Italiens Krankenhäuser: Not am Mann in den Notaufnahmen

In Italien ist zurzeit die Hälfte der Arztstellen in den Notaufnahmen nicht besetzt.
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Von Luca Palamara
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Die Notaufnahmen in den italienischen Krankenhäusern sind in der Krise. Hohe Arbeitsbelastung, niedrige Gehälter und schlechtes Management bringen viele Not-Ärzte dazu, in andere Abteilungen oder sogar ins Ausland zu gehen. Eine baldige Entspannung der Situation ist nicht in Sicht.

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Eine traurige Statistik in Italien: Im Durchschnitt kündigen jeden Tag sieben Ärzte ihre Krankhaus-Jobs. Die meisten von ihnen haben Stellen in der Not-Aufnahme. Schwierige Arbeitsbedingungen, schlechte Organisationen, lange Arbeitszeiten und miese Bezahlung - Dinge, die den jungen Medizinern die Freude an diesem Job verhageln - einem Job, der eigentlich attraktiv sein sollte für alle - in einer aufregenden und dynamischen Umgebung mit außerordentlichen Möglichkeiten, Neues zu lernen.

"In diesem, wie im letzten Jahr, sind etwa die Hälfte der Stellen in den Notaufnahmen unbesetzt geblieben“, sagte Pierino Di Silverio von der Ärztegewerkschaft ANAAO. „Aber auch diejenigen, die Stellen besetzen, entscheiden sich am Ende dann doch wieder zu gehen. Unter diesen Bedingungen werden die Notärzte bald eine Chimäre sein, eine Seltenheit."

Man sollte vergessen, was man in TV-Serien wie ER oder Grey's Anatomy sieht. Die Realität in den Notaufnahmen der Krankenhäuser in Italien steht in krassem Gegensatz zu dem, was man auf den Fernsehbildschirmen sieht. Junge Ärzte in der Notaufnahme scheinen ungeduldig darauf zu warten, woanders hinzugehen: in andere Krankenhausabteilungen, in andere Städte oder sogar ins Ausland, wo sie das Gefühl haben, dass sie den Respekt bekommen, den sie sich als Ärzte wünschen.

Weniger Stress, mehr Zufriedenheit

Wie die Kinderärztin Angela Mauro zum Beispiel. Nach 4 Jahren Arbeit in der Notaufnahme in Neapel, ging sie nach Mailand, und arbeitet jetzt in einer anderen Krankenhausabteilung.

"Seitdem ich die Notaufnahme verlassen habe, hat sich meine Lebens- und Arbeitsqualität völlig verändert, sowohl was den Stress als auch was die Zufriedenheit angeht“, berichtet die junge Ärztin. Jetzt kann ich meine Patienten wirklich untersuchen, und das bedeutet, sie auf die bestmögliche Weise zu behandeln und zu heilen: Das ist es, was Ärzte zufrieden macht."

Manche Patienten kommen wegen Lappalien

Ein weiteres, großes Problem ist das falsche Verständnis vieler Menschen, wofür es eigentlich die Notaufnahme gibt. Manche kommen wegen Lappalien oder eines leichten Fiebers. Es fehlt an einem System, das die Patienten im Vorfeld nach Dringlichkeit sortiert.

Dazu sagt die Kinderärztin Mauro: "Die Notaufnahme sollte sich mit tatsächlichen Notfällen, lebensbedrohlichen Fällen befassen, mit Patienten mit schweren Erkrankungen, die der Hausarzt nicht behandeln kann. Leider ist dies einer der Gründe für die Unzufriedenheit der Ärzte in der Notaufnahme".

Dazu kommen die schlechten Gehälter und die fehlende professionelle Wertschätzung. Aber auch die mangelnde Work-Life-Balance, die in der Pandemie noch schwieriger geworden ist.

"Ein Arzt ist auch nur ein Mensch, und heutzutage haben wir keine Zeit mehr für Väter, Mütter, Großeltern oder Freunde“, sagt Pierino Di Silverio von der Ärztegewerkschaft ANAAO. „Die Arbeitszeiten werden nicht mehr respektiert: Wir sollten 38 Stunden pro Woche arbeiten, aber laut unserer letzten Umfrage beträgt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit 65 Stunden".

Trotz alledem bleibt die Arbeit in der Notaufnahme ein unverzichtbarer, ja im wörtlichen Sinne ein lebensnotwendiger Bestandteil der öffentlichen Gesundheitsversorgung.

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