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Menschen mit Behinderung Krankenhausbegleitung ist abrechnungsfähig

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Mit einer vertrauten Begleitperson fällt ­Kindern der Aufenthalt in der Klinik leichter, auch bei Behinderung. Mit einer vertrauten Begleitperson fällt ­Kindern der Aufenthalt in der Klinik leichter, auch bei Behinderung. © mjowra – stock.adobe.com
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Menschen mit Behinderung können bei Krankenhausbehandlungen in manchen Fällen eine Begleitung mitnehmen. Wann ist das möglich? Und wie rechnen Ärzte die Bescheinigung ab? 

Bereits seit dem 1. November 2022 gibt es eine neue Krankenhausbegleitungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Sie sieht vor, dass Menschen mit Behinderung künftig eine Begleitung bei einer stationären Behandlung erhalten können. Die Maßnahme ist aber nur bei definierten medizinischen Anlässen möglich, die Notwendigkeit muss durch eine ärztliche Bescheinigung bestätigt werden.

Hintergrund: Begleitpersonen haben nach der neuen Richtlinie Anspruch auf Krankengeld. Die Entscheidung über die Mitaufnahme trifft allerdings das Krankenhaus. Dort werden deshalb auch die erforderlichen Bescheinigungen für die Begleitperson ausgestellt, die für den Arbeitgeber bzw. die Krankenkasse notwendig sind. Die medizinische Notwendigkeit einer Begleitperson kann sich beispielsweise dadurch ergeben, dass ein Mensch mit Behinderung nur mit deren Hilfe den Anweisungen des Krankenhauspersonals folgen kann. Die Behinderung allein genügt dabei als Kriterium nicht.

G-BA hat drei Fallgruppen für Begleitung definiert

Eine medizinische Notwendigkeit liegt laut Krankenhausbegleitungs-Richtlinie des G-BA aber auch dann vor, wenn ohne Begleitperson die notwendige Krankenhausbehandlung verweigert wird, die Begleitperson ins therapeutische Konzept im Krankenhaus eingebunden werden muss oder die Begleitperson nach der Entlassung aus dem Krankenhaus in das therapeutische Konzept einzubeziehen ist. Konkret werden in einer Anlage zur Richtlinie mögliche – allerdings nicht abschließende – Kriterien in drei Fallgruppen genannt.

In diesen Fällen darf eine Begleitperson in die Klinik mitkommen
Fallgruppe 1
Begleitung zum Zweck der Verständigung
Erhebliche oder komplette Beeinträchtigung der Kommunikation, insbesondere im Bereich
  • Kommunizieren, Sprechen, nonverbale Mitteilungen, Konversation und Gebrauch von ­Kommunikationsgeräten und -techniken oder
  • der kognitiv-sprachlichen Funktion
  • mangelnder Fähigkeit, die eigene Symptomatik oder Befindlichkeiten, wie Schmerzen oder Wünsche, deuten, beschreiben oder verstehen zu können oder
  • mangelnder Fähigkeit, die Informationen und Anweisungen des Behandlungsteams des ­Krankenhauses wahrnehmen, verstehen oder umsetzen zu können.
Fallgruppe 2
Begleitung zum Zweck der Unterstützung im Umgang mit durch die Krankenhausbehandlung verbundenen Belastungssituationen, insbesondere bei fehlender Kooperations- und Mitwirkungsfähigkeit
Schädigungen globaler oder spezifischer mentaler Funktionen, die sich insbesondere in Form von
  • motorisch geprägten Verhaltensauffälligkeiten,
  • eigen- und fremdgefährdendem Verhalten,
  • Abwehr oder Verweigerung pflegerischer und anderer medizinischer Maßnahmen,
  • Wahnvorstellungen, ausgeprägten Ängsten und Zwängen,
  • Antriebslosigkeit somatischer oder psychischer Genese oder
  • sozial inadäquaten Verhaltensweisen in erheblichem Ausmaß äußern.
Fallgruppe 3
Begleitung zum Einbezug in das therapeutische Konzept während der Krankenhausbehandlung oder zur Einweisung in nach der stationären Krankenhausbehandlung weiterhin notwendige Maßnahmen
Erhebliche Schädigungen oder Beeinträchtigungen, insbesondere
  • gemäß der Fallgruppen 1 oder 2, 
  • neuromuskuloskeletaler und bewegungsbezogener Funktionen,
  • der Atmungsfunktionen oder
  • der Funktion der Nahrungsaufnahme, insbesondere des Schluckens.

Die ärztliche Bescheinigung muss mindestens ein Kriterium oder eine vergleichbare Schädigung oder Beeinträchtigung aus diesem Spektrum angeben. Dies kann entweder auf Formular 2 (Verordnung von Krankenhausbehandlung) oder als formlose Bescheinigung erfolgen. 

Diese zwei Wege können bei der ärztlichen Bescheinigung der Notwendigkeit der Mitnahme einer Begleitperson im Krankenhaus beschritten werden:

Vor einer Behandlung

Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und -therapeuten bescheinigen die Notwendigkeit der Begleitung bei planbaren stationären Eingriffen auf dem Verordnungsformular für eine Krankenhausbehandlung (Muster 2). Dies kann z.B. durch Eintrag in einem Freifeld und unter Bezugnahme auf die genannten Fallgruppen geschehen. Die Leistung ist dann allerdings Bestandteil der Versicherten- und Grundpauschalen im EBM und deshalb nicht gesondert berechnungsfähig. Es gibt auf Muster 2 kein spezielles Feld, das ausgefüllt werden muss. Der Eintrag ist deshalb beispielsweise unter „Fragestellung/Hinweise“ möglich und kann ggf. durch Angabe der Fallgruppe erledigt werden.

Abrechnung der Bescheinigung ohne geplante Behandlung 
EBM Legende Euro
01615 Feststellung der medizinischen Notwendigkeit einer Mitaufnahme einer Begleitperson im Vorfeld einer nicht geplanten Krankenhausbehandlung und formlose Bescheinigung gemäß § 3 Abs. 2 der Krankenhausbegleitungs-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses, einmal im Krankheitsfall 3,45
40142

Kostenpauschale für Leistungen entsprechend der GOP 01615, 01620, 01621 oder 01622, bei Abfassung in freier Form, wenn vereinbarte Vordrucke nicht verwendet werden können, je Seite

Die Kostenpauschale 40142 ist im Zusammenhang mit der GOP 01615 insgesamt nur für eine Seite berechnungsfähig.

1,50

Vorsorglich

Steht eine Krankenhausaufnahme nicht unmittelbar bevor, soll aber vorsorglich für einen denkbaren Fall bereits eine Entscheidung vorab abgerufen werden, ist es möglich, eine solche Bescheinigung mit Gültigkeit für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren im Voraus formlos auszustellen. Voraussetzung ist auch hier, dass die Bescheinigung ein medizinisches Kriterium oder eine vergleichbare Schädigung oder Beeinträchtigung enthält. Nach einem aktuellen Beschluss des Bewertungsausschusses kann dies nach der Gebührenordnungsposition 01615 (3,45 Euro) ab dem 1. Juli 2023 einmal im Krankheitsfall in Rechnung gestellt werden. Zusätzlich kann für die formlose Attestierung auch die „Schreibgebühr“ nach der GOP 40142, allerdings nur einmal, zum Ansatz gebracht werden. Da es sich bei der GOP 01615 um eine neue Leistung handelt, wird sie für die nächsten zwei Jahre außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütungen und damit ohne Mengenbegrenzung zum festen Preis vergütet.

Medical-Tribune-Bericht

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