1. Startseite
  2. Bayern
  3. Augsburg & Schwaben
  4. Kreisbote Kaufbeuren

Fast zehn Millionen Euro Defizit: Klinikvorstand Kutschker appelliert erneut an den Bund

KommentareDrucken

Auch über dem Haupteingang des Klinikums Kaufbeuren leuchtet die Fassade in Rot.
Noch immer Alarmstufe Rot: Auch die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren drängen beim Bund weiterhin auf den Inflationsausgleich, um die gestiegenen Kosten zu egalisieren © Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren

Kaufbeuren/Landkreis – Noch immer Alarmstufe Rot in Deutschlands Kliniken: Inflationsbedingt gestiegene Kosten und Tariferhöhungen sorgen für eine zunehmend angespannte wirtschaftliche Lage und letztlich für hohe Defizite. Auch die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren sprechen in einer aktuellen Pressemitteilung von einer „prekären“ Situation und appellieren wiederholt an den Bund. 

Laut eigener Hochrechnung steuern die Kliniken Ostallgäu-Kauf­­beuren im Jahr 2023 auf ein Defizit von rund 9,7 Millionen Euro zu. Wie Klinikvorstand Andreas Kutschker dazu erklärt, seien Sach- und Personalkosten in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen.

Während der Einzelhandel auf die Inflation mit steigenden Preisen für die Verbraucher reagiere, bleiben die Kliniken auf den höheren Kosten sitzen – „aufgrund des starren Vergütungssystems, das auf Fallpauschalen basiert“, so Kutschker. Wo genau die höheren Kosten zu verzeichnen sind? Zum einen spüren die Kliniken die Preis­erhöhungen bei Strom, Gas oder Lebensmitteln „auf einem ganz anderen Niveau“ im Vergleich zum Bürger, sagt Kutschker. Und auch Geschäftspartner der Kliniken wie Wäschedienstleister, Lebensmittellieferanten oder Versicherungen hätten die Preise gewaltig angezogen.

Klinikchef Andreas Kutschker erklärt im Gespräch mit dem Kreisboten, warum der Bund dringend handeln muss.
Klinikchef Andreas Kutschker erklärt im Gespräch mit dem Kreisboten, warum der Bund dringend handeln muss. © Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren

Nicht zuletzt sorgen dann auch noch Tariferhöhungen für ein gestiegenes Defizit. Klinikchef Kutschker sagt aber auch: „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht erst seit Corona wirklich Außergewöhnliches leisten, haben vollkommen zurecht sehr gute Gehaltssteigerungen über Tarifabschlüsse erhalten.“

„Der Bund lässt uns im Regen stehen“

Schuld am aktuellen „Dilemma“ ist laut des Vorstandes der Bund: „Es tritt genau das Szenario ein, auf das wir seit einem halben Jahr hinweisen. Die Kliniken werden von der Bundespolitik im Stich gelassen“, so Kutschker. „Der Bund muss helfen und darf die Krankenhäuser nicht im Regen stehen lassen – aber genau das passiert gerade.“

Deshalb beteiligen sich die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren auch am bundesweiten Protest der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), die einen Inflationsausgleich für Krankenhäuser fordert. Ende September protestierten Führungskräfte der Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren zusammen mit den Bezirkskliniken Schwaben bei einer Kundgebung in Berlin.

Kundgebung der Kliniken in Berlin
Zeigten bei einer Kundgebung Flagge (v. li.) Stefan Brunhuber und Wolfram Firnhaber (Vorstände Bezirkskliniken Schwaben), Ralf Kratel (Klinik- und Pflegedienstleiter Klinik St. Josef Buchloe), Josef Streitel (Klinikleiter Klinikum Kaufbeuren), Andreas Kutschker (Vorstand Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren) und Claus Thoma (Regionalleiter Süd Bezirkskliniken). © Bezirkskliniken Schwaben

Die DKG geht übrigens von einem kumulierten Jahresdefizit aller Krankenhäuser in Deutschland von rund zehn Milliarden Euro aus. Der unabhängige „Krankenhaus Rating Report“ prognostiziert ferner, dass 2024 über 80 Prozent der Krankenhäuser negative Betriebsergebnisse verzeichnen werden.

Die Insolvenzwelle, die Deutschland nicht erst seit diesem Jahr viele Experten voraussagen, rollt bereits. Laut der DKG haben seit November letzten Jahres bundesweit 26 Träger (34 Häuser) Insolvenz angemeldet. In einigen Fällen sprang die örtliche Kommune in die Bresche und verhinderte die Insolvenz.

Auf die Frage des Kreisboten, wie dramatisch die Situation in Kaufbeuren bzw. im Ostallgäu sei, erklärt Kutschker, auch hier sei man als kommunales Unternehmen auf die Träger angewiesen (Landkreis Ostallgäu und Stadt Kaufbeuren), die die Defizite übernehmen müssen. Die gute Nachricht: Er sei in der Verwaltungsratssitzung am 25. Oktober mit seiner Analyse „auf Verständnis und Zustimmung“ getroffen, berichtet Kutschker. Und: „Der Verwaltungsrat signalisierte darüber hinaus seine Unterstützung für die Kliniken Ostallgäu-Kauf­beuren in der jetzigen Situation.“ Patienten müssen sich aktuell also nicht sorgen.

Für sie haben die Kliniken zuletzt auch Maßnahmen ergriffen, um „die vorhandenen Ressourcen im Klinikverbund effektiver zu nutzen“, wie es in einer Pressemitteilung der Kliniken heißt. „Wir müssen die unterschiedlichsten Reglementierungen beachten wie etwa Personaluntergrenzen. Die Herausforderung in Zeiten des Fachkräftemangels ist es beispielsweise, die vorhandenen Fachkräfte wie Pflegekräfte und Fachärzte und Behandlungskapazitäten (z.B. OP-Slots, Herzkatheter-Slots) so zu kombinieren, dass wir den Bedarf der Patientinnen und Patienten bestmöglich bedienen können“, so Kutschker.

Betriebsbedingte Kündigungen? „Nein“

Ob mit der „effektiveren Nutzung von Ressourcen“ in Zeiten eines Zehn-Millionen-Defizits auch betriebsbedingte Kündigungen verbunden seien, beantwortete der Klinikvorstand wie folgt: „Es sind momentan keine betriebsbedingten Kündigungen geplant – erforderliche personelle Anpassungen werden wir soweit möglich über natürliche Fluktuation erreichen“, so Kutschker abschließend.

Auch interessant

Kommentare