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Gehört die Klinik Bad Belzig bald wieder dem Kreis?

© dpa / Marijan Murat

Lösung mit Potsdam gesucht: Mittelmark will mehr Anteile an Klinik Bad Belzig

Der Kreis will wieder mehr Rechte an seinem ehemaligen Krankenhaus. Aber wie soll das in Zeiten von schwierigen Haushaltslagen und geschwächten Kliniken aussehen?

Fast 30 Jahre arbeitet Beate Grünthal schon im Krankenhaus in Bad Belzig. Sie begann 1994, erst kürzlich ist sie für eine zweite Amtszeit als Vorsitzende des Betriebsrats gewählt worden. Grünthal ist mit der Klinik eng verbunden. Doch das gilt nicht nur für sie: „Viele sind schon lange hier, wie ich. Manche sind hier geboren.“ Ihr größter Wunsch vor der Rente: dass das Krankenhaus wieder dem Landkreis Potsdam-Mittelmark gehört.

Das wünschten sich auch die Kreistagsabgeordneten. Im Juni 2021 beschloss der Kreistag, den damaligen Landrat Wolfgang Blasig (SPD) zu beauftragen, „in konkrete Verhandlungen mit der Landeshauptstadt Potsdam zum Erwerb weiterer Anteile an der Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig gGmbH einzutreten“. Damit wollte der Landkreis wieder mehr Mitbestimmung über sein einstiges Kreiskrankenhaus bekommen.

Der mit großer Mehrheit gefasste Beschluss besteht bis heute, jetzt liegt er beim neuen Landrat Marko Köhler (SPD) auf dem Tisch. Der hat bereits kurz nach seiner Wahl im Februar 2022 deutlich gemacht, dass die Zukunft der Klinik Bad Belzig auch für ihn ein emotionales Thema ist.

Für Köhler, aber auch für viele Mittelmärker macht sich das an der Geburtsklinik fest. Sie wurde 2015 geschlossen, jetzt müssen Frauen aus dem Landkreis zur Geburt nach Potsdam oder Brandenburg/Havel fahren. Verantwortlich für die Schließung aus Sicht der Mittelmärker: Potsdam mit seinem kommunalen Gesundheitskonzern „Ernst von Bergmann“.

Die Bergmann-Gruppe hatte die Mehrheitsanteile der Klinik Bad Belzig von den Johannitern übernommen; zuvor hatte der Landkreis Potsdam-Mittelmark sein Kreiskrankenhaus 2007 privatisiert und an die Johanniter veräußert. Mittelmark hatte sich positive Effekte davon erhofft, doch diese blieben aus Sicht des Kreises aus. 2013 verkauften die Johanniter ihre Anteile an den Bergmann-Konzern, der der Landeshauptstadt Potsdam gehört. Seitdem gehört die Klinik Bad Belzig zu 74,9 Prozent der Bergmann-Gruppe. Der Kreis behielt 25,1 Prozent.

Kreis will mehr Mitspracherechte

Warum nun will der Kreis das Krankenhaus zurück? In der vom damaligen Landrat Blasig selbst eingereichten Beschlussvorlage heißt es unter anderem: Es gebe in der Kreispolitik immer wieder den Wunsch eines größeren Engagements. „Die Pandemie hat nun diesen Wunsch verstärkt und gleichzeitig gezeigt, dass auch der ländliche Raum auf ein Krankenhaus der Grundversorgung angewiesen ist.“

Wie ein Rückkauf der Klinik aussehen soll, blieb in dem Beschluss aus dem Sommer 2021 offen. Auch um die konkrete Finanzierung geht es dort nicht. Ohnehin scheinen die Verhandlungen nicht ganz einfach. Fragt man Landrat Marko Köhler (SPD) zum Stand, hält er sich bedeckt. „Es gibt laufend Gespräche“, sagt er kurz und knapp.

Bis wann soll es eine Entscheidung geben? „Es gibt keinen Zeitplan.“ Auf eine erneute PNN-Anfrage teilte Köhler mit, sein Hauptanliegen sei es, die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum zu sichern. Zu einer weiteren Gesprächsrunde zwischen Klinik, Landeshauptstadt und Kreis kam es im September nicht, auch weil der Landrat an Corona erkrankt war.

Marko Köhler (SPD), seit 1. April 2022  Landrat von Potsdam-Mittelmark.
Marko Köhler (SPD), seit 1. April 2022 Landrat von Potsdam-Mittelmark.

© Foto: Pnn/Andreas Klaer

Von der Landeshauptstadt heißt es auf PNN-Anfrage: „Herr Köhler hat darum gebeten, auf Basis des bisherigen Standes die Verhandlungen fortzuführen.“ Dem Wunsch komme die Stadt gerne nach. Zu den Inhalten laufender Verhandlungen äußere man sich nicht. Nach PNN-Recherchen ist bislang auch das Modell der Lausitz Klinik Forst für Bad Belzig im Gespräch. In Forst hält der Potsdamer Konzern 51 Prozent der Anteile, der Kreisstadt gehören 49 Prozent. Die Lausitz Klinik verfügt - anders als die Bad Belziger Klinik - über einen eigenen Aufsichtsrat, in dem auch Stadtverordnete aus Forst sitzen.

Nach Worten des Bergmann-Geschäftsführers Hans-Ulrich Schmidt sei es sein Anliegen, die guten Verbindungen in die Region zu erhalten. „Die Gesundheitsversorgung der Zukunft findet in den Regionen statt – in Zusammenarbeit all derer, die sich um Gesundheit und Krankheit kümmern. Ein solches Netzwerk unter anderem zwischen Häusern der Schwerpunkt- und Grundversorgung dient einer guten und abgestimmten Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung vor Ort“, so Schmidt.

EvB-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt
EvB-Geschäftsführer Hans-Ulrich Schmidt

© PNN/Andreas Klaer

Als ausgeschlossen gilt allerdings nach Ansicht von Expert:innen, dass Potsdam seine Mehrheit an der Klinik Bad Belzig aufgeben würde. Nicht nur, dass dies steuerliche Nachteile mit sich bringen würde - auch sei es dem Bergmann-Klinikum als Maximalversorger mit regulär mehr als 1000 Betten offensichtlich daran gelegen, entscheidend Einfluss auf die Geschäfte nehmen zu können.

Neuigkeiten im November? 

Das nächste Mall könnte im November über die Zukunft der Klinik Bad Belzig gesprochen werden. Dann sollen Kreisausschuss und Potsdamer Hauptausschuss gemeinsam tagen. Was auf der Tagesordnung steht, ist bislang unbekannt. Auch ein genaues Datum fehlt noch.

Unter den Fraktionen des mittelmärkischen Kreistags gibt es der Energiekrise und der Finanzierungskrise der Krankenhäuser zum Trotz bundesweit weiterhin große Zustimmung zu einem Rückkauf des Kreiskrankenhauses. „Wir halten ein Kreiskrankenhaus für wichtig und unterstützen den Gedanken, dieses verkaufte Klinikum langfristig für den Kreis zurückzukaufen“, so Grünen-Fraktionschefin Elke Seidel. Ein „Komplett-Kauf ad hoc“ werde sich finanziell nicht stemmen lassen. „Eine Minderheitsbeteiligung haben wir ja bereits. Eine Erweiterung des Anteils in Schritten wäre ein guter Weg“, so Seidel. 

SPD-Fraktionschef Dietmar Otto spricht sich für einen Rückkauf sowie die Wiedereröffnung der Geburtsklinik im Krankenhaus aus. „Es ist die Frage, wie man sich mit dem EvB verständigt.“ Mit Blick auf angespannte Haushaltslagen sei jedoch erst einmal auch eine Beteiligung von 51 Prozent möglich. Das Ziel sollten aber 100 Prozent sein, so Otto. Mehr Einfluss des Kreises sei wichtig.

Die Klinik „Ernst von Bergmann“ Bad Belzig.
Die Klinik „Ernst von Bergmann“ Bad Belzig.

© Henry Klix

„Unserer Meinung nach gehört es unbedingt zur öffentlichen Daseinsfürsorge, dass Krankenhäuser nicht privatisiert werden“, sagt die Fraktionschefin der Linken im Kreistag, Kathrin Menz. Anliegen der Linken-Fraktion sei nach wie vor ein wesentlich größeres Mitspracherecht des Kreises. Das beziehe sich unter anderem auf Personalausstattung und Bezahlung. Bei einer partnerschaftlichen, kooperativen Zusammenarbeit beider Häuser könne es viele Synergieeffekte geben.

„Brauchen mehr Mitspracherechte“

Peter Weis, stellvertretender Vorsitzender der Fraktion FDP/BiK (Bürgerinitiative Kleinmachnow)/BiT (Bürgerinitiative Teltow) sagte den PNN: „Die Fraktion unterstützte den Antrag im Kreistag, die Klinik zurückzukaufen. Die Konditionen müssen aber geklärt werden - und vor allem die finanzielle Frage.“ Weis sagte weiter: „Wir haben nicht nur dieses Projekt im Kreis zu stemmen.“ Der Ball liege nun bei Potsdam. Das Krankenhaus müsse im Verbund funktionieren. „Auf jeden Fall brauchen wir mehr Mitspracherechte.“

Roland Büchner, Fraktionsvorsitzender von BVB/Freie Wähler - FBB findet, es mache nur Sinn, wenn der Kreis mindestens 51 Prozent und damit wieder mehrheitlich an der Klinik beteiligt wäre. Ein Komplettkauf wäre derzeit nicht machbar, aber für die Beschäftigten sei die Mehrheitsbeteiligung wichtig. Die CDU-Fraktion im Kreistag wolle sich nicht zu dem Thema äußern, solange es nicht neue Informationen seitens des Landrats zu den laufenden Verhandlungen gebe, sagte Fraktionsvorsitzende Mirna Richel. Die AfD hatte sich auch mehrere Anfragen nicht geäußert.

Betriebsrat: Klinik braucht Menschen, die tagtäglich vor Ort sind

Fragt man Beate Grünthal, die Betriebsratschefin, sagt sie, für die Mitarbeiter:innen sei es wichtig, dass die Klinik von Menschen geführt wird, die auch tagtäglich vor Ort sind. „Sie müssen mit Herzblut dabei sein, es als ihre Klinik sehen. Wir können hier nicht Chirurgen und Chefärzte haben, die nur selten kommen.“ Natürlich würden sich alle freuen, wenn der Kreis das Krankenhaus wieder ganz übernehme, meint Grünthal. „Wenn wir dann noch Tarifbezahlung bekommen, das wäre sicher das Größte.“

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