Norden - Nachdem der Förderverein des Norder Krankenhauses die Trägergesellschaft der Ubbo-Emmius-Kliniken Anfang des Monats über das drohende Aus der versprochenen Grundversorgung kritisiert hatte, gehen die Vorwürfe nun weiter. Insgesamt 14 Haus- und Kinderärzte aus den Gemeinden Großheide, Hage und der Stadt Norden sehen in einem aktuellen Brandbrief den Standort effektiv bereits vor dem Aus – und das Jahre vor Fertigstellung der Zentralklinik. „Wir nehmen zur Kenntnis, dass das Krankenhaus Norden seit Jahren in kleinen Abschnitten heruntergefahren wird“, so die Ärzte in dem Schreiben. „Diese Kürzungen sind uns nie offiziell mitgeteilt worden. Wir haben davon manchmal von betroffenen Patienten, manchmal aus der Presse und immer mit deutlicher Zeitverzögerung Kenntnis bekommen.“ So wurden die Innere Abteilung und das Labor drastisch heruntergefahren, statt zwei chirurgischer Stationen gebe es nur noch eine halbe. „Aktuell ist die Gastroenterologie im Krankenhaus Norden nicht mehr funktionsfähig. Eine entsprechende Stelle für einen Leitenden Arzt ist nicht ausgeschrieben. Wir befürchten deshalb, dass die Grundversorgung im Krankenhaus Norden in den nächsten Wochen geschlossen wird, so dass sich in Norden dann nur noch eine Fachklinik für Psychiatrie befindet“, heißt es weiter.
Politik soll vor Landtagswahlen Klartext reden
Der Brandbrief an die UEK-Trägergesellschaft ist von 14 Haus- und Kinderärzten aus Hage, Großheide und Norden gemeinsam unterzeichnet wurden. Mit dabei sind Waldemar Bill (Norden), Georg Karl van Hove (Norden), Birgit Konieczka (Hage), Ebba Limmer (Hage), Dr. med. Christian Lönne (Großheide), Dr. med. Wilfried Lüdeking (Norden), Dr. med. Steffen Petermann (Hage), Dr. med. Oliver Reisdorf (Norden), Dipl.-Med. Michael Schmidt-Kluschke (Großheide), Dr. med. Axel Schönian (Hage), Dr. med. Annika Scholle (Norden), Yasemin Steinmeyer (Hage), Dr. med. Axel Ungerland (Hage) und Eva Wortberg (Hage).
Nach Ansicht der Mediziner sind damit im Vorfeld der Zentralklinik-Planungen gemachte Zusagen eindeutig gebrochen worden. „Aus unserer Sicht muss eine solide internistische und chirurgische Grundversorgung in Norden als absolutes Minimum dazugehören.“ Die verantwortliche Trägergesellschaft, „die vom Landkreis Aurich und der Stadt Emden gegründet wurde, von dort finanziert und kontrolliert wird“, lasse eine offene Kommunikation des politisch offenbar gewollten Rückbaus vermissen. „Wir möchten Klarheit haben, unter welchen Bedingungen wir unsere Patientinnen und Patienten in den nächsten Monaten und Jahren versorgen müssen“, heißt es weiter – und politische Verantwortliche wie Landrat Olaf Meinen sowie die Fraktionen der SPD und CDU müssten jetzt Stellung nehmen, was in Zukunft im Norder Krankenhaus passiert. „Wir erwarten diese Stellungnahmen noch vor den Landtagswahlen“, fordern die Ärzte.
Fachkräftemangel in „kleinen Häusern wie Norden“
Auf Anfrage unserer Zeitung hat die Trägergesellschaft der Ubbo-Emmius-Kliniken Stellung bezogen – und widerspricht den Vorwürfen entschieden. „Es gibt keine Pläne, den Standort Norden zu schließen oder Stationen von Norden nach Aurich zu verlagern. Es gibt keine aktiven Handlungen des Klinikmanagements, die eine solche Aussage rechtfertigen“, heißt es in einer Mitteilung. Es werde im Gegenteil alles getan, um freie Stellen zu besetzen, was angesichts des Fachkräftemangels im Gesundheitsbereich jedoch schwierig sei, vor allem „in Häusern mit kleinen Abteilungen wie in Norden“. Auch sei die Aussage einer dysfunktionalen Gastroenterologie im Haus nicht richtig, denn Chefarzt Dirk Raytarowksi (der zuletzt nach Aurich abgezogen wurde, Anmerkung der Redaktion) sei mehrmals pro Woche in Norden. „Er sichert am Standort Aurich die Weiterbildung der Assistenzärzte der UEK und das zertifizierte Darmzentrum für die Bevölkerung im Landkreis Aurich.“ Für den Erhalt der Fort- und Weiterbildung werde derzeit an einem häuserübergreifenden Konzept gearbeitet.
Bedauern über mangelnde Kommunikation
„Zielstellung bleibt es, die internistische und chirurgische Grundversorgung in Norden zu erhalten und weitere Perspektiven für den Standort bis zur Inbetriebnahme der Zentralklinik zu entwickeln. Das Medizin- und Konsolidierungskonzept macht dafür verschiedene Vorschläge, die jetzt – so das Votum des Aufsichtsrates in der vergangenen Woche – gemeinsam mit Mitarbeitern und Betriebsrat weiterentwickelt werden“, teilt die Trägergesellschaft weiter mit. Man bedaure zudem, dass die Ärzte sich erst an die Presse und nicht die Klinikleitung in Norden gewandt haben, um die genannten Befürchtungen zu besprechen.