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Gesundheitsministerium macht Stärken und Schwächen von Kliniken transparent

Krankenhaus in Berlin
Krankenhaus in Berlin
© AFP
Patientinnen und Patienten in Deutschland sollen sich künftig über eine Seite im Internet über die medizinischen Stärken und Schwächen jedes einzelnen Krankenhauses informieren können. Der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf des Krankenhaus-Transparenzgesetzes sieht vor, dass ab 1. April 2024 ein interaktiver Krankenhaus-Atlas digital zur Verfügung steht: Er soll "übersichtlich darstellen, welche Klinik welche Leistungen mit welcher Qualität anbietet", kündigte das Bundesgesundheitsministerium an.

"Patienten haben ein Recht darauf zu wissen, was Kliniken leisten", sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nach dem Kabinettsbeschluss. "Mit dem interaktiven Krankenhaus-Atlas machen wir die Qualität der Krankenhäuser transparenter und stärken so die individuelle Entscheidung der Patientinnen und Patienten."

Das Transparenzverzeichnis soll konkrete Daten bereitstellen, die Patientinnen und Patienten bei der Entscheidung helfen sollen, in welchem Krankenhaus sie welche Eingriffe mit besonders guter Qualität vornehmen lassen können. Lauterbach verwies auf eine Studie, derzufolge in Deutschland allein im Bereich der Schlaganfälle 5000 Todesfälle pro Jahr vermieden werden könnten, wenn Patientinnen und Patienten zur Behandlung in spezialisierte Krankenhäuser eingewiesen würden.

Der Atlas soll etwa die Komplikationsraten für bestimmte Eingriffe für jedes einzelne Krankenhaus dokumentieren - also Angaben zu nicht vollständig geglückten Behandlungen. Zudem macht er die Fallzahlen zu Eingriffen in den einzelnen Kliniken transparent - ausgehend von der Überlegung, dass Krankenhäuser, die eine bestimmte Behandlung besonders häufig ausführen, dafür auch besonders hohe Kompetenz aufgebaut haben. Patientinnen und Patienten können sich in dem Atlas außerdem über die personelle Ausstattung an Ärzten und Pflegekräften in einem Krankenhaus informieren. 

Das Transparenzgesetz ist Teil der von Lauterbach angeschobenen umfassenden Krankenhausreform. Die Initiative ist umstritten - Krankenhausbetreiber und Bundesländer sind skeptisch: Sie befürchten unter anderem, dass manche Kliniken von den Patienten künftig wegen schlechter Bewertung gemieden werden.

Lauterbach wies diesen Einwand zurück. Ein Argument nach dem Motto: "Damit das System überlebt, müssen wir intransparent bleiben", könne er nicht akzeptieren. "Das ist für mich als Arzt eine nicht ethische, eine nicht vertretbare Situation", sagte Lauterbach. Kliniken dürften sich nicht mit Behandlungen finanziell über Wasser halten, "für die sie vielleicht nicht das Personal haben und für die sie vielleicht nicht spezialisiert sind".

Der Minister räumte ein, dass die Reform einen gewissen Ausleseprozess nach sich ziehen könnte zu Lasten von Häusern, die keine gute Bewertung bei bestimmten Eingriffen erhielten. Dabei müsse sich aber immer die Frage stellen: "Wollen wir, dass diese Krankenhäuser sich füllen? Sind wir bereit, dass wir uns da behandeln lassen, unsere Eltern, unsere Familien?"

Zwar leisteten Ärzte und Pflegekräfte überall im Land "phantastische Arbeit", betonte Lauterbach. "Trotzdem kann nicht jeder alles. Spezialisierung rettet Menschenleben."

Das Krankenhaustransparenzgesetz soll die Krankenhäuser verpflichten, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) die notwendigen Angaben zu übermitteln. Das InEK liefert dann die Daten und Auswertungen, und das Institut für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen bereitet die Daten für den Krankenhaus-Atlas Verzeichnis auf. Lauterbach wies darauf hin, dass den Krankenhäusern "empfindliche Strafen" drohten, wenn sie keine oder falsche Angaben lieferten. 

Patientenschützer begrüßten die Transparenzoffensive - warnte aber zugleich vor unerwünschten Effekten: Gerade bei älteren Patienten gebe es im Krankenhaus oft mehr Komplikationen und eine höhere Sterblichkeit - was sich negativ auf die Leistungsbilanz eines Krankenhauses auswirken kann, erklärte der Vorstand der deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch. Der Gesetzgeber müsse deshalb "verhindern, dass jüngere, erfolgsversprechende Patienten bevorzugt behandelt werden".

AFP

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