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Dr. Axel Fischer ‒ Der Geschäftsführer der München Klinik über Personalnot, Strukturwandel und Inflation

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Dr. Axel Fischer, Geschäftsführer der München Klinik
Dr. Axel Fischer, Geschäftsführer der München Klinik, im Hallo-Interview. © Romy Ebert-Adeikis

Dr. Axel Fischer ist Noch-Geschäftsführer der München Klinik, sein Nachfolger steht schon fest. Mit Hallo hat er über die Probleme der letzten Jahre und zukünftige Pläne gesprochen.

Update: 26. Mai

Geschäftsführer der München Klinik - Dr. Götz Brodermann wird Nachfolger von Dr. Axel Fischer

Geschäftsführer Dr. Axel Fischer verlässt die München Klinik, nachfolgen soll Dr. Götz Brodermann. Der Arzt und erfahrene Krankenhausmanager leitet aktuell das Carl-Thiem-Klinikum Cottbus.

Er kenne das Münchner Krankenhaus aus seiner vorhergehenden, knapp zweijährigen Tätigkeit als ärztlicher Klinikleiter der München Klinik Schwabing. Im Jahr 2015 wechselte er in die Krankenhausleitung des Carl-Thiem-Klinikum Cottbus und hatte dort acht Jahre die Position als Geschäftsführer inne.

Nun kehrt er nach München und in die München Klinik zurück. Der genaue Zeitpunkt für den Wechsel an der Spitze der München Klinik (MüK) steht noch nicht fest. 

 „Auf diese Herausforderung und wieder zurück an meine alte Wirkungsstätte zu kehren, freue ich mich bereits sehr. Wie auch für meine beiden Geschäftsführungskollegen haben die München Klinik, ihre Mitarbeitenden und die Stadt für mich eine besondere Bedeutung.“ 

Dr. Götz Brodermann

Oberbürgermeister Dieter Reiter als Vorsitzender des Aufsichtsrates dankte den ausscheidenden Mitgliedern der Geschäftsführung und begrüßte die Entscheidung für Dr. Götz Brodermann als künftigen Vorsitzenden der MüK-Geschäftsführung: „Die München Klinik verfolgt seit 2015 konsequent den eingeschlagenen Weg der Neuausrichtung und stellt sich zukunftsfähig auf. Diesen Kurs wird die neu zusammengesetzte Geschäftsführung fortsetzen und sich dabei mit den anstehenden Herausforderungen durch die Krankenhausstrukturreform auseinandersetzen. Dafür ist das Führungsteam in der neuen Zusammensetzung sehr gut gerüstet.“

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Dr. Axel Fischer (54), Leiter der München Klinik, von A bis Z

Erstmeldung:

München ‒ Dr. Axel Fischer liebt die Herausforderung. Zwar ist der FC-Bayern-Fan nicht Nachfolger von Dr. Müller-Wohlfahrt geworden. Seinen Traumjob hat er 2014 dennoch gefunden: als Geschäftsführer der München Klinik mit ihren fünf Standorten in Thalkirchen, Bogenhausen, Harlaching, Neuperlach und Schwabing. Spätestens ab März 2024 will der Grünwalder aber wieder mehr Zeit für die Familie haben.

Die vergangenen Jahre mit Personalmangel, Corona und Inflation haben an den Nerven gezehrt: „So eine Gleichzeitigkeit der Herausforderungen gab es 2014 noch nicht“, sagt der 54-Jährige. Wo er die großen Zukunftsaufgaben der München Klinik sieht und warum er von der Politik enttäuscht ist, verrät er hier von A bis Z.  

Anzahl der Betten ist nicht das Entscheidende ‒ München hat insgesamt zu viele! Es müsste mehr um die Fachkräfte gehen, um die wirklich benötigten Betten ‒ beispielsweise Intensiv-, Kinder- oder Notfallbetten ‒ dann auch betreiben zu können.

Bauprojekte braucht es, um uns neu aufzustellen und aus alten Strukturen rauszukommen. Anfang 2024 soll der 1. Bauabschnitt in Schwabing fertig sein, Ende 2024 Bogenhausen und Ende 2024 oder Anfang 2025 der Neubau in Harlaching in Betrieb gehen.

Corona: Die Anfangszeit war Krisenmanagement pur! Die Pandemie hat einerseits eine positive Energie zur Bewältigung der riesigen Herausforderungen bei uns freigesetzt, die ich so vorher nicht kannte. Nach drei Jahren Dauereinsatz hat sie sowohl Mitarbeiter als auch Patienten verändert. Es wird sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen, was Corona alles ausgelöst hat.

Dauerkrise: Als ich kam, steckte die Klinik in einer finanziellen und strategischen Krise. Und dann Flüchtlinge, Corona, Ukraine-Krieg, Klimakrise natürlich. Aber, egal was ist, im Hintergrund läuft alles weiter, machen unsere Leute rund um die Uhr einen hervorragenden Job.

Energiekosten: Allein die Preissteigerung bei der Energie in diesem Jahr bedeuten 22 Millionen Euro zusätzliche Kostenbelastung!

Fachkräfte: Bei über 7000 Mitarbeitern gibt es per se eine gewisse Fluktuation. Für uns als Maximalversorger ist es wichtig, die richtigen Leute zu bekommen und zu halten. Wir machen da schon sehr viel. Das wird eine zentrale Zukunftsaufgabe bleiben.

Geburtskliniken: Mit jährlich über 6000 Kindern, werden bei uns deutschlandweit die meisten geboren. Auch das macht mich unfassbar stolz! So soll es auch bleiben – an welchem Standort, ist da nicht so wichtig. Ich muss das Ganze sehen: Die Geburtskliniken zu bündeln, hat ökonomische und qualitative Vorteile.

Humanmedizin: Ich wollte eigentlich werden wie Dr. Müller-Wohlfahrt, Mannschaftsarzt des FC Bayern. Das war meine Motivation, Medizin zu studieren. Aber das Thema Gesundheitsversorgung hat mich auch immer fasziniert.

Intermediate-Care: Anfang des Jahres haben wir in der Klinik Neuperlach unsere neue IMC-Station in Betrieb genommen. Für Patienten, die nicht intensiv, aber mehr als auf einer Normalstation betreut werden müssen. Ein wichtiger Baustein für unsere Neuaufstellung: In Zukunft werden zwar weniger Betten insgesamt gebraucht, aber proportional mehr Intensiv- und IMC-Betten.

Jahrzehnt: Die zehn Jahre bei der München Klinik waren die erfüllendsten in meinem Berufsleben – trotz aller Krisen.

Konzept 2030: Mein erstes Herzensprojekt, das große Sanierungskonzept, war für die Zeit damals gut. Doch die Welt und die Medizin haben sich dramatisch verändert. Nach Corona war der Zeitpunkt gekommen, das Konzept anzupassen. Da sind wir dran. Und die neue Geschäftsführung soll daran natürlich auch mitwirken.

Lauterbachs Revolution: Der Entwurf des Gesundheitsministers für eine Strukturreform der Kliniken war mutig und ging genau in die richtige Richtung. Aber es gibt viel Widerstand. Deswegen befürchte ich, dass es keine Revolution mehr gibt. Den großen Wurf müssen wir wohl selbst machen.

München: Ich bin Münchner und liebe diese Stadt über alles, das Entspannte, die Nähe zum Süden, der Dialekt. Das war einer der Gründe, warum ich bei der München Klinik arbeiten wollte. Weil das Unternehmen für München so wichtig ist.

Nachfolger steht noch nicht fest. Aber Ende Mai findet eine Aufsichtsratssitzung statt, bei der darüber entschieden werden soll.

Ohne Fehler? Natürlich habe ich als Geschäftsführer auch Fehler gemacht, zum Beispiel bei der ein oder anderen Personalentscheidung. Entscheidend ist aber, dass man aus seinen Fehlern lernt.

Pflegenotstand: In der Kinder- oder Intensivpflege ist die Lage besonders schwierig. Nach drei Jahren Corona ist die Belastung sowieso am Anschlag. Dazu kommt, dass in Zukunft viele Pflegekräfte in Rente gehen. Mir ist wichtig, dass wir noch mehr ins Handeln kommen! Wenn wir immer nur über den Notstand reden, machen wir den Beruf schlechter als er ist.

Qualität: Die München Kliniken müssen sich vor niemandem verstecken. Aber: Wir sollten unsere Qualität noch mehr messen und der Öffentlichkeit transparenter machen. Das ist eine der zentralen Aufgaben für die Zukunft.

Radikal: Dass alle drei Positionen der Geschäftsführung innerhalb eines Jahres neu besetzt werden, ist definitiv ein Neuanfang. Aber radikal würde ich nicht sagen, das hat eine andere Konnotation. 

Strukturwandel: Wir befinden uns im größten Strukturwandel des Gesundheitssystems jemals. Wenn von der Politik kein großer Wurf dazu kommt, wie man diesen meistert, wird es einen ungeordneten Wandel geben, der für keinen gut ist.

Termin: Spätestens im März 2024 werde ich aufhören. Konkreter möchte ich es noch nicht sagen.

Ungleich: München ist in Sachen Kliniken überversorgt, ländliche Gegenden haben zu wenig. Das ist eine Frage von Wirtschaftlichkeit, Strukturen und Ressourcen. Warum traut man sich nicht, den wirklichen Bedarf zu ermitteln? Wichtig ist, dass überall die Notfallversorgung gewährleistet ist.

Vorsatz: Ich würde gern 100 Jahre alt werden. Ob‘s klappt, weiß ich nicht.

Wohnraum ist ein entscheidender Faktor für Fachkräfte. Ich bin froh, dass wir ab 2025 neue Wohnungen in Schwabing haben. Die Stadt bemüht sich, wir dürfen 1000 Wohnungen belegen. Aber wir müssen uns überlegen, ob es noch andere Kooperationen braucht.

Xtrem gestiegene Kosten in allen Bereichen sind eine immense Mehrbelastung. Zumal wir jetzt eine Durststrecke von fast zwei Jahren haben, bis die Vergütungen wieder zumindest etwas angepasst werden.

Yoga: Meine Frau will seit Jahren, dass ich zum Ausgleich Yoga mache, um mal runterzukommen. Ich mag lieber anderen Sport.

Zweitgrößte kommunale Klinik Deutschlands zu sein, ist nicht so wichtig. Entscheidend ist unsere große Rolle für die Gesundheit der Stadt München selbst.

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