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Klinikreform

Lauterbachs Alleingang macht Krankenhäusern Angst

Berlin / Lesedauer: 3 min

Der Bundesgesundheitsminister will für Patienten mehr Transparenz in der Krankenhauslandschaft – Kliniken aber sprechen von einer Zentralisierung durch die Hintertür. 
Veröffentlicht:12.09.2023, 06:01

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So jovial und harmoniebedürftig Karl Lauterbach in und nach unzähligen Gesprächsrunden zur umstrittenen Krankenhausreform mit seinen Amtskollegen aus den 16 Bundesländern auch immer aufgetreten war, so sehr machte der Bundesgesundheitsminister parallel deutlich, dass der Bund sein Krankenhaustransparenzgesetz durchziehen würde. Versteckte – unausgesprochene – Botschaft des SPD–Politikers: Egal, ob es den Ländern gefällt oder nicht.

Krankenhäuser sollen auskunftspflichtig werden

Dass Lauterbach seinen Alleingang verwirklicht, wird er am Mittwoch beweisen – dann nämlich tritt der Bundesgesundheitsminister vor die Hauptstadtpresse in Berlin und wird Einzelheiten seines Planes verkünden. Und diese Einzelheiten haben es durchaus in sich. „Mit dem Krankenhaustransparenzgesetz flankiert die Bundesregierung die geplante Krankenhausreform. Das Gesetz ist Basis für die geplante Veröffentlichung von Struktur– und Leistungsdaten der Krankenhäuser in Deutschland. Patientinnen und Patienten sollen erkennen können, welches Krankenhaus in ihrer Nähe welche Leistungen anbietet, und wie diese Klinik im Hinblick auf Qualität sowie ärztliche und pflegerische Personalausstattung abschneidet“, hieß es aus dem Gesundheitsministerium auf Nordkurier-Nachfrage.

Mit dem Gesetz würden die Krankenhäuser verpflichtet, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) künftig folgende ergänzende Angaben zu übermitteln: Zuordnung von Leistungen zu Leistungsgruppen, Standortbezug bei Diagnosen und Prozeduren, Daten zum Pflegepersonal sowie Daten zum ärztlichen Personal.

Übergeht Lauterbach–Vorstoß die Länderhoheit?

In den Ländern geht nun die Angst um, dass einzelne Kliniken gegebenenfalls stigmatisiert werden könnten – Motto: Hier gibt es weniger Personal, dort auch mal Komplikationen bei einer Operation – und die Patienten sich daraufhin eine andere Klinik suchen.

Auf Nordkurier–Nachfrage reagierte der baden–württembergischen Gesundheitsminister und amtierende Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Manne Lucha (Grüne), verschnupft auf den Lauterbach-Vorstoß. „Der Entwurf zum Transparenzgesetz in der Form, wie er uns aktuell aus dem Bundesgesundheitsministerium vorliegt, würde eine Vorwegnahme der Krankenhausreform darstellen. Das kann jedoch nicht beabsichtigt sein, da man sich einig ist, dass auch das Transparenzgesetz die Planungshoheit der Länder wahren muss.“

Der Bund sollte besser auf bestehende Transparenzinstrumenten wie den Qualitätsberichten der Krankenhäuser und der „weißen Liste“ der Krankenhäuser aufbauen und diese weiterentwickeln statt ein weiteres Transparenzverzeichnis ins Leben zu rufen, forderte Lucha. „Zumal sich der Gesetzentwurf in der jetzt vorgelegten Fassung auf eben die Leistungsgruppen beruft, die im Zuge der Krankenhausreform ja erst noch durch die Länder zugewiesen werden müssen.“

„Trojanisches Pferd und Zentralisierung durch die Hintertür“

Mit scharfer Kritik reagierte auch Gerald Gaß, Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Er bezeichnete das Transparenzgesetz als „Trojanisches Pferd der Krankenhausreform und als Zentralisierung der Krankenhausplanung durch die Hintertür“. Die Länder könnten im Rahmen ihrer Planungskompetenz Leistungsgruppen zuordnen, wie sie möchten. Am Ende entscheide der Bund mit seinem Transparenzgesetz darüber, ob die Bürgerinnen und Bürger dieses Haus als Basisversorger (Level 1) oder als komplexer Leistungserbringer (Level 3) wahrnehmen würden, so Graß.

„Ohne jedes Mitwirkungsrecht der Länder wird damit die Krankenhausstruktur in den einzelnen Bundesländern nach den von Karl Lauterbach alleine erdachten Leveldefinitionen einsortiert“, betonte der DKG-Chef. Die Leveleinteilung sei ein massiver Eingriff in die Planungskompetenz der Länder und führe dazu, dass Patientinnen und Patienten nicht informiert, sondern in die Irre geführt würden.