Ist das Krankenhaus erst ruiniert,…” Geschäftsführung läßt Ärzte das Aus für die Norder UEK begründen — wir widersprechen!

Am 19.05. nah­men in ein­er Pressekon­ferenz zwei Chefärzte der Trägerge­sellschaft Kliniken Aurich-Emden-Nor­den, Dr. Dinse-Lam­bracht und Dr. Pax­i­an,  zu Protesten und Forderun­gen gegen die vorzeit­ige Schlies­sung der Norder UEK Stel­lung. Den dort getrof­fe­nen Aus­sagen und Ein­schätzun­gen wider­spricht der Fördervere­in eindringlich.

Gegen die vorzeit­ige Schließung der Norder UEK regt sich erhe­blich­er Wider­stand: nicht nur in und um Nor­den, son­dern auch in Emden und Aurich sind Bürg­er in Sorge um ihre Grund- und Not­fal­lver­sorgung.  Das Aktions­bünd­nis für den Erhalt des Norder Kranken­haus­es fordert vom Träger und der Trägerge­sellschaft den immer wieder zuge­sagten Klinikbe­trieb auf dem Stand eines Kranken­haus­es der Grund­ver­sorgung,  solange es die geplante Zen­tralk­linik in Uth­w­er­dum nicht gibt. Ab Som­mer kön­nen nun 51.500 Einwohner:innen die Notauf­nahme der näch­sten Klinik nicht mehr rechtzeit­ig, bin­nen 30 Minuten, erre­ichen – die höch­ste Zahl Betrof­fen­er bei Klinikschließun­gen in Deutsch­land (1).

 Auf die ohne­hin schon extrem anges­pan­nte Not­fal­lver­sorgung für die gesamte Region würde sich das zusät­zliche Ver­schwinden ein­er Grund­ver­sorgungsklinik als Flaschen­hals mit lebens­ge­fährlichen Fol­gen auswirken.

Die für diesen gesund­heit­spoli­tis­chen Scher­ben­haufen ver­ant­wortlichen Mit­glieder des Auf­sicht­srats aus den Kreistagsparteien und ihr Geschäfts­führer hüllen sich angesichts des Protests in Schweigen. Stattdessen schick­en sie Ärzte in die Öffentlichkeit, die mit ihren beschöni­gen­den und ver­harm­losenden Äußerun­gen den Sor­gen eher weit­ere Nahrung geben.

 

Aus­sage 1 : „Wir kön­nen das KH nicht weit­er betreiben, selb­st wenn wir woll­ten /müssten“

Die bei­den Ärzte geben den bun­desweit­en Fachärzte­man­gel als Grund für die unab­weis­bare sofor­tige Schließung des Norder Kranken­haus­es an: „Der Ärzte­man­gel dik­tiert den Weg“.

Eine alberne Schutzbe­haup­tung: Seit wann wird der Betrieb von poli­tisch gewoll­ten Kranken­häusern bzw. deren Abteilun­gen dauer­haft eingestellt, wenn es Prob­leme gibt, auf dem Arbeits­markt Per­son­al für die Stel­lenbe­set­zung zu find­en? Ein Per­sonal­man­ag­er, der mit einem solchen Ohn­macht­seingeständ­nis vor seine Geschäfts­führung träte, müßte zurecht um seinen Job fürcht­en. Ander­er­seits ist auch klar: Der umtriebig­ste Per­son­alver­ant­wortliche kann nur soweit erfol­gre­ich sein, wie die Ange­bote seines Haus­es attrak­tiv für Bewer­ber sind. Arzt­stel­len­be­wer­ber fra­gen nach konkreten Arbeits­be­din­gun­gen:  Entwick­lungsper­spek­tiv­en, möglichen Weit­er­bil­dungsange­boten in der Klinik, Qual­ität der Auf­gaben und Arbeits­be­las­tung, Team, Kul­tur im Unternehmen, Gehalt und darüber hin­aus etlichen Rah­menbe­din­gun­gen im Umfeld. Es obliegt der Führung der Klinik, sich mit entsprechen­den Leis­tun­gen attrak­tiv als Arbeit­ge­ber zu machen. Die Trägerge­sellschaft sorgt aber seit Jahren wed­er für attrak­tive Arbeits­be­din­gun­gen noch für die langfristige Sich­er­stel­lung eines Stamms fes­tangestell­ter Mitar­beit­er in Nor­den. Unfrei­willig bestätigt Dr. Pax­i­an dies, wenn er schildert, daß die UEK wegen bevorste­hen­den Rentenein­tritts(!) zwei Ärzte ver­lieren werde und wegen fehlen­der Kinder­be­treu­ung (!!) zwei weit­ere „hoch qual­i­fizierte“ Fachärzte ziehen lasse. Ohne die längst gefasste Schließungsper­spek­tive im Hin­ter­grund ist ein solch­es Vorge­hen nicht erklärbar!

Aus­sage 2 : „Wir kön­nen die erforder­liche Qual­ität nicht aufrechter­hal­ten“  — „Wenn die Not­fal­lver­sorgung so wie jet­zt in Nor­den aufrechter­hal­ten würde, kön­nte das nur zulas­ten der Leis­tun­gen der UEK in Aurich gehen“

Für die Vergü­tung von Klinikleis­tun­gen gel­ten bekan­ntlich bun­desweit gültige Fall­pauschalen. Über ein ständig weit­er aus­ge­feiltes Regel­w­erk wacht der G‑BA mit Richtlin­ien und Vor­gaben über die Ein­hal­tung von Qual­itäts­stan­dards, die Kranken­häuser in einem umfassenden Berichtswe­sen regelmäßig doku­men­tieren müssen und von denen die Höhe ihrer Erlöser­stat­tun­gen durch die Kassen abhängt. So gibt es bei der klin­is­chen Not­fal­lver­sorgung drei Stufen, in denen die Ausstat­tung und per­son­elle Qual­i­fika­tion der Abteilung vorgegeben sind. Wer­den diese Vor­gaben mißachtet, dann darf ein Kranken­haus diese Leis­tung auf Dauer nicht anbi­eten. Mit der von den bei­den Ärzten bestäti­gen Reduk­tion der Inten­siv­bet­ten (von 6 auf 4) unter­schre­it­et die Norder UEK bere­its die Min­destvor­gabe für die Ele­men­tarstufe der Not­fal­lver­sorgung, an der das Haus bish­er noch teil­nimmt. Die Entschei­dung, die Not­fal­lver­sorgung unter Inkauf­nahme der genan­nten Fol­gen ganz aufzugeben und stattdessen mit den hier abge­zo­ge­nen Pflegekräften die per­son­ell deut­lich bess­er aufgestellte Inten­sivs­ta­tion in Aurich zu erweit­ern,  ist nichts anderes als eine rein wirtschaftlich begrün­dete Konzen­tra­tions­maß­nahme der Trägerge­sellschaft. Wollte man ern­sthaft die Inten­sivs­ta­tio­nen an bei­den Stan­dorten für die kom­menden Jahre sich­ern, so würde man nicht Per­son­al hin und her schieben, son­dern langfristig neu gewin­nen. Nur weil die haus­gemacht­en Per­son­aleng­pässe lediglich für einen kurzen Zeitraum über­brückt wer­den sollen, greift das Man­age­ment ja auf die teuer bezahlten Freiberu­fler zurück. Diese will man ja nicht dauer­haft in die Arbeitsabläufe ein­binden, oben­drein müssen sie noch als Sün­den­böcke her­hal­ten: „zu teuer und auch noch schlecht qualifiziert“.

 

Aus­sage 3 : Ein RGZ mit ein­er ambu­lante Not­fal­lver­sorgung (RGZ-Prax­is 8–18h) reicht in Nor­den völ­lig aus, der Ret­tungs­di­enst sorgt schon für eine angemessene Ver­sorgung ern­ster Notfälle 

Diese Aus­sage ist insofern dreist, als sie den Bedarf nach sta­tionär­er Ver­sorgung in Nor­den damit leugnet,  daß man ihm in der Prax­is ohne­hin längst nicht mehr gerecht werde. Wenn aber der Klinikbe­trieb und speziell die Not­fal­lver­sorgung nur noch mit­tels  aus Patien­ten­sicht lebens­ge­fährlich­er „Umge­hungslö­sun­gen“ wie RTW-Trans­porte in weit ent­fer­nte Kranken­häuser aufrecht erhal­ten wird, dann han­delt es sich nicht um einen Sachzwang zur Schließung, son­dern um ein gravieren­des Man­age­mentver­sagen, dem drin­gend gegenges­teuert wer­den muß. Ziel muss es dabei sein, die sta­tionäre Ver­sorgung in Nor­den auf einem Min­destlev­el zu sta­bil­isieren, solange keine Ersat­zlö­sung ver­füg­bar ist.

70–75% der Not­fall­pa­tien­ten in Nor­den wer­den nicht im Kranken­haus behan­delt. Diese Zahl soll bele­gen, daß man statt der Klinik auch gut mit ein­er „RGZ“-Arztpraxis hinkäme. Lei­der erk­lären die Ärzte nicht, wie diese Zahl zus­tande kommt: Sie spiegelt erstens den sträflichen Abbau von klin­is­chen Leis­tun­gen in Nor­den, der für eine Weit­erver­sorgung je nach Art der Not­fälle benötigt wird. Nor­den ist ein aus­ge­blutetes Kranken­haus!  Aus­gerech­net mit diesen in den let­zten Jahren geschaf­fe­nen „Fak­ten“ wird nun auch noch der sta­tionären Erstver­sorgung von Not­fällen die Exis­tenzberech­ti­gung abge­sprochen!  Zum zweit­en propagieren die Ärzte die in vie­len Stu­di­en (2) wider­legte Leg­ende, es gebe (nicht nur in Nor­den) eine bedeu­tende Anzahl von Not­fall­pa­tien­ten, die eigentlich gar keine sta­tionäre Behand­lung bräucht­en, son­dern bei All­ge­mein- und Fachärzten an der richti­gen Adresse wären.

Für die skizzierte „Zukun­ft­slö­sung“ wird dem Ret­tungs­di­enst eine Auf­gabe angedichtet, die er nicht hat und zu deren Lösung er auch gar nicht in der Lage wäre:  Für die Ver­sorgung von Not­fall­pa­tien­ten ist es zwar sehr hil­fre­ich, wenn RTW mit guter Tech­nik und mod­ern­er Diag­nos­tik aus­ges­tat­tet sind, sog­ar Befunde und diag­nos­tis­che Infor­ma­tio­nen elek­tro­n­isch ans Kranken­haus geben kön­nen. Auch, daß sie über das Sys­tem Ive­na dig­i­tal disponieren kön­nen, also vor­ab Infor­ma­tio­nen besitzen, welche Kliniken welche Art von Not­fällen aufnehmen (und welche sich abgemeldet haben). „Rol­lende Inten­sivs­ta­tio­nen“, wie es gern behauptet wird, sind sie damit aber nicht: die tat­säch­liche, prak­tis­che Ver­sorgung der Not­fälle, jede Art von ster­ilem Ein­griff kann nur ein Kranken­haus vornehmen. Hier muss man Ärzten und Ver­ant­wortlichen, die gern vor dem  „Schüren von Äng­sten“ war­nen, den Vor­wurf macht, daß sie es sind, die unre­al­is­tis­che Erwartun­gen schüren. Die von den bei­den Ärzten vorgestellte Pri­or­isierung von Not­fällen (schw­er-mit­tel-leicht) und die entsprechende Verteilung auf Kliniken in Aurich und Emden sowie die vorge­se­hene Ambu­lanz in Nor­den (für „leichte Not­fälle“)  löst das Prob­lem der Erre­ich­barkeit nicht. So sin­nvoll und richtig es ist, einen zweifels­frei als Schla­gan­fall­pa­tien­ten erkan­nten Men­schen direkt zur die Emder stroke unit zu brin­gen, auch wenn das von Dor­num länger als 30 min dauert, so wenig löst diese Proze­dur das Prob­lem, einen unklaren schw­eren Not­fall zeit­nah zur Behand­lung in ein mit Inten­sivka­paz­itäten aus­ges­tat­tetes Not­fal­lkranken­haus zu brin­gen. Tritt das in Zukun­ft in Nor­den oder Nord­de­ich ein, so kann das infrage kom­mende Kranken­haus eben nicht mehr in weni­gen Minuten, son­dern deut­lich über der vorgegebe­nen Gren­ze von 30 min erre­icht werden.

Die  Grund- und Not­fal­lver­sorgung der Men­schen in Nor­den darf nicht bis zu ein­er kom­plet­ten Auf­gabe weit­er ver­schlechtert wer­den! Die  Sich­er­stel­lung und Erhal­tung der Kranken­hausstruk­turen in Nor­den anstelle eines RGZ ist unverzicht­bar ! Der Fördervere­in ruft alle Klinikmi­tar­beit­er und Bürg­er  zur Unter­stützung des Aktions­bünd­niss­es und zur Teil­nahme an der Demon­stra­tion am 03.06.2023  in Nor­den auf.

 

 

(1)  Worum geht es bei dieser 30 Minuten-Vor­gabe ? Mit Beschluss des Gemein­samen Bun­de­sauss­chuss­es (G‑BA) zu den Regelun­gen für die Vere­in­barung von Sich­er­stel­lungszuschlä­gen vom 24.11.2016 (zulet­zt geän­dert am 01.10.2020) wurde auf Basis des Sozialge­set­zbuch­es, Fün­ftes Buch, Geset­zliche Kranken­ver­sicherung ( “SGB V”) im dor­ti­gen  §136c eine bun­de­sein­heitliche Vor­gabe für die Erre­ich­barkeit von Grund­ver­sorg­ern fest­gelegt. Für rund 51.000 Men­schen rund um Nor­den kann sie nach der Schlies­sung der Grund­ver­sorgung  nicht mehr einge­hal­ten wer­den. Ein trau­riger  “Spitzen­wert” in Deutschland!

(2) Siehe zb Studie der Deutschen Inter­diszi­plinären Vere­ini­gung für Inten­siv- und Not­fallmedi­zin (DIVI).

10 Kommentare

  1. Wolfgang Schmidt-van Hülst

    Juch­hu­uu, was kön­nte uns besseres passieren, als dieses Interview!
    Für mich ist das ein öffentlich­er Hin­weis auf die langfristig angelegte Strate­gie, die Norder Klinik abzuwick­eln. Stück für Stück wurde abge­zo­gen, ver­lagert und Per­son­al ver­lagert. Und , rette sich wer kann, Per­son­al unter Druck geset­zt, um dann die Flucht zu sicher­eren Arbeit­ge­bern anzutreten.

  2. Wenn die meinen, das dass Kranken­haus geschlossen wer­den sollte, käme da nicht eine Pri­vatisierung in sicht? So einen Fall gabe es schon mal in Deutsch­land. Wenn man Ärzte und Pfleger/ innen find­en kön­nte, die sich bere­it erk­lären mit zumachen das man ein Bürg­er Kranken­haus erar­beit­en kön­nte wäre man ein Schritt weit­er! Es nur ein Gedanke den es in Deutsch­land schon ein­mal gibt man müsste sich nur schlau machen, was es noch für Möglichkeit­en gäbe. Ich würde mich selb­st mit aller Kraft ein­brin­gen wollen. Die Aus­sicht­en auf Finanzierun­gen wären vom Staat wie beim ein­er Selbstständigkeit .

  3. Elisabeth R.

    Die Zusam­men­le­gung der Kranken­häuser Aurich und Nor­den sah von langer Hand ein “Tots­paren” der Norder UEK vor. So wie man fast alle Ämter abge­zo­gen hat zugun­sten Aurichs. Ich fordere den Altkreis Nor­den zurück, denn die Aurich­er sind offen­bar über­fordert mit uns.…es gibt nicht nur eine gewisse Min­dest­größe von Ver­wal­tungsstruk­turen, son­dern auch eine max­i­male, wo es (gewollt?) undurch­sichtig wird.

    • Wolfgang Schmidt-van Hülst

      Es ist bit­ter festzustellen, dass Nor­den erst jet­zt zu erwachen scheint und den Ernst der Lage erken­nt. Ankum läßt grüßen. Ob es etwas bringt, mit Kon­se­quen­zen im Hin­blick auf die näch­sten Wahlen zu wedeln, bin ich mir nicht sich­er. Meinen muß jeden­falls fort­laufend einen vor den Bug bekommen!
      Let­ztlich ist meine große Hoff­nung, dass die Mit­tel für die Zen­tralk­linik nicht genehmigt wer­den und auch der Eigenan­teil nicht gestemmt wer­den kann.

  4. Angelika Enders

    Es geht nicht nur 51000 Ein­wohn­er. Es kom­men auch im Jahr ca. 2 Mil­lio­nen Urlauber in die Gegend. Auch die brauchen manch­mal ärztliche Behandlung.

  5. Ange­li­ka Enders, JA, da haben Sie völ­lig recht. Und das macht die Mis­ere ja noch schlim­mer. Die 51.000 Ein­wohn­er ausser­halb der 30-Minuten-Fahrzeit sind allerd­ings für sich schon ein trau­riges “Low­light”: So etwas gibt es nir­gend­wo son­st in Deutsch­land ! Man kann also eigentlich allen Zuzugswilli­gen und Touris­ten nur drin­gend rat­en, entwed­er gesund zu bleiben oder bess­er wegzubleiben.Unglaublich, aber wahr.

  6. Ich möchte einen Denkanstoß geben: Mit einem RGZ wird die Ver­sorgung von Patien­ten sofort und direkt von Fachärzten durchge­führt. Jet­zt wer­den die Patien­ten als erstes von Assis­ten­ten ver­sorgt. Somit ist der qual­i­ta­tive Ansatz in der Ver­sorgung in einem RGZ ein ander­er und höher anzuset­zen als zurzeit.
    Mitar­beit­er langfristig zu binden ist bes­timmt ober­stes Ziel. Immer auf Leasingkräfte/Leiharbeiter zurück­zu­greifen macht keinen Spaß und führt auch nicht zu ein­er qual­i­ta­tiv guten Patien­ten­ver­sorgung. Man kann die Not­fal­lver­sorgung oder auch die Inten­sivver­sorgung nur mit aus­re­ichen­dem (eige­nen) Per­son­al aufrechter­hal­ten. Die Leas­ingkräfte sind bere­its die “Notlö­sung”. Somit ist die Konzen­tra­tion der Bere­iche dur­chaus sin­nig und hat weniger mit Kosteneinsparung zu tun. Es geht eher darum Patien­ten medi­zinisch gut ver­sor­gen zu kön­nen und ist kaum bis gar nicht möglich, wenn in der Notauf­nahme kein Facharzt sitzt oder die Inten­sivs­ta­tion nur mit 1 oder 2 Per­so­n­en beset­zt ist. Auch möchte ich zu bedenken geben, dass nur die Möglichkeit der sta­tionären Auf­nahme die medi­zinis­che Ver­sorgung nicht bess­er macht.

    • Hal­lo, Frau Schroth, Vie­len Dank für Ihr feed­back. Es wäre in der Tat begrüßenswert, wenn den Patien­ten in der RGZ-Prax­is immer ein qual­i­fiziert­er Facharzt gegenüber tritt. Ist das denn so wirk­lich zuge­sagt ? Beim ersten RGZ in Ankum gibt es offiziell Prax­en mit Fachärzten für Innere Medi­zin, Chirurgie, Orthopädie. Gynäkolo­gie ist geplant. Zu den Qual­i­fika­tio­nen heißt es dort :” Entsprechende Facharztqual­i­fika­tio­nen sind in den Prax­en vorhan­den”. Eigentlich selb­stver­ständlich, aber so wie es for­muliert ist, bedeutet es aber wohl : “aber nicht durchg­gängig am Patien­ten im Ein­satz”. Insofern sehe ich die genan­nte Verbesserung real noch nicht, und sie wiegt ja oben­drein auch nicht den Unter­schied zwis­chen einem Kranken­haus und ein­er gut aus­ges­tat­teten Arzt­prax­is auf, die sie hier ganz auss­er Acht lassen. Offen ist auch : Wer stellt das Per­son­al für die Prax­is, der Träger des RGZ oder die KV? Ist die per­son­elle und finanzielle Ausstat­tung mit der KV abges­timmt ? Auch da der Blick nach Ankum : Die KV war nicht involviert, es gibt Stre­it um die Arzt­sitze — auf Kosten der Patien­ten. Selb­st die KVN hat sich deshalb gegen RGZ stark gemacht! Von den Bürg­ern ganz zu schweigen. Die bekan­nte “Notlö­sung” in der Klinik mit exter­nen Kräften sehen wir als Fol­geprob­lem des (schlecht/bzw. nicht ) gelaufe­nen Per­sonal­man­age­ments. Wenn Kan­di­dat­en für eine Fes­tanstel­lung keine Per­spek­tive erken­nen, kom­men sie erst gar nicht. Und wenn vorhan­dene Bewer­ber sog­ar nach Begutach­tung aus Aurich wieder fall­en lassen wur­den, so lag das nach­weis­lich nicht an schlechter Qual­i­fika­tion. Die Norder Abteilun­gen waren nicht mehr gewollte Stiefkinder, siehe auch das The­ma “Weit­er­bil­dungser­mäch­ti­gung”. Ihrer Aus­sage, daß man einen Stamm guter Fes­tangestell­ter braucht, um solche Bere­iche wie Inten­siv oder Notauf­nahme gut betreiben zu kön­nen, teile ich voll und ganz. Die aktuell durchge­führte Konzen­tra­tion der Inten­sivver­sorgung in Aurich halte ich hinge­gen nicht für ein Muß auf­grund fehlen­der Kräfte.Der Geschäfts­führer hat in der Presse deut­lich das Vorhan­den­sein von Dop­pel­struk­turen als unwirtschftlich kri­tisiert und “Bün­delung” angekündigt — die passiert ja nun. Er kön­nte eben­so das Gewicht auf den Erhalt der Struk­turen legen,zumindest solange es keine reale Alter­na­tive gibt. Ist aber wohl “unwirtschaftlich”?

      • im Großen und Ganzen ist bes­timmt noch einiges an Aufk­lärungsar­beit zu leis­ten. Alle Akteure, Belegschaft, KVN, niederge­lassene Ärzte soll­ten aus­re­ichend informiert wer­den, aber bes­timmt wird es auch dann noch einige Unstim­migkeit­en geben, weil eben noch nicht an Alles gedacht wurde. Die Frage ist, wem will man das in die Schuhe schieben oder will man kon­struk­tiv damit umge­hen? Wir wer­den aber trotz allem an ein­er Kranken­haus­re­form nicht vor­beikom­men. Man kann das Ganze abwarten und wird im Zweifel später dazu gezwun­gen andere Wege zu gehen oder sich kon­struk­tiv mit dem The­ma auseinan­der­set­zen. Ich denke das die Wand­lung in ein RGZ Zweit­eres ist, und man sich dem Prob­lem des Fachkräfte­man­gels, der kom­menden erweit­erten Ambu­lan­tisierung und dem steigen­den Kos­ten­druck stellt. 

        In ein­er ambu­lanten Arzt­prax­is ist der Kon­takt doch auch zuerst zu einem Facharzt. Dass Patien­ten inner­halb der Behand­lung, weil auch die Kur­zlieger, die dann zum Teil auch doch sta­tionär bleiben kön­nen (aber eben elek­tiv), von Assis­ten­ten in der Facharz­taus­bil­dung betreut wer­den, spricht doch nichts dagegen?!
        Warum soll ein “schlecht aufgestelltes Kranken­haus” bess­er sein, als ein gut aufgestelltes RGZ? Weil es die Not­fal­lver­sorgung oder die Inten­sivver­sorgung vorhält, obwohl die Per­son­alquoten und die notwendi­gen Struk­turen nicht erfüllt wer­den? Genau diese Kon­stel­la­tion der Gesamtver­sorgung in Allem ist heute nicht mehr mach­bar — allein durch den Fachkräfte­man­gel schon nicht. Dass man zu kom­plizierten medi­zinis­chen Ein­grif­f­en in ein “größeres” Haus, in Zukun­ft eines höheren Ver­sorgungslevels fahren muss, in der notwendi­ge Qual­ität­skri­te­rien/-struk­turen (z.B. durch den G‑BA vorgegeben) vorge­hal­ten wer­den, spricht doch für sich. Hier ist der Patient dann sehr gut aufge­hoben. Ihr Argu­ment des Miss­man­ge­ments in der Per­son­albeschaf­fung kann ich nicht ganz nachvol­lziehen, da jedes Kranken­haus in Deutsch­land z.B. Ärzte oder Pfle­gende sucht und auch auf Leas­ingkräfte angewiesen ist. Das ist ja nicht von der Hand zuweisen. Dass bes­timmt mal Dinge nicht gut kom­mu­niziert wer­den oder nicht gut laufen, ja, das ist bes­timmt auch mal so. Zu der “Bün­delung der Dop­pel­struk­turen” mein Hin­weis, das wenn in 2 von 3 Häusern (in unmit­tel­bar­er Nähe und im Kon­strukt eines Ver­bun­des) Knieprothe­sen einge­baut wer­den oder in 2 von 3 Häusern Leis­ten­hernien operiert wer­den, die im Übri­gen sehr gut im RGZ zu operieren wären, da diese fast auss­chließlich ambu­lant gemacht wer­den sollen, dann kön­nen diese OP´s doch sehr gut an einem Ort stat­tfind­en. Ich kann ver­ste­hen, dass man das in ersten Moment nicht gut find­et bzw. nicht nachvol­lziehen kann, aber das benötigte Per­son­al ist an einem Stan­dort mit ein höheren Fachkräfte­quote vorhan­den. Die Struk­turen sind gebün­delt mit aus­re­ichend Knowhow in der Gesamtheit vorhan­den und kön­nen ein ganz anderes Aus­fal­lkonzept fahren, als kleinere Kliniken. Das ist auch in der Inten­sivver­sorgung so. Die Inten­sivs­ta­tion ist mit Sicher­heit sehr glück­lich, wenn Sie ein paar Hände mehr zur Ver­fü­gung haben, um die eige­nen Kapaz­itäten auszuschöpfen. Momen­tan wer­den dahinge­hend ja eher Bet­ten ges­per­rt. Die zu schließende Inten­sivs­ta­tion erfüllt vielle­icht gar nicht oder nur knapp mit Leas­ing­per­son­al die PPUG. Das ist doch auch nicht gut für die Patien­ten­ver­sorgung. Dann doch lieber aus­re­ichend Fachkräfte an ein­er Stelle zusam­men, oder nicht? Den Erhalt der vorhan­de­nen Struk­turen ist m.E. keine Option, wenn die Kon­stel­la­tion so ist, wie ich sie jet­zt aufgezeigt habe. 

        RGZ-Per­son­al: Ich würde annehmen, wie in der ambu­lanten Ver­sorgung üblich, dass der Träger das Per­son­al stellt. Es soll doch aus dem vorhan­de­nen Per­son­al­stamm kom­men. Die jet­zi­gen Mitar­beit­er sollen doch bleiben oder im Ver­bund unterkom­men, damit am richti­gen Ort, die richtige Anzahl an eigen­em Per­son­al vorhan­den ist und damit auch die Wirtschaftlichkeit mal wieder in den Vorder­grund tritt. M.E. ist das jet­zt kaum möglich, da unter sta­tionären Bedin­gun­gen auch ambu­lantes Set­ting getrieben wird. Wie gesagt: nicht notwendig, nicht wirtschaftlich und kein gute Verteilung von Personalressourcen!

        • Zu eini­gen der ange­sproch­enen Punk­te noch ein paar Antworten :
          Daß bis heute einige Fra­gen rund um mögliche zukün­ftige RGZ noch nicht beant­wortet sind, sehen wir auch so. Umso weniger nachvol­lziehbar ist es , auf die Schnelle ein solch­es “Ange­bot” anstelle eines Kranken­haus­es auf die Norder Bevölkerung loszu­lassen. Wenn so etwas Gravieren­des wie der Weg­fall ein­er Grund­ver­sorgungsklinik beschlossen wird (und der Auf­sicht­srat hat es beschlossen), dann reicht es nicht, im Kon­junk­tiv von Möglichkeit­en und Chan­cen zu sprechen — dann sollte man schon genauer sagen kön­nen, wohin man will. Die öffentlichen State­ments des Lan­drats und des Geschäfts­führers bei der Norder Ratssitzung haben da inhaltlich keinen Schritt weitergeholfen.Das dürfte allerd­ings nicht nur an ihren fehlen­den Plä­nen (oder ihren kom­mu­nika­tiv­en Defiziten..) liegen, son­dern auch am Kon­strukt RGZ als solchem : Es ist auf­fäl­lig, daß auch der Sozialmin­is­ter in Han­nover bei den Beschrei­bun­gen dieser “mod­er­nen neuen Ver­sorgungslö­sung” mehr als neb­ulös bleibt. Umso heftiger pocht er darauf, das Kind schnell in die Welt zu set­zen. Worum geht es denn dann eigentlich ? Geht so mod­erne Gesund­heitsver­sorgung? Diese Frage darf man auch den Lauter­bach­schen “Lev­el 1i”-Kliniken stellen — ihre Prax­is­tauglichkeit speziell für die ländliche Gesund­heistver­sorgung ist mehr als fraglich. Ander­er­seits beste­ht in der “Expertenkom­mis­sion” die feste Absicht, hun­derte von Kranken­häusern bun­desweit “vom Markt zu nehmen”, also zu schliessen. Dazu wer­den sie in Lev­el und Leis­tungs­grup­pen ein­sortiert, an denen kleinere Häuser, so wie wir sie hier ken­nen, scheit­ern wer­den und offen­bar auch SOLLEN.
          Die Vorteile, die Sie bei Zusam­men­führen der vorhan­de­nen Kräfte reklamieren, wie jet­zt aktuell in der Inten­sivver­sorgung, näm­lich “dort, wo sie effek­tiv­er = im Sinne der Behand­lung bess­er” einzuset­zen sind, diese Vorteile gibt es — keine Frage! Sie unter­stellen dabei aber einen Man­gel als “von aussen gegeben” (Per­son­al ist knapp) und damit eine absolute Begren­zung möglich­er Per­son­alka­paz­itäten. Die gibt es so nicht — auf dem Arbeits­markt für Ärzte rekru­tieren Kliniken, die Ärzte brauchen, auch welche. Ist eine Frage von Kosten und Qual­i­fika­tion, aber eben auch eine Frage der Attrak­tiv­ität der suchen­den Klinik. Wer seinem Per­son­al echte Per­spek­tiv­en bieten kann, der hat auch Welch­es ! Für Nor­den kann man davon seit Jahren nicht mehr sprechen, in ein erkennbar auf Schlies­sungskurs geführtes Haus woll­ten immer weniger Kandidaten.In Leer, selb­st in Wittmund hat man auch Per­son­al­prob­leme, aber man löst sie auch, weil man den Betrieb tat­säch­lich will. Hier richtet ein Geschäfts­führer einen “Scher­ben­haufen an” und der Nach­fol­ger behauptet, er könne nur noch “zusam­menkehren” und Schliessen. Was ist das denn für eine Führung eines Krankenhauses?

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