Krisenbewältigung in Krankenhäusern – Handlungsfähigkeit bewahren

Das Jahr 2023 wird für viele Unternehmen der Gesundheitswirtschaft von großer Unsicherheit geprägt sein. Deutschlands Kliniken sind nach Einschätzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) im Jahr 2023 von einer Insolvenzwelle bedroht. Schon jetzt sollten Führungskräfte im Krankenhausmanagement notwendige Handlungsoptionen in einer Krisensituation vordenken, um bei Bedarf zügig reagieren zu können. Die richtige Vorbereitung dient nicht zuletzt auch der eigenen Absicherung der Geschäftsführung.


Dabei gilt es einige wichtige Grundsätze zu beachten, insbesondere die professionelle Liquiditätssteuerung, die Kommunikation mit Gesellschaftern, Banken und Stakeholdern sowie die frühzeitige Erarbeitung von Notfalllösungen.
 

Professionelle Liquiditätssteuerung

Die Klarheit über die liquiden Mittel und damit verbunden eine verlässliche kurzfristige und mittelfristige Liquiditätsplanung werden in vielen Krankenhäusern vernachlässigt. In Liquiditätskrisen hat es sich bewährt, über einen Zeitraum von 13 bis 17 Wochen wöchentlich rollierend und detailliert zu planen. Dadurch lassen sich mögliche Engpässe frühzeitig erkennen, um rechtzeitig gegenzusteuern. Eine realistische mittelfristige, rollierende Liquiditätsplanung über einen Zeitraum von 12 bis 24 Monaten ist vor dem Hintergrund der Beurteilung der insolvenzrechtlichen Überschuldung ebenfalls ein Muss. Bei aufgedeckten Risiken kann eine insolvenzrechtliche Beratung vor Fallstricken bewahren. Die Kreditlinie sollte genug Spielraum geben, um Lieferantenrechnungen und Gehälter monatlich pünktlich zahlen zu können. Gibt es nicht ausreichend Steuerungsinstrumente, um untermonatlich die finanz-, aber auch die leistungswirtschaftliche Entwicklung zügig überprüfen und gegebenenfalls gegensteuern zu können, sollten diese unverzüglich eingeführt werden.

Eine gute Planung kann insbesondere in der Unternehmenskrise existenzsichernd sein. Sie nimmt den „Geschmack der Katastrophe“ und kann verhindern, dass Probleme von anderen aufgedeckt werden. Gezielte externe Unterstützung zur Schaffung von mehr Transparenz kann häufig sinnvoll sein, um einer Ressourcenverknappung in der Verwaltung entgegenzusteuern. In diesem Zusammenhang sollten sich Führungskräfte ehrlich fragen, ob die bestehende Transparenz ausreicht und ob die Notwendigkeit des Gegensteuerns mit Hilfe von finanzwirtschaftlichen Maßnahmen frühzeitig erkannt werden kann. Zudem ist zu beachten, dass seit 2021 ein Frühwarnsystem, das die oben genannten Bestandteile beinhalten sollte, für die meisten Unternehmen rechtlich verpflichtend geworden ist.

Gesellschafter-, Banken- und weitere Stakeholder-Kommunikation

Häufig wird die Kommunikation mit Gesellschaftern, Banken und weiteren Stakeholdern während der sich verschärfenden Krisensituation vernachlässigt. Werden die Stakeholder darauf aufmerksam, erwarten sie aus gutem Grund eine schnelle Erklärung. Und dafür ist es dann häufig schon fast zu spät.

Eine offene, frühzeitige Kommunikation kann helfen, Vertrauen aufzubauen, externe Unterstützung rechtzeitig einzuplanen und Sanierungsmaßnahmen strukturierter und nachhaltiger einzuleiten. Sie stärkt die Zusammenarbeit zwischen den Parteien. Aber auch an dieser Stelle gilt es rechtliche Vorgaben zu beachten: Sind bestandsgefährdende Risiken ersichtlich, gilt es umgehend den Gesellschaftern Bericht über wesentliche wirtschaftliche und rechtliche Verhältnisse zu erstatten. Auch der Bericht über den Weg aus der Krisensituation darf dabei nicht außer Acht gelassen werden. Dabei gilt die Regel: vollständig, wahrheitsgemäß und schriftlich.

Erarbeitung von Notfalllösungen

Wenn die Umstände erahnen lassen, dass der Turnaround nicht mehr mit eigenen Mitteln machbar ist oder aber die Zeit dafür nicht ausreicht, sollten weitere Optionen geprüft werden. Dabei kann zum Beispiel ein Verkauf oder Teilverkauf in Erwägung gezogen werden. Nicht selten wird in dieser Situation vom potenziellen Erwerber ein Asset Deal gefordert, allerdings muss dann das Risiko der Rückforderung von Fördermitteln oder auch von Ausgleichsansprüchen von Zusatzversorgungskassen beachtet werden. Auch ist zu beachten, dass diese Prozesse in der Regel zeitintensiv sind, da zum Beispiel Zustimmungen von Trägern und Gremien eingeholt werden müssen. Dabei steigt das Risiko einer möglichen Insolvenzverschleppung, wenn die Liquidität von Tag zu Tag knapper wird.

Wenn das Risiko einer potenziellen Insolvenzverschleppung zu groß wird, lassen sich mit Hilfe des Instrumentariums des Insolvenzrechtes Konstellationen finden, die dem Management Sicherheit geben, um Risiken kontrolliert zu eliminieren. Eine gut vorbereitete Insolvenz in Eigenverwaltung kann eine Variante sein. Im Vorhinein sind beispielsweise Auswirkungen des Insolvenzgeldes (3 Monate) zu kalkulieren, durch das erhebliche Liquiditätspolster geschaffen werden können. Eine finanzwirtschaftliche Verbesserung aufgrund der Bereinigung der Passivseite sollte insbesondere bei Häusern mit einer hohen Verschuldung keine unüberlegte Option bleiben.

Auch wenn die Schieflage aktuell oftmals durch die mangelnde Refinanzierung wesentlicher Aufwandspositionen und fehlendes Personal getrieben ist, mag es sinnvoll sein, auf weitere Möglichkeiten des Insolvenzrechtes zurückzugreifen, wie zum Beispiel die Nichterfüllungswahl in Bezug auf Verträge mit schlechten Konditionen. Auch arbeitsrechtliche Erleichterungen (unter anderem Verkürzung von Kündigungsfristen, Reduzierung von Abfindungen) können im Rahmen einer Insolvenz bei der Sanierung einen Beitrag leisten. Solche Chancen sollten bei der Ableitung eines Notfallplanes nicht außer Acht gelassen werden.

Praxis-Hinweis

Um in einer Krisensituation die richtigen Entscheidungen vorbereiten und treffen zu können, ist eine professionelle Liquiditätsplanung unumgänglich. Erprobte Excelmodelle lassen sich durch einen Berater in der Regel kurzfristig aufsetzen. Mit einem professionellen Blick auf die Liquidität und knappen, aber ausreichenden Mitteln ist der Versuch der außergerichtlichen Sanierung der erste Ansatzpunkt. Unterstützung durch einen Berater kann auch hier dabei helfen, Potenziale zu entdecken und weiteren Interessensgruppen wie bspw. Banken oder Gesellschaftern Sicherheit zu vermitteln. Schränkt jedoch die Liquiditätssituation die Handlungsfähigkeit zu stark ein, sollten auch weitere Ansätze geprüft werden. Die häufig gefürchtete Insolvenz kann in individuell durch Experten überprüften Situationen auch Chancen bringen, die ungeachtet des negativen Images wohlüberlegt in Erwägung gezogen werden sollten.

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Leitung Geschäftsfeld Restrukturierung und Sanierung
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Wirtschaftsprüferin, Steuerberaterin, Partnerin, Leitung Geschäftsbereich Unternehmensberatung

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