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Medizinisches Profil Bremer Kliniken können sich nicht über neue Strukturen einigen

Die Bremer Kliniken haben sich in einer Reihe von Gesprächen nicht auf eine Umverteilung von Behandlungsangeboten verständigen können. Ein im Frühjahr hoffnungsvoll gestarteter Prozess endet damit enttäuschend.
09.11.2022, 05:00 Uhr
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Bremer Kliniken können sich nicht über neue Strukturen einigen
Von Jürgen Theiner

Die Bremer Kliniken haben sich nach monatelangem Dialog nicht auf eine Neuaufstellung der Krankenhausversorgung im Stadtgebiet einigen können. Die Idee, bestimmte Behandlungsangebote schwerpunktmäßig an bestimmten Häusern zu bündeln, ist damit vorerst gescheitert. Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke) will nun das, was freiwillig nicht zu klappen scheint, durch Vorgaben an die Kliniken bewerkstelligen. Über den Krankenhausrahmenplan, der bis 2024 erstellt werden soll, will sie Veränderungen am medizinischen Profil der einzelnen Häuser erreichen.

Was war geplant?

Im Frühjahr hatte die Senatorin einen bundesweit einmaligen Prozess in Gang gebracht. Unter wissenschaftlicher Begleitung sollten die Betreiber aller Kliniken ausloten, auf welchen Feldern sie besser kooperieren können und wie das medizinische Profil der Häuser so umgestaltet werden kann, dass Patienten, Kliniken und Kostenträger einen Nutzen davon haben. Hauptziel war, dass nicht mehr jede Klinik fast das gesamte medizinische Spektrum anbietet, sondern sinnvolle Schwerpunkte gebildet werden. Dies ist auch eine langjährige Forderung von Fachverbänden.

Die Überlegung dabei: Wenn spezialisierte Fachabteilungen bestimmte Behandlungen in großen Fallzahlen abwickeln, dann fördert das die Qualität und ist auch wirtschaftlicher. Die Gespräche begannen im Mai durchaus vielversprechend. Die Bremer Klinikträger ließen sich gegenseitig in die Bücher schauen und diskutierten in mehreren Verhandlungsrunden über mögliche  Tauschgeschäfte. So war nach Informationen des WESER-KURIER beispielsweise im Gespräch, im Stadtgebiet nur noch eine Augenklinik vorzuhalten. Das St.-Joseph-Stift hätte seine entsprechenden Kapazitäten an das Klinikum Mitte abgegeben und wäre anderweitig entschädigt worden.

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Was ist der aktuelle Sachstand?

Die Gespräche sind letztlich ergebnislos verlaufen. In einer finalen Verhandlungsrunde, die erst vor wenigen Tagen stattfand, kam es trotz dringender Appelle der Gesundheitssenatorin zu keiner Einigung. Die Vorstellung eines umfassenden Ringtauschs von Kapazitäten und einer Konzentration bestimmter Therapieangebote an einzelnen Standorten ist damit vorerst vom Tisch, sehr zum Bedauern der Gesundheitssenatorin.

Wie geht es nun weiter?

Stillstand kann sich die Bremer Krankenhauswirtschaft nicht erlauben, so sieht es jedenfalls Claudia Bernhard. Sie verweist auf gutachterliche Aussagen der Beratungsfirma HCB, die das fachliche Fundament für den Dialog der Kliniken geliefert hatte. Laut HCB werden die Bremer Krankenhäuser vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des Trends zu mehr ambulanten Behandlungen statt stationärer Klinikaufenthalte bis 2030 bis zu einem Drittel ihrer Umsätze verlieren. Deshalb braucht es aus Bernhards Sicht einen raschen Einstieg in den Umbau der Krankenhauslandschaft. Die Bündelung von Behandlungsangeboten sei dabei nur eines der Stichwörter.

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Ein anderes ist für die Senatorin der Aufbau ambulanter Angebote, um die absehbaren Verluste an stationären Fällen auffangen zu können. An diesen neuen ambulanten Strukturen könnten die Kliniken mitwirken. "Wir werden in den kommenden Jahren nur noch ein deutlich geringeres stationäres Angebot brauchen", bekräftigt Claudia Bernhard im Gespräch mit dem WESER-KURIER. Da dies eigentlich allen Akteuren im Gesundheitswesen klar sein müsse, sei sie "unzufrieden mit der Veränderungsbereitschaft", die die Kliniken während des Verhandlungsprozesses an den Tag gelegt hätten. Bernhard will nun stärker von Steuerungsinstrumenten Gebrauch machen, die ihr rechtlich zur Verfügung stehen.

Wenn 2024 ein neuer Krankenhausrahmenplan aufzustellen ist, sollen Versorgungsaufträge für bestimmte Behandlungen so an die einzelnen Kliniken verteilt werden, dass es doch noch zu der angestrebten medizinischen Schwerpunktbildung kommt. Dabei hofft Bernhard auf die Unterstützung der Krankenkassen, die als Kostenträger im Gesundheitswesen ohnehin ein Wörtchen mitzureden haben.

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Wie reagieren die Kliniken?

Die Krankenhausgesellschaft der Freien Hansestadt Bremen ist die Interessenvertretung der Kliniken in Bremen und Bremerhaven. Unter ihrem Dach sind die städtischen, freigemeinnützigen und privaten Anbieter vertreten. Geschäftsführer Uwe Zimmer sieht in dem jüngsten Rückschlag "nicht das Ende des Dialogs". Zimmer: "Die Erwartungshaltung war vielleicht zu hoch und die Rahmenbedingungen waren zu schlecht", so Zimmer. Er sieht den Bund in der Bringschuld. Von dort gebe es keine klaren Ansagen, wie der Trend zu mehr ambulanten Behandlungen strukturell umgesetzt werden soll, und erst recht keine finanziellen Mittel für den Aufbau solcher Strukturen. "Wir haben keinerlei Planungsgrundlage", kritisiert Zimmer. Das müsse sich ändern.

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