S 14 KR 818/21

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 14 KR 818/21
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Eine Leistungsentscheidung nach § 8 PrüfvV hat regelmäßig den Erstattungsbetrag, die nach Auffassung der Krankenkasse maßgebliche Fallpauschale mit Bewertungsreleation, die Beanstandungen und ihre medizinische Begründung zu nennen. Die Beanstandungen und ihre Begründung können durch Verweis auf das medizinische Gutachten mitgeteilt werden.


Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 513 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.1.2019 zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Die Berufung wird zugelassen.


Tatbestand

Die Klägerin verlangt die vollständige Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

Im Krankenhaus der Klägerin wurde vom 15.9.2018 bis zum 23.9.2018 ein bei der beklagten Krankenkasse versicherter Patient behandelt (D., geb. 1981). Der Patient war alkohol- und drogenabhängig und wurde zu einer Entgiftung aufgenommen.

Die Klägerin stellte den Fall in Höhe von 3.368,03 Euro in Rechnung und legte die Fallpauschale PEPP PA02B für neun Tage zu 316,35 Euro pro Tag sowie die Zusatzentgelte ET02.5 (2 x) in Höhe von insgesamt 140,30 Euro und ET01.04 in Höhe von 357,66 zugrunde (Rechnung vom 26.9.2018). Sie verschlüsselte unter anderem die Prozeduren 9-61b (Intensivbehandlung bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei erwachsenen Patienten mit 5 oder mehr Merkmalen), welches mit dem Zusatzentgelt ET02.05 assoziiert ist, 9-649.15 (Anzahl der Therapieeinheiten pro Woche bei Erwachsenen) und 9-640.06 (Erhöhter Betreuungsaufwand bei psychischen und psychosomatischen Störungen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen. 1 :1-Betreuung. 6 bis unter 12 Stunden pro Tag), welches mit dem Zusatzentgelt ET01.04 assoziiert ist.

Die Beklagte zahlte zunächst und beauftragte sodann den MDK mit der Prüfung des Falles. Der MDK zeigte an, dass er den Fall im Hinblick auf eine sekundäre Fehlbelegung und die Kodierung der Prozeduren 9-61b, 9-649.15 und 9-640.6 prüfen werde (Prüfanzeige vom 4.10.2018). In seinem Gutachten strich er die zur Prüfung gestellten Kodes sowie die Zusatzentgelte ET02.05 und ET01.04 unter Hinweis auf deren absoluten Entgeltbetrag (Gutachten vom 30.11.2018). Anstelle des Kodes 9-61b sei der Kode 9-61a einschlägig und dafür sei das Tagesentgelt ET02.04 abzurechnen.

Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit: „ET 02.05 ist zu streichen und durch 9-61a zu ersetzten, der OPS 9.640.06 ist zu streichen sowie der OPS 9-649.15 und die 6 Einzeltherapien, bitte entnehmen sie hier die Einzelheiten anhand des Gutachtens. Wir bitten um Übersendung. Falls Sie auf diese Nachricht nicht reagieren, werden wir den strittigen Betrag nach 6 Wochen verrechnen.“ (Mitteilung vom 3/4.12.2018)

Die Beklagte zahlte nach Ankündigung am 22.1.2019 in einem unstreitigen Fall unter Abzug eines Betrages in Höhe von 513 Euro.

Die Klägerin hat am 22.12.2021 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor, dass die Mitteilungen der Beklagten nicht die Anforderungen an eine leistungsrechtliche Entscheidung erfüllten. Die wesentlichen Gründe der Entscheidung seien nicht mitgeteilt worden, weil nicht nachvollziehbar sei, wie sich der Erstattungsbetrag von 513 Euro ergebe, wenn die streitigen Zusatzentgelte einen geringeren Wert hätten und zwei Zusatzentgelte nicht gänzlich entfielen, sondern durch andere Zusatzentgelte zu ersetzen seien.

Die Klägerin beantragt, 
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 513 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.1.2019 zu zahlen. 

Die Beklagte beantragt, 
die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass in der Verrechnungsankündigung der Erstattungsbetrag innerhalb der Frist des § 8 PrüfvV beziffert worden sei und dass in der Mitteilung vom 3.12.2019 alle relevanten Berechnungselemente genannt worden seien. Die Berufung auf formelle Fehler der Leistungsentscheidung sei rechtsmissbräuchlich.

Die Kammer hat die Verwaltungsakte der Beklagten und die Patientenakte beigezogen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet, weil die Beklagte die wesentlichen Gründe für ihre Leistungsentscheidung nicht mitgeteilt hat und deswegen keine Aufrechnung erklären durfte.

1. Streitgegenstand ist, ob die Vergütungsforderung im unstreitigen Fall durch Aufrechnung mit einem Erstattungsanspruch im streitigen Fall teilweise erfüllt wurde.

2. Die Sachentscheidungsvoraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin verfolgt ihr Begehren zulässigerweise mit der reinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG).

3. Rechtsgrundlage für den Vergütungsanspruch im unstreitigen Fall sind die Vorschriften der § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i. V. m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG i. V. m. mit der maßgeblichen Fallpauschalenvereinbarung (dazu BSG vom 20.1.2021 – B 1 KR 31/20 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 84, SozR 4-5562 § 9 Nr. 20, Rn. 14). Rechtsgrundlage für die Verrechnung, eine Aufrechnung nach §§ 387 ff. BGB, ist § 69 SGB V i. V. m. mit den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (BSG vom 25.10. 2016 – B 1 KR 7/16 R, SozR 4-7610 § 366 Nr. 1 Rn. 10 ff.). Die Aufrechnung setzt voraus, dass es sich um gleichartige, fällige bzw. bewirkbare Leistungen handelte, Gläubiger und Schuldner jeweils identisch sind und keine Aufrechnungsverbote bestehen. Rechtsgrundlage für die Erstattungsforderung ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass es eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung zu Lasten der Beklagten gegeben hat.
Die Beklagte durfte nicht aufrechnen, weil der Erstattungsanspruch aufgrund der Regelung des § 8 PrüfvV ausgeschlossen ist und im Übrigen die Verrechnung nach § 10 PrüfvV ausgeschlossen ist, weil die Mitteilung vom 3.12.2019 auch im Zusammenhang mit der Aufrechnungserklärung vom 19.12.2018 nicht den Anforderungen des § 8 PrüfvV genügt (Punkt 4 und 5). Die PrüfvV sieht keinen Mechanismus der Heilung von Verfahrensfehler vor (Punkt 6).

4. Die Beklagte hat den Erstattungsanspruch nicht in der Form des § 8 PrüfvV mitgeteilt. Dadurch sind nicht nur die Voraussetzungen einer Aufrechnung nach § 10 PrüfvV nicht gegeben. Vielmehr ist der Erstattungsanspruch nach § 8 Satz 3 und 4 PrüfvV ausgeschlossen. 

Die allgemeinen Rechtsgrundlagen für die Aufrechnung werden ergänzt um § 10 PrüfvV, der unter anderem bestimmt: „1Die Krankenkasse kann einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. 2Dabei sind der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen.“ 

§ 8 PrüfvV bestimmt: „1Die Krankenkasse hat dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. 2Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen. 3Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Absatz 3 zu erfolgen. 4Die Regelung des Satzes 3 wirkt als Ausschlussfrist. 5§ 7 Absatz 5 Satz 6 bleibt unberührt.“

§ 8 PrüfvV erfordert, dass die wesentlichen Gründe dafür mitzuteilen sind, weshalb die Leistung nicht wirtschaftlich oder deren Abrechnung nicht korrekt war. Der notwendige Inhalt einer Leistungsentscheidung wird in der PrüfvV nicht weiter definiert, anders etwa als bei § 35 SGB X, wonach die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, sowie ggf. Ermessenerwägungen mitzuteilen sind.
Im Wege der Auslegung ist mindestens von den nachstehenden inhaltlichen Anforderungen auszugehen. Dabei ist der Inhalt von Bestimmungen der PrüfvV anders als bei Kodierbestimmungen nach allen Auslegungsmethoden zu ermitteln (BSG vom 18.5.2021 – B 1 KR 34/20 R, BSGE 132, 152 = SozR 4-2500 § 301 Nr. 10, SozR 4-5560 § 17c Nr. 5 Rn. 21). Damit ist insbesondere eine Auslegung nach Sinn und Zweck möglich. Im Allgemeinen zielen Begründungspflichten auf effektiven Rechtsschutz, Stärkung des Vertrauens in die ordnungsgemäße Arbeit einer Behörde, die Kontrolle der Entscheidung im Widerspruchsverfahren und durch das Gericht sowie Motivation zu sorgfältiger Arbeit (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 35 SGB X, Rn. 10, Stand: 21.05.2021; BeckOGK/Mutschler, 1.5.2021, SGB X § 35 Rn. 4; Schütze/Engelmann, 9. Aufl. 2020, SGB X § 35 Rn. 2; BSG vom 22.4.2009 – B 3 KR 24/07 R, SozR 4-2500 § 109 Nr. 18 Rn. 29).

Für die hier in Rede stehende Begründungspflicht gilt nichts anderes, wobei es unerheblich ist, dass die Leistungsentscheidung nach § 8 PrüfvV kein Verwaltungsakt ist. Sie hat eine vergleichbare Funktion. So wie wie ein Verwaltungsakt das Verwaltungsverfahren abschließt beendet die Leistungsentscheidung das Prüfverfahren und damit setzt Grenzen für die nachgehende Geltendmachung von Erstattungsansprüchen (vgl. § 8 Halbs 2 SGB X). An die Leistungsentscheidung schließt sich ggf. ein Nachverfahren zur Überprüfung der Leistungsentscheidung an oder ein gerichtliches Verfahren. 

Der Umfang der Begründungspflicht kann ausgehend von dieser Zielsetzung nur nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets und den Umständen des Einzelfalles bestimmt werden (BeckOGK/Mutschler, 1.5.2021, SGB X § 35 Rn. 8). Im Krankenhausvergütungsrecht ist zu berücksichtigen, dass hochprofessionelle Akteure beteiligt sind, die mit den maßgeblichen Abrechnungsbestimmungen vertraut sind. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Abrechnungsbestimmungen und die Ermittlung der Vergütung im Einzelfall hochkomplex sind: Der Rechnungsbetrag setzt sich aus den Fallpauschalen (DRG/PEPP), bundeseinheitlichen Zusatzentgelten, ggf. krankenhausindividuell vereinbarten Zusatzentgelten sowie Zuschlägen und Abschlägen zusammen (§ 7 KHEntgG). Die Fallpauschale (DRG/PEPP) selbst wiederum wird durch Anwendung von Algorithmen nach Eingabe von Diagnosen, Prozeduren und anderen Daten (Alter, Verweildauer, Beatmungsstunden etc.) ermittelt. Der Effekt der Streichung einzelner Kodes oder die Ersetzung durch andere Kodes ist ohne Anwendung der Software im Voraus nicht vorherzusagen. Die Erlösrelevanz von Diagnosen (im DRG-System in Gestalt des CCL-Werts) hängt von der jeweiligen Fallpauschale ab. Aus den vorzunehmenden Veränderungen einzelner für das Grouping relevanter Daten lässt sich nicht ohne weiteres der neue Rechnungsbetrag ermitteln, weil z. B. bestimmte Zuschläge von der Höhe der Fallpauschale abhängig sind. Erschwerend kommt beim PEPP-System hinzu, dass dort, anders als für das DRG-System, keine frei verfügbaren zertifizierten und im Web zugänglichen Grouper existieren. Anders als im DRG-System kann ein Anwalt oder ein Gericht ohne Mithilfe von Personen, die Zugang zu diesen Systemen haben, nicht beurteilen, welche Fallpauschale sich durch Veränderung einzelner Eingabedaten ergibt. Weiterhin kommt beim PEPP-System erschwerend hinzu, dass die Höhe der Pflegesätze von der Behandlungsdauer abhängig ist. 

Damit unter Berücksichtigung dieser Rahmenumstände eine Leistungsentscheidung auch für das Gericht und dem vorgreifend für eine anwaltliche Beratung nachvollziehbar ist, muss eine Leistungsentscheidung enthalten:
•    Alle Beanstandungen der Rechnung (zu streichende Kodes, Behandlungstage, Beatmungsstunden etc.), wofür ein Verweis auf das MD-Gutachten zulässig ist, wenn sich daraus alle Beanstandungen ergeben.
•    Die sich nach Umsetzung aller Beanstandungen ergebende Fallpauschale mit der für den Fall unter Berücksichtigung der Verweildauer maßgeblichen Bewertungsrelation bzw. mit einer äquivalenten Umschreibung: z. B. Fallpauschale X mit 3 Abschlägen für die Unterschreitung der unteren Grenzverweildauer (DRG). Fallpauschale X mit der Bewertungsrelation für Y Berechnungstage (PEPP).
•    Die nach Umsetzung aller Beanstandungen ggf. zu streichenden Zusatzentgelte bzw. durch welche Zusatzentgelte sie zu ersetzen sind.
•    Eine medizinische Begründung für die einzelnen Beanstandungen, wobei diese durch Verweis auf das MD-Gutachten erfolgen darf. Ob die Begründung überzeugend oder richtig ist, ist dabei wie bei § 35 SGB X unerheblich.
•    Die Höhe des Erstattungsbetrages.

Regelmäßig ist die Höhe des Erstattungsbetrages mitzuteilen. Gerade auch im Hinblick auf die Funktion eine gerichtliche Überprüfung zu ermöglichen und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Rechnungsbetrag sich aus zahlreichen weiteren Entgeltbestandteilen (Zusatzentgelte, Zu- und Abschläge) zusammensetzt, ist der Erstattungsbetrag erforderlich. Ausnahmsweise kann dies entbehrlich sein, wenn beispielsweise nur ein Zusatzentgelt gestrichen wird, sodass klar ist, dass die Erstattungsforderung in dieser Höhe geltend zu machen ist. Dem gleichzustellen ist eine Rückforderung bei einer nach dem MD-Gutachten gegebenen primären Fehlbelegung. Ausnahmsweise kann er auch entfallen, wenn in Kenntnis der anderen Angaben in Zusammenschau mit der Rechnung die Höhe des Erstattungsbetrages einfach ermittelt werden kann.

Dabei sind die Anforderungen für Leistungsentscheidungen nach Gutachten des MD Hessen höher als bei anderen MDs. Denn der MD Hessen führt in seinen Gutachten kein komplettes Grouping durch. Dies ist rechtich ohne weiteres vertretbar, weil die Anwendung der Kodierbestimmungen Rechtsanwendung ist (BSG, vom 26.9.2017 - B 1 KR 9/17 R, Juris Rn. 16; BSG vom 12.6.2013, - B 3 KR 32/12 B, Juris Rn. 15; BSG vom 10.3.2016 - B 1 KR 97/15 B, Juris Rn. 8; SG Osnabrück vom 14.2.2018 – S 34 KR 576/16, Juris Rn. 18 f. m. w. N.). Es gibt durchaus MDs, die das komplette Grouping des Krankenhauses mit dem sich nach dem Gutachten ergebenden Grouping gegenüberstellen und neben den Fallpauschalen sogar die effektiven Kostengewichte auswerfen. Dies trifft z. B. auf den MD Niedersachsen zu. Diese Begründungsarbeit haben die Krankenkassen nachzuholen, wenn sie rechtlich vertretbar nicht vom MD erledigt wird.

5. Diesen Anforderungen wird die Mitteilung der Beklagten auch in Zusammenschau mit der Verrechnungsankündigung nicht gerecht. Zwar wird am Ende der Erstattungsbetrag genannt. Allerdings ist seine Höhe überhaupt nicht nachvollziehbar. Soweit für das Gericht nachvollziehbar hat das Zusatzentgelt ET01.04 bei einer Bewertungsrelation von 1,1351 einen Wert von 316,35 Euro, wie es in der Rechnung ausgewiesen ist. Daraus schließt das Gericht auf einen Tagessatz von 278,70 Euro. Ersetzt man wie in der Stellungnahme des MD vorgeschlagen die Zusatzentgelte ET02.05 durch ET02.04 ergibt sich dafür eine Bewertungsrelation von 0,2065 statt 0,2517 – bei einem Tagessatz von 278,70 Euro ergeben sich statt 70,15 Euro 57,55 Euro und mithin eine Differenz von 12,60 Euro pro Tag und 25,20 Euro insgesamt. Mit dem Betrag von 316,35 Euro ergibt sich eine Differenz in Höhe von 341,55 Euro, die deutlich geringer als der Betrag von 513 Euro ist. Der Unterschied erschließt sich nicht, auch nicht aus der Rechnung, etwa aufgrund von tagessatzabhängigen weiteren Zu- oder Abschlägen. Denn aus der Rechnung ergibt sich, dass diese unabhängig von der Pauschale sind. Außerdem betragen die gesamten Zuschläge ca. 80 Euro, was die Differenz zum Betrag von 513 Euro nicht erklären kann. Der Verdacht liegt nahe, dass sich die PEPP Fallpauschale geändert hat. Nachprüfbar ist dies jedoch nur durch Eingabe aller Daten in den Grouper. Es ist jedoch nicht Sache der Klägerin die Richtigkeit des Erstattungsbetrages nachzuweisen. So könnte es durchaus sein, dass auf Seiten der Beklagten falsche Daten in das Grouping einbezogen wurden. Wegen der Komplexität des Groupings kann aus dem Ergebnis jedoch nicht auf die Daten geschlossen werden.
Daneben kommt hinzu, dass auch nicht klar ist, was eigentlich geändert werden soll. So sollen OPS-Kodes durch Zusatzentgelte ersetzt werden. Die Bedeutung kann bei einigem Wohlwollen entnommen werden. Klar und nachvollziehbar ist die Begründung jedoch nicht. 
Dabei ist noch zu berücksichtigen, dass die Beklagte streng genommen die Zusatzentgelte gar nicht zur Prüfung gestellt hat, sondern nur die zugrunde liegenden OPS-Kodes. Die Leistungsentscheidung hätte sich mithin gar nicht auf die Zusatzentgelte beziehen dürfen. Ein Prüfverfahren bzw. eine Erstattungsforderung nur wegen der Zusatzentgelte könnte nach Ablauf der Verjährungsfrist auch gar nicht mehr eingeleitet werden bzw. würde ein Erstattungsanspruch aufgrund einer sachlich-rechnerischen Prüfung auf der Grundlage der in diesem Prüfverfahren gewonnenen Erkenntnisse verjährt sein.

6. Die PrüfvV enthält anders als §§ 41 ff. SGB X für Verwaltungsakte keine Vorschriften dazu, dass und in welchem Umfang formelle Fehler geheilt oder unbeachtlich sein können. Auch ein Nachschieben von Gründen ist nicht vorgesehen.

7. Die Klägerin handelte nicht treuwidirg. 
a) Insbesondere hat sie sich nicht den sog. Dolo-agit-Einwand gegen sich gelten zu lassen. Nach § 242 BGB handelt treuwidrig, wer etwas verlangt, das er sogleich wieder erstatten müsste (statt vieler Böttcher in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 242 BGB Rn. 111 m. w. N.). Diese Fallgruppe ist hier nicht einschlägig. Die Beklagte hat den Zahlungsanspruch im streitigen Fall erfüllt, sodass dieser untergegangen ist. Im Streit steht letztlich nur, ob die Beklagte gegen die Klägerin einen Erstattungsanspruch hat. Soweit § 8 PrüfvV den Erstattungsanspruch ausschließt, führt die eine Rückgängigmachung der Verrechnung gerade nicht in eine erneute Erstattungslage. 
b) Es ist im Übrigen auch nicht treuwidrig erst im Klageverfahren die Rechtswidrigkeit der Leistungsentscheidung geltend zu machen. 
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsfragen um die Anforderungen an eine Leistungsentscheidung bislang kaum beleuchtet sind und vor allem nicht Gegenstand veröffentlichter obergerichtlicher Entscheidungen sind. Das gilt erst Recht für das Jahr 2018. Eine Konzentration auf die medizinische Begründung ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar.
Im Übrigen regelt die PrüfvV keine Fristen für das Geltendmachen von Argumenten gegen eine Verrechnung und auch keinen zwingend vorgeschriebenen Austausch im Nachgang zur Leistungsentscheidung. In der durch Verträge geregelten Dauerrechtsbeziehung zwischen den Beteiligten ist der Inhalt gegenseitiger Rücksichtnahmepflichten zuvörderst den Verträgen zu entnehmen. So regelt z. B. § 7 Abs. 4 PrüfvV – allerdings als Soll-Vorschrift -, dass auch im schriftlichen Verfahren ein persönlicher Austausch zwischen Krankenhaus und MD(K) stattfinden soll. Dass nach Abschluss des Prüfverfahrens ein weiterer Austausch im Hinblick auf die Leistungsentscheidung zu erfolgen hat, ist in der PrüfvV nicht vorgesehen, wenn man von der, soweit durch die Kammer beurteilbar, häufig abgelehnten Durchführung eines Nachverfahrens absieht. Die Durchführung des Nachverfahrens ist jedoch freiwillig (§ 9 Satz 2 PrüfvV). Allein dies spricht dafür, dass es nicht treuwidrig sein kann, es bei der Leistungsentscheidung zu belassen und die Erhebung einer Klage zu prüfen.

8. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 10 Abs. 5 und Abs. 4 des Hessischen Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V i. V. m. § 288 Absatz 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Berufung war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG.
 

Rechtskraft
Aus
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