Acqua Klinik: Razzia, Betrugsvorwürfe, Pleite: „Tut mir leid, wie es gelaufen ist“

Jetzt spricht Schönheits-Doc Gero Strauß

Dr. Gero Strauß – vom Klinikchef, Unternehmer und Teil der Leipziger Schickeria zur gefallenen Persona non grata

Prof. Gero Strauß – vom Klinikchef, Unternehmer und Teil der Leipziger Schickeria zur gefallenen Persona non grata

Foto: © Acqua-Klinik
Von: DOREEN BEILKE

Leipzig – Es war eine der größten Razzien seit Jahren. Mitte Oktober durchsuchten insgesamt 300 Polizisten die noble „Acqua Klinik“ in der Leipziger Käthe-Kollwitz-Straße und mehrere Praxen.

Der Vorwurf: Dort und in den sogenannten „Kopfzentren“ des bekannten Leipziger HNO-Arztes Prof. Gero Strauß (51) sollen Ärzte fehlerhaft gearbeitet und medizinisch nicht notwendige Operationen durchgeführt haben. Es ging um Abrechnungsbetrug und Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz!

Prof. Strauß, der medizinische Leiter und einstige Geschäftsführer, ist seitdem offenbar abgetaucht. Der Großinvestor, an den er im Juli verkauft hatte, meldete vergangene Woche Insolvenz für das Firmenkonstrukt an.

Alles auf Null. Bei der Razzia im Oktober beschlagnahmten 300 Beamte Material und Datenträger in allen Praxen

Alles auf Null. Bei der Razzia im Oktober beschlagnahmten 300 Beamte Material und Datenträger in allen Praxen

Foto: Silvio Buerger

Jetzt spricht Gero Strauß exklusiv in BILD

Der Schönheits-Doc über..... den Investor, die Halder GmbH aus Frankfurt: „Der Investor ist 2019 an mich herangetreten, als es für mich noch unvorstellbar, die Fäden aus der Hand zu geben. Als Einzelperson wurde mir das Risiko für so viele Mitarbeiter und Patienten zu groß. Gleichzeitig wollte ich aber weiter wachsen. Ein wirtschaftlich stabiler Partner erschien mir eine gute Idee. Im Nachhinein habe ich die Sache falsch eingeschätzt.“

„Ich dachte, ein Finanzinvestor hätte Geld ...“

„Mehr als ein Jahr wurde der Betrieb durchleuchtet. Jede Honorarabrechnung, jede Bilanz, jedes Risiko wurde geprüft. Ich dachte bis dahin naiv, dass ein Finanzinvestor Geld hat. Erst innerhalb des Umwandlungsprozesses habe ich gemerkt, dass das Geld für den Verkauf erst besorgt werden musste. 2021 begann die detaillierte Unternehmensbewertung durch die Halder GmbH, einem Frankfurter Finanzinvestor, der wiederum für angloamerikanische Fonds in den deutschen Markt der ambulanten Medizin einsteigen wollte. Drei Monate nach der Transaktion und nachdem 70 Prozent des Kaufpreises geflossen sind, kam es zu der Razzia. Obwohl die Staatsanwaltschaft Leipzig noch im Juli schriftlich mitgeteilt hatte, dass keine Ermittlungen gegen das Kopfzentrum durchgeführt werden.“

... Betrugsvorwürfe: „Ich will mich nicht reinwaschen, auch nicht zu Details äußern. Die Staatsanwaltschaft wird wohl noch einige Jahre ermitteln. Aber: Ich würde doch auch nicht glauben, wenn mir sagen würde, dass an all den Vorwürfen nichts dran ist ... Die Razzia, die MDR-Berichte, eigentlich eine Kampagne – was soll man da als Außenstehender glauben? Nur so viel: ich kenne nur die Akte, weiß nicht, was da kommt, habe aber ein reines Gewissen. Es sind Fehler passiert, die überall passieren – nicht mehr.“

In der Villa in der Käthe-Kollwitz-Straße wurde täglich operiert und behandelt

In der Villa in der Käthe-Kollwitz-Straße wurde täglich operiert und behandelt

Foto: Rico Thumser

„50 Mio. Euro in den Sand gesetzt“

... die Pleite: „Die Investoren haben mit Mitteln gearbeitet, die ich nur aus dem Film kannte und kaltblütig den Wert des Betriebes innerhalb von neun Monaten halbiert, parallel die Kosten enorm in die Höhe getrieben. Die haben sicher 50 Mio. Euro insgesamt in Deutschland offiziell in den Sand gesetzt. Es wurde für einen Betrieb der, mehr als 200 000 Patienten pro Jahr störungsfrei behandelt hat, Insolvenz beantragt. Ich vermute, man beabsichtigt die staatlichen Subventionen der Insolvenzgeldfinanzierung auszunutzen und danach den Betrieb zerschlagen.“

„Ich habe ein schlechtes Gewissen“

... seine Mitarbeiter: „Es tut mir für jeden meiner ehemaligen Mitarbeiter und angestellten Ärzte leid, wie es gelaufen ist, habe ein schlechtes Gewissen. Ich hätte geschworen, dass der Investor es ernst meint. Viele haben Häuser gebaut, eine Familie und sich hier ihr Leben eingerichtet. Teil des Verkaufsdeals war, dass ich noch drei Jahre ärztlicher Leiter sein sollte. Im Dezember letzten Jahres wurde ich aber über Nacht aus dem Betrieb entfernt. Es war ein Anruf. Mir wurde außerdem der Vorwurf gemacht, Darlehen, mit denen der Finanzinvestor zu überteuerten Konditionen den Betrieb abhängig gemacht hat, zweckentfremdet im Betrieb eingesetzt zu haben. Ich wollte damit die Gehälter der Mitarbeiter bezahlen.“

Mit modernster OP-Technik arbeitete Dr. Strauß in Leipzig. Patienten kamen aus der ganzen Welt

Mit modernster OP-Technik arbeitete Prof. Strauß in Leipzig. Patienten kamen aus der ganzen Welt

Foto: ZB

... seine Zukunft: „Seit vier Monaten hat man keinen ärztlichen Leiter gefunden. Ein Drittel der Mitarbeiter haben den Betrieb verlassen, die Öffnungszeiten betragen nur noch 60 Prozent. Die Konzession der weltberühmten Acqua Klinik ist ruhend gestellt. Anfragen von Patienten werden unbeantwortet gelassen.“

„Ich war nie der Promi-Schönheits-Doc“

„Als das erste Mal der MDR-Journalist zu mir kam, hat er mir deutlich klargemacht, wohin die Reise gehen soll. Das war aus meiner Sicht eine geplante Kampagne. Und ob ich Schuld habe oder nicht, das war eine Vorverurteilung und der Beginn des Endes meiner beruflichen Laufbahn. Das macht was mit mir, so abgebrüht kann man nicht sein. Wir haben vorwiegend Kassenpatienten behandelt. Ich war nie der Promi-Schönheits-Doc. Ich werde in Leipzig sicher nicht mehr arbeiten und auch nicht im kassenärztlichen System. Ich lebe gerade überwiegend in Berlin, wo ich schon lange ein Büro habe. Sich in Leipzig ständig erklären zu müssen, ist unangenehm. Und zu meinem Umfeld: Wenn es eng wird, bleiben Wenige ...“

Aber: „Ich war Inhaber eines seriösen Betriebes, den ich sehr gut verkauft habe. Selbst wenn ich den Rest des Erlöses, der noch aussteht, nicht bekomme, ist wirtschaftlich alles gut.“

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