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Erste bundesweite Tagung zur stationsäquivalenten Behandlung in Haina

Datum:
Fachbereich:
Erwachsenenpsychiatrie
Gesellschaft:
Vitos Haina gGmbH

StäB: Patientinnen und Patienten profitieren nachweislich

© Thinkfox
Behandlung Zuhause ist gut für die Patient/-innen, das belegen Studien - deshalb müsse die stationsäquivalente psychiatrische Behandlung in Deutschland weiter ausgebaut werden, fordern Prof. Dr. Florian Metzger (Ärztlicher Direktor der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychiatrie Haina), Reinhard Belling (Vorsitzender der Vitos Konzerngeschäftsführung), Matthias Müller (Geschäftsführer Vitos Haina) und Prof. Dr. Gerhard Längle (Leiter der AG StäB der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde).

Vitos Haina war für einen Tag der Mittelpunkt der deutschen Psychiatrieszene. Fast 300 Ärzt/-innen, Pflegekräfte, Therapeut/-innen und Sozialarbeiter/-innen aus allen Regionen Deutschlands nahmen an der ersten bundesweiten Tagung zur stationsäquivalenten Behandlung (StäB) teil, die die Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina ausrichtete. StäB bedeutet, dass schwer psychische kranke Menschen nicht stationär in einem Krankenhaus, sondern von einem multiprofessionellen Team täglich im gewohnten Lebensumfeld behandelt werden.

„Die stationsäquivalente Behandlung muss als tragender Pfeiler der psychiatrischen Versorgung in Deutschland gesichert und ausgebaut werden“, sagte Reinhard Belling, Vorsitzender der Vitos Konzerngeschäftsführung. Denn einerseits profitierten die Patient/-innen nachweislich von dieser intensiven aufsuchenden Behandlung, andererseits biete StäB für die Behandler/-innen hochattraktive Arbeitsplätze. Deshalb dürfe es nicht dazu kommen, dass die gesetzlichen Krankenversicherungen die 2018 als Regelleistung zugelassene stationsäquivalente Behandlung zu einem ambulanten Versorgungsangebot abstufen.    

Bundesweit bieten 60 Teams StäB an

Während anfangs nur wenige Kliniken den Schritt zur Einführung der stationsäquivalenten Behandlung gewagt haben, behandeln mittlerweile 60 StäB-Teams in elf Bundesländern ihre psychisch kranken Patient/-innen auch stationsäquivalent. Schwerpunkte sind Baden-Württemberg, Berlin und Hessen.

Vitos bietet seit 2019 die stationsäquivalente Behandlung an. Die Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina war eine der ersten Kliniken in Hessen, die dieses intensiv aufsuchende Behandlungsangebot etablierte.

Mit den beiden Teams von Vitos Behandlung Zuhause Frankenberg und Korbach und durchschnittlich zwischen zehn und zwölf Patient/-innen zählt die Klinik zu den Einrichtungen in Deutschland, die in Relation von stationsäquivalenter zu stationärer Behandlung die meisten psychisch kranken Patient/-innen in den eigenen vier Wänden behandelt. In Zahlen: 7,8 Prozent der Berechnungstage in der Erwachsenenpsychiatrie von Vitos Haina werden stationsäquivalent erbracht. Und eine Ausweitung ist geplant. „Noch in diesem Jahr soll auch in Bad Wildungen ein StäB-Team die Arbeit aufnehmen“, kündigte Matthias Müller, Geschäftsführer von Vitos Haina, während der Tagung an. „Unsere Entwicklung zeigt, dass StäB auch in einem Flächenlandkreis wie Waldeck-Frankenberg möglich ist.“

Für diese Strategie der gemeindenahen psychiatrischen Versorgung dankte Erster Kreisbeigeordneter Karl-Friedrich Frese. „Ich bin dankbar, dass Vitos zu den Menschen geht und vor Ort die Versorgung sicherstellt“, sagte der Gesundheitsdezernent.

Höhere Therapieintensität als in Klinik

Insgesamt hat Vitos in Hessen zwölf StäB-Teams etabliert. Für 2023 sind insgesamt mehr als 30.000 StäB-Berechnungstage geplant. Mehr als die Hälfte (60 Prozent) der StäB-Patient/-innen leidet an einer affektiven Störung wie einer Depression. Einen weiteren Diagnoseschwerpunkt bilden schizophrene Störungen. „Durchschnittlich dauert die Behandlung Zuhause 42 Tage – und damit länger als eine stationäre Behandlung“, berichtete Prof. Dr. Florian Metzger, Ärztlicher Direktor der Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Haina, aus den Erhebungen von Vitos. „Die Therapieintensität ist bei StäB jedoch deutlich größer als bei der stationären Behandlung.“ Fast 80 Prozent der Patient/-innen werden von mindestens vier Berufsgruppen behandelt: also von Ärzt/-innen, Psycholog/-innen, Pflegekräften sowie von Sozialarbeiter/-innen oder anderen Therapeut/-innen. Die positive Folge dieser intensiven täglichen Akutbehandlung im häuslichen Umfeld: Die Wiederaufnahmequote ist bei StäB geringer als bei stationärer Behandlung.

Die Ergebnisse einer deutschlandweiten Studie stellte Prof. Dr. Andreas Bechdolf (Chefarzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an den Vivantes Klinika Am Urban und im Friedrichshain) vor. Dabei wurden die Daten von 200 StäB-Patient/-innen mit denen von stationär behandelten Patient/-innen verglichen. Die Kernaussagen: Eine StäB-Behandlung dauert länger eine als stationäre Behandlung, die Patient/-innen brechen die Behandlung jedoch seltener ab und sie sind mit dem Behandlungsverlauf zufriedener. Die Wiederaufnahmequote ist geringer. Und trotz der Behandlung im häuslichen Umfeld fühlen sich die Angehörigen deutlich entlastet.

StäB nach fünf Jahren etabliert

Aufgrund der Studienlage lasse sich nach fünf Jahren stationsäquivalenter Behandlung nur ein Schluss ziehen, sagte Prof. Dr. Gerhard Längle, Leiter der AG StäB der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde: Neben der stationären, teilstationären und ambulanten Behandlung habe StäB einen festen Platz im sektorenübergreifenden psychiatrischen Behandlungsangebot gefunden. „Es ist uns gelungen, die stationsäquivalente Behandlung trotz der schwierigen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen, dem Fachkräftemangel sowie der Corona- und Ukraine-Krise zu etablieren.“ Sein Plädoyer an die Teilnehmer der Tagung, die noch keine stationsäquivalente Behandlung anbieten: „StäB ist gut für unsere Patient/-innen. Und deshalb sollten alle psychiatrische Kliniken in Deutschland StäB anbieten.“

Während der Tagung auf dem Campus in Haina wurden die Erkenntnisse aus fünf Jahren stationsäquivalenter Behandlung intensiv diskutiert. Auch die Einbindung digitaler Behandlungsangebote war Thema. Fast 50 Referent/-innen gestalteten ein umfangreiches Vortrags- und Workshop.

Begonnen hatte es mit einem Vorabendprogramm mit historischem Rundgang, Orgelkonzert in der Klosterkirche und einem Empfang von Geschäftsführer Matthias Müller und Ärztlichem Direktor Prof. Dr. Florian Metzger.

Hintergrund: Stationsäquivalente Behandlung (StäB)

Um eine akute psychische Krise zu überwinden, ist ein Klinikaufenthalt in vielen Fällen sinnvoll. Doch es geht auch anders. Eine Behandlungsform ist die sogenannte stationsäquivalente Behandlung. StäB bedeutet, dass Menschen mit einer akuten psychischen Erkrankung nicht in einer Klinik, sondern in ihren eigenen vier Wänden von einem berufsgruppenübergreifenden Team behandelt werden. An jedem Tag in der Woche findet ein direkter persönlicher Kontakt zwischen dem kranken Menschen und einem Mitglied des therapeutischen Teams statt.

Das war die erste bundesweite StäB-Tagung 2023

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