Gesundheitspolitik:Kreisklinik bangt um ihre Zukunft

Gesundheitspolitik: Wird die Kreisklinik selbst zum Notfall? Wie sich eine mögliche Krankenhausreform auf das Klinikum Fürstenfeldbruck auswirken würde, ist derzeit noch unklar. Die Befürchtungen sind jedoch groß.

Wird die Kreisklinik selbst zum Notfall? Wie sich eine mögliche Krankenhausreform auf das Klinikum Fürstenfeldbruck auswirken würde, ist derzeit noch unklar. Die Befürchtungen sind jedoch groß.

(Foto: Leonhard Simon)

Wird das Klinikum in Fürstenfeldbruck ein Opfer der geplanten Krankenhausreform? Die CSU befürchtet das, auch der Klinikchef macht sich Sorgen.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Was wird aus der Kreisklinik in Fürstenfeldbruck? Geht sie in der geplanten Strukturreform für die Krankenhäuser unter? Die Kommunalpolitiker der CSU befürchten das. Die Reform werde "das Leistungsangebot im Landkreis Fürstenfeldbruck wesentlich einschränken", schreibt die Kreistagsfraktion. Die gewohnte wohnortnahe Versorgung werde dann nicht mehr gewährleistet sein. Auch die Klinik bestätigt, dass sie nur noch eine Basisbehandlung im Bereich Innere Medizin und Chirurgie sowie die Notaufnahme mit Basisbehandlung Notfallmedizin anbieten könnte, sollte sie künftig in das unterste "Level In" eingeteilt werden. "Das bisher bekannte Gesundheitssystem in Deutschland würde es weder für die ambulante noch für die stationäre Versorgung weiterhin so geben, wie wir es kennen", sagt Klinikvorstand Alfons Groitl über die Reformideen der Bundesregierung.

Dann würden alle spezialisierten Angebote wegfallen wie Kardiologie mit Herzkatheter, Stroke-Unit, orthopädische Operationen, neurochirurgische Eingriffe, Gefäßchirurgie, Schmerztherapie, komplexere Eingriffe wie Tumor-OPs in der Allgemeinchirurgie und Gynäkologie. "Das Krankenhausstrukturgesetz zerstört bewährte Strukturen vor Ort", schreiben deshalb CSU-Fraktionsvorsitzender Emanuel Staffler und seine Fraktionskollegin Gabriele Off-Nesselhauf, Referentin für Soziales, ambulante Dienste und Gesundheit, in einem Antrag an den Kreistag, der sich dafür einsetzen soll, dass es nicht so weit kommt.

Bisher werden die Leistungen der Kliniken nach diagnosebezogenen Fallpauschalen abgerechnet. Dieses System steht immer wieder in der Kritik, weil damit aufwendige und teure Eingriffe für eine Klinik lukrativer werden. Schon lange gibt es Forderungen, diese Art der Vergütung abzuschaffen. Nach den neuesten Vorschlägen einer Regierungskommission sollen die Kliniken künftig unter anderem nach Versorgungslevels vergütet werden. Alle Krankenhäuser in Deutschland würden demnach einem bestimmten Level zugeordnet: vom Grund- bis zum Maximalversorger.

Die Auswirkungen für das Klinikum Fürstenfeldbruck hängen davon ab, in welches der insgesamt fünf Level es eingeteilt wird. Nur wenn die Klinik künftig in Level II eingereiht dürfte, "bliebe das aktuelle Leistungsangebot bestehen", sagt Groitl. Das Erreichen dieses Levels sei aber nur möglich, wenn die nächste Level-III-Klinik weiter als 30 Kilometer entfernt sei.

Schlaganfallpatienten müssten dann möglicherweise in der Rettungswagenschlange warten

Unter jene Kliniken eingereiht zu werden, die lediglich der Grundversorgung dienen, ist aber offenbar durchaus realistisch. Was das bedeuten würde, veranschaulicht Groitl am Beispiel der Schlaganfallversorgung: Je mehr Zeit verstreicht, bis ein Patient bei einem Schlaganfall versorgt wird, desto mehr Gehirnzellen sterben ab. Im Fall des Levels I würde die Stroke-Unit - so heißt die Schlaganfall-Spezialstation -, die kürzlich erneut zertifiziert wurde, nicht mehr zum Angebot der Fürstenfeldbrucker Kreisklinik gehören. Mit der Folge, dass die Patienten dann "wohl in Richtung München, eventuell Großhadern, gefahren werden müssten", sagt Groitl: "Dort würde man dann in der Rettungswagenschlage stehen und darauf warten, ausgeladen zu werden." Eine schnelle Diagnostik und ein schneller Therapiebeginn wären dann nicht mehr möglich.

Die "Reformkommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" indes sieht in ihren Vorschlägen "weniger Ökonomie, mehr Medizin". Das klingt zunächst gut, doch der Entwurf sieht sich mittlerweile von allen Seiten heftiger Kritik ausgesetzt. Befürchtet wird, dass die Hälfte der Kliniken in Deutschland zu einer Art Gesundheitszentrum herabgestuft würde und kaum mehr Krankenhausleistungen anbieten könnte. In Bayern droht dann jedem achten Krankenhaus die Schließung.

Gerade für ländliche Gebiete sei eine wohnortnahe klinische Versorgung aber unabdingbar, warnen die Kreisräte der CSU. Auch Thomas Eichinger, CSU-Landrat von Landsberg am Lech, merkte kürzlich bei einer Tagung in Fürstenfeldbruck an, dass "der Fahrtweg nach München auch von Fürstenfeldbruck aus schon weit ist, aber erst recht von Landsberg oder Garmisch aus". Doch eine Konzentration der Klinikangebote ist in der geplanten Strukturreform durchaus gewollt. Das Klinikum Fürstenfeldbruck ist ein Akutkrankenhaus der Grund- und Regelversorgung und verfügt über etwa 380 Betten. Im vergangenen Jahr versorgte es etwas mehr als 18 000 Patientinnen und Patienten.

Die CSU möchte, dass sich der Kreistag gegen die Reform ausspricht

Die CSU-Fraktion beantragt nun, dass sich der Kreistag klar gegen die geplante Klinikreform aussprechen und alle bundespolitisch zuständigen Entscheider auffordern möge, die vorgelegten Vorschläge zu überdenken. Die CSU sieht auch in den geplanten Vorhaltekosten, die künftig - ähnlich wie bei Feuerwehren - auch für die Kliniken gelten sollen, eine versteckte Umgestaltung des Krankenhauswesens. Auch würde das Fallpauschalensystem durch die Reform gar nicht abgeschafft werden, sondern es blieben etwa 1300 verschiedene Fallpauschalen bestehen, sagt die CSU.

Einig sind die Fachleute, dass die Krankenhäuser auch finanziell zukunftsfähig gemacht werden müssen. Die Kliniken seien "für viele Kommunen seit Jahren Sorgenkinder", weiß Fürstenfeldbrucks Landrat Thomas Karmasin (CSU), der auch Vorsitzender des Verwaltungsrats der Kreisklinik ist und sich zuletzt auch in seiner Funktion als Präsident des Bayerischen Landkreistags für die Krankenhäuser starkmachte. Hauptgrund für die Probleme ist Karmasin zufolge "eine mangelnde auskömmliche Finanzierung unserer Betriebskosten", für die eigentlich der Bund zuständig sei. Viele Landkreise seien deshalb gezwungen, Defizite ihrer Krankenhäuser "mit kommunalen Mitteln auszugleichen".

Auch der Landkreis Fürstenfeldbruck tut das für sein Kommunalunternehmen: Er stellt der Klinik für das Jahr 2023 ein von ihr beantragtes Darlehen von einer Million Euro zur Verfügung. Seit 2020 erhält die Klinik zudem eine jährliche Sonderzuwendung in Höhe von etwa 2,4 Millionen Euro, um die Großraumzulage an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik und der Klinik-Tochter Klinikservice GmbH (FKS) auszahlen zu können. Der Jahresabschluss 2022 der Kreisklinik liegt zwar noch nicht vor, dort geht man aber von einem nahezu ausgeglichenen Ergebnis aus.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft verlangt einen Umbau mit Augenmaß

Die Deutschen Krankenhausgesellschaft als Dachverband der Krankenhausträger verlangt, den Umbau im Gesundheitswesen mit Augenmaß und mit dem Blick auf den regionalen Bedarf der Bevölkerung durchzuführen und so zu gestalten, dass dies "bei den Bürgerinnen und Bürgern kein Ängste hervorruft", heißt es in einer Pressemitteilung. Fürstenfeldbrucks Klinikvorstand Alfons Groitl indes "kann keinen Grund für eine Änderung der Krankenhausversorgung erkennen". Schon in den vergangenen Jahren seien mehr als 200 Krankenhäuser deutschlandweit geschlossen und auch die Bettenzahl in den Kliniken abgebaut worden und der Anteil der Krankenhauskosten an den Leistungsausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung habe im vergangenen Jahrzehnt sogar abgenommen. Auch die Corona-Pandemie hätten die Kliniken "gut gemeistert" und zusätzlich die stationäre Versorgung, zumindest von Notfallpatienten, aufrechterhalten.

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