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„Patientensicherheit schlägt Wohnortnähe“: Krankenkasse fordert Verlagerung von Eingriffen in größere Kliniken

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Impressionen aus dem Krankenhaus Agatharied
Routine erhöht die Expertise: Die Krankenkasse Barmer hält die Qualität medizinischer Eingriffe in Bayern durch eine Verlagerung in große Kliniken für steigerbar. © Krankenhaus Agatharied

„Patientensicherheit schlägt Wohnortnähe“, sagt Barmer-Bayernchef Alfred Kindshofer. Seine Krankenkasse hat berechnet, dass Verlagerungen von Operationen von kleinen auf größere Kliniken für die Patienten nicht mit einer langen Fahrzeit einhergehen müssen. Der Vorstoß fällt in die hitzige Debatte über eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßene Krankenhausreform.

Bessere Behandlungsqualität bei kaum längeren Fahrzeiten für Patienten: Die Krankenkasse Barmer hat sich die Krankenhaus-Versorgung im Freistaat genauer angesehen, und kommt zu dem Schluss, dass sich durch Verlagerungen von Operationen von kleinen auf größere Kliniken viel gewinnen ließe. Der Vorstoß fällt in eine hitzige Debatte über eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestoßene Krankenhausreform, die ab dem kommenden Jahr durchgeführt werden soll.

Lauterbachs Grundannahme – größere Kliniken mit vielen Fällen bieten bei bestimmten Eingriffen eine höhere Qualität als kleinere Krankenhäuser mit weniger Routine – ist auch die des Krankenhausreports der Kasse. „Durch das Verlagern von Operationen in Kliniken mit mehr Erfahrung und besserer Ausstattung können schon heute Qualität und Patientensicherheit deutlich erhöht werden“, sagt Barmer-Bayernchef Alfred Kindshofer unserer Zeitung. Eine tiefgreifende Reform der Krankenhausversorgung samt Neuausrichtung der Krankenhausplanung biete zudem die Chance für noch weitere „bedarfs- und qualitätsorientierte Konzentrationsprozesse“. Und was ist mit der Erreichbarkeit? „Bei den Berechnungen wurde darauf geachtet, dass sich die Fahrzeit für niemanden auf mehr als 40 Minuten erhöht“, sagt Kindshofer.

Die Erkenntnisse der Barmer basieren auf den Daten von rund 1,2 Millionen Versicherten in Bayern (8,7 Millionen in Deutschland). Geprüft wurde dabei, ob sich bestimmte Eingriffe, die in Kliniken durchgeführt wurden, die das vergleichsweise selten tun, in Häuser verlagern ließen, die darin über mehr Routine (und somit oft auch mehr Expertise) verfügen. Das Ergebnis: Schon wenn man sich nur auf die Kliniken mit der geringsten Routine konzentriere, könnten in Bayern pro Jahr rund 2900 der insgesamt rund 92 100 Hüft- und Knieoperationen an spezialisierteren Standorten erfolgen, ohne dass sich die Fahrzeit für die Patienten spürbar verlängert. Das entspricht rund 70 Prozent der Hüft- und Knieeingriffe von Standorten mit weniger als dem angesetzten Schwellenwert von 187 Eingriffen pro Jahr. Im Bereich der Kardiologie kommt die Barmer auf einen ähnlichen Prozentsatz.

Das Verlagerungspotenzial sei also hoch. „Patientensicherheit schlägt Wohnortnähe“, sagt Kindshofer. Es gehe „um den Aufbau moderner und bedarfsgerechter Versorgungsstrukturen, die gleichzeitig die knappen finanziellen und personellen Ressourcen bündeln.“ Es sei also im Sinne der Patienten, die Kliniken nach dem Grad ihrer Spezialisierung zu Grund-, Regel- sowie Maximal- und Spezialversorgern weiterzuentwickeln, sagt Kindshofer.

Aktuell ist die Dichte der Krankenhausstandorte mit den entsprechenden Fachbereichen im Freistaat deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. So erreichen dem Barmer-Report zufolge 99,4 Prozent der Bayern ein Krankenhaus, das Hüft- und Knieeingriffe durchführt, in weniger als 30 Minuten. Im Bereich der Herzuntersuchungen und Herz-OPs sind es 96,2 Prozent.

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