Krankenhaus Rahden: Große Sorge vor Schließung noch in diesem Jahr

Rahden. Die kreiseigenen Mühlenkreiskliniken sind finanziell sehr angeschlagen. Sie haben eingeräumt, ihren Eigenanteil für den möglichen Bau von zwei neuen Kliniken im Kreis Minden-Lübbecke nicht aufbringen zu können. Im Kreis gibt es Kritik an MKK-Chef Olaf Bornemeier. Dessen Vertrag war im Januar verlängert worden, als der Wirtschaftsplan mit seinem erheblichen Defizit noch nicht vorlag. Über dem Krankenhaus Rahden schwebt das Damokles-Schwert der Schließung. Im Interview äußert sich Rahdens Bürgermeister Bert Honsel aus Sicht der Stadt Rahden zur aktuellen Lage. Herr Honsel, wie groß ist die Sorge um das Krankenhaus Rahden? BERT HONSEL: Dieses Mal ist sie groß. Nach den vom MKK-Vorstand vorgelegten Wirtschaftsplanzahlen für die Jahre 2023 bis 2026 besteht leider wohl die Möglichkeit, dass das Krankenhaus Rahden schneller geschlossen werden könnte als wir alle in Rahden gedacht haben. Schneller als gedacht – was heißt das? Nach den Planungen der MKK zu den zwei möglichen Krankenhaus-Neubauten, unter anderem auch ein Neubau auf dem Gebiet der Stadt Espelkamp, bin ich davon ausgegangen, dass bei einer Realisierung dieser Planung in sieben bis acht Jahren das Krankenhaus Rahden frühestens im Jahr 2030 seinen Dienst einstellen wird. Das war der Plan. Aber wie sieht es jetzt aus? Gibt es eine Schließung in diesem Jahr? Das muss ich leider befürchten. Aufgrund der vom MKK-Vorstand vorgelegten Zahlen könnten die MKK gezwungen sein, ein erhebliches Sparprogramm aufzustellen und zeitnah umzusetzen. Aus Kostengründen ein Krankenhaus Rahden zu schließen wird vermutlich auf dieser Agenda stehen. Weil durch Kürzungen der Leistungen wie etwa Operationen die Verluste in Rahden hochgetrieben wurden? Aufgrund der Vorstellung der Zahlen durch den MKK-Vorstand scheint das Krankenhaus erhebliche Verluste in siebenstelliger Höhe zu produzieren. Die Gründe dafür wurden mir gegenüber nicht weiter dargelegt. Diese Begründung werde ich vom MKK-Vorstand einfordern. Mit der kurzfristigen Schließung Rahdens würde ein wichtiger Baustein der medizinischen Versorgung im Nordkreis wegbrechen. Sind die Einwohner im Nordkreis für die MKK Patienten zweiter Klasse? Das weiß ich nicht. Aber wenn das Krankenhaus Rahden tatsächlich geschlossen werden sollte, ist das natürlich für die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Nordkreis, also Rahden, Stemwede und umzu, ein schwerer Einschnitt. Denn unabhängig davon, dass dann geplante Operationen am Standort Rahden nicht mehr stattfinden könnten, ist ein weiterer schwerer Schlag die Schließung der Notaufnahme. Aber die Rettungswache des Kreises ist davon unberührt. Sie bleibt doch in Rahden? Das ist so. Der Rettungsdienst wäre davon nicht betroffen – außer dass aus dem Krankenhaus Rahden dann kein Arzt mehr zur Verfügung stünde für den Rettungsdienst. Der Notarzt müsste dann aus dem Krankenhaus Lübbecke oder aus dem Klinikum Minden nach Rahden kommen. Das macht die schnelle Hilfe doch langsamer, oder? Nein. Der Rettungswagen mit den gut ausgebildeten Notfallsanitätern des Kreises wird auch weiter in den gesetzlich vorgegebenen Eintreffzeiten bei den &bdquo;112-Notfällen“ eintreffen. Möglicherweise aber könnte der Notarzt, der immer mit einem Sonderfahrzeug zum Einsatzort kommt, etwas später als jetzt eintreffen. Wer entscheidet über eine mögliche kurzfristige Schließung Rahdens? Das wird wohl in einem ersten Aufschlag der Verwaltungsrat der Mühlenkreiskliniken sein und dann final der Kreistag. Haben sich Mitglieder aus Verwaltungsrat oder Kreistag nach den Konsequenzen eines solchen Schrittes schon bei Ihnen erkundigt? Nein, bei mir noch nicht. Ich werde aber zu gegebener Zeit zunächst die Rahdener Kreistagsmitglieder, die zum Teil auch im MKK-Verwaltungsrat sitzen, zu einer Erörterung der Sachlage ins Rathaus bitten. Sie haben selbst die Bedeutung der schnellen Hilfe in der Notaufnahme erfahren. Da bricht doch etwas wichtiges weg mit der Schließung der Notaufnahme. Oder lässt sich die separat erhalten? Zunächst fällt in der Tat erst einmal ein bedeutendes Element der medizinischen Versorgung weg. Denn die Menschen im Nordkreis, und wir reden hier über mehrere 10.000 Menschen, müssten dann in die Notaufnahmen in Lübbecke oder Minden fahren. Die Wartezeit dort dürfte sich dann weiter verlängern, was dann natürlich zu lasten aller Patienten der Notaufnahmen geht. Darüber hinaus kämen für uns noch lange Anfahrtzeiten hinzu. Deshalb wäre es für mich, wenn es zur zeitnahen Schließung des Krankenhauses Rahden käme, das Gebot der Stunde, zumindest für den Erhalt des Notaufnahme-Bereichs in Rahden zu kämpfen – im Interesse aller Menschen im Nordkreis. Ich werde mir schon jetzt Erkenntnisse verschaffen, ob und wie ein Notaufnahme-Bereich erhalten bleiben kann. Ich habe vor, deswegen mit Fachleuten zu sprechen. Die Stadt Rahden hat den Umbau des Krankenhauses Rahden vor rund zehn Jahren mit einer Million Euro unterstützt. Eine Bedingung war der Betrieb des Hauses für mindestens 25 Jahre. Wird die Stadt dieses Geld im Fall der kurzfristigen Schließung von den MKK zurückfordern? Das würde ich natürlich dann prüfen und einen bestehenden Anspruch auch durchsetzen wollen. Im Jahr 2018 wollten die MKK das Krankenhaus Rahden als allgemeines Krankenhaus schon einmal schließen und bezeichneten das damalige Medizinkonzept als alternativlos. Aber so alternativlos war es ja doch nicht. Olaf Bornemeier war schon 2018 MKK-Chef. Glauben Sie ihm eigentlich noch? Ich muss leider sagen, dass ich im Moment einen gewissen Vertrauensverlust verspüre. Der MKK-Vorstand hat in den vergangenen eineinhalb Jahren mit Vehemenz das Konzept des Neubaus zweier Krankenhäuser im Kreis vertreten. Im Juni 2022 forderte der Kreistag den MKK-Verwaltungsrat auf, 100 Millionen Euro Eigenanteil zur Verfügung zu stellen. Letztlich einigte man sich auf 70 Millionen Euro. Nun sagen die MKK, diesen Eigenanteil aufgrund ihrer finanziellen Lage nicht bezahlen zu können. Mir hat sich damit die Frage gestellt, wie es zu einer solch dramatischen finanziellen Entwicklung der MKK kommen konnte und warum das nicht schon im Sommer 2022 schon in Grundsätzen zu erkennen war. Seit wann wussten Sie von der dramatischen Schieflage der MKK? Das wurde uns im Rahmen einer Bürgermeisterkonferenz am 21. April bekanntgegeben. Transparenz sieht anders aus, oder? Wir Bürgermeister haben schon unter Landrat Ralf Niermann darum gebeten, dass zumindest die Bürgermeister der Krankenhaus-Standorte als Gäste zu bestimmten Tagesordnungspunkten im Verwaltungsrat, der von Gesetzes wegen nicht-öffentlich tagt, dabei sein können. Dieser Bitte ist nicht nachgekommen worden. Warum auch immer. Das hat sich bis zum heutigen Tage noch nicht geändert. Wir haben jetzt in der Bürgermeister-Runde unseren neuen Landrat Ali Dogan gebeten, dieser Bitte nachzukommen. Ali Dogan hat dafür wenigstens schon mal großes Verständnis aufgebracht. Denn wenn am Ende des Tages möglicherweise die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Minden-Lübbecke den Erhalt der kommunalen Krankenhäuser – und wenn es am Ende nur noch eines sein sollte – bezahlen sollen, dann fände ich es gerecht, dass zumindest die Bürgermeister über die finanzielle Situation der MKK informiert sind. Der neue Landrat Ali Dogan hat aber doch von seiner Vorgängerin Anna Bölling einen Scherbenhaufen geerbt. Nur kann er doch nichts dafür? Ich erlebe Ali Dogan als Landrat, der sich der Dramatik bei der Finanzlage der MKK absolut bewusst ist. Und ich nehme ihm 100-prozentig ab, dass er dieses Problem nicht allein auf den Schultern der Kommunen über erhebliche Erhöhungen der Kreisumlage in den nächsten Jahren lösen möchte. Er möchte stattdessen die Kreispolitik überzeugen, an allen Schrauben zu drehen, um den Tanker MKK wieder halbwegs auf Kurs zu bringen. Deshalb glaube ich, dass der Landrat den Kreistag allumfänglich über die Fakten informieren wird, damit es dort zu einer sachgerechten Entscheidung kommt. Ob auch das Krankenhaus Rahden letztlich gerettet werden kann, wird sich in der nächsten Zeit zeigen.

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