St. Franziskus-HospitalSo funktioniert Kölns erste Portalpraxis

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Ein Rettungsdienstmitarbeiter schiebt eine Liege durch die Notfallambulanz.

Die Zentrale Notaufnahme des St. Franziskus-Hospital hat 14 Behandlungsräume.

Am St. Franziskus-Hospital arbeiten Ambulanz und ärztlicher Notdienst seit November zusammen. Das entlastet vor allem die Zentrale Notaufnahme des Krankenhauses.

Noch vor nicht allzu langer Zeit spielten sich im St. Franziskus-Hospital in Ehrenfeld aberwitzige Szenen ab: Kamen Patientinnen und Patienten in die kassenärztliche Notdienstpraxis im Nebengebäude und wurden dort als Notfall eingestuft – etwa weil ein Herzinfarkt festgestellt wurde –, mussten sie die wenigen Meter in die Notfallambulanz mit dem Rettungswagen zurücklegen. Andersrum saßen in der Ambulanz Menschen mit einem Rezeptwunsch. Das ist nun anders: Am St. Franziskus-Hospital wurde Anfang November Kölns erste Portalpraxis eingerichtet. Räumlich trennt Notdienstpraxis und Notfallambulanz nur noch eine Tür. Fahrbare Liegen ermöglichen bei Bedarf eine schnelle Verlegung.

Beim „Ein-Tresen-Prinzip“ werden die Patienten bereits beim Betreten der Klinik in zwei Gruppen sortiert: Not- und Arbeitsunfälle kommen in die Zentrale Notaufnahme, weniger schwere Fälle setzen sich ins Wartezimmer des hausärztlichen Notdienstes. „Oft wissen die Patientinnen und Patienten selbst nicht, wo sie eigentlich richtig sind“, erklärt Greta Ullrich, ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme (ZNA). „Mit dem neuen System wird es für sie leichter, und wir vermeiden Pingpong zwischen Notdienstpraxis und Notaufnahme.“ Auch der ärztliche Direktor des Krankenhauses, Dr. Emmanouil Skouras, hat bisher nur positive Erfahrungen gemacht: „Wir arbeiten Hand in Hand mit den Kollegen der Kassenärztlichen Vereinigung zusammen.“

Oft wissen die Patientinnen und Patientinnen selbst nicht, wo sie eigentlich richtig sind.
Greta Ullrich, ärztliche Leiterin der Zentralen Notaufnahme

Dagmar Jeske sitzt an diesem Mittwochnachmittag an dem Tresen, an dem der Weg der Patienten – zumindest vorerst – entschieden wird. Sechseinhalb Jahre Erfahrung machen ihr die Entscheidungen leichter. Sie stellt einige Fragen zum Befinden: Sie haben Bauchschmerzen? An welcher Stelle? Auch Übelkeit? „Gehen Sie einmal rüber zu meiner Kollegin“, sagt sie und macht mit ihrem Arm eine Geste nach links. Hier sitzt Iris Wehmeier, Medizinische Fachangestellte bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Sie liest die Krankenkassenkarte ein und bittet den Patienten, am Automaten auf „Hausärztliche Notdienstpraxis“ zu drücken und eine Wartemarke zu ziehen.

Eine Frau steht an der Anmeldung eines Krankenhauses.

Am Tresen werden die Patienten bereits auf den richtigen Weg geleitet.

Auf politischen Wunsch soll es Portalpraxen bald flächendeckend geben. In Köln zuständig ist die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein. Die Idee der Portalpraxis werde auch im Krankenhaus in Longerich verfolgt, sagt Bernd Junker, bei der KV-Tochter Gesundheitsmanagementgesellschaft zuständig für die Praxen. „Die Umsetzung ist durch die räumlichen Gegebenheiten oft schwierig. Derzeit befinden wir uns in Abstimmung mit den anderen Krankenhausstandorten in Köln über bauliche Maßnahmen.“

Fünf Stufen der „Triage“

Vor allem für die Zentralen Notaufnahmen ist das System eine Entlastung. Die Behandlungsräume bleiben frei für „echte“ Notfälle, etwa Brüche, Schnittwunden oder Herzinfarkte. Immer wieder fahren Rettungswagen die Ehrenfelder ZNA an, der Eingang ist gegenüber des Schockraums, in dem Schwerverletzte behandelt werden. Durch einen zweiten Hintereingang kommen infektiöse Patienten, die isoliert werden müssen. Die ZNA behandelt nach eigenen Angaben 30 000 Patienten im Jahr. Torsten Jablonski, der pflegerische Leiter der ZNA, nennt die 14 Räume auch die „größte Kleinambulanz Kölns“. Am Wochenende ist am meisten los, dann treffen hier Feiernde aus der Ehrenfelder Partyszene auf verunfallte E-Roller-Fahrer und Brüche aus dem „Jump House“.

Vom Wartezimmer geht es direkt in den „Triage“-Raum. „Wir triagieren nach dem Manchester Triage System“, erklärt Jablonski. Fünf Stufen gibt es. Rot bedeutet, dass sofort ein Arzt kommen muss, bei orange können noch zehn Minuten vergehen, bei gelb eine halbe Stunde. Blau bedeutet „Nicht dringend“. Die Triage führen ausgebildete Pflegefachkräfte aus, ein Computerprogramm hilft bei der Beurteilung sowie eine erste Überwachung der Vitalzeichen.

Ein Wartezimmer im Krankenhaus, das leer ist.

Dieser Wartebereich ist hauptsächlich für die Patientinnen und Patienten der KV-Praxis.

Zurück zum Tresen: Ein Patient aus dem Wartezimmer der Zentralen Notaufnahme wird laut. Seine Schnittwunde an der Hand blutet noch, er hat Schmerzen und will nicht warten. Dann verlässt er wutschnaubend das Krankenhaus. Keine Seltenheit, sagt Iris Wehmeier. Die KV-Mitarbeiterin ist froh, jetzt nicht mehr allein im Nebengebäude zu sitzen. „Hinter der Glasscheibe hier fühle ich mich sicher.“ Mit immer größerem Aggressionspotenzial haben auch Pflegende und Ärzte zu tun. „Wir werden häufig angeschrien“, sagt Greta Ullrich. „Da muss man ruhig bleiben.“

Wir ersetzen nicht den Hausarzt, wir übernehmen die Versorgung, bis diese wieder geöffnet haben.
Bernd Junker, Gesundheitsmanagementgesellschaft

Die Ehrenfelder KV-Praxis soll eine der meistbesuchten in Köln sein. „Am Wochenende haben wir bis zu 100 Patienten“, sagt Dr. Rigo Bauerfeind, ärztlicher Koordinator der Praxis. Bernd Junker schätzt die Ehrenfelder Patientenzahlen auf rund 13 000 Menschen im vergangenen Jahr. Die häufigsten Besuchsgründe sind Infekte oder Harnwegentzündungen, eine Triage gibt es hier nicht. 150 niedergelassene Ärzte übernehmen die wechselnden Dienste.

„Wir ersetzen nicht den Hausarzt, wir übernehmen die Versorgung bis diese wieder geöffnet haben“, sagt Junker. Auf die Frage, ob viele Menschen nur mit Wehwehchen kommen, sagt Bauerfeind: „Ich nehme erstmal jeden Patienten mit seinen Beschwerden ernst. Ich bewerte das auch nicht moralisch. Aber ja, auch hier kommen ‚Stammgäste‘, die einfach nur reden wollen. Die Einsamkeit der Menschen bringt die Gesellschaft mit und auch auf die sozialen Komponenten müssen wir als Ärzte eingehen.“


Wann zum Arzt? Wann ins Krankenhaus?

Die Nummer 112 ist für akute, möglicherweise lebensbedrohliche Notfälle reserviert. Dazu zählt auch der Verdacht auf Herzinfarkt oder Schlaganfall. Gleiches gilt für die Ambulanzen der Krankenhäuser.

Ist jemand nicht lebensbedrohlich erkrankt, kann aber nicht bis zur nächsten Sprechzeit warten, helfen Haus- und Fachärzte im Bereitschaftsdienst. Behandelt werden Erkältungen mit Fieber, kleinere Schnittverletzungen oder akute Rücken- oder Bauschmerzen. Telefonisch sind sie zu erreichen unter 116 117, dort können auch Hausbesuche erfragt werden. In Köln gibt es sieben hausärztliche und drei kinderärztliche Notdienstpraxen. (hes)

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