Lauterbachs Reform :
Patienten sollen sich vor Operationen besser über Kliniken informieren können

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am Mittwoch in Berlin
Von April an sollen Patienten bei geplanten Operationen schnell recherchieren können, welche Klinik geeignet ist. Nicht allen gefällt das. Warum?

Um sein Vorhaben zu verdeutlichen, hat der Gesundheitsminister konkrete Beispiele mitgebracht. Am Mittwoch hat das Bundeskabinett in Berlin den Entwurf eines Krankenhaustransparenzgesetzes beschlossen. Was das konkret bedeuten soll, erläutert Karl Lauterbach (SPD) kurz danach in der Bundespressekonferenz. Würden zum Beispiel alle Krebspatienten in Deutschland in einem Krankenhaus behandelt, das für die entsprechende Therapie zertifiziert ist, könnten je Jahr insgesamt 20.000 Lebensjahre gerettet werden, sagte Lauterbach.

Und wenn alle Patienten mit einem Schlaganfall in eine Klinik mit einem entsprechenden Schwerpunkt gebracht würden, dann könnten demnach jedes Jahr 5000 Menschen mehr als bislang gerettet werden. Dass Patienten nicht immer in die richtige Klinik gebracht würden, liege nicht an der fehlenden Erreichbarkeit, sagte Lauterbach. „Sondern daran, dass es an Transparenz fehlt.“

Die Bundesregierung will es den Bürgern vom kommenden Jahr an leichter machen, Unterschiede in der Behandlungsqualität zu erkennen. Sollte der Bundestag dem Gesetzentwurf so zustimmen, bietet das Gesundheitsministerium vom 1. April 2024 an einen sogenannten Krankenhausatlas im Internet an. Der Atlas soll für jedes der etwa 1700 Krankenhäuser und für 65 unterschiedliche Behandlungen deutlich machen, auf welche Fallzahlen die jeweilige Klinik kommt. Zudem soll der Atlas die Komplikationsraten bei ausgewählten Eingriffen nennen, wobei die Fallschwere berücksichtigt werden soll. Damit soll verhindert werden, dass ein Krankenhaus gute Ergebnisse erzielt, in dem es etwa bevorzugt leichte Fälle operiert.

Lauterbach setzt seine Vorstellungen ohne die Länder um

Auf Ebene der Fachabteilungen soll der Atlas schließlich Aufschluss darüber geben, wie viele Fachärzte und Pfleger dort im Verhältnis zur Zahl der behandelten Patienten tätig sind. Auf diese Weise sollen sich Patienten bei geplanten Operationen schnell einen Überblick darüber verschaffen können, welches Krankenhaus dafür geeignet ist. Die Kliniken sollen in dem Atlas auch sogenannten Versorgungsstufen zugeordnet werden – mit seinem Versuch, diese „Level“ bei der großen Krankenhausreform durchzusetzen, die Bund und Länder gerade parallel miteinander aushandeln, war Lauterbach im Sommer gescheitert.

Nun setzt er in einem Bundesgesetz, das seiner Darstellung nach nicht im Bundesrat zustimmungspflichtig ist, seine Vorstellungen ohne die Länder um. Die entsprechenden Daten lägen teilweise jetzt schon vor – es handele sich teils um Strukturdaten, die ohnehin erhoben würden –, seien jedoch nicht öffentlich zugänglich, argumentierte der Minister.

Einige Länder sind von Lauterbachs Transparenzoffensive nicht überzeugt. Früh gab es Kritik der Länder, dass das schlechte Abschneiden einer Klinik dazu führen könnte, dass dem betroffenen Haus Patienten fernbleiben. Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte unlängst „eklatante Schwachstellen“ des Vorhabens, vor allem entstehe für Kliniken ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand. Auch sei fraglich, ob Patienten die Qualität der Kliniken aus den verfügbaren Daten überhaupt richtig ablesen könnten. Der Entwurf sei ein Gesetz aus dem „Elfenbeinturm“, sagte Holetschek am Mittwoch.

Kritik des Krankenhausverbands

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) kritisierte Lauterbachs Plan als Versuch des Bundes, über Umwege doch noch Einfluss auf die Krankenhausplanung der Länder zu nehmen. Diese hatten in den Verhandlungen im Zuge der Krankenhausreform mit Erfolg Versuche des Bundes abgewehrt, auf die Klinikplanung Einfluss zu nehmen. Lauterbach will die Kritik an dem Vorhaben nicht gelten lassen. „Transparenz wird von vielen nicht gewünscht, das muss man offen sagen können“, sagte er. Entsprechende Widerstände seien „ethisch prekär“, so Lauterbach.

Die DKG wies die Kritik zurück, dass sie Transparenz nicht wolle. „Seit Jahren finden sich die Daten transparent und online leicht öffentlich zugänglich im Deutschen Krankenhausverzeichnis, das bis vor wenigen Wochen das offizielle Verzeichnis auf der Seite des Ministeriums war“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbands, Gerald Gaß, am Mittwoch.

Es könne nicht sein, dass ein Krankenhaus nur deshalb bestehen bleibe, weil es weiterhin gelinge, schlechte Qualität abzurechnen. Der geplante Atlas werde „unmittelbar eine Bedeutung für die Entscheidung der Bürger haben“, welche Klinik sie im Fall einer geplanten Behandlung aussuchen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge (CDU), kritisierte, Lauterbach gebe mit seiner Reform den zweiten Schritt vor dem ersten. „Noch bevor die große Krankenhausreform überhaupt vollendet ist, treibt sie ein neues Gesetz voran. Für Kliniken und Beschäftigte, die ohnehin nicht wissen, wann die Krankenhausreform kommt, bedeutet das weniger Planungssicherheit als je zuvor“, sagte Sorge.