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Kassenärztechef Gassen »Deutlich zu viele Krankenhäuser«

Während die Länder sich an den Plänen seiner Krankenhausreform stoßen, bekommt Gesundheitsminister Karl Lauterbach Unterstützung von KBV-Chef Gassen. Die Grünen sind ebenfalls irritiert von einer Aktion der Länder.
Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung

Foto: Jens Schicke / IMAGO

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant eine große Krankenhausreform  – und bekommt von den Ländern gerade Gegenwind. Der Chef der Kassenärzte, Andreas Gassen, ist dagegen ausnahmsweise auf Lauterbachs Seite. »Im Zuge der Krankenhausreform werden wir selbstverständlich Krankenhäuser abbauen oder umwandeln müssen. Wer etwas anderes sagt, verschließt die Augen vor der Wirklichkeit«, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) der »Neuen Osnabrücker Zeitung« (NOZ/Dienstag).

»Wir haben historisch deutlich zu viele Krankenhäuser mit in der Regel deutlich zu wenig Personal. Es wäre daher nur logisch, wenn wir das Personal, das wir haben, an den Kliniken bündeln, die wir ohne Frage brauchen.«

Ein Bettenabbau sei möglich, wenn das Potenzial einer Stärkung ambulanter Behandlungen genutzt werde, sagte Gassen. Von rund 20 Millionen Krankenhausfällen könnten fünf Millionen unmittelbar ambulant behandelt werden. »In Deutschland werden Operationen im Krankenhaus vorgenommen, die im Rest der Welt seit Jahren ambulant gemacht werden.« Die Leistungen könnten künftig in Praxen, in Versorgungszentren oder auch in Krankenhäusern, in denen Klinikärzte und Niedergelassene zusammenarbeiten, erbracht werden.

Lauterbach müsse im Zuge seiner Reform dann aber auch für gleiche Standards und Vergütungen sorgen, forderte Gassen. »Wenn niedergelassene Fachärzte zum Skalpell greifen, müssen sie bei ambulanten Eingriffen genauso vergütet werden wie die Krankenhauskollegen, wie es außerhalb Deutschlands gang und gäbe ist«, betonte er. Die KBV ist nach eigenen Angaben die politische Interessenvertretung von rund 185.000 in Praxen ambulant tätigen Ärzten und Psychotherapeuten.

Lauterbach will die Eckpunkte für das Gesetz bis zur Sommerpause vorlegen. Die Pläne der Ampelkoalition zielen darauf ab, das gewachsene Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren – von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Unikliniken. In Deutschland gibt es aktuell rund 1900 Krankenhäuser mit mehr als 480.000 Betten.

Grüne irritiert über Ländervorstoß

Bei den Bundesländern sind diese Pläne strittig . So hatten Bayern, NRW und Schleswig-Holstein angekündigt, überprüfen zu lassen, ob Lauterbachs Reformpläne im Einklang mit der Verfassung stehen oder zu weit in Länderkompetenzen eingreifen.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Armin Grau sagte dem SPIEGEL, ihn irritiere das Verhalten der drei unionsgeführten Bundesländer. Bislang gebe es lediglich einen Vorschlag der Krankenhauskommission mit wesentlichen Eckpunkten einer Reform, aber noch kein konkretes Ergebnis der Bund-Länder-Beratungen. »Warum wird schon jetzt ein Gutachten zur Prüfung von Verfassungskonformität initiiert und was soll Grundlage dieser Prüfung sein?«

Darüber hinaus betont Grau, Bund und Länder arbeiteten gemeinsam an dem so dringend notwendigen Gesetz. »Nur durch eine solche Reform, die so viele Jahre nicht angepackt wurde, können wir eine kalte Strukturbereinigung und ein unkontrolliertes Sterben von Krankenhausstandorten verhindern.«

mfh/dpa