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Krankenkassen warnen vor Milliardendefizit durch Politik der Bundesregierung

Krankenhaus in Berlin
Krankenhaus in Berlin
© AFP
Die gesetzlichen Krankenkassen warnen für das kommende Jahr vor einem Milliardendefizit als Folge der Politik der Bundesregierung. Bislang gehen die Kassen von einer Lücke zwischen 3,5 und sieben Milliarden Euro im Jahr 2024 aus. Der Fehlbetrag könne sich "eher am oberen als am unteren Ende der befürchteten Skala bewegen", sagte nun die Vorständin des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK), Anne Klemm, dem "Handelsblatt".

"Ich befürchte, dass wir dann eher bei sieben Milliarden Euro herauskommen werden", sagte Klemm. Neben Mehrbelastungen durch die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplanten Reformen bei Notfallversorgung und Kliniken gebe es auch "durch die Konjunktur und steigende Arbeitslosigkeiten große Risiken für die Einnahmen" der Kassen, warnte die BKK-Chefin. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat im Rahmen der Haushaltsberatungen zudem durchgesetzt, dass in den vergangenen Jahren gezahlte zusätzliche Bundeszuschüsse an die Krankenkassen nun wegfallen.

Ohne politische Maßnahmen müsste der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2024 daher wohl um 0,4 Prozentpunkte steigen, hieß es im "Handelsblatt". Für Versicherte und deren Arbeitgeber würde dies eine Mehrbelastung von jeweils mehr als drei Milliarden Euro bedeuten, heißt es der Zeitung zufolge in einer BKK-Analyse, die das vorläufige und noch unveröffentlichte Finanzergebnis der GKV für das zweite Quartal 2023 enthält. Klemm nannte die steigenden Beiträge demnach eine "Bankrotterklärung der Bundesregierung".

Scharfe Kritik an den von der Regierung geplanten Kürzungen bei den Bundeszuschüssen für die Sozialkassen übte auch der Sozialverband SoVD. Neben Einschnitten bei Gesundheit und Renten soll laut Etatentwurf der Zuschuss für die Pflegeversicherung im kommenden Jahr komplett entfallen, was zu Lasten des Vorsorgefonds der Pflegekasse geht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte dies damit begründet, dass nur so Leistungskürzungen vermieden werden könnten.

"Wir unterstützen den Gesundheitsminister in seiner Haltung, Leistungen aufrecht zu erhalten", erklärte dazu die SoVD-Vorsitzende Michaela Engelmeier. "Aber es darf keinen Automatismus geben, der steigende Kosten ausschließlich durch Beitragssatzsteigerungen in der Kranken- und Pflegeversicherung kompensiert, denn so werden kleine und mittlere Einkommen zusätzlich belastet", forderte sie weiter. Dies würde sonst "zu mehr sozialer Ungerechtigkeit führen". Als Alternative schlug Engelmeier angesichts der knappen Mittel eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder auch der Erbschaftsteuer vor. Auch solle die Schuldenbremse ausgesetzt werden.

Kritik an der Regierung kam auch vom Arbeitgeberverband Pflege (AGVP). "Die Ampel-Regierung weigert sich, Verantwortung für eine langfristig solide Finanzierung der Pflegeversicherung zu übernehmen", erklärte AGVP-Präsident Thomas Greiner mit Blick auf die Streichung des Bundeszuschusses für die Pflegekassen. Statt mehr Belastungen für Pflegebedürftige und Beitragszahlende forderte er einen "großen Wurf" für den Ausbau der Altenpflege einschließlich eines Rechtsanspruchs auf einen Platz im Pflegeheim.

Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus verteidigte die Haushaltskürzungen. "Der strikte Haushaltskurs des Finanzministers ist der einzig richtige Weg", erklärte sie in Berlin. Allerdings sollten statt Beitragserhöhungen besser Gesundheitsausgaben auf den Prüfstand gestellt werden. "Hohe Ausgaben im Gesundheitssystem allein führen nicht automatisch zu einer besseren Versorgung", argumentierte die FDP-Politikerin.

AFP

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