1. Startseite
  2. Lokales
  3. Garmisch-Partenkirchen
  4. Murnau

Krankenhausreform für UKM das Todesurteil? - Heftige Kritik an Lauterbach-Plänen

KommentareDrucken

Politik trifft Gesundheitsexperten: (v. l.) Dr. Michael Rapp, Alexander Dobrindt, Stephan Pilsinger, UKM-Geschäftsführerin Sarah Heinze, Harald Kühn, Kaufmännischer Direktor Christian Schroth, Pflegedirektorin Christina Sterk und Ärztlicher Direktor Professor Dr. Fabian M. Stuby.
Politik trifft Gesundheitsexperten: (v. l.) Dr. Michael Rapp, Alexander Dobrindt, Stephan Pilsinger, UKM-Geschäftsführerin Sarah Heinze, Harald Kühn, Kaufmännischer Direktor Christian Schroth, Pflegedirektorin Christina Sterk und Ärztlicher Direktor Professor Dr. Fabian M. Stuby. © Privat

Mit einer großen Reform will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach die Krankenhausstrukturen verbessern. Nicht weniger als eine Revolution verspricht er. Dabei wird es Gewinner geben und etliche Verlierer. Dazu könnte neben zahlreichen kleinen Krankenhäusern auch die BG Unfallklinik Murnau zählen. Die bietet in ihrem Bereich Spitzenmedizin an, aber keine Vollversorgung.

Murnau – Einen Ruf wie Donnerhall besitzt die BG Unfallklinik Murnau. Dort werden manchmal Fälle aufgenommen, die in anderen Krankenhäusern als aussichtslos gelten. Den Murnauer Spitzenärzten gelingt es häufig, diese Menschen so zu behandeln, dass sie wieder ein lebenswertes Leben führen können. Auch (Sport-)Prominenz wie Fußball-Nationaltorhüter Manuel Neuner und Rallye-Fahrer Edouard Boulanger ließen sich nach Unfällen, der eine nach einem Beinbruch bei einer Skitour, der andere hatte sich bei einem Unfall der Rallye Dakar einen Wirbelsäulenbruch zugezogen, jüngst in Murnau erfolgreich operieren.

Spitzenmedizin bieten die Spezialisten an der Professor-Küntscher-Straße 8. Doch damit könnte es bald vorbei sein, wenn die Krankenhausreform in der Form kommt, wie sie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) derzeit plant. UKM-Geschäftsführerin Sarah Heinze spricht von „dramatischen Auswirkungen“. Sie sieht das UKM gar im Bestand bedroht. „Wenn die Reform so umgesetzt wird, dann ist das unser Todesurteil.“

Gesundheitssystem krankt

Weil das deutsche Gesundheitssystem krankt, eine Vielzahl Kliniken auf der Intensivstation liegen und wegen finanzieller Auszehrung mit dem Tode ringen, hat sich Lauterbach entschlossen, das System auf neue Beine zu stellen: teilweise weg von der Fallpauschale, hin zu einer sogenannten Vorhaltefinanzierung, die feste Zahlungen etwa für Personal oder Technik vorsieht.

Den Lauterbach-Ideen, die die Krankenhäuser unter anderem in fünf Stufen und 128 Leistungsgruppen einteilt, steht Heinze nicht grundsätzlich negativ gegenüber. Was sie beklagt: „Die BG-Kliniken sind eine Sorte Krankenhaus, die in dem Plan nicht vorkommen. Wir sind schlicht vergessen worden.“ Die zehn BG-Kliniken, die es in Deutschland gibt, machen ihr zufolge nicht einmal 0,5 Prozent der rund 1800 Hospitäler aus, die in der Republik zwischen Flensburg und Berchtesgaden das Geschäft mit der Krankheit betreiben. Da kann es schon sein, dass man im großen Berlin wenig Beachtung bekommt: Man befindet sich dabei indes in guter Gesellschaft: Heinze zufolge sind auch die Bundeswehrkrankenhäuser im Ministerium durchs Raster gefallen.

GAP-Newsletter: Alles aus Ihrer Region! Unser GAP-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus der Region Garmisch-Partenkirchen – inklusive aller Neuigkeiten zur Corona-Krise in Ihrer Gemeinde. Melden Sie sich hier an.

Rangiert das Unfallklinikum, 340 der 560 Betten stehen Krankenkassen-Patienten zur Verfügung, der Rest ist für die Berufsgenossenschaften reserviert, derzeit auf einer Ebene mit den Topkrankenhäusern, die die Maximalversorgung anbieten, kann es passieren, dass man durch die Lauterbach-Reform vom höchsten Level bis nach fast ganz unten durchgereicht wird. Die Spitzeneinstufung könnten dann nur noch Kliniken erzielen, die alle Disziplinen anbieten – von der Geburtshilfe bis zur Herztransplantation. Nicht einmal die Kooperation mit dem Klinikum Garmisch-Partenkirchen, die seit vielen Jahren besteht, hier ist hilfreich. „Die Zusammenarbeit bringt uns nicht auf ein höheres Level“, sagt Heinze. Ausnahmen gibt es nur für Krankenhäuser, die sich auf eine Disziplin konzentriert haben. Als Beispiel nennt Heinze die Lungenfachklinik in Gauting. „Unser Spektrum ist zu breit.“ Aber offenbar nicht breit genug.

Alle Hebel werden in Bewegung gesetzt

Die BG-Kliniken wollen ihr Schicksal allerdings nicht kampflos akzeptieren. Vor allem die Konzerngeschäftsführung, die in Berlin sitzt, wird Heinze zufolge alle Hebel in Bewegung setzen. Und man gedenkt, Lobbyarbeit zu betreiben und die Politik für ihre Zwecke einzuspannen. Bereits im Januar hatte die Geschäftsführerin Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag, der als Verstärkung den CSU-Gesundheitsexperten Stephan Pilsinger mitgebracht hatte, CSU-Landtagsabgeordneter Harald Kühn und CSU-Kreischef Dr. Michael Rapp zu einem Gespräch eingeladen, um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen. Mit ihrem Anliegen stießen Heinze, die Spitzen der UKM-Verwaltung und der Ärztliche Direktor Professor Dr. Fabian M. Stuby auf offene Ohren. Kühn, der die Verhältnisse am UKM als ehemaliger Murnauer Bürgermeister und Garmisch-Partenkirchner Landrat aus dem Effeff kennt, macht deutlich, dass er und die Christsozialen mit der Klinik-Leitung „in engem Austausch stehen“. Und im beginnenden Landtagswahlkampf wählt der Mann, der seine Aussagen sonst stets abwägt, deutliche Worte. Er bezeichnet den Lauterbach-Entwurf als „indiskutabel“, der korrigiert werden müsse. Das Haus, das Medizin auf internationalem Niveau biete und von überregionaler Bedeutung ist, „darf nicht in allergrößte Probleme gebracht werden“. Ähnlich äußert sich Dobrindt auf Tagblatt-Anfrage: „Lauterbachs Krankenhausreformpläne sind eine Gefährdung für die erstklassige Gesundheitsversorgung in unserer Region.“ Es bestehe die Gefahr, dass die Unfallklinik aus dem höchsten Versorgungslevel herausfallen könnte. „Im Rahmen unserer Möglichkeiten werden wir alles tun, damit Lauterbach bei seiner Reform nachjustiert“, meint Kühn.

Nicht nur aus medizinischer Sicht soll das UKM in seiner jetzigen Form erhalten bleiben. Immerhin ist die Klinik mit ihren mehr als 2300 Beschäftigten der größte Arbeitgeber im Landkreis Garmisch-Partenkirchen. „Sie ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor“, erklärt Kühn, dem es als Landrat ein Anliegen war, den Landkreis zur Gesundheitsregion aufzuwerten, um neben dem Tourismus ein zweites Standbein zu schaffen.

Auch interessant: Kränkelnde Hospitäler fordern Finanzspritze

Auch interessant

Kommentare