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Die Strippenzieher im Hintergrund: Was macht der Krankenhaus-Aufsichtsrat?

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Ein seltenes Bild: Der Aufsichtsrat der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH tagt prinzipiell nichtöffentlich. Dieses Besetzung der Aufsichtsratsposten ist Entscheidung der Kreistagsfraktionen
Ein seltenes Bild: Der Aufsichtsrat der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH tagt prinzipiell nichtöffentlich. ©  Foto: HEROLD/ARCHIV

In der Debatte um die Zukunft der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH wird immer wieder darauf hingewiesen, dass die wichtigen Entscheidungen der Aufsichtsrat treffen muss. Wer sitzt in diesem Gremium?

Landkreis – Die Struktur bei der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH ist für Außenstehende schwer zu durchschauen. In der Öffentlichkeit repräsentiert vor allem Geschäftsführer Thomas Lippmann das Haus. Er ist verantwortlich für das Tagesgeschäft. Auch der Kreistag meldet sich immer wieder lautstark bei Entscheidungen bezüglich der Krankenhaus GmbH zu Wort. Das liegt vor allem daran, dass die Krankenhaus GmbH seit fast 15 Jahren nicht kostendeckend arbeitet. Jahr für Jahr muss der Landkreis das auflaufende (und in den vergangenen Jahren stark wachsende) Minus ausgleichen.

Da die Kreisräte über den Haushalt des Landkreises und damit auch über die Zuschüsse für die Krankenhaus GmbH entscheiden, behalten sie sich vor, sich auch zu deren Geschäftspolitik zu äußern. Zudem ist die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH ein Tochterunternehmen des Landkreises, da die Gesundheitsvorsorge eine Pflichtaufgabe ist. Die eigentlichen, weitreichenden Entscheidungen zur Geschäftsentwicklung der Krankenhaus GmbH trifft aber ein anderes Gremium – der Aufsichtsrat.

Landrätin und neun weitere Mitglieder des Kreistags

Alle wichtigen Entscheidungen der vergangenen Jahre wurden in diesem Gremium getroffen. Doch wer sitzt in diesem Aufsichtsrat? „In den Aufsichtsrat entsendet der Landkreis Weilheim-Schongau die Landrätin und neun weitere Mitglieder“, heißt es in einer Stellungnahme des Landratsamtes auf eine entsprechende Anfrage der Heimatzeitung. Diese neun Mitglieder werden vom Kreistag entsprechend dem Stärkeverhältnis der im Kreistag vertretenen Parteien und Wählergruppen für die Dauer von einer Wahlperiode bestellt.

Zudem entsendet der Gesamtbetriebsrat der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH zwei Mitglieder aus dem Kreis aller Mitarbeiter in den Aufsichtsrat. Dabei ist einer der beiden Mitglieder aus dem Bereich des pflegerischen Personals und ein Mitarbeiter aus dem Bereich des ärztlichen Personals zu entsenden.

Besetzung der Plätze sorgte in der Vergangenheit wiederholt für Ärger

Derzeit sitzen folgende Personen im Aufsichtsrat: Landrätin Andrea Jochner-Weiß (CSU, seit 2014) als Vorsitzende; Michael Asam (SPD/Peiting/seit 1996), Alexandra Bertl (CSU/Weilheim/seit 2020), Dr. Heike Dietrich (Grüne/Peiting/seit 2020), Agnes Edenhofer (ÖPD/Oberhausen/seit 2014), Susann Enders (Freie Wähler/Weilheim/seit 2014), Peter Erhard (CSU/ Böbing/seit 2013), Markus Loth (BfL/Weilheim/seit 2022), Manuel Neulinger (Grüne/Weilheim/seit 2020), Peter Ostenrieder (CSU/Peiting/seit 2014) sowie als Arbeitnehmervertreter Steffi Dietl (seit 2020) und Dr. Norbert Trapp (seit 2014).

Wen die einzelnen Kreistagsfraktionen in den Aufsichtsrat entsenden, entscheiden sie – genau wie bei den Ausschussbesetzungen. Das gab in der Vergangenheit immer mal wieder Ärger. So musste die SPD aufgrund des schlechten Wahlergebnisses 2020 einen Sitz im Aufsichtsrat abgeben. Damals wurde entschieden, dass Michael Asam im Aufsichtsrat bleibt, während Schongaus Bürgermeister Falk Sluyterman seinen Platz räumen musste.

Das muss ein Aufsichtsrat können

Eine spezielle Qualifikation – etwa als Arzt oder Betriebswissenschaftler – ist nicht vorgeschrieben, wenn ein Kreisrat in den Aufsichtsrat geschickt wird. „Nach den geltenden rechtlichen Vorgaben kann jede natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige und nicht betreute Person Aufsichtsratsmitglied sein“, heißt es dazu vom Landratsamt. Das Aufsichtsratsmitglied solle nach der Rechtsprechung über folgenden Kenntnisse verfügen:

• Gesetzliche und satzungsgemäße Aufgaben des Aufsichtsrates

• Rechte und Pflichten als Aufsichtsratsmitglied

• Verstehen der vorliegenden Berichte

• Eigenständige Bewertung und Ziehen von Schlussfolgerungen

• Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit, Zweckmäßigkeit und Rechtmäßigkeit von Führungsentscheidungen.

Um diese Aufgaben erledigen zu können würden die Aufsichtsratsmitglieder entsprechende Fortbildungsveranstaltungen besuchen können, heißt es weiter.

Letztes Jahr elf Sitzungen - jeweils 95 Euro Aufwandsentschädigung

In der Regel tagt der Aufsichtsrat vier bis fünfmal pro Jahr, bei Bedarf allerdings auch häufiger – im vergangenen Jahr kamen die Mitglieder elf Mal zusammen. Reich wird – im Gegensatz zu börsennotierten Unternehmen – niemand, der im Aufsichtsrat der Krankenhaus GmbH sitzt. Nach Angaben des Landratsamtes erhalten die Mitglieder eine Aufwandsentschädigung von 95 Euro für die Teilnahme an einer Aufsichtsratssitzung.

Ein selbst im Kreistag weit verbreiteter Irrtum ist, dass die Aufsichtsratsmitglieder das tun, was ihnen der Kreistag aufträgt. Dem ist mitnichten so, wie das Landratsamt klarstellt: „Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes haben Aufsichtsratsmitglieder ihr Amt eigenverantwortlich wahrzunehmen. Sie sind dabei dem Unternehmensinteresse verpflichtet.“ Deshalb seien Aufsichtsratsmitglieder bei Entscheidungen im Aufsichtsrat im Rahmen der Aufgaben als Kontroll- und Überwachungsorgan nicht an Beschlüsse des Kreistags gebunden. „In engen rechtlichen Grenzen sind Weisungen durch Beschluss des Kreistags kommunalrechtlich zulässig – diese sind gesellschaftsrechtlich aber unverbindlich“, heißt es weiter. Oder auf gut Deutsch: Der Kreistag kann durchaus Wünsche äußern, am Ende entscheiden aber die Aufsichtsratsmitglieder selbst.

Die Öffentlichkeit bleibt fast immer außen vor

Nachprüfbar ist für die Öffentlichkeit ohnehin nicht, wer im Gremium wie abgestimmt hat. Denn der Aufsichtsrat tagt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Nur in Einzelfällen wird kommuniziert, wenn einstimmige Beschlüsse gefallen sind. Ein Beispiel dafür ist die Schließung der Geburtenstation in Schongau, die laut Pressemitteilung einstimmig vom Aufsichtsrat mitgetragen wurden.

Doch selbst diese Information ist mit Vorsicht zu gebrauchen. Denn ein einstimmiger Beschluss heißt nicht, dass alle Mitglieder des Aufsichtsrates für das Vorhaben gestimmt haben. Beim Beschluss über die Geburtenstation hat nach Informationen der Heimatzeitung mindestens eine Kreisrätin die Sitzung vor der Abstimmung verlassen.

In der Vergangenheit gab es auch deswegen immer wieder Streit. So beschwerte sich Susann Enders (Freie Wähler/Weilheim) wiederholt öffentlich im Kreistag darüber, dass Aufsichtsratssitzungen immer dann angesetzt werden, wenn sie als Landtagsabgeordnete Sitzungswoche in München hat und nicht am Aufsichtsrat teilnehmen konnte – obwohl sie die Termine im Vorfeld mitteilte. Das betraf insbesondere den Zeitraum, als die kostspielige Anschaffung mehrerer OP-Roboter beschlossen werden sollte.

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