem Ziel einer nationalen Datenintegration aus verschiedenen Universitätskliniken, wie z. B. HIGHmed, DIFUTURE, MIRACUM, SMITH, ADMIRE, HD4CR oder share-it!. Wir beabsichtigen, Anwendungsfälle aus der Kardiologie auszuarbeiten, die für die Entwicklung von Methoden und Definitionen der Datenintegration, (fairen) Datennutzungskonzepten und ethischen Bedenken wichtig sind.

PATIENTome ist ein einzigartiges Konzept, das darauf abzielt, die kardiovaskuläre Gesundheitssituation von Einzelpersonen präzise und individuell zu beurteilen. Während etablierte Methoden Daten aus der kardiovaskulären Bildgebung sammeln, ist die Integration von Daten aus allen verfügbaren biologischen Quellen im Querschnitt und Längsschnitt der Schlüsselfaktor zum Verständnis von Krankheitsprozessen und ihrer zukünftigen Relevanz für die klinische Entscheidungsfindung. Der Mehrwert wird in einem genaueren Verständnis der Ätiologie von Krankheiten, individuellen Risikofaktoren und der Identifizierung geeigneter „cases like me“ liegen, die den Arzt über ähnliche, früher behandelte Patientenfälle und deren Behandlungsergebnisse informieren, um schlussendlich die beste Strategie für die aktuelle, individuelle Person festzulegen.

Die 3 oben genannten Task Forces stützen sich auf ein umfassendes methodisches Fachwissen aus Bioinformatik, künstlicher Intelligenz und Mobile/Advanced Technologies. Die Bioinformatik hat die Systembiologie ermöglicht, indem sie die Wechselwirkungen verschiedener molekularer, subzellulärer sowie zellulärer Schichten erfasst und einen Einblick in die relevanten Faktoren sowohl der Krankheitsentstehung als auch der Therapieentwicklung oder -auswahl erlaubt. Die Methoden sind meist abgeleitet von der linearen Regression und beinhalten mittlerweile auch Bayessche Modelle, Machine und Deep Learning. Letztere Methoden haben nicht nur für molekulare Daten, sondern auch für die Analyse breiter klinischer Daten ein erhebliches Potenzial.

Die Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz fördert die Entwicklung, Validierung und Umsetzung von KI im Sinne von IA („intelligent augmentation“, Peter Fitzgerald). Für einen erfolgreichen KI-Einsatz wird es notwendig sein, alle Beteiligte – von Ärzten bis hin zur allgemeinen Bevölkerung – über die Einsatzmöglichkeiten und Potenziale, aber auch die Grenzen/Schwachstellen von KI-Tools bei der Diagnose- und Entscheidungsfindung zu informieren. Klinische Systeme erfordern eine strenge Kontrolle. Insbesondere hinsichtlich technischer Fehler besteht eine allgemein niedrige Toleranzschwelle. Transparenz und Leistungsfähigkeit werden daher maßgeblich das Vertrauen in die KI-Anwendung beeinflussen. Auch ethische und philosophische Überlegungen zu den Auswirkungen auf unser heutiges medizinisches Verständnis sollen berücksichtigt werden. Schließlich sind Methoden nötig, um die Anwendbarkeit von KI-Software aus verschiedenen Autonomiestufen zu vergleichen und ihre Robustheit bezüglich unterschiedlicher Voraussetzungen und Datenquellen zu messen.

Die Arbeitsgruppe Mobile Technologies präsentiert einen Überblick der Entwicklungen neuartiger digitaler Technologien und geeigneter digitaler Biomarker von Wearables und Sensoren. Bekannte Beispiele sind Wearables mit Einkanal-EKG-Ableitungen, die zusätzlich Sensoren für Aktivität, Lärm und Pulsfrequenz beinhalten und millionenfach verkauft werden. Andere künftige Technologien umfassen implantierbare Devices zur Messung physiologischer und molekularer Marker, Pflaster zum Nachweis von Metaboliten der Schweißproduktion oder medizinische Geräte, die das Stethoskop durch mobile multimodale Sensoren (einschließlich Sonographie) ersetzen. Letztere unterstützen mit KI-Algorithmen eine zielgerichtete Datenerfassung (z. B. Optimierung der Bildqualität beim Ultraschall) und Interpretation am Krankenbett.

3.4.3 Geplante Maßnahmen

Um der Bandbreite an möglichen präzisionsmedizinischen Anwendungsfällen gerecht zu werden, müssen verlässliche medizinische Information erfasst und extrahiert werden, die maßgeblich nichtuniversitäre Tech-Firmen außerhalb Deutschlands generieren. Dabei gewinnt die aktive Steuerung von Entwicklungen außerhalb unserer kardiovaskulären Gesellschaft, die jedoch einen großen Einfluss auf die zukünftige Patientenversorgung haben, eine zentrale Bedeutung. Ein weiterer Schlüsselpunkt ist die direkte Einbeziehung von DGK-Mitgliedern, um eine zielgerichtete und international wettbewerbsfähige Strategie zur kardiovaskulären Digitalisierung in Deutschland zu schaffen.

Hierfür ist es notwendig:

  • Daten zu den wichtigsten Entwicklungen auf dem Gebiet der digitalen Präzisionsmedizin zu sammeln, aufzuarbeiten und zu verbreiten,

  • Methoden für eine schnelle und gleichzeitig vertrauenswürdige Verbreitung von Informationen zu nutzen, z. B. mit dem kürzlich eingerichteten Webportal eCardiology,

  • Industrie (Lösungsanbieter), Versicherungen (Kostenträger) und Patienten aktiv einzubinden,

  • ein DGK-Positionspapier zur sicheren und effizienten Einführung von Digital-Health-Tools zu erarbeiten,

  • Qualitätsstandards für relevante Technologien, die ein Peer-Review-Verfahren durchlaufen, festzulegen,

  • fortschrittliche Curricula gemeinsam mit der DGK eAcademy zu entwickeln und durch eine aktive Teilnahme an DGK-Veranstaltungen neuartige Digital-Health-Entwicklungen zu präsentieren und damit bestehende Hürden und Bedenken zu überwinden,

  • DGK-Pilotstudien bezüglich Digital Health zu starten,

  • bei der Harmonisierung von Datenbanken und Patientenkohorten zu unterstützten, um deutschlandweite KI-Anwendungsentwicklungen in der Medizin zu unterstützen

3.5 Ausschuss Events, Education and Media – eAcademy

Die DGK hat 2001 eine eigene Akademie gegründet, um die qualitativ hochwertige Ausbildung von Ärzten, Pflegekräften und weiteren medizinischen Berufsgruppen zu fördern. Seitdem ist sie beachtlich gewachsen und stellt heute den wichtigsten Anbieter von Fort- und Weiterbildungen in der deutschen Kardiologie dar. Darüber hinaus wurden mehrere strukturierte Curricula eingeführt, die Weiterbildungen in kardiologischen Fachbereichen wie interventioneller Kardiologie, Elektrophysiologie oder Herzinsuffizienz umfassen. Aufgrund der technologischen Weiterentwicklungen von Online-Formaten und den damit veränderten Erwartungen der Auszubildenden gibt es derzeit einen erheblichen Bedarf an einem erweiterten Angebot webbasierter Formate der eAcademy. eCardiology-Themen sind im Fortbildungsprogramm noch spärlich vertreten, obwohl sie v. a. für jüngere Ärzte von großem Interesse sind. Wir schlagen daher vor, die aktuellen Fortbildungsangebote der DGK-Akademie zunehmend zu digitalisieren. Außerdem sollten gezielt Digital-Health-Weiterbildungen etabliert und auch in die beiden jährlichen DGK-Konferenzen eingebunden werden.

3.5.1 Ziele

Die Ziele der eAcademy sind die Bereitstellung qualitativ hochwertiger pädagogischer und wissenschaftlicher Inhalte und die Gewährleistung einer umfassenden digitalen Ausbildung sowohl für Kardiologen in der Ausbildung als auch für junge Akademiker. In Anbetracht der aktuellen Erfordernisse für eine erfolgreiche Zertifizierung und Akkreditierung, die auf einer physischen Präsenz beruhen, ist in Zukunft auch ein Umdenken notwendig, welches Fort- und Weiterbildung auf der Grundlage digitaler Formate erlaubt.

3.5.2 Struktur und Definitionen

Die eAcademy mit der Gruppe eCardiology ist für die 3 Säulen der Ausbildung zuständig: 1) (digitale) Konferenzen, 2) eMedia und 3) eLearning.

Tagungen.

Die DGK veranstaltet jährlich 2 große kardiovaskuläre Kongresse. In den letzten Jahren wurden bereits zahlreiche Vorträge beider Kongresse als Online-Stream angeboten. Dies spiegelt die wachsenden Bemühungen zur medialen Aufbereitung wider. Dieser Prozess erfuhr durch die weitreichenden Maßnahmen während der COVID-Pandemie eine deutliche Beschleunigung. So wurde ein kontinuierliches Angebot an virtuellen Sessions geschaffen, die live gestreamt oder on-demand verfolgt werden können (Online-Kongress). Integraler Bestandteil dieser Bemühungen sind die von der DGK-Akademie erstellten Bildungsinhalte. In 2022 präsentierte sich die eCardiology erstmals live auf der Jahrestagung mit einem eigenen Bereich im „Ella und Louis“ mit interaktiven Workshops, Vorträgen und Podiumsdiskussionen. Die Erfahrungen aus diesen Veranstaltungen werden in die Planung zukünftiger Kongresse einfließen.

eMedia.

Die DGK betreibt in Kooperation mit dem BNK eine Plattform für digitale Inhalte (www.kardiologie.org). Auf dieser Webseite werden nicht nur Tagungsbeiträge, Kommentare von Experten und weitere kardiologische Inhalte veröffentlicht; hier ist auch die eAcademy angesiedelt, die zunehmend zertifizierungsrelevante On-Demand-Webinare anbietet. kardiologie.org konnte im Jahr 2019 8 Rubrik-Redakteure aus renommierten deutschen Zentren gewinnen, von denen die Nutzer in den 4 größten kardiologischen Fachbereichen aktiv auf dem aktuellsten Wissensstand gehalten werden. Ihre Beiträge reichen von Videointerviews zu neuen technologischen und gesellschaftsrelevanten Entwicklungen über Webinare zu neuen Leitlinien bis hin zu Updates von internationalen Kongressen. Seit Kurzem ist kardiologie.org auch im Bereich der interaktiven Live-Webinare aktiv und erzielt dort hohe Teilnehmerzahlen.

Aufgrund der COVID-19-Pandemie musste die Gestaltung der DGK-Kongresse grundlegend anpasst werden. Im Mai 2020 startete die DGK das wöchentliche digitale Kongressformat DGK.Online mit 3 Live-Webinaren pro Woche, welches seither in den Phasen zwischen den großen Kongressen fortgeführt wird. Im Oktober 2020 wurden die Jahrestagung und die DGK Herztage als virtueller Kongress mit großem Erfolg durchgeführt.

Ausbildung.

Die DGK-Akademie hat bereits ein breites Spektrum an weiterführenden und hochwertigen Weiterbildungskursen etabliert, welche die verschiedenen Teilgebiete der Kardiologie, aber auch die unterschiedlichen Ausbildungsniveaus (von Kardiologen und Assistenzpersonal) berücksichtigen. Digitale Inhalte sollen die bestehenden Angebote auch zukünftig erweitern und ergänzen. Vor allem die junge Kardiologengeneration ist zunehmend mit der Nutzung digitaler Inhalte vertraut und steht ihnen daher generell affiner gegenüber, sodass ein besonderes Augenmerk auf der eCardiology-Ausbildung der Kardiologen der nächsten Generation liegt.

Die eAcademy verpflichtet sich auch der Vermittlung einer allgemeinen digitalen Kompetenz, indem sie entsprechende Kenntnisse lehrt und den kritischen Umgang mit der digitalen Medizin pflegt. Die Kardiologie zeichnete sich in den letzten Jahren durch einen kontinuierlichen Wissens- und Technologiefortschritt mit einer großen Anzahl praxis- und algorithmenbasierter Leitlinien aus. Die Fülle der gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Geschwindigkeit der Umsetzung leitlinienrelevanter Studien erfordern eine hohe Kompetenz im Umgang mit traditionellen und modernen Medien – von klassischen Publikationen über Open-Access-Artikel bis hin zu Online-Datenbanken und dem professionellen Umgang mit Social Media. Kardiologen müssen sich hier digitale Recherchekompetenzen aneignen, um praxisrelevante Inhalte oder Innovationen schnell identifizieren zu können. Gleichzeitig müssen die Inhalte stets kritisch überprüft werden, um falsche oder fragwürdige Darstellungen ablehnen zu können. Die Vorteile der digitalen Medizin sind Schnelligkeit, Verfügbarkeit und neue didaktische Werkzeuge. Es gibt eine zunehmende Ausrichtung zu digitalen Fortbildungsangeboten in Form von interaktiven Online-Fortbildungen und Webinaren, sodass diese Angebote breit und bei Bedarf on-demand genutzt werden können.

Verschiedene eHealth-Bereiche erfordern eine interdisziplinäre Ausbildung, z. B. zu telemedizinischen Angeboten, Krankenhausinformationssystemen, digitalen Netzwerken, Mobile Health oder Big Data. Eine wichtige Aufgabe besteht darin, das Fachwissen und die Bemühungen der anderen eCardiology-Ausschüsse aufzugreifen und zu vermitteln.

Die Ausbildung im Rahmen der verschiedenen Curricula zur Zertifizierung von Subspezialitäten der DGK stellt einen weiteren zentralen Baustein dar. Die DGK-Akademie garantiert qualitativ hochwertige Inhalte und Fortbildungsmaßnahmen. Besonders weiterbildungsintensive Zertifizierungen können ressourcenbegrenzt sein, wie z. B. die Zertifizierung für die kardiale Magnetresonanztomographie. Hierfür hat die DGK-Akademie neue digitale Formate entwickelt, die z. B. im Bereich der MRT-Weiterbildung eine digitale Live-MRT-Ausbildung und -Diagnostik ermöglichen.

3.5.3 Geplante Maßnahmen

  • Umwandlung und Erweiterung bestehender hochwertiger Präsenzinhalte in digitale Angebote

  • Bereitstellung einer Plattform für eLearning; Strukturierung und Angebot neuer Fortbildungsinhalte (Virtual Reality, Digital Cardiology, Big Data, Simulationstraining für interventionelle Verfahren, Datenbank für Bildinterpretation einschließlich KI-Unterstützung)

  • Bereitstellung geeigneter Ressourcen für die digitale Kompetenz

4. Zeitplan

Die Entscheidung, eine Digital-Health-Agenda innerhalb der DGK zu bilden, wurde im Jahr 2018 getroffen. Seitdem haben mehrere Sitzungen und Telefonkonferenzen zur Bildung einer Digital Health Task Force und später im Jahr 2019 zum eCardiology-Programm geführt. Im Jahr 2020 wurde eCardiology im Rahmen von DGK.Online 2020 und den rein virtuell organisierten DGK Herztagen vorgestellt. Die beschleunigte Verbreitung von Informationen erfolgt über etablierte DGK-Medien wie die Cardio News sowie seit 2021 auch über eine eigene Internetplattform (www.dgk.org/ecardiology). Bei der Frühjahrstagung 2022 konnte erstmals einem breiten Publikum mit interaktiven Workshops und Technologiedemonstrationen der Mehrwert der Digitalisierung in der Kardiologie in personam vermittelt werden. Eine konstruktive Zusammenarbeit sowie die Beteiligung aller DGK-Mitglieder sind zentrale Bausteine dieser sich entwickelnden Plattform. So können die Stärken digitaler Technologien und das umfassende Fachwissen unserer Gesellschaft optimal zusammengeführt werden.

Fazit für die Praxis

Das eCardiology-Programm der DGK hat zum Ziel, die Transformation der Medizin hin zu digitaler Gesundheit positiv zu begleiten. Flexible und schnell adaptierbare Strukturen in der DGK eCardiology werden der Schlüssel zum Erfolg im Zeitalter der hochdynamischen Digitalisierung sein. Wir treten daher dafür ein, Offenheit und visionäres Denken mit der Tradition des evidenz- und datengetriebenen wissenschaftlichen Ansatzes der kardiovaskulären Medizin zu verbinden. Da viele Themen bereits in bestehenden DGK-Arbeitsgruppen behandelt werden, verfolgt eCardiology eine Integration von bestehenden Strukturen sowie eine möglichst effiziente Kommunikation innerhalb der Fachgesellschaft.