Viel habe sich nicht getan, seit die Kliniken der Fächerstadt und ihrer Umgebung im September den letzten Notstand ausgerufen haben. Noch immer komme kaum finanzielle Unterstützung aus Berlin, die den Kliniken der Republik helfen, die Inflation, die Energiepreise und Personalmangel zu stemmen. Das bringt auch die Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, der VIDia Kliniken und des SRH-Klinikums in Karlsbad-Langensteinbach dazu, ihre prekäre Lage in aller Deutlichkeit darzulegen und sofortige Unterstützung zu fordern.

"Unsere drei Einrichtungen haben zusammengerechnet zirka 10.000 Mitarbeiter, 150.000 stationäre Patienten im Jahr", sagt der kaufmännische Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, Markus Heming.

PK Klinikum Notstand April
Markus Hening, Geschäftsführer des Karlsruher Klinikums. | Bild: Lars Notararigo

"Man kann also sagen, dass wir ein wichtiger Baustein für die Gesundheit der Region Karlsruhe sind. Entsprechend stehen wir in der Pflicht, qualitativ hochwertige Arbeit zu verrichten. Doch das wird uns nicht mehr lange möglich sein."

"Den Krankenhäusern wurden Ausgleiche versprochen"

Der Grund für diese wenig zuversichtliche Prognose sei denkbar einfach geartet: Es mangelt an Geld. "2023 sind innerhalb der drei Kliniken rund 67 Millionen Euro Mehrkosten entstanden. Mehrkosten, von denen wir nicht wissen, wie wir sie ausgleichen sollen", sagt Heming. "Das können wir nicht alleine Ausgleichen, wir sind kein industrieller Betrieb, der einfach seine Preise erhöhen kann."

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Richard Wentges, Vorstandsvorsitzender der ViDia Christlichen Kliniken Karlsruhe. | Bild: Lars Notararigo

Es liege also beim Staat, einzugreifen. "Den Krankenhäusern wurden Energieausgleiche versprochen, von denen bisher aber nur 15 Prozent ausbezahlt wurden. Der Rest verbleibt dank eines Geflechts bürokratischer Hürden in den Staatskassen", sagt Richard Wentges, Vorstandsvorsitzender der ViDia Kliniken. "Alleine in unseren drei Krankenhäusern fehlen 9 Millionen Euro für Energiekosten."

"Wir möchten die Gehälter ja erhöhen, aber..."

Hinzu komme eine weitere Finanzlast, die die Kliniken in den kommenden Wochen und Monaten treffen könnte. "Und das sind die Tariferhöhungen, die die Streiks des medizinischen Personals nach sich ziehen werden", erklärt Heming.

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"Lassen Sie mich eines betonen: Das ist kein Vorwurf. Unser Personal leistet herausragende Arbeit und hat einen gerechten, an die wirtschaftliche Situation angepasste Vergütung. Aber um ihnen diese gewährleisten zu können, muss uns die Politik erst den finanziellen Rahmen zur Verfügung stellen. Tarifsteigerungen dürfen nicht die Existenz von Kliniken bedrohen."

"800 Millionen Euro fehlen in Baden-Württemberg"

Aber leider sei es genau diese Politik, die sich laut den Vertretern des Gesundheitswesens nicht in Bewegung setze. "In ganz Baden-Württemberg fehlt den einzelnen Kliniken eine Summe von nicht weniger als 800 Millionen Euro. Hochgerechnet auf die ganze Bundesrepublik sind es fast 9 Milliarden Euro", sagt der medizinische Geschäftsführer des Klinikums, Michael Geißler.

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Michael Geißler, medizinischer Geschäftsführer des Städtischen Klinikums Karlsruhe. | Bild: Lars Notararigo

"Gut aufgestellt sind allerhöchstens die Fachkliniken und die haben keine Notaufnahme", sagt er. "Alleine diese Summe dürfte die Schieflage im Gesundheitswesen doch aufzeigen. Genauer gesagt räumte Bundesgesundheitsminister Lauterbach selbst explizit ein, dass die Lage in deutschen Krankenhäusern desaströs ist."

"Lauterbach handelt kontraproduktiv"

Entgegen dieser Aussage sehen die Krankenhausleiter aber wenig hilfreiches Handeln in der Politik des Gesundheitsministers. "Momentan versucht Herr Lauterbach seine Reform des Gesundheitswesens unter Dach und Fach zu bringen", sagt Heming dazu.

«Ich kann nur sagen, dass Kliniken verschwinden, wenn wir die Reform nicht machen»: Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. | Bild: Wolfgang Kumm/dpa

"Sicherlich werden damit auch einige Probleme gelöst, allerdings wird diese Reform in frühestens fünf Jahren ihre volle Wirksamkeit entfalten. Wir brauchen das Geld aber jetzt", so der Geschäftsführer. "Parallel dazu hat er die Ausgleichszahlungen für die eingeschränkten Leistungen, die wir aufgrund von Corona erbringen konnten, Anfang 2023 eingestellt."

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Zahlungen, die in derzeitiger Lage dringend benötigt würden. "Herr Lauterbach wäre ermächtigt, Zahlungen zu beschließen, aber er handelt nicht. Im Gegenteil: Er handelt kontraproduktiv", so Heming. "Wir brauchen Vorhaltefinanzierungen. Also Unterstützung, die wir sofort erhalten."

"Gesundheitswesen ist Bundessache"

Bei allen Mangelerscheinungen, die dem Budget der Krankenhäuser anlasten, stellt sich doch die Frage, ob das Städtische Klinikum nicht zumindest Hilfen von der Stadt Karlsruhe erhält, der es - wie der Name schon sagt - untersteht. "Ja, von der Stadt erhalten wir in der Tat Unterstützung. 2021 erhielten wir beispielsweise einen Betrag von 19,8 Millionen Euro. 2022 ist noch nicht fertig abgerechnet", sagt Heming.

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"Für diesen Lastenausgleich sind wir auch sehr dankbar, aber die Stadt Karlsruhe hat ihre eigenen finanziellen Sorgen und kann uns nicht vollständig tragen. Das Gesundheitswesen ist Sache des Bundes, nicht die der Kommunen, auch wenn die Fragen oft dorthin abgewälzt werden", erklärt er. "Außerdem könnte die Stadt alleine unsere Defizite mittlerweile gar nicht mehr ausgleichen."

"Unkontrollierte Krankenhausinsolvenzen"

Sollten dem Klinikumswesen weiterhin ausreichende staatliche Hilfen versagt bleiben, rechnen die Krankenhausvorstände mit nicht abzusehenden Folgen. "Wir sind keine Bittsteller und jammern auch nicht auf hohem Niveau", sagt der Geschäftsführer der SRH-Klinken, Jörg Schwarzer.

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Jörg Schwarzer, Geschäftsführer der SRH-Kliniken in Karlsbad-Langensteinbach. | Bild: Lars Notararigo

"Lässt man uns weiter im Stich, werden einige Kliniken nach und nach ihre finanzielle Grundlage verlieren und es wird zu unkontrollierten Insolvenzen kommen. Und das kann nicht im Sinne der Gesellschaft sein - immerhin ist die Gesundheit das höchste Gut des Menschen."