Warnung vor neuen Engpässen

Zahl der Betten in den Kinderkliniken sinkt weiter

Eine Ärztin untersucht ein Kind in einer Klinik.

Eine Ärztin untersucht ein Kind in einer Klinik.

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Die Kinderkliniken in Deutschland haben auch im vergangenen Jahr weiter Betten abgebaut. Für die Behandlung von Kinder- und Jugendlichen standen 2022 im Fachbereich der Pädiatrie 186 Betten weniger zur Verfügung als ein Jahr zuvor. Das ergibt sich aus neusten Zahlen des Statistischen Bundesamtes, die Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch erfragt hat und die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen. Konkret sank die Zahl von 15.106 auf 14.920 Betten. Damit unterschritt die Kapazität erstmals die Grenze von 15.000. 2019 gab es in der Pädiatrie noch 15.447 Betten. Werden die Betten aller Kinderfachabteilungen zusammengezählt, also auch die in der Psychiatrie oder der Chirurgie, ergibt sich 2022 gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um 86 auf 25.834 Betten. Die Kinder- und Jugendärzte warnten mit Blick auf vermehrte Viruserkrankungen in den Herbst- und Wintermonaten vor erneuten Engpässen.

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„Wir gehen mit noch weniger Betten in den Winter als schon letztes Jahr“, sagte der Kinderarzt Jakob Maske, Bundespressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). „Wir können die wirklich schwer kranken Kinder nicht alle in den Kliniken unterbringen, weil dort die Kapazitäten weiter absinken“, betonte er. Unter Umständen müssten Kinder in Kliniken über 100 Kilometer entfernt verlegt werden.

Bartsch: „Fiasko“ für Gesundheitsminister Lauterbach

„Wenn die Kliniken die Kinder nicht mehr versorgen können, müssen die Kinderärzte die Schwerkranken so lange wie möglich ambulant versorgen“, sagt Maske weiter. Teilweise müssten die Kinder dann mehrmals am Tag in die Praxis einbestellt werden, um eine ausreichende Sicherheit zu schaffen. „Das bedeutet für die Praxen sehr viel Arbeit und wird auch nicht honoriert“, beklagte der Mediziner.

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Ein Grund für die Engpässe ist nach den Worten von Maske, dass die eigenständige Ausbildung in der Kinderkrankenpflege abgeschafft wurde. Mit der Einführung der sogenannten Generalistik sei nur eine Krankenpflegeausbildung mit der Vertiefung für die Kinderkrankenpflege möglich. „In Berlin ist damit die Zahl der Menschen, die in der Kinder- und Jugendkrankenpflege ausgebildet werden, um zwei Drittel gesunken“, berichtete der Mediziner. Dass nicht ausreichend ausgebildet werde, verschlimmere zusehends die Situation bei der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen.

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Linken-Fraktionschef Bartsch sprach mit Blick auf die sinkenden Behandlungskapazitäten von einem „Fiasko“ für Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Bereits in den letzten Jahren sei die Situation für Kinder und Familien vielfach verheerend gewesen, warnte er. „Lauterbach hätte die Konsequenzen daraus ziehen müssen und für einen Bettenaufwuchs sorgen müssen. Das Gegenteil ist passiert – trotz Mangel wurde Kapazität abgebaut“, kritisierte er. Mit der Krankenhausreform drohe eine Zuspitzung durch weitere Klinikschließungen in der Fläche und damit eine Verknappung der Kapazität. „Notwendig wäre ein umgehendes Moratorium für Betten und Kliniken“, forderte der Linken-Politiker.

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