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Kliniken KölnGesundheitscampus für eine Milliarde Euro geplant

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Visualisierung des geplanten Gesundheitscampus Merheim mit neuer Kinderklinik.

Schöne neue Klinikwelt: So könnte der geplante „Gesundheitscampus Merheim“ mit der neu gebauten Kinderklinik (Mitte links) im Jahr 2031 aussehen.

Auf dem Gelände des Klinikums Merheim soll ein neuer Gesundheitscampus entstehen. Die Klinik Holweide soll dorthin verlagert, das Kinderkrankenhaus dort neu gebaut werden.

Ist das der langersehnte Befreiungsschlag für die hochdefizitären Kliniken der Stadt Köln? Der Plan der Geschäftsführung, die Standorte Holweide und Riehl aufzugeben und nach Merheim zu verlagern (wir berichteten), hat in Politik und Betriebsrat keinen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die ersten Reaktionen fielen positiv bis abwartend aus (siehe unten). Selbst SPD und Linke, die sich bisher stets vehement für den Erhalt der Klinik Holweide eingesetzt haben, übten sich nicht in Fundamentalopposition.

Attraktive Arbeitsplätze für Pflegekräfte könnten entstehen

Die Umsetzung des neuen Strategiekonzepts, bis 2031 alle Leistungen auf einem neuen „Gesundheitscampus Merheim“ zu konzentrieren, würde laut Kämmerei unterm Strich 818,6 Millionen Euro kosten. In der Politik ist allerdings von einem Gesamtaufwand in Höhe von rund einer Milliarde Euro die Rede. Für Investitionen in neue Gebäude und Medizintechnik sind 590 Millionen Euro vorgesehen, zudem müssen weiterhin Verluste aus dem laufenden Betrieb gedeckt werden. Ab 2031, wenn alle Leistungen am Standort Merheim gebündelt sind, soll der Jahresverlust nur noch 2,5 Millionen Euro betragen. Ein Verkauf der Grundstücke in Holweide und Riehl könnte 124 Millionen einbringen.

„Das Zukunftsmodell der Geschäftsführung begrüße ich ausdrücklich“, sagte Aufsichtsratschef Ralf Unna (Grüne) der Rundschau. „Es sichert den Erhalt des Unternehmens, verbessert die medizinische Versorgung, schafft attraktive Arbeitsplätze und sorgt mit massiven Investitionen für eine nachhaltige, zukunftsweisende Entwicklung.“ Er hoffe, dafür eine Mehrheit im Stadtrat zu finden.

Alles zum Thema Henriette Reker

Das vorgelegte Zukunftsmodell verbindet das medizinisch Sinnvolle mit dem wirtschaftlich Notwendigen.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sagte der Rundschau: „Die Kliniken der Stadt Köln sind als Maximalversorger unverzichtbar. Das vorgelegte Zukunftsmodell verbindet das medizinisch Sinnvolle mit dem wirtschaftlich Notwendigen. Erstmals liegt ein Plan vor, der drei Dinge miteinander verbindet: exzellente medizinische Versorgung für die Patient*innen, Attraktivität der Kliniken der Stadt Köln für Pflegekräfte und eine tragfähige wirtschaftliche Perspektive für das Unternehmen. Voraussetzung dafür ist jetzt Mut zur Veränderung bei allen Beteiligten.“

Der Stadtrat soll am 16. Mai über den Plan der Geschäftsführung entscheiden. Falls er zustimmt, könnte die weitere Planung sofort beginnen, der Baubeginn würde für 2025 angestrebt. Ab 2028 würden dann die Abteilungen der Kliniken Holweide und Riehl sukzessive nach Merheim umziehen. Ein großer Vorteil des Ein-Standort-Konzepts sei, so die Geschäftsführung, dass es zu keinerlei Einschränkungen für die Patienten komme, da die alten Abteilungen erst umziehen, wenn die neuen Gebäude fertiggestellt sind. Eine Sanierung im laufenden Betrieb mit allen damit verbundenen Nachteilen werde vermieden.

Der Betriebsrat will sich nächste Woche mit den Plänen befassen. „Unsere wichtigsten Forderungen lauten: alle Arbeitsplätze sichern, keine betriebsbedingten Kündigungen, keine Privatisierung“, sagte Betriebsratschefin Heike Wolf der Rundschau.

Verdi-Bezirksgeschäftsführer Daniel Kolle erklärte, mit Gutachtern und Beratern hätten die Kliniken viel Geld und mögliche Lösungen verbrannt, jetzt stünden sie mit dem Rücken zur Wand. Die Gewerkschaft fordere „den Erhalt der Kliniken der Stadt Köln, den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und Ausgründungen, die Tarifbindung an den TVöD und die klare Absage an Privatisierungsideen“. Entlastung und Aufwertung der Pflege und die Ausstattung müssten eine zentrale Rolle spielen, so Kolle. „Dann kann man zumindest offen diskutieren, was am Ende die beste Lösung ist. Nur Zentralisierung wird kein Schlüssel zum Erfolg sein.“


Reaktionen aus dem Kölner Stadtrat

Christiane Martin (Grüne): „Das wirtschaftliche und bauliche Fundament unserer städtischen Kliniken ist so marode, dass wir jetzt handeln müssen. Wir begrüßen es, dass sehr zeitnah ein Sanierungsplan vorgelegt wurde, mit dem nicht nur das Defizit der Kliniken auf ein verträgliches Maß reduziert werden kann, sondern der auch die Chance birgt, die klinische Versorgung in Köln grundlegend zu modernisieren. Wenn sich bestätigt, dass es sich um die medizinisch und ökonomisch sinnvollste Lösung handelt, werden wir unsere Zustimmung geben.“

Bernd Petelkau (CDU): „Wir präferieren weiterhin eine Kooperation mit der Uniklinik und würden dabei gerne zwei oder alle drei Klinikstand-orte erhalten. Ein Kölner Klinikverbund hätte ein Riesenpotenzial für die Stadt und für das Land. Es ist aber gut, dass die Geschäftsführung einen Plan B entwickelt hat, wie die Existenz des Unternehmens gesichert werden kann.“

Jennifer Glashagen (Volt): „Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Grundstücke der Kliniken in Riehl und in Holweide nicht auf den freien Markt gelangen, sondern weiterhin dem Gesundheitsstandort Köln dienen: Ob unmittelbar als medizinische Versorgungszentren, durch Kinderarztpraxen in der Amsterdamer Straße oder ein Facharztzentrum oder Pflegeheim in Holweide, oder mittelbar durch die Schaffung von günstigem Wohnraum für Kölner Pflegepersonal.“

Christian Joisten (SPD): „Wir werden (...) die Informationen zunächst intensiv auswerten und dann entscheiden, was der beste Weg für Köln ist. Für die SPD-Fraktion steht fest, dass die beste Gesundheitsversorgung und Spitzenmedizin für alle Kölnerinnen und Kölner sichergestellt werden muss. Gesundheit ist keine Ware. Dabei gilt es neben den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten vor allem auch die Situation des Personals zu beachten.“

Uschi Röhrig (Linke): „Im Stadtbezirk Mülheim muss auch in Zukunft die kommunale Gesundheitsvorsorge gewährleistet sein. Ebenso muss die stationäre Versorgung von Kindern in den städtischen Kliniken garantiert bleiben.“

Ralph Sterck (FDP): „Schlimm, dass es so weit gekommen ist. Es ist gut, dass es nun einen Vorschlag gibt, wie sich die Kliniken aus der finanziellen Misere befreien wollen. Die Kinderklinik in Riehl aufzugeben, ist ein hochemotionales Thema. Aber eine neu gebaute Kinderklinik in Merheim wäre einzigartig in der Republik.“

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