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Reformpläne der Bundesregierung: Krankenhaus Agatharied fürchtet um Existenz

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Schonfrist läuft ab: Dank langfristiger Lieferverträge hat das Krankenhaus Agatharied Teuerungen beim Patientenessen bislang vermieden. Das dürfte sich bald ändern. Dann braucht die Klinik mehr Geld.
Wichtige Anlaufstelle bei medizinischen Problemen: das Krankenhaus Agatharied. © Archiv TP

Vor „drastischen Folgen“ der geplanten Krankenhausreform für die medizinische Versorgung auf dem Land warnt das Kreisklinikum Agatharied. Die Pläne müssten dringend überarbeitet werden.

Landkreis – Wie ein Pflegeheim mit ambulanter Basisnotfallversorgung, noch unterhalb des Niveaus der 1998 im Landkreis geschlossenen vier Einzelkrankenhäuser: Mit drastischen Worten schildern die Verantwortlichen des Kreisklinikums Agatharied die ihrer Meinung nach drohenden Konsequenzen der von der Ampel-Koalition geplanten Krankenhausreform. Sollte das Agatharieder Klinikum in die zweitniedrigste von fünf Stufen, „Level I n“ (integrierte ambulant/stationäre Versorgung mit Notfallversorgung), eingeordnet werden – was angesichts der nach wie vor fehlenden konkreten Informationen aktuell „zumindest nicht ausgeschlossen“ sei –, dürfte dies den Fortbestand der derzeit sehr guten medizinischen Versorgung im Landkreis Miesbach ernsthaft gefährden. „Ein solches Haus wäre nach unserer Einschätzung nicht existenzfähig.“

„Für den Erhalt einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung unserer Bevölkerung vor Ort“ lautet der Titel der öffentlichen Stellungnahme des Verwaltungsrates, des Vorstandes sowie der gesamten Leitung des Klinik-Kommunalunternehmens. Die beiden DIN A4-Seiten haben die Gremien auch an die für den Wahlkreis zuständigen Bundestagsabgeordneten Alexander Radwan (CSU), Karl Bär (Grüne) und Andrew Ullmann (FDP) geschickt. Mit der dringlichen Bitte, „Ihren Einfluss in dieser Sache geltend zu machen“. Dass es dringenden Reformbedarf im Gesundheitswesen gebe, erkenne man an, so die Verantwortlichen des Kreiskrankenhauses. Die Pläne der Bundesregierung seien in ihrer jetzigen Fassung jedoch „realitätsfern“, weil sie die spezifischen Versorgungsbedarfe der jeweiligen Regionen nicht berücksichtigen würden. Es brauche eine zeitnahe Abänderung der Vorschlage, um keinen Zusammenbruch der Versorgung zu riskieren.

Krankenhaus fürchtet schlechte Einstufung

Dass das Krankenhaus Agatharied eine Einstufung in Level I n – die zweitniedrigste von fünf Ebenen – fürchten müsse, stehe im Widerspruch der hohen Qualität der medizinischen Leistungserbringung. Seit der Inbetriebnahme vor gut 25 Jahren hätten sich die Fallzahlen verdoppelt. Rund 20 000 stationäre und 30 000 ambulante Patienten betreue man jedes Jahr, ein aktuelles Gutachten bescheinige dem Kreisklinikum „eine zu 100 Prozent bedarfsgerechte Versorgung und einen dauerhaften Bedarf von rund 360 Planbetten bis 2029. Dass man trotz dieser guten Auslastung nicht kostendeckend arbeiten könne, sei den seit Jahren zu knappen Mitteln der Betriebskostenfinanzierung geschuldet.

Elf Kritikpunkte an den Reformplänen zählen die Verantwortlichen in ihrer Stellungnahme auf. Sie sprechen von einem inakzeptablen Abbau von erforderlichen Strukturen in einer Zeit steigender Bedarfe durch eine alternde Gesellschaft, dem drohenden Verlust der wohnortnahen (Notfall)versorgung auf dem Land, einem Wegfall der Geburtshilfe, die bereits jetzt Teile der Nachbarlandkreis mit abdecke, einer weiteren Verknappung der finanziellen Mittel im Personalbereich, einem dramatisch zunehmenden Fachkräftemangel durch die Schließung von Berufsfachschulen für Pflege unter der Trägerschaft der Kliniken, weniger Weiterbildungsmöglichkeiten für junge Ärzte, einer weiter steigenden Komplexität und bereits jetzt „unerträglichen Bürokratie“ sowie eine mangelnde Einbindung von Ländern, Kommunen, Verbänden, Gewerkschaften sowie Rettungsdiensten, Hausärzten und Pflegeheimen bei der Erarbeitung der Reformpläne.

Neuer Vorschlag Ende April

Mehr noch: Da in keinem Punkt der Vorschläge die „akut bestehende, dramatische Unterfinanzierung der Kliniken“ adressiert werde, würden zahlreiche Krankenhäuser gar nicht bis zur Verabschiedung des Gesetzes überleben können. „Hier werden falsche Prioritäten gesetzt“, sind die Vertreter des Kreiskrankenhauses Agatharied überzeugt.

Sie schlagen eine quasi eine medizinische Vorgehensweise vor: Zunächst müsse erste Hilfe geleistet werden, dann erst dürfe die tief greifende Operation erfolgen. Die müsse „mit der notwendigen Besonnenheit geplant und nicht wie bislang mit der heißen Nadel gestrickt werden.“

Ob der Hilferuf aus Agatharied gefruchtet hat, wird sich voraussichtlich Ende April zeigen. Da will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach einen neuen Reformvorschlag vorlegen.

sg

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