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Um Zeitarbeit in der Pflege streiten Kliniken und Leasing-Firmen.

© Gestaltung: Tagesspiegel | Adobe Stock, imago images

Personal-Leasing in Krankenhäusern: Was für Leiharbeit in der Pflege spricht – und was dagegen

Viele Pflegekräfte wechseln zu Leih- und Zeitarbeitsfirmen. Klinik-Pflegedirektorin Hanuschke würde Leasing am liebsten verbieten, Personalvermittler Ziegler hält dagegen.

Sie suchten sich nur die guten Schichten, so ein Vorwurf, belasteten durch Extra-Entgelte die ohnehin klammen Kliniken – weshalb Krankenhausleiter das Pflegekräfte-Leasing verbieten, mindestens einschränken lassen wollen. Flexible Pflege-Profis, die zügig Lücken der Dienstpläne füllten und so höhere Löhne verdienten – so wehren sich Vertreter der Zeit- und Leiharbeitsfirmen.

Zum Streit um das Pflege-Leasing fragte der Tagesspiegel eine Pflegedirektorin und einen Zeitarbeitsvermittler: Ilona Hanuschke von der Caritas-Klinik Maria Heimsuchung, einem 250-Betten-Haus in Berlin-Pankow, und Cai-Nicolas Ziegler, Chef von Doctari. Die Zeitarbeitsfirma vermittelt bundesweit 60.000 Pflegekräfte und Ärzte.

Gefährdet die Fluktuation am Krankenbett die Patientenversorgung?

„Das Abwandern zu Leasing-Firmen verschärft den Pflegenotstand“, sagt Hanuschke. „Und wer will schon, dass seine frisch operierte Mutter von einer schlecht eingearbeiteten Pflegekraft versorgt wird, die noch nicht alle örtlichen Abläufe und wichtigen Telefonnummern kennt?“

Ilona Hanuschke, Pflegedirektorin der Caritas-Klinik Maria Heimsuchung.
Ilona Hanuschke, Pflegedirektorin der Caritas-Klinik Maria Heimsuchung.

© Maria Heimsuchung/ promo

Krankenhausleiter berichten, dass zugebuchte Leasingkräfte oft nur Wochen zuvor noch direkt in der Klinik angestellt waren, in die sie sich nun zu besseren Konditionen von einer Zeitarbeitsfirma vermitteln lassen. Der Bedarf sei so groß, heißt es, dass die Häuser die Pflegekräfte zu fast allen Preisen buchten.

„Zeitarbeit setzt dort an, wo eine Lücke im Dienstplan ist“, kontert Ziegler. „Unsere Fachkräfte unterstützen das Stammpersonal, stellen also gemeinsam mit der örtlichen Belegschaft die Versorgung sicher.“

Im Januar schrieb der Charité-Vorstand, den Kliniken würden „zunehmend Stammkräfte“ entzogen, indem Verleihbetriebe übertarifliche Entgelte und Wunsch-Schichten anböten. Berlins ebenfalls landeseigene Vivantes-Krankenhäuser teilten mit, man zahle Millionenbeträge im Jahr, die als Vermittlungsgebühr an Leih- und Zeitarbeitsfirmen flössen: Die Krankenkassen erstatteten dieses Geld nicht, denn die Versicherungen bezahlen für das Klinikpersonal die üblichen Tariflöhne.

Höhere Löhne für Leasing-Kräfte, dazu Geld an die Vermittler – zu viel?

„Die Leasingfirmen verdienen viel, beteiligen sich aber nicht an der aufwendigen Ausbildung und Nachwuchsgewinnung in der Pflege“, sagt Pflegedirektorin Hanuschke.

Doctari-Geschäftsführer Ziegler hält dagegen: „Die Vermittlungsfirmen und deren Pflegekräfte sind unter enormem Zeitdruck hinsichtlich Einsatzort und Einarbeitung flexibel, das muss auch anders vergütet werden.“

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz schreibt vor, dass in Verleihfirmen keine schlechteren Bedingungen als in den Einsatzbetrieben gelten dürfen. Zuletzt regte die Charité an, das Gesetz so zu ergänzen, dass auch keine besseren Konditionen geboten werden dürfen, als sie sonst am Einsatzort gelten.

Sollen Leasing-Firmen verpflichtet werden, Bedingungen wie im Stammhaus anzubieten?

Das Leasing-Geschäft müsse mindestens streng reguliert werden, sagt Hanuschke: „Die Firmen sollten zudem zur Einhaltung von Qualitätsstandards, internen Weiterbildungen und Ausfallkonzepten verpflichtet werden. Derzeit sagen die Firmen oft kurzfristig ab, dann stehen wir da.“

Cai-Nicolas Ziegler, Chef der Zeitarbeitsfirma Doctari.
Cai-Nicolas Ziegler, Chef der Zeitarbeitsfirma Doctari.

© Doctari Promo

Um den Streit zu entschärfen, reagieren die Personalvermittler: „Der Zeitraum, in dem Personal durchgehend verliehen werden darf, könnte von derzeit erlaubten 18 Monaten verkürzt werden“, sagt Doctari-Chef Ziegler. „Wir plädieren auch für eine Frist, bevor Beschäftigte in ihrer ehemaligen Klinik als Leiharbeitskräfte eingesetzt werden dürfen.“ Allerdings sei Leasing die Ausnahme – der Bundesagentur für Arbeit zufolge seien zwei Prozent der Pflegekräfte in Zeitarbeit tätig.

Was ist, wenn Pflegekräfte die Branche verlassen, sollte Leasing verboten werden?

Angesichts sich verschärfender Personalnot sagt Hanuschke: „Um Pflegepersonal zu halten, müssen in den Kliniken und Heimen große, feste Teams existieren, die mit einem hauseigenen Springer-Pool für Engpässe ergänzt werden. Dass auch die Löhne steigen sollten, ist klar.“

10,5 Prozent mehr Gehalt fordern derzeit die Pflegekräfte der Kliniken, die unter den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes fallen, es gab Warnstreiks. Die entscheidende Verhandlung mit den Arbeitgebern wird noch im März erwartet.

„Wir wollen gerade verhindern, dass Pflegekräfte die Branche verlassen“, sagt Ziegler. „Zeitarbeit ist ein Weg, um Fachkräfte im Beruf zu halten. Eine umfassende Lösung dürfte jedoch eine Kombination vieler Maßnahmen sein: bessere Aus- und Weiterbildung, leichterer Quereinstieg, mehr Einsatz unterstützender, digitaler Technologien.“

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