Bundessozialgericht

Verhandlung B 6 KA 7/22 R

Vertragsarztrecht - vertragsärztliche Versorgung - psychiatrisches Krankenhaus - psychiatrische Institutsambulanz - Tagesklinik

Verhandlungstermin 23.03.2023 11:00 Uhr

Terminvorschau

Klinikum W AöR ./. Berufungsausschuss für Ärzte Baden‑Württemberg, 7 Beigeladene
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf eine Ermächtigung nach § 118 Absatz 1 SGB V zum Betrieb einer Psychiatrischen Institutsambulanz an einem Standort hat, an dem die von ihr betriebene psychiatrische Klinik lediglich eine Tagesklinik unterhält.

Die Klägerin ist Trägerin eines Klinikums für Psychiatrie mit Hauptstandort im Landkreis H. und mehreren weiteren Standorten. Sie betreibt unter anderem im R.-Kreis (circa 45 Kilometer vom "Mutterhaus" entfernt) seit November 2015 eine Tagesklinik auf dem Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie. Auf ihren Antrag ermächtigte der Zulassungsausschuss die Klägerin, wegen der Entfernung zum "Mutterhaus" gestützt auf § 118 Absatz 4 SGB V, am Standort der Tagesklinik für den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie eine versorgungsbedarfsabhängige Psychiatrische Institutsambulanz zu betreiben. Den Antrag der Klägerin, ihr - wie für den Hauptstandort - auch für die Tagesklinik eine Ermächtigung gemäß § 118 Absatz 1 SGB V zu erteilen, lehnte der Zulassungsausschuss dagegen ab. Widerspruch, Klage und Berufung der Klägerin sind erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Landessozialgericht ausgeführt, bei der Tagesklinik handele es sich nicht um ein selbstständiges Krankenhaus im Sinne der §§ 107 Absatz 1, 108 SGB V, sondern nur um eine unselbstständige Außenstelle der Klägerin. Insbesondere sei die Tagesklinik nicht durch die Bescheide des Regierungspräsidiums in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen worden, da sie dort lediglich als "Satellit" des Klinikums bezeichnet werde. Es sei eine räumliche Anbindung der Institutsambulanz an das "Mutterhaus" erforderlich, anderenfalls komme nur § 118 Absatz 4 SGB V als Ermächtigungsgrundlage für organisatorisch und räumlich nicht an ein psychiatrisches Krankenhaus angebundene Psychiatrische Institutsambulanz in Betracht.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision und macht eine Verletzung der § 107 Absatz 1, § 108 Nummer 2 und § 118 Absatz 1 SGB V geltend. Das Urteil des Landessozialgerichts verkenne den Begriff des psychiatrischen Krankenhauses in § 118 Absatz 1 SGB V, wenn es meine, die Tagesklinik sei kein zugelassenes Krankenhaus in diesem Sinne und auch kein Teil eines solchen zugelassenen Krankenhauses.

Verfahrensgang:
Sozialgericht Stuttgart - S 5 KA 7224/16, 24.10.2018
Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 KA 4205/18, 23.11.2021

Sämtliche Vorschauen zu den Verhandlungsterminen des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in der Terminvorschau 11/23.

Terminbericht

Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin die beantragte Ermächtigung nach § 118 Absatz 1 SGB V zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung für den Standort der Tagesklinik im R.-Kreis zu erteilen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten handelt es sich bei der Tagesklinik um den Standort eines Krankenhauses im Sinne des § 107 Absatz 1 SGB V, das in den Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg aufgenommen worden und damit zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassen ist. Wie sich aus den Feststellungen des Landessozialgerichts ergibt und auch von keinem Beteiligten in Frage gestellt wird, steht das Krankenhaus fachlich-medizinisch unter ständiger ärztlicher Leitung. Der Einordnung der Tagesklinik als Krankenhaus steht nicht entgegen, dass die Tagesklinik - nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Landessozialgerichts - nicht als vollkommen unabhängige, eigenständige Einrichtung, sondern als Teil eines größeren, über mehrere Standorte verfügenden Krankenhauses - als sogenannter “Satellit“ - in den Krankenhausplan aufgenommen worden ist. Bei dem Begriff “Satellit“ handelt sich schon nicht um einen Rechtsbegriff. Es unterliegt auch keinem Zweifel, dass ein Krankenhaus über mehrere Standorte verfügen kann. Ein solches Krankenhaus kann - entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts - die Anforderungen des § 107 Absatz 1 SGB V nicht nur an seinem Hauptstandort, sondern auch an einem Nebenstandort erfüllen. Die Aufnahme in den Krankenhausplan entfaltet im Rahmen des § 118 Absatz 1 SGB V gegenüber den Zulassungsgremien Tatbestandswirkung nicht nur bezogen auf den Status als Krankenhaus, sondern grundsätzlich auch bezogen auf die im Krankenhausplan erfassten Standorte. Auch aus den Regelungen des § 118 SGB V selbst ergibt sich nicht, dass eine unselbstständige Tagesklinik kein ermächtigungsfähiges psychiatrisches Krankenhaus im Sinne des Absatz 1 sein kann.

Die Berichte zu dem Verhandlungstermin des Senats an diesem Sitzungstag finden Sie auch in dem Terminbericht 11/23.

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Wir verwenden ausschließlich Sitzungs-Cookies, die für die einwandfreie Funktion unserer Webseite erforderlich sind. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese Cookies einsetzen. Unsere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den Link Datenschutz.

OK