MedizinBald hat Krankenhaus-Riese Sana das Sagen bei „Med 360°“ in Leverkusen

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Das Verwaltungsgebäude von Med 360 Grad in Manforter Innovationspark

Die Hauptverwaltung von Med 360° bleibt im Manforter Innovationspark, auch wenn Winfried Leßmann nicht mehr Vorstand ist.

Ab Juli hat der Krankenhaus-Konzern Sana die Mehrheit des ehemaligen Radiologie-Netzwerks von Winfried Leßmann in Leverkusen. 

Die Übergabe läuft nach Plan: Ende vorigen Jahres hat Winfried Leßmann seinen Vertrag als Vorstand von „Med 360°“ auslaufen lassen. Am 1. Juni wird mit Christian Engler ein neuer Vorstandschef das Ruder übernehmen. Einen Monat später übernimmt der einst in Köln gegründete, inzwischen aber im Münchner Speckgürtel beheimatete Krankenhaus-Konzern Sana ein paar weitere Anteile des ehemaligen Radiologie-Netzwerks Rheinland übernehmen, und zwar die entscheidenden: „50 plus 1", sagt Gründer Winfried Leßmann.

Damit gibt es neue Herren im Haus des Leverkusener Unternehmens, das im vergangenen Jahrzehnt zu einem Gesundheitskonzern mit gut 3000 Beschäftigten an 130 Standorten gewachsen ist.  

Vor fünf Jahren hatte Sana begonnen, sich an „Med 360°“ zu beteiligen. Das erschien folgerichtig, denn die Geschäfte des Krankenhaus-Konzerns, der in ganz Deutschland mehr als 50 Häuser (zum Beispiel in Hürth oder das Dreifaltigkeits-Krankenhaus in Köln) und medizinische Versorgungszentren betreibt, passen sehr gut zu Leßmanns Unternehmen. Das ist längst nicht mehr nur auf dem Gebiet der Radiologie, Strahlentherapie und Nuklearmedizin unterwegs, sondern betreibt Orthopädie-Praxen und steigt mehr und mehr in den Handel mit Sanitätsbedarf ein.  

Leverkusen bleibt Firmensitz

Das Geschäft von „Med 360°“ soll auch in Zukunft aus Leverkusen gesteuert werden. An die Spitze des Unternehmens, das vor dreieinhalb Jahren seine neue Zentrale im Manforter Innovationspark bezog, tritt mit Christian Engler der NRW-Chef der Sana Kliniken. Der 51-Jährige ist seit 20 Jahren in der Gesundheitsbranche tätig und seit zehn Jahren bei Sana. Dass der neue Vorsitzende des Aufsichtsrats von „Med 360°“ den Manager lobt, versteht sich indes von selbst: Thomas Lemke ist Vorstandschef von Sana und sagt über Engler: „Mit seiner umfassenden Erfahrung und Expertise wird er ‚Med 360°‘ weiterentwickeln und die Verzahnung von ambulanten und stationäre Leistungen vorantreiben.“   

 Winfried Lessmann eröffnet 360°-Verwaltungsbau Innovationspark Leverkusen

Winfried Lessmann eröffnet 360°-Verwaltungsbau Innovationspark Leverkusen

Ein halbes Jahr nach Gründer Winfried Leßmann scheidet auch Bastian Werminghoff aus dem Vorstand von „Med 360°“ aus. Sein Vertrag läuft am 30. Juni aus. Damit besteht die Führung in Zukunft aus Christian Engler, Hajo Remmers und Christoph Haenisch. Leßmann, dessen Vater Radiologe in Opladen war und aus dessen Praxis an der Humboldtstraße die heutige „Med 360°“ über Jahrzehnte aufgebaut wurde, ist planmäßig in den Ruhestand getreten. „Ich bin 63 Jahre alt, ein weiterer Vertrag über fünf Jahre – das war mir zu lang“, sagte der Arzt dem „Leverkusener Anzeiger“.  


Ursprung liegt in Opladen

Med 360° ist heute eine Aktiengesellschaft nach europäischem Recht, also eine SE. Der letzte veröffentlichte Umsatz des Unternehmens betrug 190 Millionen Euro. Das war 2020.

Ab 1997 formte Winfried Leßmann aus der Praxis seines Vaters, die lange vorher um eine Strahlentherapie erweitert worden war, das Radiologische Netzwerk Rheinland (RNR). Nach und nach übernahm er die radiologischen Stationen von Krankenhäusern, so auch die des Leverkusener Klinikums. Zum Unternehmen gehört auch die staatlich anerkannte Schule in der Fixheide. Dort werden medizinisch-technische Radiologen in drei Jahren ausgebildet. Heute gehört auch das frühere Themistocles-Gluck-Hospital in Ratingen zum Med 360°.

2016 erfolgte die Umfirmierung zu Med 360°. Damit sollte auch die deutliche Erweiterung des Tätigkeitsspektrums dokumentiert werden.

Seit 2017 arbeitet Med 360° mit Dietrich Grönemeyer, dem Arzt und Bruder des Popsängers zusammen. Das Grönemeyer Institute in Bochum bekommt bald ein neues Gebäude.  

Im April 2022 kaufte Med 360° noch einmal groß dazu, übernahm die Deutsche Radiologienetz AG, deren rund 400 Beschäftigte neben einer Klinik in Neumünster 30 medizinische Versorgungszentren für Radiologie und Nuklearmedizin in Berlin, Hamburg, München, Dresden und Völklingen betreiben.


In der Hand privater Krankenversicherer

Die Sana Kliniken AG hat 51 eigene Krankenhäuser und managt zwölf weitere im Auftrag von Kirchen und Kommunen. Dazu kommen Altenheime. Zum Konzern gehören 23 Tochterfirmen, unter anderem für Informationstechnologie und Medizintechnik. 34.600 Beschäftigte erwirtschafteten 2021 einen Umsatz von rund drei Milliarden Euro.  

Haupteigentümer sind die privaten Krankenversicherungen. Mit 22,4 Prozent ist die DKV größter Anteilseigner, gefolgt von der Signal-Iduna mit 19,4 Prozent.

Gegründet wurde die Sana-Gruppe 1972 vom „Verein zur Planung und Förderung privater Krankenhäuser“ in Köln. Nach und nach übernahm das Unternehmen finanziell angeschlagene Krankenhäuser in ganz Deutschland.

Ab 2000 übernahm Sana in Rostock erstmals das Management eines Universitätsklinikums.

Ab 2005 weitete die Sana AG ihr Geschäft gemeinsam mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf den Betrieb von Praxis- und Laborgemeinschaften aus. 

2018 übernahm Sana Anteile an Med 360° in Leverkusen, Ende 2022 wurde eine Mehrheitsbeteiligung daraus, die allerdings vom Bundeskartellamt geprüft werden muss. Die Prüfung ist nun abgeschlossen – vollzogen wird der Deal zum 1. Juli.

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