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„Angespannte Liquiditätslage in Kliniken“

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Einer der drei Kliniken-Standorte des Varisano-Konzerns ist neben Höchst und Bad Soden das Krankenhaus in Hofheim.
Einer der drei Kliniken-Standorte des Varisano-Konzerns ist neben Höchst und Bad Soden das Krankenhaus in Hofheim. © kajo

Kreistag genehmigt Kredit in Höhe von 10 Millionen Euro. Die Krankenhäuser werden auch im neuen Jahr rote Zahlen schreiben.

Hofheim. Landrat Michael Cyriax (CDU) hatte es im Interview mit dieser Zeitung bereits eingeräumt: Die Kliniken werden ihren Gesellschafter Main-Taunus-Kreis weiter Geld kosten. Das Ziel des Zusammenschlusses mit dem Klinikum Frankfurt Höchst zum Konzern, der mittlerweile Varisano heißt, von 2022 an nur noch schwarze Zahlen zu schreiben, hat sich aufgrund veränderter Verhältnisse nicht halten lassen.

Der Main-Taunus-Kreis hat vom Kreistag in seiner jüngsten Sitzung grünes Licht erhalten, die Liquiditätsprobleme beim Gesundheitskonzern Varisano überbrücken zu helfen. Einstimmig und ohne Diskussion wurde beschlossen, den Main-Taunus-Kliniken einen Kredit in Höhe von 10 Millionen Euro zu gewähren. Dieser soll bis Ende 2023 zurückgezahlt werden.

Zurückgehende Patientenzahlen

Der Kreisausschuss spricht in seiner Vorlage von einer „angespannten Liquiditätslage“ in den Kliniken des Main-Taunus-Kreises GmbH. Als Hauptgründe werden sinkende Einnahmen aufgrund zurückgegangener Patientenzahlen, „die erheblichen (Energie-)Kostensteigerungen“, die Pandemieauswirkungen und Vorfinanzierung der Pflegebudgets für die Geschäftsjahre 2020 und 2021 genannt, über die es Uneinigkeit mit den Kostenträgern gab.

Für das kommende Jahr rechnen beide Varisano-Teilkonzerne, das Klinikum Frankfurt Höchst und die Main-Taunus-Kliniken, laut Kreisausschuss weiter mit Verlusten. Prognostiziert sei ein Defizit von insgesamt 18 Millionen Euro, lässt Landrat Michael Cyriax (CDU), Mitglied im Aufsichtsrat von Varisano, in der Vorlage wissen. Auch im noch laufenden Geschäftsjahr 2022 ist nichts anderes als ein Defizit zu erwarten, in 2021 hatte es bei rund 9 Millionen Euro gelegen.

Die Liquiditätsengpässe sind nicht ganz neu. So lässt der Kreis jetzt wissen, dass er seinen Kliniken bereits in diesem Jahr zwei Mal mit Krediten in einer Gesamthöhe von 8 Millionen Euro aus der finanziellen Klemme geholfen hat.

Der erste Kredit in Höhe von 5 Millionen Euro war bis zum 30. Juni zurückzuzahlen. Da der Kreis für 2021 einen Verlustausgleich in Höhe von 4,5 Millionen Euro zu zahlen hatte, wurden die Summen miteinander verrechnet. Für den zweiten Kredit über 3 Millionen Euro ist eine Rückführung bis Ende dieses Jahres vereinbart.

Da die Kliniken Verluste schreiben, muss über den Konsortialvertrag, der zwischen den beiden Gesellschaftern Stadt Frankfurt und MTK geschlossen wurde, in dem Punkt neu verhandelt werden. Bisher hatte jeder Gesellschafter für die ersten fünf Jahre versprochen, die Defizite zu tragen, die sein Teilkonzern erwirtschaftete. Nun muss geklärt werden, wie die Kostenverteilung bei dauerhaften Defiziten aussehen soll. Dies soll Anfang des neuen Jahres geschehen.

Rücklagen sind fast aufgebraucht

Behandelt werden soll bei diesen Gesprächen jetzt auch das Liquiditätsproblem. „Aus diesem Grund soll der im Januar 2023 gewährte Liquiditätskredit bis zum Jahresende 2023 zurückgeführt sein“, heißt es vom Kreis. Die Geschäftsführung soll mit jedem Quartalsende über die aktuelle Finanzsituation berichten.

Da der Main-Taunus-Kreis seine Rücklagen weitgehend aufgebraucht hat, will er für den Fall, selbst zur Bedienung des Liquiditätskredites ein Darlehen aufnehmen zu müssen, von den Main-Taunus-Kliniken die dadurch entstehenden Zusatzkosten zurück. Ob das funktioniert, wird auch davon abhängen, wie sich die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf den Weg gebrachten Reformen bei den Kostenabrechnungen und beim Einsatz von Pflegekräften auf die Krankenhausfinanzierung auswirken.

EXTRA: Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft dürchet Insolvenzwelle

Vor einer „existenziellen Krise ungeahnten Ausmaßes“ hatte die Hessische Krankenhausgesellschaft in Eschborn bereits im Oktober gewarnt. Gestern zitierte das Redaktionsnetzwerk Deutschland den Verbandsvorsitzenden der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, mit der Prophezeiung: „Auf unsere Kliniken rollt 2023 eine Insolvenzwelle zu, die sich kaum mehr stoppen lässt“. Gaß fürchtet, dass im kommenden Jahr der Schaden für die medizinische Versorgung „in vielen Regionen sichtbar“ werde und verwies dabei auf das sogenannte Krankenhausbarometer, für das Kliniken repräsentativ nach ihrer Einschätzung der Finanzlage befragt werden. In diesem Jahr hatten bereits einige hessische Kliniken Insolvenz anmelden müssen. Das Land Hessen hat zwar sein Versprechen wahr gemacht, den Kliniken mit dem Doppelhaushalt 2023/24 mehr Geld für Investitionen zur Verfügung zu stellen. Dafür hatte sich der Klinikverbund Hessen auch bedankt, allerdings hatte er zugleich darauf hingewiesen, dass die Inflation und vor allem die enorme Teuerung am Bau den Aufschlag weitgehend wieder auffressen werde. „Grundsätzlich begrüßt“ hat der Klinikverbund Hessen auch die Reformen, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) Anfang Dezember vorgelegt hat, so Clemens Maurer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen. Veränderungen in Struktur und Finanzierung sind geplant. „Möglicherweise“ werde das „für das ein oder andere Krankenhaus auch bei unseren Mitgliedern schmerzhaft“. Dass Veränderungen nötig seien, so Maurer „bestreitet niemand“. Sein Stellvertreter Achim Neyer ergänzte: „Der Vorschlag ergibt allerdings nur Sinn, wenn es bei seiner Umsetzung überhaupt noch ausreichend Krankenhäuser gibt.“ babs

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